Vorblatt

Ziele

Die Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L 136 vom 24. Mai 2008, S. 3, muss bis 21. Mai 2011 umgesetzt werden.

Mit der Mediations-Richtlinie wurde ein Instrument geschaffen, das die Attraktivität der Mediation erhöhen und damit den Zugang zum Recht im Europäischen Justizraum verbessern soll. Mit der Richtlinie soll nicht nur der Zugang zum Gerichtssystem, sondern auch der Zugang von Einzelpersonen und Wirtschaftsteilnehmern zu geeigneten Streitschlichtungsverfahren gefördert werden. Die Richtlinie will für diejenigen Bereiche, in denen sich Berührungspunkte zwischen Mediations- und Gerichtsverfahren ergeben können, europaweit einheitliche Vorgaben oder Mindeststandards schaffen. Im Einklang mit diesem allgemeinen Ziel gibt die Richtlinie keine Einzelheiten zum Mediationsverfahren vor. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, bestimmte wesentliche Grundfragen, die insbesondere in einem Gerichtsverfahren nach gescheiterter Mediation auftreten können, zu regeln.

Der Entwurf enthält Regelungen zur Umsetzung dieser Richtlinie.

Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Bestimmung, mit der die bestehende Regelung in § 53 IPR-Gesetz ergänzt wird. Dies ist erforderlich, um eine Lücke zu schließen, die ansonsten mit Inkrafttreten des Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 entstehen würde und eine Änderung der kollisionsrechtlichen Anknüpfung der elterlichen Verantwortung zur Folge hätte.

Schließlich schlägt der Entwurf redaktionelle Anpassungen im Suchtmittelgesetz (SMG) vor, darunter die Behebung eines Redaktionsversehens im Budgetbegleitgesetz 2011.

Alternativen

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Änderungen der ZPO werden zu einem Planstellenmehrbedarf führen. Der Sachaufwand soll durch die Gerichtsgebühren abgedeckt werden.

Die Änderungen des IPR-Gesetzes und des SMG werden hingegen keine finanziellen Auswirkungen haben.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

- -     Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben. Längerfristig sind Maßnahmen, die zu einer Verbesserung des Zugangs zum Recht führen, dem Wirtschaftsstandort Österreich förderlich.

- -     Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und für Unternehmen

Es sind keine Informationspflichten für Bürger/innen und für Unternehmen vorgesehen.

- -     Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Keine.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht

Die vorgeschlagenen Regelungen verbessern für alle Personen den Zugang zum Recht.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Mit dem vorliegenden Entwurf soll die Richtlinie umgesetzt werden. Soweit der Entwurf nicht die Mediations-Richtlinie umsetzt, handelt es sich um nicht harmonisierte Regelungsbereiche.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

Aspekte der Deregulierung

Keine.

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen), betreffend das Suchtmittelgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 („Strafrechtswesen“) und 12 B-VG („Gesundheitswesen“).


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

I. Zielsetzungen

1. Die Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden Mediations-Richtlinie oder auch nur Richtlinie), ABl. Nr. L 136 vom 24. Mai 2008, S. 3, ist bis 21. Mai 2011 umzusetzen; hiervon ausgenommen ist Art. 10, dem spätestens bis  21. November 2010 nachzukommen ist.

Ziel der Mediations-Richtlinie ist es, die Attraktivität der Mediation zu erhöhen, um damit den Zugang zum Recht im Europäischen Justizraum zu verbessern. Es soll damit aber nicht nur der Zugang zum Gerichtssystem, sondern auch der Zugang von Einzelpersonen und Wirtschaftsteilnehmern zu geeigneten Streitschlichtungsverfahren gefördert werden.

Die Richtlinie will für diejenigen Bereiche, in denen sich Berührungspunkte zwischen Mediationsverfahren und Gerichtsverfahren ergeben können, europaweit einheitliche Vorgaben oder Mindeststandards schaffen. Im Einklang mit diesem allgemeinen Ziel gibt die Richtlinie keine Einzelheiten zum Mediationsverfahren selbst vor. Vielmehr beschränkt sie sich darauf, bestimmte wesentliche Grundfragen, die insbesondere in einem Gerichtsverfahren nach gescheiterter Mediation auftreten können, zu regeln. Der Ablauf des eigentlichen Mediationsverfahrens wird aber nicht geregelt.

2. Das Regierungsprogramm sieht zur Umsetzung der Mediations-Richtlinie Folgendes vor: „Österreich besitzt mit dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz ein fortschrittliches und gut funktionierendes Gesetz. Die Regelungen der Richtlinie müssen in das österreichische System eingebettet werden, wobei die Errungenschaften des österreichischen Mediationswesens nicht gefährdet werden dürfen.“

In Österreich gilt schon seit dem Jahr 2004 das Zivilrechts-Mediations-Gesetz (ZivMediatG), mit dem das Ziel verfolgt wurde, die Anerkennung und Etablierung der Mediation in Österreich zu fördern. Dieses Bundesgesetz soll für die „eingetragenen“ Mediatoren und für die von diesen durchgeführten Mediationsverfahren weiterhin maßgeblich sein. Da die Richtlinie keinen derart hohen Standard vorsieht, insbesondere keine Vorgaben für die Qualifikation der Mediatoren enthält, sondern lediglich verlangt, dass diese die Mediation auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchzuführen haben, soll die Richtlinie zur Wahrung der hohen österreichischen Standards nur im zwingend erforderlichen Ausmaß umgesetzt werden.

3. Der Entwurf schlägt vor, hiefür ein eigenes Bundesgesetz zu erlassen. Dessen Anwendungsbereich soll in Übereinstimmung mit der Richtlinie und zur Wahrung der in Österreich bestehenden Standards auf grenzüberschreitende Sachverhalte im EU-Raum beschränkt werden. Die neuen Bestimmungen sollen daher – mit Ausnahme der Bestimmungen über die „Vollstreckbarmachung“ schriftlicher Mediationsvereinbarungen – nur für grenzüberschreitende, zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeiten zwischen Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt jeweils in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union haben. Allerdings sollen die österreichischen Umsetzungsregelungen – abweichend von der Richtlinie – auch dann anwendbar sein, wenn eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark hat.

Der Entwurf enthält weiters auf der Grundlage der Richtlinie Legaldefinitionen zu den Begriffen Mediation und Mediator. Danach ist unter Mediation ein strukturiertes Verfahren zu verstehen, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung einer Streitigkeit zu erzielen. Mediator ist eine dritte Person, die ersucht wird, eine Mediation auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchzuführen. Geregelt werden auch die Aspekte der Vertraulichkeit des Mediationsverfahrens und der Verjährung des Anspruchs während des Mediationsverfahrens. Auch dabei übernimmt der Entwurf die Vorgaben der Richtlinie. Zur Vertraulichkeit wird vorgesehen, dass Mediatoren – sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren – in Gerichts- oder Schiedsverfahren, die Aussage zu Informationen, die sich aus einem Mediationsverfahren ergeben, verweigern müssen. Eine Ausnahme besteht hier nur dann, wenn dies aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder zur Umsetzung oder Vollstreckung der erzielten Vereinbarung erforderlich ist. Der Problematik einer allfälligen Verjährung begegnet die Richtlinie und damit auch der Entwurf mit der Festlegung, dass der Beginn und die gehörige Fortsetzung einer Mediation den Ablauf der Verjährung hemmen.

Der Entwurf enthält darüber hinaus eine Bestimmung über die „Vollstreckbarmachung“ einer schriftlichen Mediationsvereinbarung. Die Parteien sollen – wie von der Richtlinie vorgesehen – die Möglichkeit haben, über ihre in einem Mediationsverfahren getroffene schriftliche Vereinbarung einen vollstreckbaren Titel zu erlangen. Dies kann durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs erfolgen und soll auch bei rein innerstaatlichen Mediationsverfahren ohne grenzüberschreitenden Bezug möglich sein. Aus diesem Grund soll die entsprechende Bestimmung in die ZPO aufgenommen werden. Daneben besteht – wie schon noch geltender Rechtslage – die Möglichkeit, einen Notariatsakt aufzunehmen.

4. Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Bestimmung, mit der die bestehende Regelung in § 53 IPR-Gesetz ergänzt wird. Dies ist erforderlich, um eine Lücke zu schließen, die ansonsten mit Inkrafttreten des Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 entstehen würde und eine Änderung der kollisionsrechtlichen Anknüpfung der elterlichen Verantwortung zur Folge hätte.

5. Schließlich schlägt der Entwurf redaktionelle Anpassungen im Suchtmittelgesetz (SMG) vor, darunter die Behebung eines Redaktionsversehens im Budgetbegleitgesetz 2011.

II. Finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Änderungen der ZPO werden zu einem geringfügigen Planstellenmehrbedarf bei den Gerichten führen. Es ist damit zu rechnen, dass die Teilnehmer an einer Mediation, die nach geltendem Recht auf das Instrument des vollstreckbaren Notariatsakts zurückgreifen oder lediglich eine vertragliche Regelung treffen, die keinen Exekutionstitel darstellt, auf Grund der hier geschaffenen Bestimmung einen gerichtlichen Vergleich schließen werden, damit ihre außergerichtlich getroffene Vereinbarung vollstreckt werden kann. Die Möglichkeit, einen vollstreckbaren Titel zu erlangen, kann insbesondere in oder nach Wirtschaftsmediationen, Umweltmediationen, Mediationen in Pflegschaftssachen, Mediationen im Pflege- und Gesundheitsbereich (ärztliche Kunstfehler), Mediationen in Nachbarschaftskonflikten sowie Mediationen zur Erzielung eines außergerichtlichen Tatausgleichs relevant sein. Genaue Zahlen über die österreichweit durchgeführten Mediationsverfahren sind nicht verfügbar, es liegen lediglich Grobschätzungen von Mediatoren vor. Den zahlenmäßig größten Bereich bilden nach diesen Angaben die Wirtschaftsmediationen mit etwa 10.000 Fällen pro Jahr. Im Bereich des Tatausgleichs finden zirka 9.000 Mediationsverfahren jährlich statt. Schätzungsweise in der Hälfte der Fälle der Wirtschaftsmediationen kommt es zu einer schriftlichen Vereinbarung, wobei davon etwa 20 % für diese Regelung einen Exekutionstitel anstreben. Dabei ist davon auszugehen, dass von einem Teil nach wie vor auf das bereits bestehende Instrument des Notariatsakts zurückgegriffen werden wird, ein anderer Teil aber in Zukunft bei Gericht einen prätorischen Vergleich abschließen wird. Geht man davon aus, dass dies die Hälfte ist, so kommt man auf 500 Anwendungsfälle pro Jahr aus diesem Bereich. Im Bereich des Tatausgleichs ist mit einem geringeren Bedürfnis nach einer vollstreckbaren Vereinbarung zu rechnen; bei 10 % wären dies 900 Fälle pro Jahr. Aus Mediationsvereinbarungen nach ärztlichen Kunstfehlern könnten etwa 350 Anwendungsfälle entstehen. Weitere zu erwartende 500 Fälle aus den übrigen in Frage kommenden Mediationsgebieten ergeben insgesamt jährlich 2.250 gerichtliche Vergleiche nach Abschluss einer schriftlichen Mediationsvereinbarung. Ausgehend von einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand pro Fall von einer halben bis einer ganzen Stunde, beträgt der Mehraufwand eine richterliche Vollzeitkapazität.

Es ist davon auszugehen, dass sich der Sachaufwand in jenem Umfang bewegen wird, wie er auch jetzt schon für gerichtliche Vergleiche (insbesondere prätorische Vergleiche in zivilgerichtlichen Verfahren und Vergleiche in Außerstreitverfahren) anfällt. Dieser Aufwand wird durch die Gerichtsgebühren abgedeckt werden.

Die Änderungen im Bereich des IPR-Gesetzes und des SMG werden hingegen keine finanziellen Auswirkungen haben.

Die mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf verbundenen Mehrkosten werden in dem für das Bundesministerium für Justiz vorgegebenen Budgetrahmen bedeckt.

III. Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die Umsetzungsbestimmungen zur Mediations-Richtlinie 2008/52/EG sind richtlinienkonform ausgestaltet.

Die übrigen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.


Besonderer Teil

Zu Art I (EU-MediatG):

Allgemeines und Entstehungsgeschichte der Mediations-Richtlinie:

Am 21. Mai 2008 haben das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen angenommen; am 24. Mai 2008 ist sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden (ABl. Nr. L 136, S. 3). Am 13. Juni 2008 – 20 Tage nach ihrer amtlichen Publikation - ist die Richtlinie formell in Kraft getreten (Art. 13).

Die Richtlinie muss bis 21. Mai 2011 umgesetzt werden (Art. 12 Abs. 1). Die Kommission ist aber bis 21. November 2010 über die im jeweiligen Mitgliedstaat zur Entgegennahme von Anträgen auf „Vollstreckbarmachung“ zuständigen Gerichte und öffentlichen Stellen zu informieren (Art. 12 Abs. 1).

Die Richtlinie gilt in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks (Art. 1 Abs. 3 und EG 30).

Die Richtlinie beruht auf einem Vorschlag der Europäischen Kommission vom 22. Oktober 2004 (KOM [2004] 718 endgültig). Der Entwurf geht wieder auf ein Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht aus dem Jahre 2002 (KOM [2002] 196 endgültig vom 19. April 2002) und eine Empfehlung der Europäischen Kommission vom April 2001 über die Grundsätze für an der einvernehmlichen Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten beteiligte außergerichtliche Einrichtungen (ABl. Nr. L 2001/109, S. 56) zurück.

Ziel der Richtlinie ist es, die Attraktivität der Mediation zu erhöhen, um damit den Zugang zum Recht im Europäischen Justizraum zu fördern. Es soll nicht nur der Zugang zum Gerichtssystem, sondern auch der Zugang von Einzelpersonen und Wirtschaftsteilnehmern zu geeigneten Streitschlichtungsverfahren verbessert werden. Die Richtlinie will für jene Bereiche, in denen sich Berührungspunkte zwischen Mediationsverfahren und Gerichtsverfahren ergeben können, europaweit einheitliche Vorgaben oder (Mindest-)Standards schaffen. Im Einklang mit diesem allgemeinen Ziel gibt die Richtlinie keine Einzelheiten zum Mediationsverfahren vor. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, bestimmte wesentliche Grundfragen, die insbesondere in einem Gerichtsverfahren nach gescheiterter Mediation auftreten können, zu regeln. Der Ablauf des Mediationsverfahrens wird dagegen weitestgehend nicht geregelt (s. dazu Peter G. Mayr, Die Europäische Mediationsrichtlinie und Österreich in König/Mayr [Hrsg] Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 142).

Überblick über die Regelungen der Mediations-Richtlinie:

Die Richtlinie zielt darauf ab, durch gemeinsame Mindestnormen über bestimmte wesentliche Aspekte der Mediation den Zugang zu Streitbeilegungsmöglichkeiten zu erleichtern, ein funktionierendes Zusammenspiel zwischen Gerichtsverfahren und Mediation zu gewährleisten und damit insgesamt den Einsatz von Mediation zur Beilegung von Streitigkeiten zu fördern. Die Mindestnormen sollen das erforderliche Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verschwiegenheit der Mediatoren, die Auswirkung der Mediation auf Verjährungsfristen sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Vereinbarungen, die im Rahmen einer Mediation erzielt wurden, sicher stellen. Die Richtlinie enthält aber keine Vorschriften über das Mediationsverfahren selbst und auch keine Qualitäts- und Zulassungskriterien für Mediatoren.

Nach Art. 1 Abs. 1 zielt die Richtlinie auf einen leichteren Zugang zur alternativen Streitbeilegung ab, indem zur Nutzung der Mediation angehalten und für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mediation und Gerichtsverfahren gesorgt wird. Der sachliche Anwendungsbereich der Mediations-Richtlinie erstreckt sich auf Zivil- und Handelssachen (Art. 1 Abs. 2). Der autonom, also ohne Rücksicht auf das jeweilige nationale Vorverständnis, zu bestimmende, hinlänglich bekannte Begriff der „Zivil- und Handelssachen“ umschreibt den Anwendungsbereich in mehreren europäischen Rechtsinstrumenten (so etwa in der EuGVVO, EuVTVO, EuMahnVO und der EuBagatellVO). Die Richtlinie gilt jedoch nicht für Rechte und Pflichten, über die die Parteien nach dem anwendbaren Recht nicht verfügen können. Sie gilt auch nicht für Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“). Auch diese Formulierung der Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich hat die Richtlinie aus bereits zuvor erlassenen einschlägigen Rechtsinstrumenten der Europäischen Union übernommen (vgl. etwa die EuVTVO oder die EuBagatellVO). Örtlich gilt die Richtlinie – wie es im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen üblich ist – in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (einschließlich Großbritanniens und Irlands), jedoch nicht in Dänemark (Art. 1 Abs. 3).

Abweichend vom Vorschlag der Europäischen Kommission ist der Anwendungsbereich der Richtlinie auf grenzüberschreitende Streitigkeiten beschränkt. Zur Schaffung von Regelungen für reine Binnensachverhalte fehlt dem europäischen Gesetzgeber die Kompetenz gemäß Art. 65 EGV (nunmehr Art. 81 AEUV). Eine grenzüberschreitende Streitigkeit liegt nach der Definition des Art. 2 Abs. 1 grundsätzlich dann vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als eine der anderen Parteien hat. In Art. 2 Abs. 1 wird der maßgebliche Zeitpunkt für das Erfordernis des grenzüberschreitenden Bezugs in vier Fallkonstellationen bestimmt (Zeitpunkt, zu dem die Mediation von den Parteien vereinbart wird, nachdem die Streitigkeit entstand (lit. a), Zeitpunkt, zu dem die Mediation von einem Gericht angeordnet wird (lit. b), Zeitpunkt, zu dem nach nationalem Recht eine Pflicht zur Nutzung der Mediation entsteht (lit. c) oder Zeitpunkt, zu dem eine Aufforderung an die Parteien durch das Gericht nach Art. 5 ergeht (lit. d)).

Art. 2 Abs. 2 normiert ergänzend, dass im Falle des Art. 7 (Vertraulichkeit der Mediation) und des Art. 8 (Auswirkung der Mediation auf Verjährungsfristen) eine grenzüberschreitende Streitigkeit auch dann vorliegt, wenn nach einer Mediation zwischen den Parteien ein Gerichts- oder ein Schiedsverfahren in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen eingeleitet wird, in dem die Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Der Wohnsitz bestimmt sich dabei nach den Art. 59 und 60 der EuGVVO.

Art. 3 enthält die für die Richtlinie maßgeblichen Legaldefinitionen. Der Begriff „Mediation“ (Art. 3 lit. a) bezeichnet ein strukturiertes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeit zu erzielen. Ergänzend führen dazu die Erwägungsgründe 10 und 11 aus, dass die Richtlinie Verfahren abdecken soll, bei denen zwei oder mehr Parteien einer grenzüberschreitenden Streitigkeit mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine gütliche Einigung über die Beilegung ihrer Streitigkeit zu erzielen. Sie soll aber weder für vorvertragliche Verhandlungen gelten noch für „schiedsrichterliche Verfahren“, wie etwa gerichtliche Schlichtungsverfahren, Verbraucherbeschwerdeverfahren, Schiedsverfahren oder Schiedsgutachtensverfahren, noch für Verfahren, die von Personen oder Stellen abgewickelt werden, die eine förmliche Empfehlung zur Streitbeilegung abgeben, unabhängig davon, ob diese rechtlich verbindlich ist oder nicht.

Nach Art. 3 lit. b ist „Mediator“ eine dritte Person, die ersucht wird, eine Mediation auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchzuführen, unabhängig von ihrer Bezeichnung oder ihrem Beruf in dem betreffenden Mitgliedstaat und der Art und Weise, in der sie für die Durchführung der Mediation benannt oder mit dieser betraut wurde.

Art. 4 der Richtlinie ist weitgehend programmatischer Natur. Die Mitgliedstaaten werden darin angehalten, die Entwicklung und Einhaltung von freiwilligen Verhaltenskodizes durch Mediatoren und Organisationen, die Mediationsdienste erbringen, sowie andere wirksame Verfahren zur Qualitätskontrolle für die Erbringung von Mediationsdiensten mit allen ihnen geeignet erscheinenden Mitteln zu fördern (Art. 4 Abs. 1). Ebenso sollen die Mitgliedstaaten die Aus- und Fortbildung von Mediatoren fördern, um sicherzustellen, dass die Mediation für die Parteien wirksam, unparteiisch und sachkundig durchgeführt wird (Art. 4 Abs. 2).

Nach Art. 5 kann das Gericht die Parteien auffordern, die Mediation zur Streitbeilegung in Anspruch zu nehmen. Es kann die Parteien auch auffordern, an einer Informationsveranstaltung über die Nutzung der Mediation teilzunehmen, wenn solche Veranstaltungen durchgeführt werden und leicht zugänglich sind. Unberührt bleiben jedoch nationale Vorschriften, wonach die Inanspruchnahme von Mediation vor oder nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens verpflichtend oder mit Anreizen oder Sanktionen verbunden ist, sofern diese Rechtsvorschriften die Parteien nicht daran hindern, ihr Recht auf Zugang zum Gerichtssystem wahrzunehmen.

Art. 6 regelt die Vollstreckung der in einem Mediationsverfahren erzielten Ergebnisse (Vereinbarungen). Nach Abs. 1 haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Parteien – oder eine Partei mit ausdrücklicher Zustimmung der anderen – beantragen können, den Inhalt einer im Mediationsverfahren erzielten schriftlichen Vereinbarung vollstreckbar zu machen. Das gilt aber nicht, wenn der Inhalt der Vereinbarung dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wurde, widerspricht oder das Recht dieses Mitgliedstaats eine Vollstreckbarkeit des Inhalts nicht vorsieht. Nach Art. 6 Abs. 2 kann der Inhalt der Vereinbarung von einem Gericht oder einer anderen zuständigen öffentlichen Stelle durch ein Urteil oder eine Entscheidung oder in einer öffentlichen Urkunde nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem der Antrag gestellt wurde, vollstreckbar gemacht werden.

Art. 7 Abs. 1 regelt zunächst grundsätzlich, dass die Mediation in einer Weise erfolgen soll, welche die Vertraulichkeit wahrt. Die Mitgliedstaaten haben zu gewährleisten, dass – sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren – weder Mediatoren noch in die Durchführung eines Mediationsverfahrens eingebundene Personen gezwungen sind, in Gerichts- oder Schiedsverfahren in Zivil- und Handelssachen Aussagen zu Informationen zu machen, die sich aus einem Mediationsverfahren oder im Zusammenhang mit einem solchen ergeben. Für diesen Grundsatz sieht die Richtlinie zwei Ausnahmen vor, wenn dies erstens aus Gründen der öffentlichen Ordnung geboten ist, um insbesondere den Schutz des Kindeswohls zu gewährleisten oder die Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder zweitens die Offenlegung des Inhalts der Vereinbarung zu deren Umsetzung oder Vollstreckung erforderlich ist. Allerdings können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 2 Mediations-Richtlinie auch strengere Maßstäbe anlegen.

Art. 8 regelt die Auswirkung der Mediation auf Verjährungsfristen. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Parteien eines Mediationsverfahrens im Anschluss daran nicht durch das Ablaufen der Verjährungsfristen während dieses Mediationsverfahrens daran gehindert sind, ihre Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.

Die Art. 9 bis 13 regeln die Veröffentlichung der Angaben der Mitgliedstaaten über die zuständigen Gerichte und Behörden durch die Europäische Kommission, sehen eine „Review-Clause“ vor und betreffen die Umsetzung der Richtlinie sowie ihr Inkrafttreten.

Umsetzung der Mediations-Richtlinie in das österreichische Recht:

In Österreich gilt seit dem Jahr 2004 das Zivilrechts-Mediations-Gesetz (ZivMediatG). Dieses Bundesgesetz hat maßgeblich dazu beigetragen, die Mediation in Österreich anzuerkennen und zu etablieren. Es handelt sich dabei um eine Art Berufsrecht für Mediatoren, allerdings eingeschränkt auf die Mediation von Konflikten, für deren Entscheidung die ordentlichen Gerichte zuständig sind. Das Zivilrechts-Mediations-Gesetz bildet die rechtliche Grundlage für die vom Bundesministerium für Justiz geführte Liste der Mediatoren. Es enthält zur Sicherung der Qualität von Mediatoren Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Eintragung in diese Liste, insbesondere zur fachlichen Eignung eines Bewerbers, aber auch Bestimmungen über die Wirkungen sowie über die Ausübung der Mediation durch eingetragene Mediatoren. Andere, nicht in die Mediatorenliste eingetragene Personen, werden von der Ausübung der Mediation in Österreich grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Die Eintragung in die Liste bietet aber Gewähr für eine bestimmte Befähigung des Mediators. Im Zivilrechts-Mediations-Gesetz finden sich beispielsweise Inkompatibilitätsbestimmungen für Mediatoren, eine gesetzliche, mit gerichtlicher Strafe bewehrte Pflicht zur Verschwiegenheit, die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und die Pflicht zur Fortbildung. Darüber hinaus enthält dieses Bundesgesetz eine ex-lege-Hemmung von materiell-rechtlichen Fristen während der Dauer eines Mediationsverfahrens (s. zum ZivMediatG ausführlich Hopf, Das Zivilrechts-Mediations-Gesetz, ÖJZ 2004/3, 41 ff.).

Die Richtlinie sieht dagegen keinen derart hohen Standard vor. Vor allem enthält sie keine Vorgaben für die Qualifikation der Mediatoren. Sie verlangt lediglich, dass diese die Mediation auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchzuführen haben. Im Rahmen der Umsetzung stellt sich daher insbesondere die Frage, wie die Richtlinie in das bestehende System eingepasst werden kann, ohne das in Österreich gegebene hohe Niveau abzusenken.

Das Bundesministerium für Justiz hat zur Erörterung des Umsetzungsbedarfs und der näheren Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen im Herbst 2009 eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Zu dieser sind Vertreter des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags, der Österreichischen Notariatskammer, der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter, des Österreichischen Netzwerks Mediation, des Österreichischen Bundesverbandes für Mediation, der Bundesministerien für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sowie für Wirtschaft, Familie und Jugend, der Bundesarbeitskammer, der Wirtschaftskammer Österreich, der Vorsitzende des Beirats für Mediation beim Bundesministerium für Justiz sowie Ass.-Prof. Dr. Ulrike Frauenberger-Pfeiler vom Institut für Zivilverfahrensrecht der Universität Wien eingeladen worden. Nach ausführlichen Beratungen in dieser Arbeitsgruppe wird nun vorgeschlagen, zur Wahrung der hohen österreichischen Standards eine Umsetzung der Richtlinie nur im zwingend erforderlichen Ausmaß vorzunehmen.

Mit Ausnahme der Möglichkeit, eine im Mediationsverfahren erzielte Vereinbarung für vollstreckbar erklären zu lassen (Art. 6 Mediations-Richtlinie), die im österreichischen Recht derzeit für Mediationsvereinbarungen nicht ausdrücklich vorgesehen ist, finden sich zu allen von der Richtlinie angesprochenen Themenbereichen bereits Regelungen im Zivilrechts-Mediations-Gesetz. Dieses soll für die „eingetragenen“ Mediatoren und die von diesen durchgeführte Mediationsverfahren weiterhin gelten (siehe § 5 des Entwurfs). Für grenzüberschreitende Mediationen ohne Beteiligung eines eingetragenen Mediators sollen eigene, den Vorgaben der Richtlinie genau entsprechende Bestimmungen geschaffen werden. Diese sollen wiederum nur für die grenzüberschreitende Mediation im Sinn der Richtlinie gelten. Das hat zur Folge, dass die zur Umsetzung der Richtlinie neu geschaffenen Bestimmungen zur Verschwiegenheitsverpflichtung des Mediators und zur Hemmung der Verjährung, die nicht so weit gehen wie jene nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz, auch nur in diesen Fällen zur Anwendung kommen. Für Mediationen, die weder grenzüberschreitend sind noch von einem eingetragenen Mediator durchgeführt werden, sollen weder die Bestimmungen des Zivilrechts-Mediations-Gesetzes noch die hier vorgeschlagenen neuen Regelungen gelten. Mit diesem Konzept sollen Mediationsverfahren gefördert werden, die von Mediatoren durchgeführt werden, die über eine sehr gute einschlägige Ausbildung verfügen und die die Eintragungsvoraussetzungen des Zivilrechts-Mediations-Gesetzes in die Liste des Bundesministeriums für Justiz erfüllen. Dieses Ziel steht in Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie in deren Art. 4.

In Österreich gilt bislang keine gesetzliche Regelung über die Vollstreckbarerklärung einer zwischen den Streitteilen in einem Mediationsverfahren erzielten schriftlichen Vereinbarung. Zur Umsetzung der aus Art. 6 der Richtlinie resultierenden Mitgliedstaatenverpflichtung schlägt der Entwurf daher vor, den Parteien zu ermöglichen, über die bereits in dem Mediationsverfahren erzielte schriftliche Vereinbarung einen gerichtlichen Vergleich zu schließen. Auch das Institut des Notariatsakts steht ihnen dafür – wie schon nach geltender Rechtslage – zur Verfügung. Die vorgeschlagene Bestimmung des § 433a ZPO soll generell, also auch für innerstaatliche Fälle, gelten. Schon aus diesem Grund ist die Zivilprozessordnung der geeignete Regelungsort. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs nur auf die Fälle der grenzüberschreitenden Mediationsverfahren wäre nicht sinnvoll. In einem solchen Fall stünde den Parteien eines rein innerstaatlichen Mediationsverfahrens im Gegensatz zu den Parteien eines grenzüberschreitenden Mediationsverfahrens zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels der prätorische Vergleich nicht zur Verfügung.

Abgesehen von der oben angesprochenen Änderungen in der Zivilprozessordnung soll die Umsetzung der Richtlinie in einem eigenen Bundesgesetz erfolgen, um eine klare Abgrenzung zu den eingetragenen Mediatoren nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz, deren hochwertige Ausbildung nachgewiesen ist, und anderen Mediatoren herzustellen, sowie Verwechslungen durch ausländische Rechtsanwender zu vermeiden.

Die Umsetzung der Mediations-Richtlinie soll zusammengefasst folgendermaßen erfolgen:

Art. 1 Abs. 2 und 3 sowie Art.  2, die den Anwendungsbereich der Richtlinie regeln, werden mit den §§ 1 und 2 des Entwurfs übernommen. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie enthält nur allgemeine Zielvorgaben und muss daher nicht umgesetzt werden.

Art. 3 (Begriffsbestimmungen Mediation und Mediator) wird mit § 2 des Entwurfs, Art. 7 (Vertraulichkeit der Mediation) mit § 3 des Entwurfs und Art. 8 (Auswirkung der Mediation auf Verjährungsfristen) mit § 4 des Entwurfs umgesetzt.

Art. 4 legt den Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Qualität der Mediation gewisse Pflichten auf. Diesen wird bereits durch das Zivilrechts-Mediations-Gesetz Rechnung getragen.

Auch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie bedarf in Österreich keiner Umsetzung, weil der Richter schon nach § 204 ZPO die Parteien auf Einrichtungen hinweisen kann, die zur einvernehmlichen Lösung von Konflikten geeignet sind, soweit er dies für zweckmäßig erachtet. § 204 Abs. 1 ZPO umfasst auch den Hinweis auf Mediationsangebote. Der zweite Satz des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie, wonach das Gericht die Parteien auch auffordern kann, an einer Informationsveranstaltung über die Nutzung der Mediation teilzunehmen, steht unter dem Vorbehalt, dass solche Veranstaltungen durchgeführt werden und leicht zugänglich sind. Eine Umsetzung dieser Bestimmung ist daher nicht erforderlich; darüber hinaus reicht es aus, dass der Richter die Parteien auf außergerichtliche Konfliktlösungseinrichtungen verweisen kann.

Art. 9 der Mediations-Richtlinie verlangt, dass die Mitgliedstaaten mit allen ihnen geeignet erscheinenden Mitteln der Öffentlichkeit über das Internet Informationen zu Mediatoren und Mediationsdiensten zur Verfügung stellen. Dies erfolgt in Österreich schon durch die im Internet abrufbare Liste der eingetragenen Mediatoren.

Zu § 1 EU-MediatG:

§ 1 regelt den Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Bundesgesetzes. Anders als dies bei der Anpassung des österreichischen Verfahrensrechts in der Vergangenheit – etwa bei der Umsetzung der Prozesskostenhilfe-Richtlinie (s. die Zivilverfahrens-Novelle 2004) – der Fall war, soll diese Richtlinie weder für innerstaatliche Sachverhalte übernommen noch – wie etwa bei den Ausführungsbestimmungen zur Beweisaufnahme-Verordnung (s. BGBl. Nr. 114/2003) – auf Drittstaaten ausgedehnt werden. Das bestehende hohe österreichische Niveau soll keinesfalls abgesenkt werden.

Abs. 1 regelt den sachlichen Anwendungsbereich des vorliegenden Gesetzes entsprechend dem Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie. Das vorgeschlagene Bundesgesetz soll für die Mediation in Zivil- und Handelssachen gelten. Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind Streitigkeiten über Rechte und Pflichten, über die die Parteien nach dem anwendbaren Recht nicht verfügen können. Des weiteren ausgenommen sind Streitigkeiten über die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“). Die Richtlinie sieht einen weiteren Ausnahmekatalog vor, nach dem auch Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten nicht vom Anwendungsbereich umfasst sind. Dieser Ausnahmekatalog muss nicht umgesetzt werden, weil es sich dabei nach österreichischem Verständnis keinesfalls um Zivil- oder Handelssachen handelt.

Schließlich wird in Abs. 1 klargestellt, dass die Bestimmungen des vorgeschlagenen Bundesgesetzes nur für grenzüberschreitende Streitigkeiten im Sinne des Art. 2 der Richtlinie gelten.

Nach § 1 Abs. 2 sind die §§ 3 und 4 auch dann anzuwenden, wenn ein im Anschluss an ein Mediationsverfahren durchgeführtes Gerichts- oder Schiedsverfahren in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen eingeleitet wird, in dem die Parteien zu den in § 2 Abs. 1 Z 3 lit. a bis d genannten Zeitpunkten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (dies entspricht dem Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie). Mit dem Begriff „Gerichtsverfahren“ sind auch hier ausschließlich Zivilverfahren gemeint. Dies ergibt sich aus dem Anwendungsbereich der Mediations-Richtlinie. Der erweiterte (grenzüberschreitende) Anwendungsbereich betrifft die Hemmung von Verjährungsfristen und die Vertraulichkeit der Mediation (Entschlagungsrechte).

Zu § 2 EU-MediatG:

§ 2 übernimmt zunächst die Legaldefinitionen der Begriffe „Mediation“ und „Mediator“ aus dem Art. 3 der Richtlinie.

Nach Abs. 1 Z 1 ist unter einer „Mediation“ unabhängig von seiner Bezeichnung ein strukturiertes Verfahren zu verstehen, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen. Dieses Verfahren kann von den Parteien eingeleitet oder von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet werden oder nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben sein (vgl. Art. 3 lit. a der Richtlinie).

Nach Abs. 1 Z 2 ist ein „Mediator“ im Sinn dieses Bundesgesetzes jede von den Parteien der Mediationsvereinbarung verschiedene Person, die das Mediationsverfahren wirksam, unparteiisch und sachkundig durchführt (vgl. Art. 3 lit. b der Richtlinie). Unerheblich sind die tatsächliche Bezeichnung sowie der Beruf der als Mediator tätig werdenden Person (Art. 3 lit. b der Richtlinie). Mediator kann beispielsweise auch ein Richter sein, der in einem allfälligen an die Mediation anschließenden Gerichtsverfahren nicht zur Entscheidung berufen ist (Art. 3 lit. a Unterabs. 2 der Richtlinie). Der Mediator muss weiters seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union haben. Diese Voraussetzung wird zwar in der Richtlinie nicht ausdrücklich genannt. Allerdings ergibt sich der Bezug zu den Mitgliedstaaten aus dem in Art. 3 lit. b enthaltenen Teil der Definition des Begriffs Mediator „unabhängig von ihrer Bezeichnung oder ihrem Beruf in dem betreffenden Mitgliedstaat“. Daneben entspricht dies aber auch der Intention der Richtlinie, weil diese in Art. 4 Anforderungen an die Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Qualität der Mediation stellt. Diese Maßnahmen können bei einem Mediator aus einem Drittstaat in der Regel nicht greifen.

Nach Abs. 1 Z 3 liegt – parallel zu Art. 2 der Richtlinie - eine grenzüberschreitende Streitigkeit dann vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hat. Zwar ist Dänemark vom Anwendungsbereich der Richtlinie nicht umfasst (Art. 1 Abs. 3), die österreichischen Umsetzungsregelungen sollen aber auch dann zur Anwendung kommen, wenn es sich bei einem der beiden in Art. 2 Abs. 2 genannten Mitgliedstaaten um Dänemark handelt, also wenn eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark hat. Eine Differenzierung erscheint diesfalls nicht geboten und wird von der Richtlinie auch nicht vorgegeben. Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen einer grenzüberschreitenden Streitigkeit ist anhand von vier alternativen Kriterien zu beurteilen: Es ist dies der Zeitpunkt, zu dem die Parteien vereinbaren, die Mediation zu nutzen, nachdem die Streitigkeit entstand, oder zu dem die Mediation von einem Gericht angeordnet wurde, oder zu dem nach nationalem Recht eine Pflicht zur Nutzung der Mediation entsteht oder zu dem eine Aufforderung des Gerichts an die Parteien ergeht, Mediation in Anspruch zu nehmen.

Zwar sehen die österreichischen Verfahrensgesetze eine Anordnung von Mediation durch ein Gericht nicht vor. Es ist aber möglich, dass für den maßgeblichen Zeitpunkt des grenzüberschreitenden Bezugs die Anordnung eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union relevant ist.

Ein möglicher Anwendungsfall des Abs. 1 Z 3 lit. c wäre beispielsweise § 364 Abs. 3 ABGB in Verbindung mit Art. III des Zivilrechts-Änderungsgesetzes 2004 (Mediation bei behauptetem Entzug von Licht oder Luft).

Auf die Wohnsitzdefinition der EuGVVO muss hingewiesen werden, weil sich diese von jener nach der JN unterscheidet (Abs. 1 Z 4).

Abs. 2 ermöglicht es dem Gericht für den Fall, dass in einem Verfahren strittig ist, ob es sich um eine Mediation im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 oder um einen Mediator im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 2 gehandelt hat, eine Stellungnahme des nach § 7 Abs. 1 ZivMediatG eingerichteten Ausschusses für Mediation einzuholen. Dies wird aber nicht zwingend angeordnet, sondern in das Ermessen des Gerichts gestellt.

Zu § 3 EU-MediatG:

Mit § 3 soll Art. 7 der Mediations-Richtlinie umgesetzt werden. Auch hier wird die Formulierung der Richtlinie weitgehend übernommen. Der neben dem Mediator noch angeführte Personenkreis der in die Durchführung der Mediation eingebundenen Personen stimmt im Wesentlichen mit dem auch in § 18 ZivMediatG angeführten, aber anders umschriebenen Personenkreis überein. In beiden Fällen sollen allfällige „Hilfspersonen“ des Mediators in die Vertraulichkeitsregelung einbezogen werden.

Anders als § 320 Z 4 ZPO, der für eingetragene Mediatoren ein Vernehmungsverbot statuiert, sieht der Entwurf für die Mediation von grenzüberschreitenden Streitigkeiten ein (bloßes) Entschlagungsrecht vor. Das Vernehmungsverbot für eingetragene Mediatoren soll unverändert bleiben. Diese Differenzierung beruht auf den unterschiedlichen berufsrechtlichen Anforderungen an die Mediation: Wie bereits erwähnt, dient die Eintragung in die Liste nach dem Zivilrechts-Mediationsgesetz nicht zuletzt dem Ziel, qualitativ hochwertige Mediationen durch besonders aus- und fortgebildete Mediatoren zu gewährleisten. Diese Anforderungen können auf Grund der Richtlinie an die Mediation grenzüberschreitender Streitigkeiten nicht gestellt werden. Dann erscheint es aber sachlich angemessen, die Frage der Vertraulichkeit unterschiedlich zu regeln.

Nach der vorgeschlagenen Regelung trifft den Mediator also grundsätzlich die Verpflichtung zur Aussageverweigerung in Gerichts- oder Schiedsverfahren in Zivil- und Handelssachen. Die Parteien haben aber die Möglichkeit, den Mediator und die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen von ihrer Verschwiegenheitspflicht zu entbinden („sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren …“). Die Entbindung ist eine materiell-rechtlich zu beurteilende Erklärung privatrechtlicher Natur (Frauenberger in Fasching/Konecny² § 321 ZPO, Rz 19). Selbstverständlich muss die Entbindung durch sämtliche (vormaligen) Medianden erfolgen, weil alle durch die Verschwiegenheitspflicht geschützt sind (Frauenberger in Fasching/Konecny² § 321 ZPO Rz 18). Im Fall der Entbindung von seiner Verschwiegenheitspflicht würde den Mediator eine Pflicht zur Aussage treffen, weil kein Grund mehr besteht, Interessen der Parteien zu wahren, zumal die Ablegung der Aussage in deren offenkundigem Interesse liegen wird. Gerade nach einem Mediationsverfahren, in dem der Freiwilligkeit ein überaus hoher Stellenwert zukommt, soll es auch in der Autonomie der Parteien stehen, ob sie den Mediator von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden wollen.

Eine Aussagepflicht besteht jedoch – und zwar unabhängig von einer Entbindung - wenn dies aus vorrangigen Gründen der öffentlichen Ordnung („ordre public“) geboten ist, um insbesondere den Schutz des Kindeswohls zu gewährleisten oder eine Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder wenn die Offenlegung des Inhalts der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung zur Umsetzung oder Vollstreckung dieser Vereinbarung erforderlich ist.

Das nach dem ZivMediatG für eingetragene Mediatoren bestehende Entschlagungsrecht nach § 157 Abs. 1 Z 3 StPO soll auf andere, nicht eingetragene Mediatoren nicht ausgedehnt werden. Die Möglichkeiten der Aussageverweigerung im Strafverfahren sind im Vergleich zum Zivilverfahren generell sehr stark eingeschränkt. Insofern ist es systemgerecht, dass § 157 Abs. 1 Z 3 StPO nur den eingetragenen Mediatoren aufgrund der besonders strengen Regeln des ZivMediatG ein Aussageverweigerungsrecht einräumt, hingegen bereits nach der geltenden Rechtslage nicht auch anderen Mediatoren und künftig auch nicht Mediatoren nach dem EU-MediatG.

Zu § 4 EU-MediatG:

Art. 8 der Mediations-Richtlinie regelt die Auswirkung einer Mediation auf Verjährungsfristen. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Parteien, die eine Streitigkeit im Wege der Mediation beizulegen versuchen, im Anschluss daran nicht gehindert werden, ein Gerichts- oder Schiedsverfahren über die selbe Streitigkeit einzuleiten, weil Verjährungsfristen während des Mediationsverfahrens abgelaufen sind.

§ 4 des Entwurfs sieht daher vor, dass der Beginn und die gehörige Fortsetzung einer Mediation den Ablauf der Verjährung sowie sonstiger Fristen zur Geltendmachung der von der Mediation betroffenen Rechte und Ansprüche hemmen. Damit wird - wie von der Richtlinie vorgegeben - eine Ablaufshemmung vorgesehen. Auch wenn Art. 8 der Richtlinie nur Verjährungsfristen anspricht, erscheint eine Erweiterung auf sonstige Fristen (etwa nach § 95 EheG) zur Geltendmachung der von der Mediation betroffenen Rechte und Ansprüche zweckmäßig. Dies steht auch im Einklang mit der Richtlinie, weil deren Art. 8 lediglich eine Mindestharmonisierung vorsieht. Eine Möglichkeit zur Vereinbarung der Hemmung auch anderer zwischen den Medianden bestehender Ansprüchen – wie dies nach § 22 Abs. 2 ZivMediatG möglich ist – wird hier nicht vorgesehen.

Die Richtlinie legt, anders als dies in § 17 Abs. 1 ZivMediatG der Fall ist, nicht fest, was als Beginn oder Ende der Mediation anzusehen ist; es soll daher auch in den Ausführungsbestimmungen keine Definition erfolgen. Als Auslegungshilfe wird die Regelung in § 17 Abs. 1 ZivMediatG hergezogen werden können; dies aber immer unter Beachtung des Grundsatzes, dass bei der Auslegung europäischer Rechtsakte die Ziele und der Aufbau dieses Rechtsaktes sowie die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtssysteme ergebenden allgemeinen Grundsätze heranzuziehen sind.

Zu § 5 EU-MediatG:

Die vorgeschlagene Bestimmung soll klarstellen, dass für in die Liste des Bundesministeriums für Justiz eingetragene Mediatoren (§ 13 ZivMediatG) und von diesen durchgeführte grenzüberschreitende Mediationen die Vorschriften des ZivMediatG gelten. Das bedeutet im Wesentlichen, dass in einem Gerichts- oder Schiedsverfahren nach einer von einem eingetragenen Mediator durchgeführten Mediation die Bestimmungen über die Verschwiegenheit nach § 18 ZivMediatG und nicht nach § 3 EU-MediatG sowie über die Hemmung von Fristen nach § 22 ZivMediatG und nicht nach § 4 EU-MediatG zur Anwendung gelangen. Daneben gelten aber selbstverständlich auch alle weiteren Bestimmungen des ZivMediatG, die sich im EU-Mediations-Gesetz nicht finden.

Ein nicht eingetragener Mediator hat die Parteien nach Abs. 2 über diesen Umstand zu informieren. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass den Parteien eines Mediationsverfahrens auch bewusst ist, dass den von ihnen gewählten Mediator nicht die einem eingetragenen Mediator mit dem ZivMediatG auferlegten Verpflichtungen treffen, wie etwa jene zur Fortbildung oder zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung.

Zu § 6 EU-MediatG:

§ 6 enthält den erforderlichen Umsetzungshinweis.

Zu § 7 EU-MediatG:

§ 7 regelt das Inkrafttreten.

Zu Art. II (ZPO):

Mit Art. 6 der Mediations-Richtlinie werden die Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass von den Parteien – oder von einer Partei mit ausdrücklicher Zustimmung der anderen – beantragt werden kann, den Inhalt einer in einem Mediationsverfahren erzielten schriftlichen Vereinbarung vollstreckbar zu machen. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass der Inhalt der Vereinbarung dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht entgegensteht und dass das Recht dieses Mitgliedstaats die Vollstreckbarkeit des Inhalts der Vereinbarung vorsieht.

Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten mehrere Möglichkeiten zur Umsetzung der ihnen im Abs. 1 auferlegten Verpflichtung ein: Demnach kann der Inhalt der Vereinbarung von einem Gericht oder einer anderen zuständigen öffentlichen Stelle durch ein Urteil oder eine Entscheidung oder in einer öffentlichen Urkunde vollstreckbar gemacht werden.

Zur Umsetzung dieser Bestimmung bieten sich mehrere Möglichkeiten an, nämlich einerseits die im vorliegenden Entwurf gewählte Variante des gerichtlichen Vergleichs, andererseits ein neues gerichtliches Verfahren zur Vollstreckbarerklärung einer Mediationsvereinbarung geschaffen werden. Schon nach geltender Rechtslage besteht überdies die Möglichkeit, einen Notariatsakt aufzunehmen (siehe dazu Kodek in Fasching/Konecny² § 433 ZPO Rz 9).

Durch die hier vorgeschlagene Regelung im neuen § 433a ZPO wird das bereits in der österreichischen Rechtsordnung bestehende Instrument des gerichtlichen Vergleichs anwendbar gemacht.

Nach derzeitiger Gesetzeslage ist der Abschluss eines prätorischen Vergleichs nicht mehr möglich, wenn schon eine außergerichtliche Einigung erzielt wurde (Fucik in Rechberger³ § 433 ZPO Rz 6). Haben die Parteien nach Durchführung eines Mediationsverfahrens über ihren Konflikt bereits eine schriftliche Vereinbarung und damit ein Einvernehmen erreicht, so steht ihnen daher die Möglichkeit des prätorischen Vergleichs nach geltendem Recht nicht mehr offen. Vielmehr können sie nur den Weg des vollstreckbaren Notariatsakts wählen, um zu einem vollstreckbaren Titel zu gelangen. Durch die hier vorgeschlagene Bestimmung wird den Parteien der Weg des prätorischen Vergleichs zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels (§ 1 Z 5 EO) nach Abschluss einer Mediationsvereinbarung ausdrücklich eröffnet.

Der Abschluss eines prätorischen Vergleichs kommt nur für Vereinbarungen in Frage, für die auch im Streitfall die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen wären. Auch die Richtlinie schränkt den Anwendungsbereich auf Zivil- und Handelssachen (beide Begriffe sind nach der österreichischen Terminologie vom Ausdruck „Zivilsache“ umfasst) ein und nimmt zudem ausdrücklich noch Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten und die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“) aus.

Weitere Voraussetzung nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie ist, dass die Parteien über die Rechte und Pflichten, über die sie die Vereinbarung erzielt haben, verfügen können. Das bedeutet, dass es den Parteien nach dem anwendbaren Recht erlaubt sein muss, über den Gegenstand des Streits einen Vergleich abzuschließen. Ausgeschlossen ist ein Vergleich nach österreichischem Recht beispielsweise über Ansprüche aus unerlaubten oder verbotenen Geschäften sowie über die Gültigkeit einer Ehe und überhaupt im Eheverfahren (s. für weitere Beispiele Rechberger/Simotta Zivilprozessrecht7 Rz 631). In diesen Fällen ist daher weder ein herkömmlicher prätorischer Vergleich noch ein prätorischer Vergleich auf Grund einer bereits abgeschlossenen Mediationsvereinbarung zulässig. Schon bisher durfte § 433 Abs. 1 ZPO nicht als Erweiterung des Kreises der vergleichsfähigen Rechte verstanden werden (Kodek in Fasching/Konecny² § 433 ZPO Rz 4). Verstößt eine Vereinbarung gegen materielles Recht oder die guten Sitten so stellt dies nach herrschender Auffassung ein Protokollierungsverbot dar (Kodek in Fasching/Konecny² § 433 ZPO Rz 19).

Damit das Gericht die Zulässigkeit des Vergleichsabschlusses prüfen und beurteilen kann, hat es die Parteien zu veranlassen, alle nach der Sach- und Rechtslage erforderlichen Angaben zu machen, so etwa zur Prüfung einer allfälligen Umgehung zwingender (Kündigungsschutz-) Bestimmungen. Dies ist aber auch erforderlich, damit das Gericht seiner Belehrungspflicht nachkommen kann.

Schon bisher besteht die Möglichkeit der Schaffung eines Exekutionstitels durch Aufnahme eines Notariatsakts. Dabei kann die Vereinbarung selbst erst unmittelbar vor dem Notar geschlossen oder eine bereits vorliegende schriftliche Vereinbarung nach § 54 NO durch Solennisierung zu einer öffentlichen Urkunde gemacht werden. Einer expliziten Erwähnung dieser Möglichkeit im neuen § 433a ZPO bedarf es nicht.

Zu Art. III (IPR-Gesetz):

Derzeit ist die Ratifikation des Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 (in der Folge: Übereinkommen) im Gange (vgl. 867 BlgNR 24. GP).

Art. 53 des Übereinkommens enthält Inkrafttretens- und Übergangsvorschriften für die Regeln über die Zuständigkeit zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen (Abs. 1), die Anerkennung und Vollstreckung von Schutzmaßnahmen (Abs. 2) und die Kollisionsregel des Art. 15 (Abs. 1). Art. 53 des Übereinkommens regelt jedoch nicht den zeitlichen Geltungsbereich und die Folgen des Inkrafttretens der international privatrechtlichen Regel des Art. 16 Abs. 1 des Übereinkommens. Art. 16 Abs. 1 des Übereinkommens bestimmt, dass sich die Zuweisung und das Erlöschen der elterlichen Verantwortung kraft Gesetzes nach dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes richten.

Es liegt daher eine Lücke vor, die mit den Mitteln des innerstaatlichen Rechts geschlossen werden muss (s. den von Prof. Lagarde, der in der 18. Session der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zum Berichterstatter gewählt worden war, erstellten erläuternden Bericht zum Übereinkommen [in der Folge: Lagarde-Bericht] Rz 179).

Das Inkrafttreten des Übereinkommens hat in Österreich eine Änderung der kollisionsrechtlichen Anknüpfung der elterlichen Verantwortung zur Folge, weil bis dahin die Wirkung des Kindschaftsverhältnisses nach nationalem Recht (§§ 9, 24, 25 und 27 IPRG) ebenso wie nach Art. 3 des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 (MSÜ; BGBl. Nr. 446/1975; s 5 Ob 503/90) im Regelfall (vgl. § 9 Abs. 2 und 3 IPRG) nach dem Heimatrecht des Kindes zu beurteilen ist. Eine Änderung der Verweisungsnorm führt (nach österreichischem Recht) bei Dauerrechtsverhältnissen dazu, dass diese ab diesem Zeitpunkt nach den neuen Regeln anzuknüpfen und nach einem anderen Recht zu beurteilen sind (vgl. Verschraegen, ABGB², § 7 IPRG Rz 5, § 50 IPRG Rz 1f, Vor § 1 IPRG Rz 9).

Es könnte daher mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens ein anderes Recht anzuwenden sein als zuvor und so ein Obsorgewechsel kraft Gesetzes eintreten, wenn nicht eine eigene Übergangsbestimmung für Art. 16 Abs. 1 des Übereinkommens geschaffen wird. Für Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich, deren Heimatrecht beiden unehelichen Eltern ex lege die Obsorge einräumt, würde das übergangslose Inkrafttreten des Art. 16 Abs. 1 des Übereinkommens bedeuten, dass nach Inkrafttreten des Übereinkommens ein Obsorgeträger (nämlich der uneheliche Vater) ex lege wegfiele (und die Obsorge nur der Mutter zukäme, § 166 ABGB) und die Eltern die gemeinsame Obsorge vereinbaren müssten; diese Vereinbarung müsste vom österreichischen Gericht (Art. 5 des Übereinkommens) genehmigt werden (§ 167 ABGB). Für Kinder, deren Eltern zwar nach dem Heimatrecht, nicht aber nach österreichischem Recht als dem des gewöhnlichen Aufenthalts mit der Obsorge betraut sind, würde ohne die Übergangsregelung der Jugendwohlfahrtsträger nach § 211 ABGB Obsorgeträger, zugleich würde die gesetzliche Obsorge nach dem Heimatrecht erlöschen.

Solche Rechtsfolgen widersprächen aber den Grundwertungen und Zielen des Übereinkommens. Das Übereinkommen regelt die Folgen eines Wechsels des anzuwendenden Rechts, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt ändert. Nach Art. 16 Abs. 4 des Übereinkommens richtet sich in diesem Fall zwar die kraft Gesetzes bestehende elterliche Verantwortung nach dem Recht des Staates des neuen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes. Art. 16 Abs. 3 des Übereinkommens sorgt in diesem Fall aber dafür, dass eine nach dem Recht des Staates des früheren gewöhnlichen Aufenthalts kraft Gesetzes bestehende elterliche Verantwortung aufrecht bleibt. Der Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts, der mit einer Änderung des anzuwendenden Rechts verbunden ist, kann also kraft Gesetzes immer nur zu einem („automatischen“) Hinzutreten, niemals aber einem („automatischen“) Wegfall eines Trägers der elterlichen Gewalt führen.

Die Interessen- und Ausgangslage bei einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes ist der Konstellation vergleichbar, in der sich durch das Inkrafttreten des Übereinkommens das für die kraft Gesetzes bestehende elterliche Verantwortung maßgebende Recht ändert und dadurch (kraft Gesetzes) nach dem bisher geltenden Recht bestehende Träger der elterlichen Gewalt (kraft Gesetzes) wegfielen (so auch der Lagarde-Bericht Rz 179). § 53 Abs. 2 IPRG soll daher die Wirkungen des Inkrafttretens des Art. 16 Abs. 1 des Übereinkommens vergleichbar dem Art. 16 Abs. 3 und 4 des Übereinkommens (über den Wechsel des auf gesetzliche Gewaltverhältnisse anzuwendenden Rechts auf Grund eines Aufenthaltswechsels) regeln. In den oben dargestellten Fällen sollen daher trotz des Inkrafttretens des Art. 16 Abs. 1 weiterhin wie vom Heimatrecht vorgesehen beide Eltern Obsorgeträger bzw. die Voraussetzungen des § 211 ABGB für die Obsorge des Jugendwohlfahrtsträgers nicht gegeben sein, weil das Kind nach dem in den Übergangsfällen maßgebenden Heimatrecht weiterhin zumindest einen Obsorgeberechtigten hat.

Durch Maßnahmen (nach der lex fori, Art. 15 Abs. 1 des Übereinkommens) könnten Gewaltverhältnisse im Sinn des Art. 16 des Übereinkommens oder die Bedingungen ihrer Ausübung abgeändert werden, wenn die gemeinsam betrauten Personen kein Einvernehmen erzielen oder wenn dies aus anderen Gründen im Interesse des Kindes erforderlich ist (Art. 18 des Übereinkommens).

Einer eigenen Inkrafttretens- und Übergangsbestimmung für § 53 Abs. 2 IPRG bedarf es nicht. Die ergänzende Regelung sollte möglichst vor dem Übereinkommen, somit schnellstmöglich, also nach der allgemeinen Bestimmung des Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung, in Kraft treten.

Zu Art. IV (SMG):

Zu Z 1 (§ 6 Abs. 6):

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 110/2010, wurde in § 6 SMG ein neuer Abs. 4b eingefügt. Ziel war die Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für den Erwerb, Besitz und Bezug von suchtmittelhaltigen Arzneimitteln bzw. Suchtmitteln durch die Justizanstalten.

Schon vor dem Inkrafttreten dieser Novellierung waren die § 6 Abs. 1 Z 2 und Abs. 6 SMG iVm § 6 Abs. 1 bis 5 Suchtgiftverordnung die Rechtsgrundlage für den Erwerb und Besitz von suchtmittelhaltigen Arzneimitteln bzw. Suchtmitteln durch Justizanstalten sowie deren Bezug von Gewerbetreibenden mit einer Berechtigung zur Herstellung von Arzneimitteln und Giften und zum Großhandel mit Arzneimitteln und Giften. Während § 57 Abs. 1 AMG neben Einrichtungen des Bundesheeres (Z 6), wissenschaftlichen Instituten und Untersuchungsanstalten, der AGES (Z 8) und den Notarztdiensten schon seit längerem die Justizanstalten (Z 7) als mögliche Empfänger von Arzneimitteln durch Hersteller, Depositeure oder Arzneimittel-Großhändler nannte, waren die Justizanstalten aber in § 6 SMG nicht explizit genannt. Gemäß den §§ 66, 68 und 68a StVG gehört die Gesundheitspflege, die Behandlung von erkrankten Strafgefangenen sowie die Entwöhnungsbehandlung von Strafgefangenen (im Hinblick auf die Behandlung von Untersuchungshäftlingen iVm § 182 Abs. 4 StPO) zu den Aufgaben der Strafvollzugsbehörden. Angesichts der großen Zahl von Insassen, die Suchtmittel missbrauchen oder an diese gewöhnt sind, betreiben die Justizanstalten auch Substitutionsprogramme.

Durch die Einfügung des Abs. 4b durch das BBG 2011 sollten nun auch im SMG die Justizanstalten ausdrücklich genannt und deren Berechtigung zum Erwerb und Besitz explizit festgeschrieben werden.

Im Zuge dieser Novellierung wurde allerdings aufgrund eines Versehens verabsäumt, den neuen Abs. 4b auch in die Aufzählung des § 6 Abs. 6 aufzunehmen; diese Bestimmung umschreibt den Kreis jener Einrichtungen, an die Hersteller und Großhändler (§ 6 Abs. 1 Z 1) Suchtmittel abgeben dürfen.

Diese Gesetzeslücke soll daher nunmehr durch Änderung des Abs. 6 geschlossen werden.

Zu Z 2 (§ 24c Abs. 1 Z 2 SMG):

Die vorgeschlagene Änderung soll den Wortlaut der Bestimmung an die seit 1.10.2009 geltende Fassung von § 128 Abs. 2 und 2a StPO (2. GewaltschutzG, BGBl. I Nr. 40/2009) anpassen (insbesondere an die nunmehr bestehende Möglichkeit, mit einer Obduktion auch einen Sachverständigen zu beauftragen, der kein Angehöriger eines Instituts für Gerichtsmedizin ist).

Zu Z 3 (§ 47 Abs. 11 SMG):

Vorgeschlagen wird, dass die Änderung in § 24c am Tag nach der Kundmachung des Gesetzes in Kraft tritt; für die Änderung in § 6 wird vorgeschlagen, dass sie zum selben Zeitpunkt wie die Änderungen durch das BBG 2011 in Kraft tritt, also mit 1.1.2011, dies scheint sachgerecht, weil es lediglich um die Behebung eines Redaktionsversehens geht, und vertretbar, weil es sich um einen Erlaubnistatbestand handelt.

Zu Art. V (Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen):

Art. VI regelt das Inkrafttreten der im Zusammenhang mit dem EU-Mediations-Gesetz vorgesehenen Begleitmaßnahmen im Zivilverfahrensrecht. Zwar ist die Richtlinie bis spätestens 21. Mai 2011 umzusetzen. Zur besseren Einprägsamkeit sollen aber die Umsetzungsbestimmungen bereits mit 1. Mai 2011 in Kraft treten. Daneben gibt es eine Übergangsregelung, wonach der neue § 433a ZPO auf Vereinbarungen anzuwenden ist, die nach dem 30. April 2011 abgeschlossen werden.