Vorblatt

Problem:

Die Liberalisierung der Energiemärkte spielt eine zentrale Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Die Europäische Union hat durch die Verabschiedung des 3. Binnenmarktpakets im Jahre 2009 die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Energiebinnenmarkt neu gestaltet.

Schwerpunkte des Dritten Binnenmarktpaketes sind verschärfte Regelungen der Entflechtung von Übertragungsnetzbetreibern und Fernleitungsunternehmen, wobei als Optionen die eigentumsrechtliche Entflechtung, der Independent System Operator (ISO) und der Independent Transmission Operator (ITO) zur Auswahl stehen. Die Unabhängigkeit der Übertragungsnetzbetreiber und Fernleitungsunternehmen soll dabei eine Reihe von Maßnahmen sichergestellt werden. Weitere Schwerpunkte des Dritten Binnenmarktpakets betreffen Konsumentenschutz/Energiearmut, die Ausweitung der Kompetenzen der Regulierungsbehörde, die Einführung einer entfernungsunabhängigen Tarifierung von Gastransporten über Fernleitungsnetze (Entry/Exit-Tarifierung), Smart Metering sowie die Schaffung einer Agentur zur Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden.

Das 3. Binnenmarktpaket besteht aus folgenden Rechtsakten: Verordnung (EG) Nr. 713/2009, zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörde, der Verordnung (EG) Nr. 714/2009, über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel, die Verordnung (EG) Nr. 715/2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen sowie die Richtlinie 2009/72/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und die Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt.

Die Implementierung des 3. Energie-Binnenmarktpaketes erfordert eine weitgehende Neugestaltung der Regelungen auf dem Elektrizitäts- und Gassektor. Die Umsetzung der Richtlinie 2009/72/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt sowie die Schaffung begleitender Regelungen sowie Sanktionen zur Verordnung (EG) Nr. 714/2009, über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel erfolgte bereits in Form einer kompletten Neuerlassung der Gesetze über die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft und über die Organisation der Energie-Regulierungsbehörde, BGBl. I Nr. 110/2010. Änderungen im Enegie-Control-Gesetz sind nur mehr zur Anpassung an das GWG 2011 erforderlich.

Die Verordnung (EU) Nr. 994/2010 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG sieht die Festlegung eines Gas-Versorgungsstandards über einen Zeitraum von 30 Tagen für einen innerstaatlich näher zu determinierenden Kreis von geschützten Kunden vor.

Die Richtlinie des Rates vom 29. Juni 1990 zur Einführung eines gemeinschaftlichen Verfahrens zur Gewährleistung der Transparenz der vom industriellen Endverbraucher zu zahlenden Gas- und Strompreise (90/377/EWG) ist seit ihrer Erlassung inhaltlich im Wesentlichen unverändert geblieben. Mit dem Beschluss der Kommission vom 7. Juni 2007, 2007/394/EG wurden die Anhänge zur Richtlinie des Rates 90/377/EWG, die den Umfang und die Struktur der zu meldenden Daten enthalten, nach der Wettbewerbswirklichkeit, die den liberalisierten Strom- und Gasmärkten entspricht, und nach den modernen Anforderungen neu gestaltet.

Lösung:

Umsetzungsmaßnahmen der Unionsrechtsvorschriften des Dritten Energie-Binnenmarktpaketes in Bezug auf Erdgas sowie Durchführung der durch die Verordnung (EU) Nr. 994/2010 Festlegungspflichten in Bezug auf die Festlegung eines Gas-Versorgungsstandards über einen Zeitraum von 30 Tagen für die geschützten Kunden.

Der vorliegende Entwurf der Novelle zum Preistransparenzgesetz hat zum Ziel, die mit dem Beschluss der Kommission geänderten Rahmenbedingungen durch österreichische gesetzliche Regelungen so zu ergänzen, dass eine innerstaatliche Vollziehung der Entscheidung des Rates 90/377/EWG in der Fassung des Beschlusses der Kommission 2007/394/EG gewährleistet ist. Gleichzeitig soll auch der Energie-Control die Erfüllung der ihr auf Grund der Bestimmungen des Energie-Regulierungsbehördengesetzes übertragenen Aufgaben ermöglicht werden, ohne dass zusätzliche Erhebungen angeordnet werden müssen.

Inhalt:

-       Stärkung und Absicherung der Verbraucherrechte,

-       wirksame Entflechtung der Fernleitungsnetzbetreiber,

-       Gewährleistung des freien Marktzugangs für die Versorger und Entwicklung von Kapazitäten für neue Verbraucheranlagen,

-       Schaffung des Entry-Exit-Marktmodells,

-       Kodifikation der Bestimmungen über die Festlegung der Systemnutzungsentgelte;

-       Festlegung eines Gas-Versorgungsstandards über einen Zeitraum von 30 Tagen für die im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 geschützten Kunden;

-       Neuregelung des Verfahrens der Datenerhebung, Datenverarbeitung und Datenübermittlung nach dem Preistransparenzgesetz durch die Bundesanstalt Statistik Österreich im Auftrag des Fachverbandes der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen Österreich und Österreichs E-Wirtschaft auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung an das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend zur Weiterleitung an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen

Es gibt keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, die Planstellen des Bundes oder auf andere Gebietskörperschaften. Die Kosten der Bundesanstalt Statistik Österreich für die Ermittlung und Verarbeitung der Daten werden vom Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen und Österreichs E-Wirtschaft getragen.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch die Umsetzung des 3. Binnenmarktpakets sollen allen privaten und gewerblichen Verbrauchern in der Europäischen Union eine echte Wahlmöglichkeit eröffnet werden, neue Geschäftchancen für Unternehmungen eröffnet werden sowie der grenzüberschreitende Handel gefördert und auf diese Weise Effizienzgewinne, wettbewerbsfähige Preise und höhere Dienstleistungsstandards bewirkt werden und ein Beitrag zu mehr Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit geleistet werden. Dadurch gewinnt der Wirtschaftsstandort Österreich an Attraktivität.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind neue Informationsverpflichtungen für Erdgasunternehmen vorgesehen, die vor allem der Stärkung des Wettbewerbes und der Verbraucherrechte dienen.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Es ist durch die Maßnahmen in Bezug auf Energieeffizienz (zB smart meter) mit positiven Auswirkungen auf Emissionen von Treibhausgasen zu rechnen.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Das Vorhaben führt zu einer Stärkung der Rechte der Verbraucher (siehe oben).

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Einfügung einer Bestimmung betreffend sprachliche Gleichbehandlung.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Durch das Gesetzesvorhaben sollen nachstehende Richtlinien umgesetzt bzw. Verordnungen durchgeführt werden:

1.      die Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG, ABl. Nr. L 211 vom 14.08.2009, S. 94, (Erdgas­binnenmarktrichtlinie) und;

2.      die Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen, ABl. Nr. L 114 vom 27.04.2006, S. 64, umgesetzt, sowie die in der

3.      Verordnung (EG) Nr. 715/2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005, ABl. Nr. L 211 vom 14.08.2009, S. 36, und der

4.      Verordnung (EU) Nr. 994/2010 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG des Rates, ABl. Nr. L 295 vom 12.11.2010, S. 1.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens

Das Gaswirtschaftsgesetz bedarf zur Begründung einer bundesunmittelbaren Zuständigkeit einer Bundesbehörde einer im Verfassungsrang stehenden Kompetenzdeckungsklausel.

Das Gesetzesvorhaben bedarf der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG.


Erläuterungen

A. Allgemeiner Teil

1. Zum Gaswirtschaftsgesetz 2011 und der Novelle zum Energie-Control-Gesetz:

1.1 Historische Entwicklung des Dritten Binnenmarktpakets

In seinen Schlussfolgerungen vom 8./9. März 2007 nahm der Europäische Rat Kenntnis vom Binnenmarktbericht der Kommission und dem Abschlussbericht über die Untersuchung der Gas- und Elektrizitätsmärkte. Er stimmte unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Erdgas- und Elektrizitätssektors und der nationalen und regionalen Märkte darin überein, dass ua. Folgendes notwendig ist:

-       Die wirksame Trennung der Versorgung und Erzeugung vom Betrieb der Netze (Entflechtung) auf der Grundlage unabhängig organisierter und angemessen regulierter Strukturen für den Netzbetrieb, die einen gleichberechtigten und offenen Zugang zu Transportinfrastrukturen und die Unabhängigkeit von Entscheidungen über Infrastrukturinvestitionen garantieren;

-       eine weitere Harmonisierung der Befugnisse und eine Stärkung der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsstellen für den Energiebereich;

-       die Einrichtung einer unabhängigen Stelle – der EU-Agentur „ACER“ - , mittels derer die nationalen Regulierungsstellen bei wichtigen grenzübergreifenden Fragen zusammenarbeiten und Entscheidungen treffen können;

-       die Einrichtung neuer Organisationen, mittels derer Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber die Koordinierung des Netzbetriebs und die Netzsicherheit aufbauend auf der herrschenden Kooperationspraxis verbessern können.

Im September 2007 legte die Europäische Kommission ihre Legislativvorschläge (Drittes Liberalisierungspaket für den Energiebinnenmarkt – „3rd Package“) vor, die in der Folge die europäische Diskussion im Energiebereich mit Themen wie etwa „Ownership Unbundling“ dominierten. Kurz nachdem die Europäische Kommission im September 2007 die Legislativvorschläge vorgelegt hatte, hat sich Österreich im Rat aktiv um die Ausarbeitung einer „Dritten Option“ zusammen mit Deutschland, Frankreich, Griechenland, Bulgarien, Österreich, Slowakei, Lettland und Luxemburg bemüht und auch aktiv daran mitgewirkt. Hervorgehoben sei in diesem Zusammenhang, dass am 21.12.2007 auch eine Arbeitssitzung dieser Gruppe in Wien stattgefunden hat, bei der die Grundzüge eines Alternativvorschlages erarbeitet wurden. Das Ergebnis dieser Arbeiten war schließlich eine weitere Option, die unter dem Arbeitstitel „Effective and Efficient Unbundling = EEU“ der Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten vorgestellt wurde. Neben verschärften Entflechtungsregelungen (zB die finanzielle, materielle und personelle Ausstattung der Netzbetreiber) enthielt dieser Vorschlag insbesondere auch Regeln über die Ausbauplanung von Netzen, Entscheidungsmechanismen für Investitionen sowie Regeln in Bezug auf regionale Kooperationen. Dieser Alternativvorschlag wurde nach Übermittlung durch die genannten Staaten an Kommissar Piebalgs, den Vorsitzenden des ITRE Ausschusses, sowie den Energieminister der damaligen slowenischen Präsidentschaft im TTE-Rat vom 28.2.2008 erörtert, wobei die Kommission unterstrich, dass „Ownership Unbundling“ weiterhin ihre präferierte Option bliebe. Seitens der übrigen Mitgliedstaaten wurde der Vorschlag kontroversiell diskutiert, wobei eine Kompromisslösung auf Ebene der Ratsarbeitsgruppe und des Ausschusses der ständigen Vertreter angestrebt wurde, um eine politische Einigung beim Rat TTE im Juni 2008 herbeiführen zu können (was allerdings nicht gelang). Die in der Folge von der Kommission vorgelegten Vorschläge sahen das EEU vorerst nicht als gleichwerte Alternative vor.

Erst im TTE-Rat vom 6. Juni 2008 konnte schließlich nach schwierigen Verhandlungen ein politischer Durchbruch (allgemeine Ausrichtung) über die Eckpunkte des dritten Binnenmarktpakets für Strom und Gas erzielt werden. Zur Frage der eigentumsrechtlichen Entflechtung wurde der „Unabhängige Übertragungsnetzbetreiber“ (ITO), der Bestandteil eines vertikal integrierten Unternehmens sein konnte, als gleichwertige Option sowohl im Gas- als auch im Elektrizitätssektor akzeptiert. Weiters konnte auf diesem TTE-Rat ein grundsätzlicher Ansatz für eine Drittstaatenklausel gefunden werden, die sicherstellt, dass für Unternehmen aus Drittstaaten die gleichen Regeln wie für EU-Unternehmen gelten und die eine Übergangsperiode für die vereinfachte Behandlung von existierenden Investitionen ermöglicht. Auch wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass Kriterien, nach denen Investitionen aus Drittstaaten - insbesondere vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit - zu evaluieren sind, zu finden wären. Bezüglich der Frage der Zertifizierung konnte ebenfalls die österreichische Position durchgesetzt werden, wonach die endgültige Entscheidungskompetenz über eine Zertifizierung eines Übertragungsnetzbetreibers oder Fernleitungsnetzbetreibers bei der nationalen Regulierungsbehörde liegt und die Kommission lediglich in den Entscheidungsprozess einzubinden ist.

In der Folge wurde im TTE-Rat unter französischem Vorsitz am 10.10.2008 eine politische Einigung über das Dritte Binnenmarkpaket erzielt. Am 9. Jänner 2009 wurde dann im schriftlichen Verfahren der Gemeinsame Standpunkt der Mitgliedstaaten beschlossen. Im sog. Trilogverfahren, das im Rahmen der zweiten Lesung des Europäischen Parlaments stattfand, konnten nach Verhandlungen der Präsidentschaft und Kommission mit dem Europäischen Parlament zu den Rechtsakten des Dritten Binnenmarktpaktes Kompromissvarianten erarbeitet werden, die am 31. März 2009 im ITRE-Ausschuss mit großer Mehrheit angenommen wurden. Die Abstimmung in 2. Lesung im Plenum des Europäischen Parlaments erfolgte am 22. April 2009.

Am 25.6.2009 wurde das 3. Binnenmarktpaket als A-Punkt vom Rat beschlossen. Anlässlich der Beschlussfassung hat dabei die Republik Österreich folgende Erklärung abgegeben:

„Österreich begrüßt die Annahme der Richtlinie, die u.a. sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Marktintegration verstärken wird und die daher zur Wettbewerbsfähigkeit der Elektrizitätswirtschaft in Europa beitragen wird.

Vor dem Hintergrund der zentralen Rolle, die die Regionen bzw. die jeweiligen regionalen Märkte bei der Intensivierung des Wettbewerbs und der Verbesserung der Versorgungssicherheit, wie in der Richtlinie gefordert, spielen, ist Österreich der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie in einzelstaatliches Recht die Merkmale und Eigenheiten ihrer Regionen berücksichtigen und auf angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zurückgreifen sollten. Angesichts der Tatsache, dass der Grundsatz der Skaleneffekte insbesondere für die kleinen Übertragungsnetze gilt, ist es von besonderer Bedeutung, diese nicht übermäßig zu belasten.

Österreich vertritt daher die Ansicht, dass die Betreiber kleiner Übertragungsnetze die Möglichkeit haben sollten, mit anderen Übertragungsnetzbetreibern zusammenzuarbeiten und bestimmte Übertragungsfunktionen in diese regionale Zusammenarbeit einzubringen, wobei jedoch der durch die Richtlinie vorgegebene Rechtsrahmen uneingeschränkt zu achten ist.“

Die Kundmachung der das Dritte Binnenmarktpaket bildenden Rechtsakte erfolgte am 14. August 2009 im Amtsblatt Nr. L 211 der Europäischen Union.

1.2. Der Inhalt des Dritten Binnenmarktpakets

1.2.1. Rechtsakte

Das Dritte Binnenmarktpaket besteht aus folgenden Rechtsakten:

-       Verordnung (EG) Nr. 713/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden

-       Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003

-       Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005

-       Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG

-       Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG

Durch diese Rechtsakte werden die bisherigen für den Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt maßgeblichen Rechtsvorschriften aufgehoben.

1.2.2. Rechtsgrundlage

Die Verordnungen wurden auf Art. 95 EG-V gestützt; hinsichtlich der Richtlinien wurden auch die Art. 47 Abs. 2 und Art. 55 als Rechtsgrundlage herangezogen.

1.2.3. Zielsetzungen

Gemäß Erwägungsgrund 46 der Richtlinie 2009/72/EG und Erwägungsgrund 44 der Richtlinie 2009/73/EG ist die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen eine grundlegende Anforderung dieser Richtlinien. Ziel dieser Richtlinien ist es Mindestnormen festzulegen, durch die den Zielen des Verbraucherschutzes, der Versorgungssicherheit, des Umweltschutzes und einer gleichwertigen Wettbewerbsintensität in allen Mitgliedsstaaten, Rechnung getragen wird. Ein weiteres Hauptziel der Richtlinien ist der Aufbau eines wettbewerblich organisierten Elektrizitäts- bzw. Erdgasbinnenmarktes auf der Grundlage eines gemeinschaftsweiten Verbundnetzes.

Durch die in der Richtlinie enthaltenen Bestimmungen über die Entflechtung sollen Interessenskonflikte zwischen Erzeugern und Lieferanten einerseits und Fernleitungs- und Übertragungsnetzbetreibern andererseits wirksam gelöst werden (Erwägungsgrund 12 der Richtlinie 2009/72/EG und Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2009/73/EG). Dadurch sollen Anreize für die notwendigen Investitionen geschaffen und der effektive Zugang von Markteinsteigern durch einen transparenten und wirksamen Rechtsrahmen gewährleistet werden.

1.2.4. Schwerpunkte

Die inhaltlichen Schwerpunkte der in den Richtlinien vorgesehenen Neuerungen, die durch die Mitgliedsstaaten umzusetzen sind, sind folgende:

-       Stärkung und Absicherung der Verbraucherrechte

-       Wirksame Entflechtung der Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber

-       Gewährleistung des freien Marktzugangs für die Versorger und Entwicklung von Kapazitäten für neue Erzeugungsanlagen

-       Harmonisierung der Zuständigkeiten der Regulierungsbehörden und

-       Maßnahmen zur Gewährleistung und Stärkung der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde von öffentlichen und privaten Interessen.

Zur Erreichung der Zielsetzung des Aufbaus eines gemeinschaftsweiten Verbundnetzes im Elektrizitäts- und Erdgasbereich ist es erforderlich, Netzinvestitionen zu forcieren um Engpässe zwischen den nationalen Netzen zu beseitigen. Die zur Erreichung dieser Zielsetzung bestimmten Vorschriften sind weitgehend Gegenstand der unter 2.1. angeführten Verordnungen, die unmittelbar anwendbar sind und daher auch nicht durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten umzusetzen sind.

1.2.5. Zu den wesentlichsten Neuerungen im Einzelnen

1.2.5.1. Verbraucherrechte (Art. 3 und Anhang I der Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG)

Die signifikanteste Neuerung in diesem Bereich ist die Verpflichtung der Netzbetreiber den Lieferantenwechsel innerhalb von drei Wochen vorzunehmen. Korrespondierend dazu ist vorgesehen, dass Kunden das Recht haben, sämtliche sie betreffende Verbrauchsdaten zu erhalten und durch ausdrückliche Zustimmung einem beliebigen registrierten Lieferanten Zugang zu ihren Messdaten zu gewähren.

Neu enthalten ist auch das Recht aller an ein Netz (Strom oder Gas) angeschlossenen Kunden von einem Lieferanten ihrer Wahl versorgt zu werden, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat dieser Lieferant registriert ist (Recht der freien Lieferantenwahl).

Als dritte Änderung sehen die Richtlinien vor, dass die Mitgliedsstaaten ein Konzept des „schutzbedürftigen Kunden“ definieren.

Die Mitgliedstaaten haben weiters sicher zu stellen, dass zentrale Anlaufstellen eingerichtet werden, über die die Verbraucher alle notwendigen Informationen über ihre Rechte, das geltende Recht und Streitbeilegungsverfahren, die ihnen im Streitfall zur Verfügung stehen, erhalten und ein unabhängiger Mechanismus geschaffen wird, um sicherzustellen, dass Beschwerden effizient behandelt und gütliche Einigungen herbeigeführt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei der Einführung von intelligenten Messsystemen. Die Einführung kann einer wirtschaftlichen Bewertung unterliegen, welche Art des intelligenten Messsystems wirtschaftlich vertretbar und kostengünstig ist und in welchem zeitlichen Rahmen die Einführung praktisch möglich ist. Darauf aufbauend ist ein Zeitplan mit einem Planungsziel von 10 Jahren zu erstellen. Wird die Einführung positiv bewertet, so werden mindestens 80% der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Messsystemen ausgestattet.

Eine ebenfalls bedeutsame neue Vorgabe bildet das Recht der Kunden sämtliche sie betreffenden Verbrauchsdaten ohne Diskriminierung bezüglich der Kosten, des Aufwands und der Dauer zu erhalten.

1.2.5.2. Wirksame Entflechtung der Übertragungsnetzbetreiber und Fernleitungsnetzbetreiber

1.2.5.2.1. Modelle der Entflechtung

Die Entflechtung von Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreibern (TSO) von den übrigen Aktivitäten eines vertikal integrierten Elektrizitäts- bzw. Erdgasunternehmens ist einer der zentralen Punkte des Dritten Energiemarkt-Liberalisierungspakets: Die vertikale Integration von Lieferung, Erzeugung und Infrastruktur stellt ein erhebliches Wettbewerbshindernis dar, weshalb im Mittelpunkt der Richtlinie 2009/72/EG und der Richtlinie 2009/73/EG eine verschärfte Entflechtung der Netzbetreiber steht. Ohne eine wirksame Entflechtung des Netzbetriebs von der Erzeugung und Versorgung besteht zwangsläufig die Gefahr der Diskriminierung nicht nur in der Ausübung des Netzgeschäfts, sondern auch in Bezug auf die Schaffung von Anreizen für vertikal integrierten Elektrizitäts- bzw. Erdgasunternehmen, ausreichend in ihre Netze zu investieren. Durch die Einrichtung von TSO, die unabhängig von Erzeuger- und Versorgungsinteressen agieren, soll ein diskriminierungsfreier Netzzugang für alle Marktteilnehmer sicher gestellt werden.

Für TSO stehen in Umsetzung der Art. 9 der Richtlinie 2009/72/EG bzw. 2009/73/EG folgende Entflechtungsmodelle zur Verfügung, wobei Mischformen unzulässig sind:

-       Die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell,

-       Der unabhängige Netzbetreiber (Independent System Operator – ISO),

-       Der unabhängige Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator –ITO),

-       Eine wirksamere Unabhängigkeit als die Bestimmungen über den unabhängigen Übertragungsnetz- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber.

Sofern das Netz am 3.9.2009 einem vertikal integrierten Erdgasunternehmen gehört hat, sind außer dem Grundmodell der eigentumsrechtlichen Entflechtung auch die Modelle ISO, ITO und die wirksamere Unabhängigkeit als die Bestimmungen über den unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber möglich.

1.2.5.3. Diskriminierungsverbot

Art. 12 lit. f der Richtlinie 2009/72/EG und Art. 13 Abs. 1 lit. f der Richtlinie 2009/73/EG sehen ausdrücklich die Verpflichtung der Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber vor, sich jeglicher Diskriminierung zugunsten der vertikal integrierten Elektrizitäts- bzw. Erdgasunternehmen zu enthalten.

1.2.5.4. Regulierungsbehörde

Art. 35 der Richtlinie 2009/72/EG und Art. 39 der Richtlinie 2009/73/EG sehen vor, dass jeder Mitgliedstaat auf nationaler Ebene nur eine einzige nationale Regulierungsbehörde zu benennen hat, deren Unabhängigkeit zu gewährleisten ist und die ihre Befugnisse unparteiisch und transparent auszuüben hat. Zur Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass die Regulierungsbehörde

-       Rechtlich getrennt und funktional unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen ist,

-       Ihr Personal und Management

         a.    unabhängig von Marktinteressen handelt und

         b.    bei der Wahrnehmung der Regulierungsaufgaben keine direkten Weisungen von
       Regierungsstellen oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen einholt
       oder entgegennimmt,

-       ihr jedes Jahr separate Haushaltsmittel zugewiesen werden und sie über eine für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben angemessene personelle und finanzielle Ressourcenausstattung verfügt und

-       die Mitglieder des Leitungsgremiums der Regulierungsbehörde oder, falls kein solches Gremium vorhanden ist, die Mitglieder des leitenden Managements der Regulierungsbehörde für eine Amtszeit von fünf bis sieben Jahren ernannt werden, die einmal verlängert werden kann.

Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG bzw. Art. 41 der Richtlinie 2009/73/EG legen die Aufgaben der Regulierungsbehörde fest, wobei die ihr zugewiesenen Beobachtungsaufgaben teilweise von anderen Behörden als Regulierungsbehörden durchgeführt werden können. Wurde eine ISO oder ein ITO benannt, werden der Regulierungsbehörde zusätzliche Aufgaben zugewiesen (Abs. 3 und 5 leg.cit.).

1.2.5.5. Rechtsschutz

Neben dem bestehenden Art. 37 Abs. 12 der Richtlinie 2009/72/EG bzw. Art. 41 Abs. 12 der Richtlinie 2009/73/EG, der ein Beschwerderecht der Betroffenen mit einer Beschwerdefrist vorsieht, die zwei Monate nicht überschreiten darf, ist vorgesehen, dass die von den Regulierungsbehörden getroffenen Entscheidungen umfassend zu begründen sind, um eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen (Abs. 16 leg.cit.). Weiters haben die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass auf nationaler Ebene geeignete Verfahren bestehen, die einer betroffenen Partei das Recht geben, gegen eine Entscheidung einer Regulierungsbehörde bei einer von den beteiligen Parteien und Regierungen unabhängigen Stelle Beschwerde einzulegen.

1.2.6 Änderungen durch Verordnungen

Wie bereits unter 2.4. ausgeführt worden ist, haben Verordnungen allgemeine Geltung. Sie sind in allen Teilen verbindlich und wirken unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art. 288 AEUV, ex Art. 294 EGV). Eine Umsetzung durch innerstaatliche Rechtsvorschriften ist daher nicht erforderlich.

Dessen ungeachtet enthalten die Verordnungen (EG) Nr. 714/2009 und (EG) Nr. 715/2009 eine Reihe von Bestimmungen, die, zumindest mittelbar auch Auswirkungen auf die Marktorganisation in Österreich haben werden bzw. Vorgaben an die Regulierungsbehörden enthalten, die jedenfalls einzuhalten sind.

Diese wesentlichen Regelungen dieser Verordnungen, mit Auswirkung auf die Marktorganisation sind:

Verordnung (EG) Nr. 714/2009

-       Allgemeine Grundsätze für das Engpassmanagement

-       Ausnahmen für neue Verbindungleitungen von bestimmten Vorschriften der ElBM-RL

-       Leitlinien für das Management und die Vergabe verfügbarer Übertragungsnetzkapazitäten auf Verbindungsleitungen zwischen nationalen Netzen

Verordnung (EG) Nr. 715/2009

Im Anhang enthalten sind Leitlinien für

-       Fernleitungsnetzbetreiber betreffende Dienstleistungen für den Zugang Dritter

-       Fernleitungsnetzbetreiber betreffende Grundsätze der Kapazitätszuweisungsmechanismen und Engpassmanagementverfahren und ihre Anwendung bei vertraglich bedingten Engpässen

-       Festlegung der technischen Informationen, die die Netznutzer für den tatsächlichen Netzzugang benötigen, und Bestimmung aller für die Transparenzanforderungen maßgeblichen Punkte und der für alle maßgeblichen Punkte zu veröffentlichenden Informationen sowie des Zeitplans für die Veröffentlichung dieser Informationen.

1.2.6. Tarifierung

Neu vorgesehen sind nunmehr

-       ein obligatorisches Entry/Exit-System bei Erdgasfernleitungen (Art. 13 Abs. 1 letzter Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 715/2009)

-       Verbot entfernungsabhängiger Tarife bei Übertragungsnetzen (Art. 14 Abs. 1 letzter Satz der Verordnung (EG) Nr. 714/2009)

Weitere Vorschriften über die Tarifierung sind enthalten

-       Art. 22 Abs. 8 der Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG

         -      Abgeltung der Kosten bei Maßnahmen der Regulierungsbehörde im Falle der    Nichtdurchführung von Investitionen des Netzentwicklungsplans durch Tarife

-       Art. 37 Abs. 3 lit. d der Richtlinien 2009/72/EG und Art. 41 Abs. 3 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG

         -      Netzzugangstarife haben ein Entgelt für den bzw. die Netzeigentümer enthalten, das eine                angemessene Vergütung der Netzvermögenswerte und neuer Investitionen in das Netz ist,         sofern diese wirtschaftlich und effizient getätigt werden.

-       Art. 37 Abs. 6 lit. a der Richtlinien 2009/72/EG und Art. 41 Abs. 6 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG

         -      Diese Tarife oder Methoden sind so zu gestalten, dass die notwendigen Investitionen in die          Netze so vorgenommen werden können, dass die Lebensfähigkeit der Netze gewährleistet               ist.

-       Art. 37 Abs. 8 der Richtlinien 2009/72/EG und Art. 41 Abs. 8 der Richtlinie 2009/73/EG

         -      Diese Tarife oder Methoden sind so zu gestalten, dass für die Netzbetreiber angemessene              Anreize geschaffen werden, sowohl kurzfristig als auch langfristig die Effizienz zu steigern,           die Marktintegration und die Versorgungssicherheit zu fördern und entsprechende
       Forschungsarbeiten zu unterstützen.

1.2.7. Versorgungssicherheit durch Netzausbau

Im Interesse der Versorgungssicherheit sollen der Aufbau und der Erhalt der erforderlichen Netzinfrastruktur, einschließlich der Verbundmöglichkeiten, zu einer stabilen Elektrizitäts- bzw. Erdgasversorgung beitragen. Zwei wesentliche Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang hervorzuheben:

Netzentwicklungsplan

-       Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber haben der Regulierungsbehörde jährlich einen zehnjährigen Netzentwicklungsplan vorzulegen.

-       Verfahren zur Erstellung des Netzentwicklungsplans ist vorgegeben.

-       Vornahme der im Netzentwicklungsplan vorgesehenen Investitionen kann von der Regulierungsbehörde durchgesetzt werden.

Investitionen in das Netz sind kostenmäßig anzuerkennen

-       Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 714/2009

         -      Die Entgelte müssen transparent sein,

         -      der Notwendigkeit der Netzsicherheit Rechnung tragen

         -      die tatsächlichen Kosten insofern widerspiegeln, als sie denen eines effizienten und
       strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen, und ohne Diskriminierung angewandt         werden.

-       Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009:

         -      Tarife müssen transparent sein,

         -      der Notwendigkeit der Netzintegrität und deren Verbesserung Rechnung tragen,

         -      die Ist-Kosten widerspiegeln, soweit diese Kosten denen eines effizienten und strukturell               vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen, transparent sind,

         -      eine angemessene Kapitalrendite umfassen,

         -      und die Tarifvergleiche der Regulierungsbehörden berücksichtigen.

         -      Die Tarife oder die Methoden zu ihrer Berechnung müssen auf nichtdiskriminierende Weise           angewandt werden.

1.2.8. Umsetzungsfrist

Gemäß Art. 49 der Richtlinie 2009/72/EG bzw. Art. 54 der Richtlinie 2009/73/EG haben die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind um diesen Richtlinien nachzukommen bis spätestens 3. März 2011 umzusetzen und die Kommission davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die Bestimmungen über die Entflechtung sind bis spätestens 3. März 2012 umzusetzen, wobei im Falle der eigentumsrechtlichen Entflechtung bei Übertragungsnetzbetreibern, die nicht Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, die Möglichkeit der Gewährung von Ausnahmen von den Erfordernissen des Art. 9 Abs. 1 lit. b und c besteht.

1.3. Legistische Umsetzung

Das vorliegende Gesetzespaket enthält jene legistischen Maßnahmen, die erforderlich sind, um die unter 2. beschriebenen EU-rechtlichen Vorgaben umzusetzen.

Darüber hinaus soll das vorliegende Gesetzespaket zum Anlass genommen werden, auch legistische Maßnahmen vorzusehen, die der Verwaltungsvereinfachung, dem verfassungsrechtlichen Gebot der gesetzlichen Determinierung sowie der Anpassung der Rechtsvorschriften auf neue Verhältnisse, die im Faktischen liegen, dienen.

Zu den legistischen Umsetzungsmaßnahmen im Einzelnen:

1.3.1. Stärkung der Verbraucherrechte und Verbraucherschutz

In Umsetzung der Art. 3 der Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG ist eine Stärkung der Verbraucherrechte und Verbesserung des Verbraucherschutzes in folgenden Bereichen vorgesehen:

Das Recht auf Grundversorgung

Neben den Haushaltskunden soll auch für Kleinunternehmen, die weniger als 50 Personen beschäftigen, weniger als 100 000 kWh/Jahr an Erdgas verbrauchen und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro haben, ein Recht auf Grundversorgung gesetzlich verankert werden (§ 124 GWG 2011).

Angemessene, leicht vergleichbare und nicht diskriminierende Preise

Gesetzliche Verankerung des Tarifkalkulators: Verpflichtung der Lieferanten, sämtliche preisrelevanten Daten zwecks Einpflege im Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde in einer von dieser vorgegebenen elektronischen Form zu übermitteln (§ 121 Abs. 5 GWG 2011; § 22 Z 3 E-ControlG).

Maßnahmen zum Schutz der Kunden

Hiezu ist insbesondere vorgesehen:

-       Höchstpreisregelung für Abschaltkosten (§ 78 in Verbindung mit § 127 Abs. 3 GWG 2011), Vorauszahlungszähler und Mahngebühren (§ 78 GWG 2011);

-       Voraussetzung für Abschaltung (§ 127 Abs. 3 GWG 2011): qualifiziertes Mahnverfahren (zwei Mahnungen und vor Abschaltung eingeschriebener Brief);

-       Vorauszahlungen dürfen bei Versorgung letzter Instanz für max. 1 Monat eingehoben werden (§ 124 GWG 2011).

Zentrale Anlaufstelle

Die Regulierungsbehörde fungiert als zentrale Informationsstelle für Verbraucher (§ 22 Z 6 E-ControlG).

Vorschriften bezüglich Lieferantenwechsel

§ 123 GWG 2011 sieht zur Durchführung des Wechselprozesses folgendes vor:

-       Gesetzliche Verankerung der Wechselfrist von 3 Wochen;

-       Verordnungsermächtigung bzgl. des Verfahrens für Lieferantenwechsel;

-       standardisiertes Austauschformat muss vorhanden sein - offene Datenschnittstelle, jedoch keine gemeinsame, zentrale Datenplattform;

-       Im Zuge des Lieferantenwechsels hat der Netzbetreiber eine Abrechnung der Systemnutzungsentgelte bis zum Wechselstichtag durchzuführen.

1.3.2 Entflechtung

Beginnend mit einem allgemeinen Teil in §§ 8ff GWG 2011 (Vertraulichkeitsanforderung, Diskriminierungsverbot, Rechnungslegung, Verbot von Quersubventionen), wird in den §§ 106 ff GWG 2011 die Entflechtung von Verteilernetzbetreibern, Speicherunternehmen sowie Fernleitungsnetzbetreibern normiert. Für integrierte Verteilernetzbetreiber werden insbesondere die Neuerungen hinsichtlich Corporate Identity und Markenpolitik, Ressourcen und Unabhängigkeit des Gleichbehandlungsbeauftragten umgesetzt. Bezüglich der Entflechtung von Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreibern sehen die vorgeschlagenen Bestimmungen im GWG 2011 die Umsetzung aller vier in den Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG enthaltenen Entflechtungsmodellen vor.

Die Zertifizierungsverfahren sind in den §§ 119 GWG 2011 geregelt.

1.3.3. Diskriminierungsverbot

Ausdrücklich enthalten ist das Diskriminierungsverbot in § 9 GWG 2011. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bildet ua. einen Geldbußentatbestand gemäß § 164 GWG 2011. Weitere Bestimmungen, die auf die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots gerichtet sind, finden sich in den organisatorischen Vorschriften der verschiedenen Entflechtungsmodelle sowie beim Verbot von Quersubventionen und dem Gebot der vertraulichen Behandlung von wirtschaftlich sensiblen Informationen (§ 8 und § 11 GWG 2011).

1.3.4. Netzentwicklungsplan und Netzinvestitionen

Die Verpflichtung zur Ausarbeitung von Netzentwicklungsplänen bzw. koordinierten Netzentwicklungsplänen und deren Genehmigung durch die Regulierungsbehörde ist im GWG 2011 als allgemeine Verpflichtung der Fernleitungsnetzbetreiber verankert und nicht auf ein bestimmtes Entflechtungsmodell beschränkt. Der Marktgebietsmanager erstellt den koordinierten Netzentwicklungsplan, der von den Fernleitungsnetzbetreibern zur Genehmigung einzureichen ist. Außerdem ist vom Verteilergebietsmanager eine langfristige Planung für die Verteilerleitungen gemäß Anlage 1, die in Einklang mit dem koordinierten Netzentwicklungsplan stehen muss, zu erstellen.

1.3.5 Entry-Exit – Marktmodell

Die auf Grund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben geänderte Tarifierung der Fernleitungssysteme (Bestimmung von Entry/Exit – Punkten) bewirkt, dass nach einer Übergangsfrist auf alle Vertragsbuchungen keine entfernungsabhängigen Tarifkomponenten für Vertragspfade anzuwenden sind. Damit muss das Rohr-im-Rohr Prinzip aufgegeben werden, welches an den Einspeisepunkten an der Staatsgrenze zwischen dem Netzzugang für Transitflüsse und für Inlandsversorgung unterscheidet. Die Abschaffung des Rohr-im-Rohr Prinzips erfordert die Entgelttragung der Einspeiseentgelte an den Staatsgrenzen nunmehr direkt durch den Versorger bzw. Händler. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die in das Marktgebiet eingespeisten bzw. am virtuellen Handelspunkt übernommenen Gasmengen möglichst frei verwendet werden können (zB Endkundenversorgung, Speicherbewirtschaftung, Handel, grenzüberschreitender Transport). Damit verbunden wird das Marktmodell adaptiert: ein Marktgebietsmanager übernimmt eine Koordinierungsfunktion zwischen den Fernleitungsnetzbetreibern; der Verteilergebietsmanager, vergleichbar mit dem bisherigen Regelzonenführer, ist für die Steuerung der Verteilernetze zuständig.

1.3.6. Systemnutzungstarife

1.3.6.1. Rechtsschutzsystem

Auf Grund der Vorgaben der Richtlinie sind die Entscheidungen der Regulierungsbehörde umfassend zu begründen, um eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen. Weiters ist sicher zu stellen, dass eine betroffene Partei gegen eine Entscheidung einer Regulierungsbehörde bei einer von den beteiligten Parteien und Regierungen unabhängigen Stelle Beschwerde einlegen kann.

1.3.6.2. Rechtsform

In Anbetracht der in der Richtlinie vorgesehenen Begründungspflicht und der Rechtsschutzerfordernisse ist vorgesehen, dass die Feststellung der Kostenbasis für Systemnutzungstarife künftig in der Rechtsform von Bescheiden erfolgt und die Festsetzung der Tarife weiterhin mit Verordnung erfolgt.

1.3.6.3. Tarifkomponenten

Die aufgrund der Umsetzung der Richtlinien erforderlichen Änderungen sollen auch zum Anlass genommen werden, die Grundzüge des Tarifverfahrens sowie die Tarifkomponenten im Gesetz näher zu präzisieren und ein Regulierungskonto für Netzbetreiber einzuführen. Damit sollen Abweichungen der tatsächlichen Erlöse von den bei der Entgeltfestsetzung auf Grund des Preis/Mengengerüstes getroffenen Annahmen, oder Abweichungen aufgrund abändernder oder aufhebender Entscheidungen bei der nächsten Entgeltfestsetzung berücksichtigt werden.

1.3.7. Neugestaltung der Regulierungsbehörde

Durch die Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG werden hinsichtlich der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde erhöhte Anforderungen gestellt (siehe dazu Ausführungen unter 2.5.4.).

Die durch die B-VG – Novelle BGBl. I Nr. 2/2008 neu geschaffene Fassung des Art. 20 Abs. 2 B-VG bietet nunmehr die Möglichkeit, dass durch Gesetz Organe zur Sicherung des Wettbewerbs und zur Durchführung der Wirtschaftsaufsicht, oder wenn dies nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union geboten ist von der Bindung an Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe freigestellt werden.

Die von der Energie-Control GmbH und dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend zu Fragen der künftigen Organisation der österreichischen Regulierungsbehörde beauftragen Gutachter[1] kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass es am zweckmäßigsten sei, die bislang von den Regulierungsbehörden Energie-Control GmbH und Energie-Control Kommission wahrgenommenen Organkompetenzen einer Anstalt öffentlichen Rechts, nach dem Muster der österreichischen Finanzmarktaufsicht zu übertragen.

Der in Art. 2 enthaltene Entwurf einer Novelle zum Bundesgesetz über die Regulierungsbehörde in der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (Energie-Control-Gesetz – E-ControlG) entspricht den Vorgaben der Richtlinie an die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde und aktualisiert die darin enthaltenen Verweise auf das GWG 2011.

1.3.8 Speicher

Neben den Neuerungen im Entflechtungsbereich sieht Art. 33 der Richtlinie 2009/73/EG vor, dass die Kriterien, anhand derer die Entscheidung getroffen wird, ob für Speicheranlangen der verhandelte oder regulierte Zugang gilt, zu veröffentlichen sind. Diese Entscheidung wird dem BMWFJ übertragen, wobei dieser einen entsprechenden Bericht der Regulierungsbehörde über den Speichermarkt zu berücksichtigen hat. An die Entscheidung des BMWFJ sind in der Folge die entsprechenden Rechtsfolgen geknüpft. Darüber hinaus wurden Neuerungen und Klarstellungen hinsichtlich der Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement aufgenommen, die auf den unionsrechtlichen Grundlagen basieren.

1.4. Durchführen der Verordnung (EU) Nr. 994/2010

Die Verordnung 2010/994/EG über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG des Rates richtet sich an Erdgasunternehmen, die Mitgliedstaaten und insbesondere deren zuständigen Behörden sowie die Europäische Kommission. Insbesondere soll auf der Basis von Präventions- und Notfallplänen die sichere Erdgasversorgung auf nationaler, regionaler und unionsweiter Ebene gewährleistet werden. So sieht die Verordnung die Einhaltung eines Infrastrukturstandards sowie eines Versorgungsstandards als Teil des Präventionsplans vor. Teile der Durchführung dieser Verordnung bleiben der Novellierung des Energielenkungsgesetzes 1982 vorbehalten. Die in diesem Zusammenhang den betroffenen Erdgasunternehmen auferlegten Verpflichtungen sind im GWG 2011 zu verankern.

2. Novelle zum Preistransparenzgesetz und Aufhebung des Art. I des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 174/1995:

2.1 Rechtsquellen der Europäischen Union:

Die Richtlinie des Rates vom 29. Juni 1990 zur Einführung eines gemeinschaftlichen Verfahrens zur Gewährleistung der Transparenz der vom industriellen Endverbraucher zu zahlenden Gas- und Strompreise (90/377/EWG) ist seit ihrer Erlassung inhaltlich im Wesentlichen unverändert geblieben.

Mit dem Beschluss der Kommission vom 7. Juni 2007, 2007/394/EG, zur Änderung der Richtlinie 90/377/EWG des Rates zur Einführung eines gemeinschaftlichen Verfahrens zur Gewährleistung der Transparenz der vom industriellen Endverbraucher zu zahlenden Gas- und Strompreise wurden die Anhänge zur Richtlinie des Rates 90/377/EWG, die den Umfang und die Struktur der zu meldenden Daten enthalten, nach der Wettbewerbswirklichkeit, die den liberalisierten Strom- und Gasmärkten entspricht, und nach den modernen Anforderungen neu gestaltet.

2.2 Umsetzung der Richtlinie 90/377/EWG  durch die Republik Österreich:

Die Verpflichtung zur Datenerhebung und Meldung der Daten wurde mit der Richtlinie des Rates 90/377/EWG in Kraft gesetzt, die ihrem Rechtscharakter nach an die Mitgliedstaaten gerichtet und einer direkten innerstaatlichen Rechtswirkung nicht zugänglich ist. Daher wurde zur Umsetzung und Übernahme der Richtlinie des Rates in innerstaatliches Recht das Preistransparenzgesetz, BGBl. Nr. 761/1992, erlassen, wobei Struktur und Umfang der zu meldenden Daten in einer Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit geregelt wurden.

Der vorliegende Entwurf der Novelle zum Preistransparenzgesetz hat zum Ziel, die im Zusammenhang mit der innerstaatlichen Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung der Daten geänderten Rahmenbedingungen abzubilden:

Die Erdgas- und Elektrizitätsunternehmen haben die erforderlichen Daten der Bundesanstalt Statistik Österreich zu übermitteln. Danach wird – um Synergieeffekte bei der Datenermittlung und ‑verarbeitung zu generieren – die Durchführung der statistischen Arbeit nunmehr der Bundesanstalt Statistik Österreich übertragen. Diese leitet die Daten nach der Verarbeitung dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend weiter, das den weiteren Transport an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (EUROSTAT) durchführt. Zur Wahrung einer flexibleren Vorgangsweise kann der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend unter bestimmten Voraussetzungen durch Verordnung anstelle der Bundesanstalt Statistik Österreich auch die E-Control mit der Durchführung der Arbeiten beauftragen.

2.3 Erfordernisse der E-Control:

Einer der Synergieeffekte der Übertragung an die Bundesanstalt Statistik Österreich ist, dass bestimmte Daten von der Bundesanstalt Statistik Österreich auch der E-Control zu übermitteln sind, deren Kenntnis für die E-Control für die Wahrnehmung von Aufgaben der Marktaufsicht auf Grund des Energie-Control-Gesetzes, BGBl. I Nr. 110/2010, zwingend erforderlich ist. Durch dieses Arrangement können kostenintensive Doppelerhebungen und -verarbeitungen vermieden werden.

2.4 Weitere Änderungen:

Unter einem soll auch das Publikationsorgan des Bundesministeriums für Gesundheit, „Mitteilungen der österreichischen Sanitätsverwaltung“ in seiner jetzigen gedruckten Form auslaufen und durch einen zeitgemäßen elektronischen Newsletter ersetzt werden.

2.5 Umsetzung des Beschlusses der Kommission durch die Republik Österreich:

Mit dem Beschluss der Kommission 2007/394/EG vom 7. Juni 2007 wurden die Anhänge zur Richtlinie des Rates 90/377/EWG, die den Umfang und die Struktur der zu meldenden Daten für die Gas- und die Elektrizitätswirtschaft enthalten, nach der Wettbewerbswirklichkeit, die den Strom- und Gasmärkten entspricht, und nach den modernen Anforderungen des liberalisierten Energiemarktes erweitert und neu gestaltet. Ein Beschluss der Europäischen Kommission bedarf an sich keiner innerstaatlichen Durchführungsgesetzgebung, es sei denn, dass die Bestimmungen dieses Beschlusses für eine innerstaatliche Durchführung nicht ausreichend konkretisiert sind.

Wie auch bisher erfolgt die innerstaatliche Festlegung von Art und Umfang der zu meldenden Daten durch Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, die die mit dem Beschluss der Kommission geänderten Rahmenbedingungen durch österreichische gesetzliche Regelungen so ergänzt, dass eine innerstaatliche Vollziehung der Entscheidung des Rates 90/377/EWG in der Fassung des Beschlusses der Kommission 2007/394/EG gewährleistet ist.

2.6 Kosten:

Das Gesetzesvorhaben hat keine finanziellen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, die Planstellen des Bundes oder auf andere Gebietskörperschaften. Die Kosten der Bundesanstalt Statistik Österreich für die Ermittlung und Verarbeitung der Daten werden vom Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen und Österreichs E-Wirtschaft getragen.

Durch die gegenständliche Novelle kommt es zu einer Neuregelung des Verfahrens der Datenerhebung, welche im Vergleich zum derzeitigen Stand keine wesentlichen Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen bewirkt.

2.7 Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz zur Preistransparenzgesetz-Novelle gründet sich auf die im Art. I Z 1 enthaltene Kompetenzdeckungsbestimmung. Für die Aufhebung des im Verfassungsrang stehenden Art. I des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 174/1995 ist ebenfalls eine Verfassungsbestimmung erforderlich.


Besonderer Teil

Zu Artikel 1: Gaswirtschaftsgesetz 2011

Durch dieses Bundesgesetz soll den Anforderungen der Richtlinie 2009/73/EG, insbesondere im Bereich der Entflechtung, Rechnung getragen werden. Aus Gründen einer verbesserten Gesetzessystematik und Rechtsbereinigung wird das GWG aufgehoben und als GWG 2011 neu erlassen. Die Erläuterungen beziehen sich daher auf jene Änderungen, die in Bezug auf das bisherige GWG erfolgen.

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

Zu § 2:

Hier erfolgen Anpassungen an die Rechtsakte des dritten Energie-Binnenmarktpaketes sowie der damit in Zusammenhang stehenden Vorschriften des Unionsrechts, ds. insbesondere die Richtlinien 2006/32/EG und 2009/73/EG.

Zu § 4:

Der bisherige Abs. 2 entfällt, da aufgrund der Entflechtungsbestimmungen der Richtlinie 2009/73/EG eine Unterscheidung zwischen Fernleitungsunternehmen und Inhabern von Transportrechten nicht mehr zulässig ist. Darüber hinaus wird in Durchführung der Verordnung 2010/994/EG die Einhaltung des Infrastrukturstandards als neue Zielbestimmung aufgenommen.

Zu § 7 Z 15:

Als Röhrenspeicher und Kugelspeicher genehmigte Anlagen sind Erdgasleitungsanlagen im Sinne dieses Bundesgesetzes, sofern sie zum Spitzenausgleich im Netz (Netzpufferung) eingesetzt werden.

Zu § 7 Z 26:

Die Definition des intelligenten Messgerätes war in Anbetracht der den Netzbetreibern in § 83 auferlegten, den Vorgaben der RL 2009/73/EG entsprechenden Verpflichtungen notwendig. Sie deckt sich mit dem Grundverständnis der Kommission von „Smart Meters“ (vgl. die nicht verbindliche Interpretationsmitteilung vom 22.1.2010).

Zu § 7 Z 35:

Die Definition des „Lastprofilzählers“ wird in Abgrenzung zum „intelligenten Messgerät“ (Z 26) aufgenommen.

Zu § 7 Z 57:

Als Röhrenspeicher und Kugelspeicher genehmigte Anlagen sind Speicheranlagen im Sinne im Sinne des § 146, sofern sie nicht zum Spitzenausgleich im Netz (Netzpufferung) eingesetzt werden.

Zu § 8 bis § 11: Vertraulichkeitsanforderung, Diskriminierungsverbot, Rechnungslegung, Verbot von Quersubventionen

Allgemeines:

Erdgasunternehmen werden ganz allgemein gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt, wie zB die Gleichbehandlung aller Kunden eines Netzes. Dieser Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. Nicht-Diskriminierung zieht sich wie ein „roter Faden“ durch das gesamte Energierecht.

Nach diesem Diskriminierungsverbot ist es Netzbetreibern, Speicherunternehmen, Hub-Dienstleistungsunternehmen, Bilanzgruppenkoordinatoren, dem Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, Verteilergebietsmanagern und Marktgebietsmanagern untersagt, jene Personen, die ihre Anlagen nutzen oder zu nutzen beabsichtigen, zugunsten des vertikal integrierten Erdgasunternehmens diskriminierend zu behandeln. Darüber hinaus ist es verboten, wirtschaftlich sensible Informationen bzw. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die Netzbetreiber von Dritten im Zusammenhang bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit erhalten, missbräuchlich zu verwenden. Wirtschaftlich sensible Informationen sind also vertraulich zu behandeln. Korrespondierend zu diesem Gebot der Nicht-Diskriminierung und der vertraulichen Behandlung wirtschaftlich sensibler Informationen bzw. von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen bestehen nun in Umsetzung des Art. 41 Abs. 4 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen in den §§ 159 ff.

Die Entflechtungsvorschriften in den §§ 106 ff begleiten diese Bestimmungen des Diskriminierungsverbots bzw. Gleichbehandlungsgebots. Entflechtung ist daher kein Selbstzweck, vielmehr soll mit einer wirksamen Entflechtung Missbrauch, Intransparenz und die Weitergabe von wirtschaftlich sensiblen Informationen an das vertikal integrierte Erdgasunternehmen und daher Diskriminierung – also ganz allgemein spezifische und systemimmanente Wettbewerbsverzerrungen – verhindert werden. Entflechtung wirkt also bereits im Vorhinein Missbrauchspotentialen entgegen, indem unter anderem Geld- und Informationsflüsse zwischen dem Netzbetreiber und dem vertikal integrierten Erdgasunternehmen unterbunden werden sollen.

Zu § 8:

§ 8 behandelt die bereits bisher geltende, buchhalterische Entflechtung, wobei nunmehr im Einklang mit Art. 31 der Richtlinie 2009/73/EG klargestellt wird, dass den Netzbetreiber das Verbot von Quersubventionen trifft und vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen die Rahmenbedingungen hierfür geschaffen werden müssen (zB getrennte Rechnungskreise). Ein Verstoß gegen die Bestimmungen der buchhalterischen Entflechtung begründet eine Verwaltungsübertretung gemäß § 159 Abs. 2 Z 1.

Zu § 9:

Es wird nun allgemein für alle Netzbetreiber, Speicherunternehmen, Hub-Dienstleistungsunternehmen, Bilanzgruppenkoordinatoren, dem Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, Verteilergebietsmanagern und Marktgebietsmanagern klargestellt, dass sie das Diskriminierungsverbot trifft und dass das vertikal integrierte Erdgasunternehmen nicht in diskriminierender Weise bevorzugt behandelt werden darf. Ein (leicht) fahrlässiger Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot begründet eine Verwaltungsübertretung gemäß § 159 Abs. 2 Z 1. Ein grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot kann mit einer Geldbuße gemäß § 164 Abs. 1 geahndet werden, der die Verwaltungsübertretung verdrängt (Subsidiarität).

Zu § 10:

Die Formulierung des § 10 entspricht weitestgehend der des bisher geltenden § 8 des GWG.

Zu § 11:

Im Einklang mit Art. 16 der Richtlinie 2009/73/EG (sowie der Richtlinie 2003/55/EG und dem ElWOG 2010) sind neben den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen insbesondere auch die wirtschaftlich sensiblen Informationen vertraulich zu behandeln und somit geschützt. Es wird – wie bereits von der Richtlinie 2003/55/EG als auch von Art. 16 der Richtlinie 2009/73/EG gefordert – klargestellt, dass derartige Informationen zugunsten des vertikal integrierten Erdgasunternehmens nicht offengelegt werden dürfen. Die Weitergabe derartiger Daten wird nunmehr durch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 159 Abs. 3 Z 1 sanktioniert. Handelt der Täter hingegen sogar vorsätzlich (§ 5 Abs. 1 StGB) und wird ein berechtigtes Interesse des Betroffenen verletzt, so besteht nach wie vor eine gerichtliche Strafe gemäß § 168.

Zu § 12 bis § 26:

Die bisherige unterschiedliche Organisation des Netzzugangs auf Fernleitungsnetzebene für Transite (grenzüberschreitende Transporte) und für die Inlandsversorgung (Regelzone) ist nicht mit den Anforderungen eines Entry/Exit Systems gemäß Art. 13 der Verordnung 2009/715/EG in Einklang zu bringen. Daher wird die Organisation des Netzzugangs im Fernleitungsnetz den Erfordernissen der Verordnung 2009/715/EG angepasst.

Die bisherige Einteilung des österreichischen Leitungsnetzes in Regelzonen, welche per definitionem nur jene Netzstrukturen umfassen, die für die Inlandsversorgung bestimmt sind, muss daher angepasst werden, um sämtliche Netzstrukturen in einem geographischen Gebiet zu umfassen und eine einheitliche Organisation des Netzzugangs zu gewährleisten. Die geographischen Gebiete werden daher fortan als Marktgebiete bezeichnet, um dem qualitativen Unterschied zu den bisherigen Regelzonen auch begrifflich Rechnung zu tragen. Ein Marktgebietsmanager übernimmt die Koordination zwischen den Fernleitungsnetzbetreibern in einem Marktgebiet.

Die Abwicklung der Transporte aller Netzbenutzer wird von den Fernleitungsnetzbetreibern gemeinsam mit dem Marktgebietsmanager und dem Verteilergebietsmanager, der für die Systemsteuerung im Verteilergebiet zuständig ist, und unter Anwendung zu harmonisierender Regelungen abgewickelt. Die Kooperation hat sämtliche netzbezogenen Fragen zu umfassen und hat in verbindlicher Weise durch den Marktgebietsmanager zu erfolgen. Daraus ergibt sich für die Netzbetreiber, dass die Zahl der Netzbenutzer für die eigentliche Transportabwicklung weitgehend ohne Belang ist; sämtliche Synergie-, Saldierungs- und Portfolioeffekte stehen netzseitig zur Verfügung. Dadurch wird die Effizienz der Nutzung der Infrastruktur sichergestellt. Das Gesamtnetz eines Marktgebiets soll möglichst als Gesamtheit in einheitlicher und zusammenhängender Weise genutzt werden. Die zentralen Aufgaben der Netzbetreiber sind auch über Marktgebietsgrenzen hinweg gemeinsam oder zumindest in koordinierter und einheitlicher Form zu erfüllen.

Im Einzelnen werden folgende Regelungen getroffen:

Zu § 12 Abs. 1 bis 4:

Aufgrund des physischen Netzverbunds wird das österreichische Leitungsnetz in drei Marktgebiete eingeteilt. Die Marktgebiete entsprechen den bisherigen Regelzonen, umfassen jedoch sämtliche Netzstrukturen der Fernleitungs- und Verteilernetze.

Zu § 12 Abs. 5:

Dieser Absatz legt fest, dass Marktgebiete zusammenzulegen sind, sobald eine Leitungsverbindung zwischen den Marktgebieten hergestellt worden ist.

Zu § 12 Abs. 6:

Zur Erfüllung des europäischen Binnenmarkts soll es österreichischen Netzbetreibern ermöglicht werden mit Netzbetreibern anderer Mitgliedstaaten, mit denen sie über einen oder mehrere Netzkopplungspunkte verbunden sind, zu kooperieren und auch gemeinsame Marktgebiete zu bilden. Diese Art der Kooperation bedarf der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde und der Detailausgestaltung gemäß § 41, ohne dass Regelungskompetenzen an andere Mitgliedsstaaten abgegeben werden.

Zu § 13:

Marktgebietsmanager erbringen definierte Aufgaben in einem Marktgebiet. Der Marktgebietsmanager wird von den Fernleitungsnetzbetreibern benannt, wobei die Benennung der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde bedarf. Zu diesem Zweck können die Fernleitungsnetzbetreiber eines Marktgebiets ein Gemeinschaftsunternehmen gründen oder die Aufgabe einem der Fernleitungsnetzbetreiber übertragen. Art. 17 der Richtlinie 2009/73/EG, welcher im § 112 Abs. 8 Z 7 umgesetzt ist, ermöglicht es jedenfalls unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibern geeignete Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, mit dem Ziel, die Schaffung von Regionalmärkten zu fördern oder den Prozess der Liberalisierung zu erleichtern.

Zu § 14:

Aufbauend auf den bestehenden Strukturen des österreichischen Gasmarkts und vor dem Hintergrund der Effizienz des Gesamtsystems erfüllt ein Marktgebietsmanager einerseits Koordinierungsaufgaben für die Fernleitungsnetzbetreiber im Marktgebiet. Andererseits erfüllt ein Verteilergebietsmanager die bisherigen Aufgaben des Regelzonenführers für jene im Anhang 1 genannten Verteilerleitungen der Ebene 1 (siehe dazu die §§ 17 bis 26).

§ 14 Abs. 1 enthält jene Aufgaben, die der Marktgebietsmanager für das gesamte Marktgebiet erbringt. Es handelt sich bei diesen Aufgaben nicht um Kernaufgaben eines unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers gemäß Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2009/73/EG.

Zu § 15 und § 16:

Da der Marktgebietsmanager über eine Fülle von Daten und Informationen verfügt, wird eine entsprechende Vorsorge für die Gewährleistung seiner Unabhängigkeit getroffen. Die Entflechtungsbestimmungen der §§ 108 bis 118 für Fernleitungsnetzbetreiber gelten zur Sicherstellung der Unabhängigkeit für den Marktgebietsmanager hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Aufgaben sinngemäß. Die Entflechtungsbestimmungen können insbesondere nur deshalb sinngemäß gelten, da das gemeinsam von den Fernleitungsnetzbetreibern gemäß § 13 Abs. 2 benannte Unternehmen als Marktgebietsmanager naturgemäß nicht alle Voraussetzungen des § 112 erfüllen kann (zB zivilrechtliches Eigentum an den Fernleitungen, etc.).

Zu § 16:

Die Allgemeinen Bedingungen des Marktgebietsmanager bedürfen der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde.

Zu §§ 17 bis 21:

Die Verteilernetze eines Marktgebietes werden zu einem Verteilergebiet zusammengefasst und vom Verteilergebietsmanager verwaltet. Die Pflichten des Verteilergebietsmanager sind – aufbauend auf den bestehenden Strukturen des österreichischen Gasmarkts – vergleichbar mit jenen der bestehenden Regelzonenführer. Da eine enge Kooperation mit dem Marktgebietsmanager notwendig sein wird, ist ein Kooperationsvertrag zwischen Verteilergebietsmanager und Marktgebietsmanager zwingend vorgesehen, der der Regulierungsbehörde auf deren Verlangen vorzulegen ist. Die Regelung zur Unabhängigkeit des Verteilergebietsmanagers ist, parallel zum Marktgebietsmanager, der bestehenden Regelung für den Regelzonenführer nachgebildet. Da in Marktgebieten ohne Fernleitungen kein Marktgebietsmanager zu benennen ist, übernimmt in diesen Marktgebieten der Verteilergebietsmanager auch die Aufgaben des Marktgebietsmanagers. Darüber hinaus wird die Möglichkeit eröffnet, dass die Funktionen des Verteilergebietsmanager und des Marktgebietsmanager in einem Unternehmen zusammengeführt werden können, sofern die Eigentümer ihre Zustimmung erteilen.

Gemäß § 17 Abs. 3 haben die in Abs. 2 angeführten Unternehmen haben die Verteilergebietsmanager gegenüber der Regulierungsbehörde zu benennen, wobei die Benennung des Verteilergebietsmanagers der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde bedarf. Es ist ebenfalls zulässig, dass die in Abs. 2 angeführten Unternehmen - wie auch sonstige Erdgasunternehmen - nach Maßgabe der zivilrechtlichen Bestimmungen eine unternehmensrechtliche Beteiligung am Verteilergebietsmanager erwerben bzw. halten.

Der Verteilergebietsmanager ruft Ausgleichsenergie vorrangig am Virtuellen Handelspunkt entsprechend den dort geltenden Nominierungsfristen im Namen und auf Rechnung des Bilanzgruppenkoordinators ab. Der Bilanzgruppenkoordinator hat die gesamte Ausgleichsenergie gemäß § 87 Abs. 1 Z 2 einheitlich zu verrechnen.

Zu §§ 22 und 23:

Die Bestimmungen zur langfristigen Planung für die Verteilerleitungen gemäß Anlage 1 des GWG 2011 wurden in Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben insoweit angepasst, dass die Kohärenz der langfristigen Planung mit dem (koordinierten) Netzentwicklungsplan der Fernleitungsnetzbetreiber sowie dem gemeinschaftsweiten Netzentwicklungsplan sicherzustellen und die Transparenz von geplanten und beschlossenen Netzerweiterungen und -ertüchtigungen für den Markt zu erhöhen ist. Aufgenommen wurde in Durchführung der Verordnung (EU) 994/2010 das Ziel, den Infrastrukturstandard gemäß Art. 6 dieser Verordnung zu erfüllen.

Die Überwachung der langfristigen Planung durch die Regulierungsbehörde wurde analog zur Überwachung des Netzentwicklungsplans gemäß § 63 gestaltet, mit dem Art. 22 der Richtlinie 2009/73/EG umgesetzt wurde. Die Regulierungsbehörde hat die Umsetzung der langfristigen Planung zu überwachen und kann für den Fall, dass ein Netzbetreiber seiner Verpflichtung zum bedarfsgerechten Ausbau seines Netzes nicht nachkommt, entsprechende Schritte einleiten, um dennoch die Durchführung der betreffenden Investition zu erwirken. Die gleichlautenden Bestimmungen für die Überwachung der langfristigen Planung und die Überwachung des Netzentwicklungsplans sind sinnvoll, da dadurch eine durchgängige Umsetzung der im Planungsstadium aufeinander abgestimmten Netzausbauprojekte im gesamten Marktgebiet sichergestellt werden kann.

Zu § 24:

Die Entgeltregelung für den Verteilergebietsmanager wurden der neuen Tarifsystematik gemäß §§ 69 ff angepasst, die inhaltlichen Kriterien bleiben unverändert. Der Verteilergebietsmanager bucht nunmehr die Kapazitäten vom Fernleitungsnetz in das Verteilernetz. Die Kosten für die Buchung der Ausspeisekapazitäten des Fernleitungsnetzes ins Verteilernetz können entweder mittels Kostenwälzung oder mittels Verrechnung pro Ausspeisepunkt aus der Fernleitung den Verteilernetzbetreibern zugeordnet werden.

Für die restlichen Kosten kommt ein anderer Verteilungsschlüssel zur Anwendung, nämlich diesbezüglich bestimmt sich der vom jeweiligen Netzbereich zu tragende Anteil nach der an Endverbraucher abgegebenen Arbeit (kWh) im Netzbereich. Letztlich gibt die Verordnung der Regulierungsbehörde das pro Verteilernetzbetreiber zu tragenden Entgelt an, das vom Verteilergebietsmanager dem jeweiligen Verteilernetzbetreiber direkt in Rechnung gestellt wird. Die mittels unterschiedlicher Verteilungsschlüssel ermittelten Entgelte pro Verteilernetzbetreiber müssen in Summe wiederum jene gemäß Abs. 1 bescheidmäßig festgestellten Kosten abgelten. Allgemeines zu §§ 27 bis 41:

Die Netzbenutzer sollen innerhalb der Marktgebiete eingespeistes Gas ohne Restriktionen handeln und jedem Ausspeisepunkt zuordnen können. Diese freie Zuordenbarkeit ist die Voraussetzung für die Handelbarkeit des Gases am Virtuellen Handelspunkt der Marktgebiete und soll allenfalls im Ausnahmefall vorübergehend eingeschränkt werden.

Die Ermittlung und Abrechnung der transportierten Gasmengen erfolgt in Bilanzgruppen. Gashandel kann nach der Einspeisung und vor der Ausspeisung durch Übertragung von Gas zwischen Bilanzgruppen verschiedener Netzbenutzer erfolgen. Als Erfüllungsort des der Übertragung zugrunde liegenden Handelsgeschäftes dient der Virtuelle Handelspunkt.

Zu §§ 27 und 28:

Zur Ausgestaltung des Rechts auf Zugang zu den Verteilernetzen haben Netzbenutzer Verträge (Netzzutritts- und Netzzugangsvertrag) mit dem Netzbetreiber, an dessen Netz die Kunden-, Produktions-, Speicher- bzw. Erdgasleitungsanlage, für die Netzzugang begehrt wird bzw. bereits erfolgt ist, zu schließen. Das Recht eines Kunden zur Versorgung durch mehrere Versorger wird gestärkt, indem dem bisherigen Versorger die Pflicht auferlegt wird, die Kapazität, die an den hinzukommenden Versorger für die Teilversorgung des Kunden zu übertragen ist, die bisher (teilweise) tatsächlich genutzt wurde. Den Verträgen sind die Allgemeinen Bedingungen für den Netzzugang zu Verteilernetzen zu Grunde zu legen, welche, wie bisher, von der Regulierungsbehörde zu genehmigen sind. Zur Festlegung der besonderen Pflichten im Zusammenhang mit der Durchführung des Wechselprozesses können in der Verordnung der Regulierungsbehörde gemäß § 123 Abs. 1 spezielle Regelungen getroffen werden.

Zu § 29:

Die Regelung gewährleistet, dass die allgemeinen Netzbedingungen nach deren Genehmigung durch die Regulierungsbehörde den Netzbenutzern bekannt gegeben und auf Wunsch übermittelt werden.

Zu § 30:

Der Netzbetreiber hat dem an das Netz angeschlossenen Endverbraucher seine Dienstleistungen mit bestimmter Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität zu erbringen. Gemäß Art. 41 Abs. 1 lit. h der Richtlinie 2009/73/EG hat die Regulierungsbehörde die Qualität und Zuverlässigkeit des Netzes zu überprüfen und die für die Dienstleistungs- und Versorgungsqualität geltenden Normen und Anforderungen festzulegen. Zur Gewährleistung der Einhaltung dieser Normen und Anforderungen kann die Regulierungsbehörde etwaige Entschädigungszahlungen der Netzbetreiber an die betroffenen Endverbraucher festsetzen. Die Verordnung soll im Zusammenwirken von Netzbetreibern und Regulierungsbehörde erlassen werden.

Zu §§ 31 und 32:

Zur Ausgestaltung des Rechts auf Zugang zu den Fernleitungsnetzen haben Netzbenutzer Verträge mit dem Fernleitungsbetreiber, dessen Netz für die Ein- und für die Ausspeisung genutzt werden soll, zu schließen. Fernleitungsnetzbetreiber bieten Kapazitätsverträge an, durch die die Kapazitätsrechte des Netzbenutzers begründet werden. Der Marktgebietsmanager bietet einen Bilanzgruppenvertrag über die Einrichtung von Bilanzgruppen an. Auch für Händler, die Erdgas ausschließlich durch das Marktgebiet transitieren oder ausschließlich im Marktgebiet handeln wollen, ist eine Bilanzgruppe einzurichten. Die Bedingungen und Erfordernisse für die Bilanzgruppenmitgliedschaft im Fernleitungsnetz für die alleinige Handelstätigkeit unterscheiden sich von jenen der Bilanzgruppen zur Endkundenversorgung im Verteilnetz (zum Beispiel Sicherheiten-Hinterlegung). Die Unterschiede sind einerseits vom BKO für das Verteilnetz und anderseits in den Allgemeinen Bedingungen des Betreibers des VHP festzulegen.

An den Ausspeisepunkten aus den Fernleitungsnetzen zu den Verteilernetzen im Marktgebiet schließen die Fernleitungsnetzbetreiber ausschließlich mit dem Verteilergebietsmanager Kapazitätsverträge ab. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die in das Marktgebiet eingespeisten bzw. am Virtuellen Handelspunkt übernommenen Gasmengen möglichst frei verwendet werden können (zB Endkundenversorgung, Speicherbewirtschaftung, Handel, grenzüberschreitender Transport).

In § 31 Abs. 3 wurde eine Genehmigung der allgemeinen operativen Bedingungen des Betreibers des Virtuellen Handelspunktes vorgesehen, die sich an den Vorgaben des § 68 zu orientieren hat.

Vorgesehen wurde der Zugang von neuen Industriekunden zu Fernleitungen, sofern keine ausreichenden Kapazitäten im Verteilernetz vorhanden sind (und durch Ausbaumaßnahmen nicht beseitigt werden können) und dies vom Industriekunden gegenüber dem Fernleitungsnetzbetreiber nachgewiesen wird.

Den oben genannten Verträgen sind die Allgemeinen Bedingungen für den Netzzugang zu Fernleitungsnetzen, die Allgemeinen Bedingungen des Marktgebietsmanagers und des Bilanzgruppenkoordinators und die Allgemeinen Bedingungen für die Bilanzgruppenmitgliedschaft zu Grunde zu legen, welche wie bisher von der Regulierungsbehörde zu genehmigen sind.

Zu § 33:

Hier erfolgt einerseits eine Berichtigung der Novelle BGBl. I Nr. 106/2006. Der irrtümlicherweise im § 19a GWG anstatt im § 19 GWG eingefügte Abs. 2a wird nun an der richtigen Stelle im neuen § 33 GWG 2011 eingefügt. Darüber hinaus wurde mangels weiterer Anwendbarkeit des bestehenden § 20 GWG der entsprechende Netzzugangsverweigerungsgrund eliminiert.

Zu § 34:

Abs. 1 regelt, dass der Ermittlung der Kapazitäten eine umfassende gemeinsame Bedarfsprognose aller Fernleitungsnetzbetreiber sowie des Verteilergebietsmanagers zugrunde zu legen ist, die vom Marktgebietsmanager zu erstellen ist. Damit soll einerseits der Bedarf nach Kapazitäten ermittelt werden und anderseits auch die bedarfsgerechte Ermittlung der Kapazitäten ermöglicht werden.

Abs. 2 regelt die Grundlage des Ermittlungsverfahrens. Für die Ermittlung der Kapazitäten haben die Fernleitungsnetzbetreiber, der Verteilergebietsmanager und der Marktgebietsmanager eng zusammenzuarbeiten und moderne Lastflusssimulationsprogramme einzusetzen. Stand der Technik sind dynamische Lastfluss-Modelle, die auch die Verdichtung des Gases und die Pufferfähigkeit der Netze angemessen berücksichtigen. Bei der Simulation sind unter anderem die Prognosen der Lastflussbedarfe gemäß Abs. 1 zugrunde zu legen. Die Simulation umfasst die Netze des Marktgebietes und ist in einer Weise durchzuführen, dass sich eine insgesamt effiziente Führung des Gesamtnetzes ergibt. Die Kapazitätsermittlung soll nicht in einen festen Wert für jeden Netzkopplungspunkt münden, sondern einen Zeitverlauf für jeden Punkt ergeben, der täglich zu aktualisieren ist. Zu berücksichtigen sind die jeweils aktuellen Kenntnisse der Fernleitungsnetzbetreiber und des Marktgebietsmanagers, die umso besser werden, umso näher der Zeitpunkt der Angabe liegt.

Zu § 35:

Zu Abs. 1: Zur Ermittlung eines erhöhten Kapazitätsangebotes steht den Fernleitungsnetzbetreibern eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verfügung. Diese Maßnahmen sind vom Marktgebietsmanager verbindlich zu koordinieren und sind bei der Ermittlung der Kapazitäten anzuwenden, wenn dies einer nachfragegerechten Steigerung der Kapazitäten dient. Eine Nachfrage liegt nicht erst dann vor, wenn konkrete Interessenbekundungen oder Netzzugangsverweigerungen vorliegen, sondern kann sich auch aus der Prognose nach § 34 Abs. 1 ergeben.

Fernleitungsnetzbetreiber können Kapazitätsrückkäufe und Lastflusszusagen einsetzen, um das Kapazitätsangebot zu steigern. Da Lastflusszusagen immer aus einem physikalischen Ausgleichsenergieangebot oder einer Zuordnungsauflage oder aus einer Kombination dieser beiden Elemente bestehen, ist es sachgerecht, die Wirkungen der Lastflusszusagen durch Einsatz dieser beiden Elemente nach den dafür jeweils geltenden Regeln zu erreichen.

Zur weiteren Erhöhung der frei zuordenbaren Kapazitäten können Kapazitäten unter ausdrücklich benannten Voraussetzungen auch mit einer Zuordnungsauflage belegt werden. Da Gastransporte, die unter einer Zuordnungsauflage erfolgen, nur eingeschränkt am Handel des Gases am Virtuellen Handelspunkt teilnehmen können, ist diese Maßnahme als letzte Maßnahme und nur im vorübergehenden Ausnahmefall anzuwenden. Beschränkungen der Nutzbarkeit der Kapazitäten, die über die unmittelbare Funktion der Zuordnungsauflage hinausgehen, sind nicht zulässig.

Zu Abs. 2: Basierend auf der Bedarfsprognose, der Kapazitätsermittlung und dem Einsatz von Kapazitätssteigerungsmaßnahmen soll die Notwendigkeit des bedarfsgerechten Ausbaus des Gesamtnetzes geprüft werden, wenn dem Markt weiterhin nicht ausreichend Kapazität zur Verfügung gestellt werden kann. Die Möglichkeit der Vergabe von Kapazitäten, die mit Zuordnungsbeschränkungen behaftet sind, ist ausdrücklich nicht geeignet, den Netzausbau entbehrlich zumachen. Die enge Kooperation der Fernleitungsnetzbetreiber sowie des Verteilergebietsmanagers mit dem Marktgebietsmanager ist auch bei der Erstellung des koordinierten Netzentwicklungsplans und der Durchführung von Netzausbaumaßnahmen erforderlich, damit die Gesamteffizienz des Gesamtnetzes durch einzelne Maßnahmen gesteigert und jedenfalls nicht beeinträchtigt wird. Wird das Verteilernetz aufgrund von nicht ausreichender Kapazität im Fernleitungsnetz für Fernleitungszwecke herangezogen so ist der Verteilergebietsmanager berechtigt, dafür allfällig verordnete Entgelte einzuheben.

Zu § 36:

Zu Abs. 1: Der Zugang zu Fernleitungsnetzen erfolgt durch Kapazitätsbuchungen. Den Netzbenutzern sind feste und unterbrechbare Kapazitätsverträge anzubieten.

Zu Abs. 2: Die Regelung soll sicherstellen, dass die Verträge unterschiedlicher Laufzeit nachfragegerecht angeboten werden. Jedenfalls sollen auch Kapazitätsverträge mit der Laufzeit von einem Jahr oder weniger bis hin zu Tageskapazitäten (kurzfristige Kapazitäten) angeboten werden.

Zu § 37:

Abs. 1 stellt klar, dass die Nutzbarkeit von unterbrechbaren Kapazitäten abgesehen von der Unterbrechbarkeit selbst und dem zu bemessenden Entgelt den festen Kapazitäten gleichgestellt ist.

Abs. 2 hält fest, dass unterbrechbare Kapazitäten in einer Weise anzubieten sind, dass sie die Ausnutzung des Gesamtnetzes erhöhen und aufgrund der Unsicherheit bei der Kapazitätsberechnung nicht auf fester Basis angeboten werden können.

In Abs. 3 ist ausdrücklich festgelegt, dass die Fernleitungsnetzbetreiber alle Anstrengungen zu unternehmen haben, die unterbrechbaren Kapazitäten nicht zu unterbrechen. Jedenfalls soll die Unterbrechung so rechtzeitig angekündigt werden, dass dem Netzbenutzer noch eine Renominierung möglich ist.

Zu § 38:

Die Regelung stellt klar, dass die Veräußerung („assignment“) oder Weitergabe („subletting“) an beim Marktgebietsmanager registrierte Netzbenutzer ohne Zustimmung des Fernleitungsnetzbetreibers erfolgen kann. Kapazitätsrechte aus Kapazitätsverträgen können dabei sowohl ganz oder teilweise veräußert oder weitergegeben werden. Wie bereits bisher, dürfen Netzbenutzer erworbene Kapazitätsrechte auf der gemeinsamen Online-Plattform handeln.

Zu § 39:

Diese Regelung stellt klar, dass die Zuweisung von Kapazitäten ausschließlich unter Nutzung einer für das Marktgebiet gemeinsamen Online-Buchungsplattform zu erfolgen hat. Dies ist geeignet, den Transaktionsaufwand der Netzbenutzer zu vermindern, insbesondere wenn auf dieser Online-Plattform zugleich auch alle Veröffentlichungen zu finden sind. Neben den Kapazitätsverträgen der Fernleitungsnetzbetreiber hat auch der Marktgebietsmanager Bilanzgruppenverträge auf der gemeinsamen Online-Buchungsplattform anzubieten, als auch der Verteilergebietsmanager Informationen zu veröffentlichen. Wie aus § 14 Abs. 1 Z 5 hervorgeht, hat der Marktgebietsmanager die Errichtung und den Betrieb der Plattform diskriminierungsfrei zu organisieren.

Zu § 40:

Diese Regelung stellt klar, dass das Rucksackprinzip auch an den Grenzen des Marktgebietes gilt, in dem der Kunde angesiedelt ist. Es könnte dann zur Anwendung kommen, wenn aufgrund eines Engpasses an einem Einspeisepunkt des Marktgebiets ein Versorgerwechsel unmöglich wäre. Die Regelung verpflichtet den bisherigen Versorger auf Verlangen des neuen Versorgers diejenige Kapazität an den neuen Versorger zu übertragen, die dieser für die Versorgung des wechselnden Endverbrauchers benötigt; maximal aber jene, die der bisherige Versorger für die Versorgung dieses Endverbrauchers tatsächlich genutzt hat.

Der bisherige Versorger kann die Übertragung der Kapazitäten nicht allein mit dem Hinweis verweigern, dass er die für den neuen Versorger erforderlichen Kapazitäten in seinem Portfolio nicht für den wechselnden Endverbraucher verwendet.

Zu § 41:

Ein funktionierendes Netzzugangssystem setzt eine Vielzahl von einheitlichen Regelungen und Verfahren voraus. Das bisherige System der durch Vereinbarungen geltenden Sonstigen Marktregeln hat sich als nicht praxistauglich erwiesen, um eine Vereinheitlichung der Netzzugangsregelugen zu erreichen. Um eine Überregulierung zu vermeiden und andererseits die nötige Flexibilität und eine Nachjustierungsmöglichkeit des Netzzugangssystems im Detail einzuräumen, ist die Regulierungsbehörde mit der Befugnis zu Festlegungen durch Verordnung für die in den Abs. 2 bis 4 definierten Regelungsbereichen ausgestattet, die auf die spezifischen Erfordernisse der Marktintegration in den einzelnen Marktgebieten eingehen kann. Jedenfalls hat die Regulierungsbehörde die gemäß Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 angenommenen Netzkodizes und Leitlinien gemäß Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009, die von ENTSO (Gas), der ACER bzw. und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden, zu berücksichtigen. Im Rahmen ihrer Entscheidungsbefugnisse hat die Behörde auch zu prüfen, ob der Nutzen der beabsichtigten Festlegungen in einem angemessenen Verhältnis zu den damit für Netzbetreiber und Netzbenutzer verbundenen Kosten steht. Den Interessenträgern ist im Rahmen der Erstellung von Festlegungen durch Verordnung ein generelles Stellungnahmerecht eingeräumt. Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt nach einem umfangreichen Konsultationsprozess eine Harmonisierung der Ausgleichsenergieregeln im Fernleitungs- und Verteilernetz herbeizuführen.

Zu § 42:

Die Änderungen hinsichtlich des bestehenden § 20a GWG erfolgen zur Umsetzung der geänderten EU-rechtlichen Vorgaben hinsichtlich neuer Infrastrukturen (Art. 36 der Richtlinie 2009/73/EG). In der Richtlinie 2009/73/EG neu hinzugekommen ist die Möglichkeit einer Ausnahme von der eigentumsrechtlichen Entflechtung gemäß § 108 GWG 2011 im Zusammenhang mit einer großen neuen Erdgasinfrastruktur.

In den Fällen, in denen das Fernleitungsnetz am 3. September 2009 nicht im Eigentum eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens gestanden hat, besteht grundsätzlich nur die Möglichkeit der eigentumsrechtlichen Entflechtung nach § 108 (vgl. dazu Art. 9 Abs. 8 und 9 der Richtlinie 2009/73/EG e contrario, §§ 109, 112, 117 e contrario). Ausnahmen davon gibt es nur nach der Bestimmung über neue Infrastrukturen gemäß § 42.

Von § 108 kann die Regulierungsbehörde gemäß § 42 Abs. 5 nur vorübergehende und teilweise Ausnahmen unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen gewähren. Vorübergehend deshalb, da die Ausnahme ja nur solange notwendig ist, als das mit der Investition verbundene Risiko so hoch ist, dass die Investition ohne eine Ausnahmegenehmigung nicht getätigt würde. Sofern sich die Investition allerdings amortisiert hat, ist eine Ausnahme vom Regulierungsregime – und daher auch von der eigentumsrechtlichen Entflechtung – nicht mehr erforderlich. Die Ausnahme kann unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen auch nur teilweise erteilt werden, da ja grundsätzlich die strenge eigentumsrechtliche Entflechtung für Fernleitungsunternehmen gilt und nur ausnahmsweise von diesem Grundsatz abgegangen werden sollte. Nur notwendige Ausnahmen von der eigentumsrechtlichen Entflechtung sind einer Entscheidung nach § 42 zugänglich (vgl. Erwägungsgrund Nr. 35 der Richtlinie 2009/73/EG).

Die gemäß § 20a GWG idF BGBl. I Nr. 45/2009 gewährten Ausnahmen gelten bis zu dem Ablaufdatum weiter, das in der Entscheidung über die Gewährung einer Ausnahme festgelegt wurde. Bei bereits gewährten Ausnahmen kann auch eine Ausnahme von der Entflechtung nach neuem Regime begehrt werden, freilich nur unter den Voraussetzungen des § 42 Abs. 1. Da in jenen alten Ausnahmeentscheidungen noch nicht über eine allfällige Gewährung einer Ausnahme von der eigentumsrechtlichen Entflechtung abgesprochen wurde, bedarf es hinsichtlich einer allenfalls gewünschten Ausnahme von § 108 einer neuen Entscheidung gemäß § 42. Wenn die neue Infrastruktur zwischenzeitlich bereits realisiert wurde, so ist vom Ausnahmewerber zu beweisen, dass die Investition ohne Ausnahme von den Entflechtungsbestimmungen nicht getätigt worden wäre (vgl. Erwägungsgrund Nr. 35 der Richtlinie 2009/73/EG).

Potenziellen Kunden der neuen Infrastruktur muss nach § 42 Abs. 7 Z 3 durch ein transparentes, faires und nicht diskriminierendes Verfahren die Möglichkeit gegeben werden, Interesse an der Kontrahierung von Kapazitäten für die neue Infrastruktur bekunden zu können, bevor eine Ausnahmeentscheidung durch die Regulierungsbehörde getroffen wurde. Dies deshalb, da die Regulierungsbehörde beurteilen können muss, ob der Ausnahmewerber überhaupt eine Ausnahme vom Netzzugang Dritter gemäß § 31 bedarf. Wenn es genügend Kapazitäten geben sollte, da keine oder nur wenige potenzielle Kunden ihr Interesse an der Kontrahierung von Kapazitäten bekundet haben, ist eine Ausnahme vom Netzzugang Dritter nach § 31 auch nicht notwendig oder könnte mit Auflagen durch die Regulierungsbehörde verknüpft werden. Abs. 9 und Abs. 10 regeln, zur Umsetzung von Art. 36 Abs. 4 und 5 der Richtlinie 2009/73/EG, die neue Zuständigkeit der Agentur für bestimmte Ausnahmeentscheidungen.

Abs. 13 regelt zur Umsetzung des Art. 36 Abs. 9 der Richtlinie 2009/73/EG die zeitlich beschränkte Ausnahmeentscheidung von zwei bzw. fünf Jahren nach ihrer Erteilung, sofern mit dem Bau der Infrastruktur noch nicht begonnen oder die Infrastruktur nicht in Betrieb genommen wurde.

Zu §§ 43 bis 57:

In § 44 Abs. 1 Z 5 wurde hinsichtlich der Genehmigungsvoraussetzungen die Verbindung zur Zertifizierung von Fernleitungsnetzbetreibern gemäß § 119 eingefügt. Ansonsten bilden diese Bestimmungen unverändert dem derzeitigen Rechtsbestand ab, allerdings entspricht aufgrund der Änderung der Gliederung des Gesetzes die Nummerierung dieser Bestimmungen nicht mehr der aktuellen Rechtslage.

Zu § 58:

Die Pflichten der Verteilernetzbetreiber werden an die Definition des Marktgebiets angepasst, wobei in Abs. 2 erweiterte Pflichten für jene Verteilernetzbetreiber festgelegt sind, die eine oder mehrere Verteilerleitungen gemäß Anlage 1 betreiben. Abs. 2 Z 1 bis 5 enthalten jene Pflichten, die bisher den Fernleitungsunternehmen für jene Netzstrukturen, die für die Inlandsversorgung bestimmt waren (Regelzone), auferlegt waren. Abs. 2 Z 6 legt fest, dass Verteilernetzbetreiber, die eine oder mehrere Verteilerleitungen gemäß Anlage 1 betreiben, untereinander eine vertragliche Höchstleistung je Flussrichtung und pro Netzkopplungspunkt zu vereinbaren haben. Darüber hinaus wurde die Einhaltungspflicht der Verordnung gemäß § 30 aufgenommen.

Zu § 62:

Die Pflichten der Fernleitungsnetzbetreiber wurden der Systematik und Terminologie des neuen Marktmodells angepasst. Zusätzlich zu den in Abs. 1 Z 1 bis 10, 13 bis 18, 20 und 29 festgelegten bisherigen Pflichten der Fernleitungsnetzbetreiber erfolgt eine Erweiterung der Pflichten um die unionsrechtliche Vorgaben.

So werden die Fernleitungsnetzbetreiber verpflichtet, an der Erstellung eines koordinierten Netzentwicklungsplans sowie an der gemeinsamen Prognose für den Bedarf an Kapazitäten und die Belastung der Netze des Marktgebiets mitzuwirken. Der Marktgebietsmanager ist für die Erstellung des koordinierten Netzentwicklungsplans verantwortlich. Als Grundlage dafür hat der Marktgebietsmanager eine auf unterschiedlichen Lastflussszenarien basierende gemeinsame Prognose für den Bedarf an Kapazitäten und die Belastung der Netze des Marktgebiets für die nächsten zehn Jahre durchzuführen.

Abs. 1 Z 12 regelt, dass die Fernleitungsnetzbetreiber verpflichtet sind, Verträge über Ausspeisekapazitäten an den Ausspeisepunkten ihres Fernleitungsnetzes zu den mit ihren Netzen verbundenen Verteilernetzen ausschließlich mit dem Verteilergebietsmanager abzuschließen. Dadurch wird die Effizienz der Nutzung der Infrastruktur sichergestellt.

Abs. 1 Z 18 regelt, dass die Fernleitungsnetzbetreiber bestimmte Daten dem Marktgebietsmanager zur Erfüllung seiner Aufgaben in elektronischer Form zu übermitteln haben.

Abs. 1 Z 19 verpflichtet die Fernleitungsnetzbetreiber zum bedarfsgerechten Ausbau ihrer Anlagen. Grundlage dafür stellt der von der Regulierungsbehörde genehmigte koordinierte Netzentwicklungsplan dar.

Abs. 1 Z 21 regelt, dass Fernleitungsnetzbetreiber eine Bilanzgruppe für die Ermittlung der Netzverluste und des Eigenverbrauchs einzurichten haben. Diese Bestimmung ist analog zur Verpflichtung für Verteilernetzbetreiber.

Abs. 1 Z 23 bis 27 verpflichten die Fernleitungsnetzbetreiber auf regionaler Ebene mit anderen Fernleitungsnetzbetreibern zu kooperieren. Die regionale Kooperation betrifft die Kapazitätsvergabe, das Engpassmanagement, die Kapazitätsberechnung, die Transparenz, die Versorgungssicherheit sowie die Netzentwicklung.

Darüber hinaus wurde insbesondere die Pflicht zur Kooperation mit dem Marktgebietsmanager geregelt und zur Zusammenarbeit mit Fernleitungsnetzbetreibern sowie der Agentur auf regionaler Ebene statuiert.

Abs. 2 regelt, dass Gemeinschaftsunternehmen, die zum Zweck der regionalen Kooperation von Fernleitungsnetzbetreibern gegründet wurden und an denen zumindest ein vertikal integriertes Erdgasunternehmen beteiligt ist, ein Gleichbehandlungsprogramm aufzustellen und durchzuführen haben.

Zu §§ 63 bis 65:

Das Gesamtnetz eines Marktgebiets soll möglichst als Gesamtheit in einheitlicher und zusammenhängender Weise genutzt und entwickelt werden. Nur dadurch kann die Effizienz der Nutzung der Infrastruktur sichergestellt werden. Die Kooperation bei der Netzentwicklung in einem Marktgebiet hat daher in verbindlicher Weise durch den Marktgebietsmanager zu erfolgen.

Der Marktgebietsmanager ist daher für die Erstellung des koordinierten Netzentwicklungsplans verantwortlich. Zu diesem Zweck hat er einerseits die Ergebnisse der langfristigen Planung des Verteilergebietsmanagers und andererseits die Ergebnisse einer Konsultation aller einschlägigen Interessenträger zu berücksichtigen. Der Regulierungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen ist der vom Marktgebietsmanager koordinierte Netzentwicklungsplan von den Fernleitungsnetzbetreibern gemeinsam.

Festgelegt werden die Annahmen, die bei der Erstellung des koordinierten Netzentwicklungsplans von den betroffenen Unternehmen zu berücksichtigen sind sowie die Ziele definiert, die mit der Erstellung des koordinierten Netzentwicklungsplans verbundenen sind.

In Analogie zur derzeitigen langfristigen Planung hat der koordinierte Netzentwicklungsplan eine technische und wirtschaftliche Evaluierung von Netzausbauvarianten zu enthalten.

Damit der Marktgebietsmanager alle notwendigen Daten zur Erfüllung seiner Aufgabe zur Erstellung des koordinierten Netzentwicklungsplans von den verschiedenen Marktteilnehmern erhält, wird festgelegt, dass diese nach schriftlicher Aufforderung durch den Marktgebietsmanager verpflichtet sind, die erforderlichen Daten innerhalb einer angemessen Frist zur Verfügung zu stellen.

Der Netzentwicklungsplan bedarf der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde, wobei davor eine Konsultation stattzufinden hat. Die Einhaltung des koordinierten Netzentwicklungsplans ist von der Regulierungsbehörde zu überwachen. Kommt ein Fernleitungsnetzbetreiber seiner Verpflichtung zum bedarfsgerechten Ausbau seines Netzes nicht nach, kann die Regulierungsbehörde entsprechende Schritte einleiten um ein Ausschreibungsverfahren zur Durchführung der betreffenden Investition zu erwirken.

Zu § 66:

In Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 wird festgelegt, dass Ausnahmeanträge von der Pflicht zur Errichtung von Kapazitäten für Lastflüsse im Gegenfluss an die Regulierungsbehörde zur richten sind.

Zu § 67:

Abs. 1 enthält die Pflicht, Netzkopplungsverträge zwischen allen angrenzenden Fernleitungsnetzbetreibern und Verteilernetzbetreibern, die Verteilerleitungen gemäß Anlage 1 betreiben, nach den Vorgaben des Marktgebietsmanager bzw. des Verteilergebietsmanagers, abzuschließen, die in Abs. 2 und 3 konkretisiert wird. Insbesondere wird die Gestaltung des Netzkopplungsvertrages ausdrücklich mit dem Grundsatz des effizienten Netzbetriebs in Zusammenhang gebracht, der in § 4 verankert ist. Da auch im Innenverhältnis der Netzbetreiber eine Vereinheitlichung der vertraglichen Beziehungen und der Abwicklungen für eine effiziente Nutzung der Infrastruktur erforderlich ist, sind die Verträge einheitlich auszugestalten. Betreffen die Netzkopplungsverträge ausschließlich Fernleitungsunternehmen untereinander, sind die Vorgaben ausschließlich vom Marktgebietsmanager zu treffen; betreffen die Netzkopplungsverträge ausschließlich Verteilerunternehmen untereinander, sind die Vorgaben ausschließlich vom Verteilergebietsmanager zu treffen.

Die in Abs. 3 geregelte Einrichtung von Bilanzkonten an Netzkopplungspunkten dient zur Erfassung und zum Ausgleich von technischen Problemen des Netzkopplungspunktes. Diese Konten sind so groß wie möglich auszugestalten und stellen damit die erste und unmittelbarste Form der Linepacknutzung über Netzbetreibergrenzen hinweg bereit. Da diese Konten an allen Netzkopplungspunkten der in Abs. 1 genannten Netzbetreiber einzurichten sind, wirken sie auch über Marktgebietsgrenzen hinweg.

Zu § 68:

Der Virtuelle Handelspunkt ist ein dem Marktgebiet zugeordneter virtueller Punkt, an dem Erdgas von Marktteilnehmern, auch ohne Netzzugangsberechtigung für das betreffende Marktgebiet, gehandelt werden kann. Der Zugang zum Virtuellen Handelspunkt erfolgt auf der Basis der operativen Regelungen des Marktgebietsmanagers und der Fernleitungsnetzbetreibern gemäß den Marktregeln. Der Virtuelle Handelspunkt ist keinem physischen Ein- oder Ausspeisepunkt zugeordnet und ermöglicht Käufern und Verkäufern, auch ohne Kapazitätsbuchung Erdgas zu kaufen oder zu verkaufen. Mit dem Ziel, die Liquidität auch benachbarter Netze bestmöglich zu integrieren, wird der derzeit überregional ausgerichtete Punkt Integrated Trading Area Baumgarten sinngemäß auf den Virtuellen Handelspunkt überzuführen. Bei der Errichtung des Virtuellen Handelspunktes wird die bestehende Marktorganisation hinsichtlich OTC und Börsehandel in den Virtuellen Handelspunkt sinngemäß übergeführt.

Der Betreiber eines Virtuellen Handelspunktes wird vom Marktgebietsmanager gegenüber der Regulierungsbehörde benannt. In Abs. 3 wird die Unabhängigkeit des Betreibers eines Virtuellen Handelspunktes normiert.

In Abs. 4 bis 7 werden die Aufgaben sowie die Pflichten bezüglich Vertraulichkeit, Gleichbehandlung sowie Unabhängigkeit näher beschrieben. Die Fortführung der Central Matching Agent Funktionalität ist im Einklang mit den unionsrechtlichen Bestimmungen möglich.

Der Betreiber eines Virtuellen Handelspunktes unterliegt auch den Bestimmungen des § 9 bis § 11.

Zu § 69:

Das Verfahren zur Bestimmung der Netzentgelte durch die Regulierungsbehörde wird nun dahingehend geändert, dass nun grundsätzlich vor der Erlassung der Entgeltverordnung eine Bestimmung der Kostenbasis des Netzbetreibers, der Zielvorgaben und des Mengengerüsts mit Bescheid erfolgt. Dies eröffnet Netzbetreibern die Möglichkeit, Beschwerde zunächst gemäß § 9 E-ControlG und in weiterer Folge beim Verwaltungs- und/oder Verfassungsgerichtshof einzubringen, ohne dass die Entgeltverordnung (beim Verfassungsgerichtshof) angefochten wird. Die Festsetzung der Kosten und des Mengengerüsts erfolgt von Amts wegen.

Die Feststellung der Kosten- und Mengenbasis mittels Bescheid erhöht den Rechtsschutz der betroffenen Netzbetreiber. Als Ausgleich dafür ist vorgesehen, dass auf Seite der Kunden die in Abs. 3 genannten Institutionen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wird und ihnen überdies von Seiten der Regulierungsbehörde Auskünfte zu geben sind und Einsichtnahme in die Verfahrensakten zu gewähren ist. Damit verfügen diese Institutionen, welche die Interessen der Kunden vertreten, über die notwendigen Informationen, um Stellungnahmen auch zur Kosten- und Mengenbasis von Netzbetreibern erstatten zu können. Die Wirtschaftskammer Österreich sowie die Bundesarbeitskammer können in ihrer Eigenschaft als Legalparteien gegen Entscheidungen des Vorstandes gemäß Abs. 1 Beschwerde gemäß § 9 Abs. 2 E-Control-Gesetz sowie in weiterer Folge an den VwGH erheben. Hinsichtlich der Verschwiegenheit gilt § 156 Abs. 4.

Für die Fernleitungsnetzbetreiber ist vorgesehen, dass ihre Methoden durch Bescheid genehmigt werden.

Zu § 70:

Auf Basis der bescheidmäßig festgestellten Kosten und des Mengengerüsts bzw. der mit Bescheid genehmigten Methode werden unter Berücksichtigung der Kostenwälzung Systemnutzungsentgelte mit Verordnung festgesetzt. Sofern erforderlich werden mit der Verordnung auch Ausgleichszahlungen festgesetzt.

Im Verfahren zur Erlassung der Verordnung findet zunächst eine allgemeine Begutachtung statt, in der Netzbetreiber, Kunden und die in § 69 Abs. 3 genannten Interessenvertretungen Stellungnahmen abgeben können, danach erfolgt eine Erörterung vor dem Regulierungsbeirat.

Zu § 71 Abs. 1 bis 5:

Ein Grundproblem bei der Festsetzung von Entgelten für Netzbetreiber ist die Tatsache, dass diese nur auf Basis von historischen Daten bzw. Plandaten bestimmt werden können. Dadurch sind Differenzen zwischen den anerkannten Erlösen auf Basis des Mengengerüstes, die für die Entgeltermittlung herangezogen werden und den tatsächlich verrechneten Mengen und daraus resultierenden Erlösen unvermeidlich. Als weiteres Problemfeld sind außerordentliche Mengenverschiebungen, Erlöse und Aufwendungen anzusehen, die bei einmaliger Berücksichtigung sprunghafte Veränderungen der Entgelte hervorrufen würden.

Im Sinne einer kontinuierlichen Entwicklung der Entgelte wird eine Glättung dieser Effekte über das Regulierungskonto angestrebt. „Regulierungskonto“ ist ein virtuelles Konto, über das von der Regulierungsbehörde Sachverhalte bei der Kostenermittlung berücksichtigt werden, die bei den vorangegangenen Kosten- und Entgeltermittlungsverfahren nicht berücksichtigt werden konnten. Diese Vorgehensweise erscheint auch sinnvoll, da sich die Auswirkungen der außerordentlichen Werte über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Weitere Schwierigkeiten können entstehen, falls regulatorische Entscheidungen nachträglich abgeändert oder aufgehoben werden und die Verrechnung der Entgelte auf Basis der ursprünglichen Entscheidung erfolgt ist. Um derartige Unsicherheiten zu vermeiden, wird durch das Regulierungskonto eine Abgeltung der Effekte aus abgeänderten beziehungsweise aufgehobenen Bescheiden und Verordnungen ermöglicht. Um eine konstante Entwicklung der Entgelte im Zeitablauf zu gewährleisten, ist eine Abgeltung auch über einen angemessenen mehrjährigen Zeitraum möglich. Dabei können Sachverhalte, von denen die Behörde bis zum 30. Juni jedes Jahres Kenntnis erlangt, im Zuge des laufenden Kostenermittlungsverfahrens berücksichtigt werden. Sachverhalte, von denen die Behörde zu einem späteren Zeitpunkt Kenntnis erlangt, können erst im Zuge des darauf folgenden Kostenermittlungsverfahrens berücksichtigt werden.

Durch das Regulierungskonto erfolgt keine einseitige oder asymmetrische Behandlung und keine Benachteiligung der Netzbetreiber. Das Regulierungskonto steht im Einklang mit dem Modell der Anreizregulierung.

Zu § 72:

Die Regelung sieht vor, dass Netzbenutzer im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 42 Systemnutzungsentgelte zu entrichten haben, wobei eine Verrechnung anderer als der in Abs. 2 taxativ aufgezählten Entgeltkomponenten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Netzbetrieb grundsätzlich unzulässig ist.

Zu § 73:

Das Netznutzungsentgelt ist den Netzbenutzern zu verrechnen, wobei eine detaillierte Aufzählung folgt, welcher Netzbenutzer welche Art des Netznutzungsentgelts zu tragen hat. Klargestellt wird, dass das Netznutzungsentgelt im Verteilernetz von Endverbrauchern pro Zählpunkt zu entrichten ist. Eine Zusammenfassung von Zählpunkten zu virtuellen Verrechnungspunkten ist damit explizit ausgeschlossen.

Sollte es zu Netzanschlüssen auch auf der Netzebene 1 kommen, müssten auch für diese Netzebene Systemnutzungsentgelte verordnet werden, wobei diese Entgelte das Netznutzungsentgelt der Netzebene 2 nicht unterschreiten darf. Dadurch soll verhindert werden, dass es zu einer „Netzebenenflucht“ kommt, die dazu führt, dass die Kostenvorteile einzelner Unternehmen eine Mehrbelastung der Gesamtheit der Netzbenutzer nach sich zieht und zu einer unangemessenen Aufteilung der Netzkosten führen würde. Die Frage der Standortpolitik würde zu einer Optimierung einzelner Kundensegmente zu Lasten anderer führen.

In § 73 Abs. 3 ist klargestellt, dass die Kosten eines Netzbereiches, die sowohl die Kosten für die Buchung der Ausspeisepunkte aus dem Fernleitungsnetz ins Verteilernetz gemäß § 74 sowie eigene Kosten umfassen können, entweder mittels Kostenwälzung oder mittels Verrechnung pro Netzkopplungspunkt den Verteilernetzbetreibern zugeordnet werden können.

Mit dieser Formulierung wird die Möglichkeit eingeräumt, das Entgeltsystem weiterzuentwickeln. Welches Entgeltsystem zur Anwendung kommt ist anhand sachgerechter Kriterien, insbesondere Versorgungssicherheit, Netzverbund, Förderung des Wettbewerbes, Anreiz für Netzausbau sowie Harmonisierung der Entgelte, von der Regulierungsbehörde zu beurteilen. Sofern ein Umstieg des Entgeltsystems zu gravierenden Verschiebungen oder einen maßgeblichen Nachteil für einzelne Standorte führt, ist eine Umsetzung einer Mischform der Entgeltsysteme möglich. Die Grundsätze der Kostenverursachungsgerechtigkeit und der transparenten Entgeltermittlung sind jedenfalls zu berücksichtigen.

Das Netznutzungsentgelt im Verteilernetz für die Ausspeisung aus dem Verteilernetz in Speicheranlagen ist als ein einheitliches Entgelt festzulegen. Die Einheitlichkeit gewährleistet gleiche Wettbewerbsbedingungen österreichischer Speicherunternehmen am Speichermarkt. Das Netznutzungsentgelt im Verteilernetz umfasst ua. die anteiligen Kosten für den Verteilergebietsmanager gemäß § 24, womit jene beim Verteilergebietsmanager resultierenden Kosten für die Buchung der Kapazitäten an den Ein- und Ausspeisepunkten zwischen dem Fernleitungsnetz und Verteilernetzen schon mitumfasst sind und daher auch der Zugang zum Virtuellen Handelspunkt schon abgegolten ist.

Durch eine tageweise, österreichweit harmonisierte Aliquotierung, kann der Netzkunde transparent die Ermittlung des pauschalierten leistungsbezogenen Netznutzungstarifes nachvollziehen.

In der Regel fallen Abrechnungszeiträume nicht mit dem In-Kraft-Treten der Systemnutzungsentgelte-Verordnung zusammen. Für erforderliche Verbrauchabgrenzungen ist gemäß Abs. 8 bei nicht lastgemessenen Anlagen das standardisierte Lastprofil heranzuziehen. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Systembenutzer und erhöhter Transparenz ist eine Vereinheitlichung der Abrechnungssystematik zur rechnerischen Zählerstandsermittlung erforderlich.

Die rechnerische Verbrauchsermittlung ist durch den Netzbetreiber dem Kunden in angemessener Form im Detail transparent zu machen, sodass der Netzkunde die Rechnung nachvollziehen kann.

Zu § 74:

Grundlage des Systems der Entgeltbildung für den Zugang zu Fernleitungsnetzen ist das Entry/Exit System nach § 31 und der Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009.

Fernleitungsnetzbetreiber erheben Entgelte in Euro pro kWh/h für die Einspeisung in ihr Fernleitungsnetz und für die Ausspeisung aus ihrem Fernleitungsnetz. Hierzu sind die Netzkosten möglichst verursachungsgerecht zunächst in die Beträge aufzuteilen, die durch Einspeiseentgelte einerseits und Ausspeiseentgelte andererseits zu decken sind. Die Entgelte für die einzelnen Ein- und Ausspeisepunkte werden grundsätzlich unabhängig voneinander gebildet. Dabei sind folgende Anforderungen zu erfüllen:

1.      Gewährleistung der Versorgungssicherheit und des sicheren Betriebs der Netze,

2.      Beachtung der Diskriminierungsfreiheit,

3.      Setzen von Anreizen für eine effiziente Nutzung der vorhandenen Kapazitäten durch Netzbenutzer und angrenzende Netzbetreiber.

Für verbindliche Einspeise- und Ausspeisekapazitäten sind Entgelte für Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten nach Maßgabe von § 36 festzulegen. Entgelte für Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Tag dürfen die Summe der Entgelte für die täglichen Verträge innerhalb der Laufzeit nicht erheblich unterschreiten. Die Entgelte für unterbrechbare Kapazitäten gemäß § 37 haben die Wahrscheinlichkeit von Unterbrechungen angemessen widerzuspiegeln.

Für Kapazitäten mit beschränkter Zuordenbarkeit gemäß § 35 ist ein reduziertes Entgelt festzulegen. Die Reduzierung muss angemessen und diskriminierungsfrei sein. Für Lastflusszusagen gemäß § 35 ist ein gesondertes Netzentgelt zu erheben. Dieses muss angemessen und diskriminierungsfrei sein.

Bei der Kalkulation der Netzentgelte und der Verprobung sind das Buchungsverhalten der Netzbenutzer, insbesondere hinsichtlich unterbrechbarer und unterjähriger Kapazitätsprodukte, und die Versteigerungserlöse zu prognostizieren und zu berücksichtigen.

Die Bestimmung von minimalen Leistungen und Entgelten für Leistungsüberschreitungen für Endverbraucher ist zulässig.

Zu § 75:

Netzbetreiber dürfen für die Arbeiten zur Errichtung eines Netzanschlusses nur jene Kosten verrechnen, welche angemessen sind und den Marktpreisen entsprechen. Zudem soll durch das Erfordernis des transparenten und nachvollziehbaren Nachweises der notwendigen Aufwendungen sichergestellt werden, dass dem Netzbenutzer die Möglichkeit gegeben wird, die veranschlagten Kosten für die Anschlussarbeiten, beispielsweise durch die Einholung eines Angebotes von einem dazu befugten Unternehmen, auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Schließlich wird durch die Regelung klargestellt, dass der Netzbetreiber das Netzzutrittsentgelt nur für jene Aufwendungen in Rechnung stellen darf, welche ihm dadurch entstehen, dass er zusätzliche Leitungsanlagen zu seinem bestehenden (und damit bereits bezahlten) Netz errichtet, die dem ausschließlichen Zweck dienen, einen Kunden anzuschließen oder die Anschlussleistung des Kunden zu erhöhen. Eine Pauschalierung für vergleichbare Netzbenutzer einer Netzebene ist zulässig.

Bei den Aufwendungen für die erstmalige Herstellung bzw. Abänderung eines Netzanschlusses handelt es sich um tatsächlich getätigte, durch Rechnungen belegbare Ausgaben (Neuwert der Anlage zum Zeitpunkt der Herstellung).

Zu § 76:

Das Netzbereitstellungsentgelt wird zur Abgeltung mittelbarer Aufwendungen im vorgelagerten Netz eingehoben. Es stellt auf das Ausmaß der (leistungsbezogenen) Netznutzung ab und ist damit verursacheradäquates Steuerungsinstrument für Netzinvestitionen. Der Entnehmer tätigt über das Netzbereitstellungsentgelt einen Beitrag zu Investitionen in das Netz und kann in der Folge dieses zu entsprechend niedrigeren Preisen nutzen.

Zu § 77:

Das Messentgelt deckt die Kosten für den Zähler, die Errichtung, den Betrieb der Zählgeräte, die Eichung, Datenauslesung und Zählerablesung ab. In Abs. 1 werden jene Kosten definiert, die zur Ermittlung der Messpreise herangezogen werden. Der Höchstpreis wird an der eingesetzten Messgerätekonfiguration festgemacht und beinhaltet die Errichtung und den Betrieb von Zähleinrichtungen einschließlich der Eichung und der Datenauslesung. Vom Höchstpreis abgedeckt sind auch alle zusätzlich erforderlichen Geräte, die eine Ablesung vereinfachen oder eine Fernauslesung ermöglichen, wie zum Beispiel Modems und GSM-Anlagen für die automatische Auslesung oder sonstige Schnittstellen.

Mit Abs. 4 wird formell klargestellt, welche Leistungen mit der Entrichtung des Entgeltes für Messleistungen verbunden sind. Eine Ablesung des Zählers hat jedenfalls jährlich zu erfolgen. Eine rechnerische Ermittlung der Messwerte ist grundsätzlich nicht als Ablesung des Zählers zu werten. Die Ablesung kann, abgesehen von der Mindestverpflichtung des Netzbetreibers alle drei Jahre selbst abzulesen, auch vom Kunden selbst vorgenommen werden. Eine rechnerische Zählerstandsermittlung kann nur erfolgen, wenn der Kunde von der vom Netzbetreiber eingeräumten Möglichkeit zur Selbstablesung und Übermittlung der Daten an den Netzbetreiber keinen Gebrauch gemacht hat und ein Ableseversuch durch den Netzbetreiber, aus einem Grund, der dem Verantwortungsbereich des Netzbenutzers zuzuordnen ist, erfolglos blieb.

Zu § 78:

Die Regulierungsbehörde hat für sonstige Leistungen, die aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für Netzbetreiber erbracht werden und die nicht durch andere Systemnutzungsentgelte abgegolten sind, per Verordnung Entgelte festzusetzen. Leistungen, die nicht in der Funktion als Netzbetreiber erbracht werden, etwa die Prüfung von Boilern oder Installationen außerhalb des öffentlichen Netzes, unterliegen nicht der Regulierung. Allfällige Differenzen zwischen den verordneten Beträgen und den tatsächlichen Kosten sind im Systemnutzungsentgelt abzudecken.

Zu § 79 Abs. 1 und 4:

Als Ausgangspunkt der Kostenermittlung sind geprüfte Jahresabschlüsse heranzuziehen. Bei der Ermittlung der Kosten von Netzbetreibern sind nur jene Kosten über Netzentgelte zu verrechnen, die ursächlich mit Netztätigkeiten verbunden sind. Dadurch wird die Einhaltung des Grundsatzes der Kostenwahrheit erreicht. Bei der Kostenermittlung ist darauf zu achten, dass einerseits der Netzbetreiber keine Kosten aus nicht der Regulierung unterworfenen Bereichen trägt und andererseits dem Netzbetreiber zurechenbare Erlöse beim Netzbetreiber verbleiben, um Marktverzerrungen zu vermeiden. Dieser Grundsatz beschränkt sich nicht allein auf den Netzbetreiber: Bei Zukauf von Leistungen durch ein vertikal integriertes Erdgasunternehmen sind zur Einhaltung des Grundsatzes der Kostenwahrheit jedenfalls die Kosten ausreichend zu belegen. Die Regulierungsbehörde kann dazu die Vorlage der Kalkulationsgrundlage für die Verrechnung vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen anfordern.

Zusätzlich sind die Kosten nach Netzebenen getrennt zu ermitteln, um die Entgelte der unterschiedlichen Netzbenutzer möglichst korrekt bestimmen zu können.

Bei der Kostenanerkennung ist zu prüfen, ob die durch den Netzbetreiber dargelegten Kosten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach angemessen sind. Die Regulierungsbehörde kann im Rahmen der Kostenermittlung auch von den in den Jahresabschlüssen dargelegten Kosten abgehen. Hierbei sind neben allgemeinen Angemessenheitsbeurteilungen auch Vergleiche mit anderen Unternehmen – vor allem mit anderen Netzbetreibern – zu berücksichtigen. Die ermittelten und anerkannten Kosten können somit von den durch die Netzbetreiber ausgewiesenen Kosten abweichen, falls diese nicht mit einem vergleichbaren und rationell geführten Unternehmen vereinbar sind.

Aufgrund der hohen Anlagenintensität der Netzbetreiber stellt die Berücksichtigung von Investitionen einen wesentlichen Bestandteil der Netzkosten dar. Diese ist auf Basis der ursprünglichen Anschaffungskosten durchzuführen. Falls Investitionskosten dem Grunde oder der Höhe nach nicht angemessen sind, kann die Regulierungsbehörde diese nicht anerkennen, falls zum Beispiel die Investition nicht für den Netzbetrieb erforderlich oder die getätigte Investition zum Zeitpunkt der Herstellung nicht als bestmögliche Alternative zu identifizieren war. Werden für Netzbetreiber Effizienzwerte auf Basis von allgemeinen Kostenvergleichen festgestellt, so sind auch generelle Abschläge auf bereits getätigte Investitionen auf pauschaler Basis durchzuführen.

Bei der Ermittlung der angemessenen Netzkosten ist auch auf wesentliche Faktoren wie Netzsicherheit, Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung von Qualitätskriterien, der Marktintegration sowie der Energieeffizienz zu achten.

Angemessene außerordentliche Aufwendungen und Erträge können auch über einen mehrjährigen Zeitraum durch die Regulierungsbehörde berücksichtigt werden. Diese Normalisierung kann mittels eines Regulierungskontos umgesetzt werden.

Zu § 79 Abs. 2 und 3:

Besteht die Kostenbasis zur Ermittlung der Entgelte ausschließlich aus in der Vergangenheit angefallenen Kosten, besteht kein Anreiz für Netzbetreiber, ihre Effizienz in Zukunft zu verbessern. Es sind daher individuelle Effizienzziele für Netzbetreiber auf Basis ihrer festgestellten Effizienz über eine bestimmte Regulierungsperiode hinweg, vorzugeben. Diese Ziele können sowohl aufgrund unternehmensspezifischer Maßgaben oder auch in Bezug auf ein bzw. mehrere Referenzunternehmen, welche als „Yardstick“ dienen, definiert werden.

Bei der Bestimmung der jeweiligen Effizienz der Netzbetreiber können unterschiedliche Methoden zur Anwendung gebracht werden. Die Auswahl der jeweiligen Methoden obliegt der Regulierungsbehörde, und hat jedenfalls dem Stand der Wissenschaft zu entsprechen. Beispielsweise können unterschiedliche Benchmarkingverfahren, sowohl einzeln als auch in Kombination, zur Anwendung gebracht werden. Bei diesen Verfahren handelt es sich um mathematische Modelle, die unterschiedliche Output- und Inputfaktoren einzelner Unternehmen in Beziehung setzen und somit die Effizienzbestimmung einzelner Unternehmen ermöglichen. Entsprechende Analysen und Vergleiche können durch die Regulierungsbehörde auf Basis des Gesamtunternehmens oder aber anhand einzelner Teilprozesse durchgeführt werden. Bei Vergleichen von Teilprozessen ist jedenfalls auf die einheitliche Abgrenzung der Prozesse sowohl innerhalb des Unternehmens als auch zwischen den Unternehmen zu achten.

Die zur Kostenfeststellung verwendeten Verfahren und Modelle sind jedenfalls so zu gestalten, dass die Durchführung notwendiger Investitionen nicht gefährdet ist. Neben den erwähnten unternehmensindividuellen Verbesserungspotentialen sind dabei insbesondere allgemeine Produktivitätssteigerungen der Branche sowie netzbetreiberspezifische Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Des Weiteren können bei der Ermittlung der Kostenbasis auch Zu- oder Abschläge aufgrund von Qualitätskriterien zur Anwendung kommen.

Um Unternehmen einen Anreiz zur produktiven Effizienz und Kosteneinsparung zu bieten, sollte ihnen zumindest für eine gewisse Zeitperiode eine Belohnung für diese Anstrengung gewährt und somit ein möglicher allokativ ineffizienter Zustand für diesen Zeitraum geduldet werden. Es kann daher – abhängig vom gewählten Modell zur Ermittlung der Zielvorgaben – sinnvoll sein, mehrjährige Regulierungsperioden festzusetzen.

Zu § 79 Abs. 5:

Zur Ermittlung der netzbetreiberspezifischen Teuerungsrate können veröffentlichte allgemeine Indices wie beispielsweise der Tariflohnindex zur Abbildung der Personalkosten, der Baupreisindex zur Abbildung der Kosten im Anlagensegment und der Verbraucherpreisindex zur Abschätzung der Kostenveränderung für sämtliche weitere Kostengruppen, herangezogen werden.

Zu § 79 Abs. 6:

Da nicht sämtliche Kostenkomponenten durch die Netzbetreiber selbst beeinflussbar sind, werden nicht beeinflussbare Kosten bei der Ermittlung von Zielvorgaben nicht berücksichtigt und jedenfalls in der tatsächlichen Höhe in die Kostenermittlung aufgenommen.

Zu § 79 Abs. 7:

Eine stufenweise Herleitung der einzelnen Entgeltkomponenten ist zu empfehlen, um eine möglichst korrekte Kostenabgeltung zu erreichen.

Im Rahmen der Kostenermittlung sind Förderungen und Beihilfen, die dem Netzbetrieb zuordenbar sind, maximal in ihrer tatsächlichen Höhe zu berücksichtigen und der Kostenbasis abzuziehen, da diese anderenfalls als zusätzlicher Gewinn für das Unternehmen verbleiben, und die Entgelte für die Netzbenutzer unverändert bleiben würden. Eine derartige zusätzliche Gewinnkomponente des Netzbetreibers ist nicht zu gewähren und daher zu bereinigen.

Zu § 80 Abs. 1:

Da Netzanlagen über einen langen Zeitraum genutzt werden, ist eine Abgeltung der Kosten für die Investition nicht einmalig durchzuführen, sondern hat im Rahmen der Abgeltung von Kosten für die Finanzierung von Investitionen zu erfolgen. Neben der Abgeltung der laufenden Abschreibungen ist somit auch eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals erforderlich.

Bei der Ermittlung der angemessenen Verzinsung ist zwischen der Finanzierung durch Fremdkapital (Darlehen, Anleihen, etc.) und durch Eigenkapital des Eigentümers zu unterscheiden. Für beide Formen der Finanzierung sind die Verhältnisse des Kapitalmarktes zu berücksichtigen, da zwischen sämtlichen Unternehmen ein Wettbewerb um mögliche Mittel zur Finanzierung von Investitionsvorhaben besteht. Um eine Vergleichbarkeit mit anderen Investitionsmöglichkeiten zu erreichen, sind auch Ertragssteuern in den Ermittlungen zu berücksichtigen. Ein Nachweis über die Höhe des Eigenkapitals für die Finanzierung der Netzinfrastruktur kann durch den Netzbetreiber bzw. dessen Eigentümer, aber auch den Eigentümer der Netzanlagen erfolgen. Würden beispielsweise zu geringe Finanzierungskosten ermittelt, bestünde die Gefahr, dass Investitionen nicht durchgeführt werden könnten. Im Falle einer zu hohen Abgeltung von Finanzierungskosten würden vor allem die Eigenkapitalgeber im Verhältnis zu dem der Investition zu Grunde liegenden Risiko zu hohe Renditen erwirtschaften.

Sollten Netzbetreiber gesonderte Finanzierungsvorteile für die Durchführung von Investitionen in Netzanlagen erhalten, so ist anstelle einer generellen Orientierung am Kapitalmarkt jedenfalls die Auswirkung des Vorteiles zu berücksichtigen. Anderenfalls würde wie bereits zuvor beschrieben ein Finanzierungsvorteil, welcher direkt Netzanlagen zuordenbar ist, nicht den Netzbenutzern zu Gute kommen, sondern als reine zusätzliche Rendite für den Eigentümer des Netzes entstehen. Um allerdings die Netzbetreiber entsprechend zu motivieren, derartige Investitionsförderungen anzustreben und die damit verbundenen Aufwendungen abzugelten, kann die Regulierungsbehörde einen geringen Anteil des Vorteiles dem Eigentümer zuordnen. Die Korrektur ist auch dann durchzuführen, falls die Finanzierung nicht direkt durch den Netzbetreiber selbst, sondern durch ein vertikal integriertes Erdgasunternehmen erfolgt, da dieses den Finanzierungskostenvorteil auch nur in Zusammenhang mit der Investition in Netzanlagen erhält. Eine höhere Weiterverrechnung an den Netzbetreiber wäre somit nicht zu berücksichtigen.

Zu § 80 Abs. 2:

Die Finanzierungskosten ergeben sich in weiterer Folge aus der Multiplikation von Kapitalbasis und Finanzierungskostensatz und decken somit die angemessenen Ansprüche von Eigen- und Fremdkapitalgebern ab.

Zu § 80 Abs. 3:

Anstelle einer getrennten Abgeltung von Finanzierungskosten für Eigen- und Fremdkapital ist ein gewogener Mischzins zu berücksichtigen. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Zinssätze für Eigen- und Fremdkapital von ihrem Verhältnis abhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Wäre zum Beispiel ein Netzbetreiber fast ausschließlich durch Fremdkapital finanziert, würde der Eigenkapitalgeber eine entsprechend höhere Abgeltung für die Gefahr von geringeren Zahlungsflüssen fordern. Zusätzlich wären aufgrund des höheren Risikos für Teile der Fremdkapitalgeber auch für diese höheren Zinsen zu bezahlen. Es ist daher von Seiten der Regulierungsbehörde ein Zielwert für das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital zu bestimmen und im Rahmen der Berechnungen zu berücksichtigen. Hierbei ist auf ein ausgewogenes und vergleichbares Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital zu achten. Kann ein Netzbetreiber eine deutlich höhere Verschuldung ohne zusätzliche Risikoaufschläge erreichen, so ist für diesen eine Anpassung des Finanzierungskostensatzes möglich. Ein größerer Eigenkapitalanteil des Netzbetreibers als durch die Zielkapitalstruktur vorgegeben ist nicht zu berücksichtigen. Anderenfalls wären höhere Gesamtfinanzierungskosten für die Netzbenutzer zu tragen, obwohl eine alternative Kapitalstruktur umsetzbar ist und bereits eine angemessene Abgeltung von Finanzierungskosten gewährleistet.

Die Ermittlung des gewichteten Kapitalkostensatzes unter Zugrundelegung einer Normkapitalstruktur sowie der Ertragsteuer wird auf Basis des WACC (weighted average cost of capital) berechnet. Dabei werden die Verzinsungsansprüche der Eigenkapitalgeber mit dem Eigenkapital und die Verzinsungsansprüche der Fremdkapitalgeber mit dem Fremdkapital gewichtet. Dieses Verfahren wird von den europäischen Regulierungsbehörden mit zum Teil unterschiedlichen Parametern angewendet und wurde auch in der Vergangenheit von der Energie-Control Kommission bei der Ermittlung der Systemnutzungstarife zur Anwendung gebracht. Der WACC lässt sich formal darstellen durch:

rFK = Fremdkapitalzinssatz

rEK = Eigenkapitalzinssatz

g = Gearing, dh. Anteil Fremdkapital am Gesamtkapital

T = Steuersatz

Als Ausgangspunkt für die Bestimmung der angemessenen Eigen- und Fremdkapitalzinsen ist ein grundsätzlich risikoloser Zinssatz (zB staatliche Anleihen) heranzuziehen. Für eine kontinuierliche Entwicklung der Finanzierungskosten kann hierbei ein mehrjähriger Durchschnitt angewandt werden. Da Unternehmen gegenüber diesen Referenzzinssätzen Risikoaufschläge zu bezahlen haben, ist eine angemessene Abgeltung dieser zusätzlichen Aufschläge für die Fremdkapitalfinanzierung zu berücksichtigen. Der angemessene Fremdkapitalzins ergibt sich aus der Summe aus risikolosem Zins und risikoabhängigem Zinsaufschlag. Für die Bestimmung des angemessenen Eigenkapitalzinssatzes ist ebenfalls ein angemessener Aufschlag für das Risiko des Eigenkapitalgebers zu berücksichtigen. Hierzu kann beispielsweise auf das sog. CAPM-Modell („Capital Asset Pricing Model“) zurückgegriffen werden, nach welchem zur Bestimmung des angemessenen Risikoaufschlages eine allgemeine Marktrisikoprämie um eine Komponente zur Berücksichtigung des systematischen Risikos korrigiert wird.

Zu § 80 Abs. 4:

Als verzinsliche Kapitalbasis ist grundsätzlich das langfristig im Unternehmen gebundene Kapital zu berücksichtigen. Die Orientierung an den ursprünglich getätigten Investitionen führt dazu, dass durch die Netzbenutzer nur die tatsächlich angefallenen Kosten im Zusammenhang mit der Investition abgegolten werden. Um dieses Ziel auch zu erreichen sind bereits jene Beträge von dieser Basis abzuziehen, die bereits vor der direkten Nutzung in Form von Baukostenzuschüssen durch die Netzbenutzer bezahlt wurden. Ohne diesen Abzug würden Teile der Investitionen mehrfach abgegolten. Um eine alternative mehrfache Berücksichtigung derselben Investition zu verhindern, sind auch Firmenwerte nicht in der Kapitalbasis aufzunehmen, da diese nur aufgrund von Aufwertung von bereits bestehenden Netzanlagen gebildet werden können.

Ein Abgehen von der reinen Orientierung an Netzanlagen ist nur für den Fall vorgesehen, dass durch Zusammenschlüsse von Netzbetreibern Synergien gehoben werden können und somit Kosten­einsparungen aus der nun nur mehr durch ein Unternehmen durchgeführten Netztätigkeit erreicht werden können. Durch die Regulierungsbehörde ist darauf zu achten, dass die Transaktion kurz- und langfristig einen Vorteil für die Netzbenutzer bietet. In weiterer Folge obliegt die Verpflichtung und das Risiko, die vorab festgestellten Synergien tatsächlich zu erreichen, den Netzbetreibern und im Falle einer Nichterreichung sind keine zusätzlichen Kosten im Rahmen der Ermittlung zu berücksichtigen.

Zu § 81:

Differenzen zwischen historisch letztverfügbaren Mengendaten und tatsächlicher erreichter Mengenstruktur werden wie bereits in den Erläuterungen zum Regulierungskonto beschrieben ausgeglichen. Die Berücksichtigung von zu erwartenden signifikanten Veränderungen der Mengenbasis hat ergänzend vor dem Hintergrund zu erfolgen, dass gut abschätzbare Entwicklungen bereits vorab und nicht erst über das Regulierungskonto berücksichtigt werden.

Zu § 82:

Die Kosten- und Mengenfestsetzung für Fernleitungsnetzbetreiber erfolgt auf Basis von Methoden, die mit Bescheid zu genehmigen sind. Die Methoden sind entsprechend den Vorgaben der Verordnung 2009/715/EG auszugestalten. Dabei sind die Bestimmungen des § 80 zur Ermittlung der Finanzierungskosten sinngemäß anzuwenden. Wie bisher, ist die Methode über Aufforderung der Regulierungsbehörde abzuändern oder neu zu erstellen und ist im Internet zu veröffentlichen.

Abs. 2 legt fest, dass das Mengengerüst auf Basis von gültigen Kapazitätsverträgen zu ermitteln ist. Dazu zählen auch verbindliche Vereinbarungen über den Abschluss von Kapazitätsverträgen, die zB als Ergebnis eines Open Season Verfahrens abgeschlossen werden. Zur Ermittlung des Lastfaktors ist die vertraglich kommittierte Kapazität der maximalen technischen Kapazität gegenüberzustellen. Anreizmöglichkeiten für Fernleitungsnetzbetreiber können durch eine geeignete Gestaltung der Kapitalverzinsung oder eine geeignete Bewertung der Anlagenbasis unabhängig von den bilanziellen Werten erfolgen.

Abs. 3 legt Bestimmungen zum Ermittlungsverfahren fest. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben der Regulierungsbehörde die auf Basis der genehmigten Kostenmethode ermittelte Höhe der Kosten sowie die entsprechenden Kalkulationsgrundlagen vorzulegen und zu belegen. Ebenso ist das Mengengerüst und die entsprechenden Unterlagen der Regulierungsbehörde vorzulegen und zu belegen.

Zu § 83 Abs. 1:

Als für die Verrechnung von Systemnutzungsentgelten des Verteilernetzes relevante Bezugsgröße wird der Zählpunkt bzw. Ein- und Ausspeisepunkte definiert. Die Ermittlung der einzelnen Entgelte erfolgt als einfache Division der zuordenbaren Kosten durch das entsprechende Mengengerüst.

Zu § 83 Abs. 2:

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass in einem Netzbereich mehrere Netzbetreiber tätig sind, welche dieselben Entgelte zu verrechnen haben.

Für die Ermittlung der Entgelte eines Netzbereiches werden die Summe der festgestellten Kosten der Netzbetreiber eines Netzbereiches und das Mengengerüst der Netzbetreiber einander gegenübergestellt. Die so ermittelten Entgelte eines gesamten Netzbereiches führen bei der Verrechnung dazu, dass Über- und Unterdeckungen der anerkannten Kostenbasis einzelner Netzbetreiber entstehen würden, da die individuelle Kosten- und Mengenstruktur zwischen den Netzbetreibern abweicht. Diese Differenzen sind über Ausgleichszahlungen zu bereinigen, welche gemeinsam mit den Entgelten von der Regulierungsbehörde zu verordnen sind.

Zu § 83 Abs. 3:

Kostenwälzung ist ein kalkulatorisches Rechenverfahren, welches angewendet wird, um einerseits einem Verbraucherkollektiv die Kosten der Netzebene sowie aller darüberliegenden Netzebenen anteilig zuzuordnen. Andererseits werden die anteiligen Kosten aller darüberliegenden Netzebenen sowie anteilige Kosten der betroffenen Netzebene in die jeweils unterlagerte Netzebene (eines Netzbereichs) gewälzt.

Die Kosten der Netzebene 1 werden entweder mittels der Verrechnung zwischen Netzbereichen den einzelnen Netzbereichen zugeteilt, oder werden mittels geeigneten Kostenwälzungsverfahren in einem angemessenen Verhältnis zwischen transportierter Leistung und verbrauchter Arbeit auf die Netzbereiche verteilt. Die Kosten des jeweiligen Verteilergebietsmanagers (exkl. Kosten für die Nutzung des Fernleitungsnetzes), einschließlich der anteiligen Kosten der Regulierung werden zu 100 % nach verbrauchter Arbeit (Brutto-Arbeit, kWh) auf den jeweiligen Netzbereich verteilt.

Die Kosten der Netzebene 2 sind, unter Berücksichtigung der Erlöse, auf die Netzebene 3 zu überwälzen. Dabei werden die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zwischen transportierter Leistung und verbrauchter Arbeit gewälzt.

Zu § 84:

Hier erfolgt eine Anpassung der Netzebenen und der Netzbereiche an die Definition des Marktgebiets, welches sämtliche Netzstrukturen der Fernleitungs- und Verteilernetze in einem geographischen Gebiet umfasst (§ 12). In Abs. 1 Z 1 wird festgelegt, dass sich die Fernleitungsnetzebene aus den in Anlage 2 genannten Fernleitungsanlagen zusammensetzt. In Abs. 1 Z 2 wird festgelegt, dass sich die Netzebene 1 aus den in Anlage 1 genannten Verteilerleitungen zusammensetzt. Die Bestimmung der Netzebenen 2 und 3 bleibt unverändert bestehen. Zusätzlich zu den bestehenden Netzbereichen Ostösterreich, Tirol und Vorarlberg wird ein eigener Netzbereich für die Fernleitungsnetzebene festgelegt.

Für den Fall, dass eine Verteilerleitung der Ebene 1 zu einer Fernleitungsanlage umfunktioniert wird, besteht für den aus dem bestehenden Verteilernetzbetreiber neu entstehenden Fernleitungsnetzbetreiber die Möglichkeit die Alternativen der §§ 109, 112 und 117 in Anspruch zu nehmen.

Zu §§ 85 bis 89:

Bestehende Konzessionen der Bilanzgruppenkoordinatoren bleiben bis zu deren Erlöschen aufrecht. Die Aufgaben des Bilanzgruppenkoordinators bleiben ansonsten unverändert. Die Netzbetreiber im Marktgebiet können Unternehmensanteile am Bilanzgruppenkoordinator erwerben. Bestehende Konzessionen der Bilanzgruppenkoordinatoren gehen gemäß § 170 Abs. 8 in Konzessionen gemäß § 85 für das betreffende Verteilernetzgebiet über.

Die Anpassung in § 87 Abs. 3 verfolgt das Ziel, sämtliche aus technischer und wirtschaftlicher Sicht geeignete Beschaffungsmöglichkeiten für die Aufbringung von physikalischer Ausgleichsenergie (Regelenergie) in einem Marktgebiet zu nutzen und dadurch die Bezugsquellen für physikalische Ausgleichsenergie (Regelenergie) zu erweitern und zu diversifizieren. Die Beschaffung hat primär über den Virtuellen Handelspunkt zu erfolgen, wobei auch weiterhin eine Bieterplattformen für Ausgleichsenergie, wie bisher in der Regelzone Ost, für die Beschaffung von Ausgleichsenergieprodukten genutzt werden kann. Die Forderung nach einem transparenten, diskriminierungsfreien und marktbasierten Verfahren zur Beschaffung von physikalischer Ausgleichsenergie ergibt sich aus Art. 13 Abs. 3 und Art. 25 Abs. 5 der Richtlinie 2009/73/EG sowie aus den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2009. Die Festlegung des zur Anwendung kommenden Verfahrens durch die Regulierungsbehörde ergibt sich aus Art. 41 Abs. 6 lit. b der Richtlinie 2009/73/EG, wonach die Bedingungen für die Erbringung von Ausgleichsleistungen von der Regulierungsbehörde festzulegen sind. Der bisherige § 33b Abs. 4 GWG entfällt, da im neuen Abs. 3 eine für alle Marktgebiete anwendbare Regelung enthalten ist.

Zu § 90:

Im neuen Marktmodell sind sämtliche Netzbenutzer eines Marktgebietes in Bilanzgruppen organisiert und es werden somit sämtliche Ein- und Ausspeisungen des Marktgebietes der Bilanzierung unterliegen. Aufgrund der unterschiedlichen Bilanzierungserfordernisse wird die Möglichkeit bestehen, dies für die Bilanzgruppen zu berücksichtigen. Diese Anpassung erfolgt mit dem Ziel, einen liquiden Virtuellen Handelspunkt im Marktgebiet zu schaffen und zu ermöglichen, dass die in das Marktgebiet eingespeisten bzw. am Virtuellen Handelspunkt übernommenen Gasmengen möglichst frei verwendet werden können (zB Endkundenversorgung, Speicherbewirtschaftung, Handel, grenzüberschreitender Transport).

Zu § 91:

Die neue Z 2 dient der Übertragung der derzeitigen Vorgehensweise bei der Abgabe von Fahrplänen an den Ein- und Ausspeisepunkten der Regelzone durch die Bilanzgruppenverantwortlichen für ihre unmittelbaren Bilanzgruppenmitglieder auf das neue Marktmodell und die Nominierung an den Ein- und Ausspeisepunkten an der Marktgebietsgrenze.

Die neue Z 3 verpflichtet die Bilanzgruppenverantwortlichen, für ein Gleichgewicht zwischen Aufbringung und Abgabe ihrer Bilanzgruppe zu sorgen und hierbei sämtliche bekannte Informationen zu berücksichtigen. Die Bestimmung ermöglicht in der Folge Nominierungsregeln festzulegen mit dem Ziel, eine unkontrollierte Entwicklung des Ausgleichsenergiebedarfs zu vermeiden.

Zu Abs. 2:

Die neue Z 1 verpflichtet die Bilanzgruppenverantwortlichen zum Abschluss von Bilanzgruppenverträgen, die der Marktgebietsmanager gemäß § 39 Abs. 4 anzubieten hat, und regelt den Inhalt dieser Verträge. Die vertraglichen Verhältnisse zwischen den Bilanzgruppenverantwortlichen und dem Marktgebietsmanager sind im Einklang mit den in § 14 beschriebenen Funktionen zu gestalten.

Die Änderung in Z 9 dient der Anpassung der derzeitigen Vorgehensweise bei der Verwaltung der Kapazitäten an den Ein- und Ausspeisepunkten der Regelzone für die Endkundenversorgung durch die Bilanzgruppenverantwortlichen auf das neue Marktmodell im Entry/Exit-System, wo die Kapazitäten für die Endkundenversorgung den Versorgern an den Ausspeisepunkten der Fernleitungsnetze zu den Verteilernetzen im Marktgebiet zugeordnet werden.

Zu § 98:

Entsprechend Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 2009/73/EG sind die Entscheidung für das Zugangsregime von Speicheranlagen bzw. von Teilen der Speicheranlagen sowie die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Kriterien öffentlich bekannt zu geben. Durch diese Bestimmung wird gewährleistet, dass der Speicherzugang unter sich ändernden Marktbedingungen entsprechend angepasst wird. Außerdem wird diese Information von Marktteilnehmern benötigt, um Rechtssicherheit hinsichtlich des für sie zutreffenden Speicherzugangsregimes zu bekommen. Auf Basis der seitens E-Control durchgeführten Evaluierung des Speichermarktes („Vorschlag für eine Wettbewerbsanalyse des österreichischen Speichermarktes anhand der nach Art. 33 RL 2009/73/EG zu definierenden Kriterien“, E-Control GmbH, Juni 2010) anhand der in Abs. 2 festgelegten Kriterien ist der Zugang zu Speicheranlagen derzeit auf verhandelter Basis zu gewähren. Die Studie ist veröffentlicht unter http://www.e-control.at/de/marktteilnehmer/gas/gasmarkt/speicher/konsultation-wettbewerbsanalyse.

Gemäß Abs. 1 kann der BMWFJ mit Verordnung festlegen, dass der Speicherzugang auf regulierter Basis zu gewähren ist.

Die Z 1 bis 3 bestimmen jene Punkte, die durch den BMWFJ festgelegt werden können. Gemäß Art. 33 Abs. 4 der RL 2009/73/EG können die Z 1 und 2 aufgrund des geregelten Zugangsregimes genehmigungspflichtig gestellt werden. Die unter Z 3 angeführte Genehmigungspflicht für Methoden und Verfahren im Zuge der Kapazitätsvergabe kann als erforderlich festgelegt werden, um für alle Speicherkunden eine faire, transparente und diskriminierungsfreie Vergabe von Speicherkapazitäten zu ermöglichen.

Die zur Beurteilung des Zugangsregimes für Dritte erforderlichen Kriterien in Abs. 2 orientieren sich an den Empfehlungen der Europäischen Kommission gemäß der Interpretative Note on Directive 2009/73/EC concerning common rules for the internal market in natural gas, Third-Party Access To Storage Facilities, Brüssel, 22.1.2010; Pkt. 6.2..

Abs. 2 und 3 entsprechen den Bestimmungen über die Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde gemäß Art. 41 Abs. 1 lit. s und gewährleisten, wie auch in der Interpretative Note on Directive 2009/73/EC concerning common rules for the internal market in natural gas, Third-Party Access To Storage Facilities, Brüssel, 22.1.2010, Pkt. 6.1., dargelegt, eine erforderliche Anpassung des Zugangsregimes für Dritte aufgrund sich ändernder Marktbedingungen und Verstöße gegen die Pflichten und Aufgaben von Speicherunternehmen.

Zu § 99:

Auf Grund von Art. 33 Abs. 3 der RL 2009/73/EG und von Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 sind einmal jährlich die wesentlichen Geschäftsbedingungen für die Nutzung von Speicheranlagen zu veröffentlichen. Als „wesentlichen Geschäftsbedingungen“ sind auch die Preise und Standardservices zu verstehen. Damit sind auch die Entgelte für die Nutzung der Speicheranlagen sowie die Speicherprodukte von den Speicherbetreibern zu veröffentlichen.

Bei der Ausarbeitung dieser Geschäftsbedingungen konsultieren die Speicherunternehmer die Netzbenutzer.

Die Speichernutzungsentgelte haben den Grundsätzen der Kostenverursachung und der Kostenorientierung zu entsprechen, wenn die veröffentlichten Speichernutzungsentgelte 20 % über dem vergleichbaren europäischen Durchschnitt liegen und daher von der Regulierungsbehörde die Kostenbasis für das Speichernutzungsentgelt vorgeschrieben wird.

Zu § 100:

Unter reguliertem Speicherzugang haben die Speichernutzungsentgelte den Grundsätzen der Kostenverursachung und der Kostenorientierung zu entsprechen. Die Entgelte bzw. die Methoden zu deren Berechnung sind seitens der Regulierungsbehörde mit den Speicherzugangsberechtigten zu konsultieren. Die Erteilung des Bescheides durch die Regulierungsbehörde ist an die Höhe des Speichernutzungsentgelts geknüpft und dementsprechend ist ein Vergleich durch den Speicherbetreiber einzureichen. Die Veröffentlichung der Entgelte bzw. Methoden hat durch das Speicherunternehmen zu erfolgen.

Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit kann die Regulierungsbehörde die Kalkulationsgrundlagen zur Berechnung der Speichernutzungsentgelte auf Basis der genehmigten Methoden verlangen.

Zu § 102 Abs. 2:

Die Erweiterung der gesetzlichen Mindestanforderungen an die Allgemeinen Bedingungen für den Speicherzugang in Abs. 2 Z 15 ergibt sich aus den Bestimmungen zu Verfahren für das Engpassmanagement in Art. 17 Abs. 3 lit. a und lit. b der Verordnung 2009/715/EG, wonach Speicherunternehmen ungenutzte Speicherkapazität unverzüglich auf dem Primärmarkt anzubieten haben bzw. Speicheranlagennutzer ihre ungenutzte kontrahierte Kapazität auf dem Sekundärmarkt verkaufen können, und dient der Schaffung von mehr Transparenz gegenüber den Marktteilnehmern.

Der Hinweis auf Streitbeilegungsverfahren in Abs. 2 Z 16 ist gemäß Art. 41 Abs. 11 der Richtlinie 2009/73/EG aufzunehmen, um die Speicherkunden über die gesetzlichen Möglichkeiten im Fall einer Beschwerde gegen das Speicherunternehmen bereits im Vorfeld zu informieren.

Zu § 102 Abs. 3:

Durch die verpflichtende Konsultation der Speicherzugangsberechtigten durch die Speicherunternehmen entsprechend Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73/EG beim Zugang auf Vertragsbasis, können bei der Vertragsgestaltung, auf Basis der Allgemeinen Bedingungen, die Interessen beider Parteien gewahrt werden. Die Veröffentlichung der Allgemeinen Bedingungen hat aus Transparenzgründen zu erfolgen.

Zu § 102 Abs. 4:

Durch die verpflichtende Konsultation der Speicherzugangsberechtigten durch die Regulierungsbehörde beim geregelten Zugang entsprechend Art. 33 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73/EG, können bei der Vertragsgestaltung, auf Basis der Allgemeinen Bedingungen, die Interessen aller Vertragsparteien gewahrt werden. Die Genehmigung der Allgemeinen Bedingungen für einen Mindestzeitraum von drei Jahren gewährleistet den betroffenen Parteien eine diesbezügliche Rechtssicherheit. Aus dem regulierten Zugang ergibt sich auch das Genehmigungserfordernis durch die Regulierungsbehörde im Fall von Änderungen der Allgemeinen Bedingungen.

Zu § 102 Abs. 5:

Diese Bestimmung dient der Schaffung von mehr Transparenz gegenüber den Speicherbenutzern.

Zu § 103:

Durch die Kapazitätsbedarfserhebung wird der Marktbedarf auf Basis verbindlicher Kapazitätsanfragen ermittelt, um in Folge Speicherkapazitäten diskriminierungsfrei ihm Rahmen eines transparenten und fairen Allokationsverfahren vergeben zu können. Im Engpassfall wird „First Come First Served“ bzw. „First Committed First Served“ als Vergabeverfahren explizit ausgeschlossen, da ein Diskriminierungspotenzial, vor allem bei verbundenen Unternehmen, vorhanden ist und dies zu einer Benachteiligung von neuen Marktteilnehmern bzw. zu einer Behinderung der Wettbewerbsentwicklung führt.

Erfordert die Speichermarktsituation einen regulierten Zugang, betrifft die Genehmigungspflicht durch die Regulierungsbehörde gemäß § 99 Abs. 1 Z 3 auch das Kapazitätsvergabeverfahren, um die Grundlage für eine nicht diskriminierende, faire und transparente Allokation zu schaffen.

Zu § 104:

Engpassmanagementmaßnahmen werden gemäß Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EG) 715/2009 verankert, um die Möglichkeit des Hortens von Speicherkapazitäten auszuschließen und Markteintrittsbarrieren zu beseitigen. Die Speicherunternehmen werden einen transparenten und effizienten Handel von Sekundärkapazitäten an einer übergeordneten Handelsplattform für Sekundärmarktkapazitäten ermöglichen oder bei der Errichtung einer gemeinsamen Handelsplattform kooperieren.

Zu § 105:

Entspricht weitgehend dem bisherigen § 39d GWG und wird in Abs. 2 um die Bestimmungen in der Verordnung 2009/715/EG hinsichtlich den Pflichten der Speicherunternehmen ergänzt.

Z 2:

Diese Verpflichtung stellt sicher, dass Speicherunternehmen gemäß Art. 13 der Richtlinie 2009/73/EG Netzbetreibern ausreichende Informationen liefern sowie an der Ausarbeitung der technisch und wirtschaftlich zweckmäßigsten Anbindungslösung an die Netzinfrastruktur mitzuwirken haben.

Z 4:

Diese Bestimmung gemäß Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 dient der Schaffung von mehr Transparenz gegenüber den Speicherbenutzern mit dem Ziel der optimalen Nutzung der Speicherkapazitäten.

Z 6:

Die Mitwirkung am Netzentwicklungsplan stellt ein wesentliches Erfordernis dar, Speicheranlagen an das Fernleitungsnetz effizient anzubinden. Weiters wird an die Verpflichtung zur Umsetzung der genehmigten Projekte in der Langfristplanung bzw. des Netzentwicklungsplanes hinsichtlich der von den Speicherunternehmen betroffenen Speicheranlagen angeknüpft, die sich aus den Aufgaben eines Speicherunternehmens aus Art. 13 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG ergibt.

Z 7:

Die Aufgaben dieser Ziffer ergeben sich aus Art. 13 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG.

Zu § 106:

Allgemeines:

Die Entflechtungsvorschriften verlangen nun klarstellend, dass Verteilernetzbetreiber über die erforderlichen personellen, technischen, materiellen und finanziellen Ressourcen verfügen müssen, um die Aufgaben (Betrieb, Wartung und Ausbau des Netzes) effizient – im Sinne einer tatsächlichen Entscheidungsbefugnis, unabhängig vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen – wahrnehmen zu können. Weiters müssen Verteilernetzbetreiber gemäß Art. 26 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73/EG in ihren Kommunikationsaktivitäten und ihrer Markenpolitik dafür sorgen, dass eine Verwechslung in Bezug auf die eigene Identität der Versorgungssparte des vertikal integrierten Erdgasunternehmens ausgeschlossen ist. Darüber hinaus muss der Gleichbehandlungsbeauftragte völlig unabhängig sein und Zugang zu allen Informationen, über die der Verteilernetzbetreiber und etwaige verbundenen Unternehmen verfügen, haben. In Umsetzung des Art. 41 Abs. 4 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG werden gemäß § 159 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 Z 2 Verwaltungsübertretungen bei Verstoß gegen die Verpflichtungen eines Verteilernetzbetreibers normiert.

Zu § 106 Abs. 2:

In Umsetzung des Art. 26 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2009/73/EG ist es Grundsatz, dass der Verteilernetzbetreiber über die personellen, technischen, materiellen und finanziellen Ressourcen verfügen muss.

Für den Verteilernetzbetreiber dürfen vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen oder von unabhängigen Dritten nach Vorgaben des Verteilernetzbetreibers Tätigkeiten durchgeführt werden, die nicht kritisch in Bezug auf wirtschaftlich sensible Informationen und das Diskriminierungsverbot sind, wie zB die operative Erstellung, Änderung oder Stilllegung von Netzanschlüssen; die operative Durchführung von Investitions-, Reinvestitions- oder Deinvestitionsmaßnahmen; die operative Durchführung von Wartungs-, Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Entstörungsmaßnahmen und die Einpflege der Daten in eine Instandhaltungsdatenbank des Verteilernetzbetreibers; die Eichung sämtlicher für die Verrechnung und den Betrieb der Netze erforderlichen Messgeräte; die technische Qualitätssicherung; allgemeine IT-Dienste (Anwenderbetreuung, IT-Schulungen, Hardware-Betreuung, Softwarebetreuung); Einkauf, Materialwirtschaft und Logistik; Verwaltung und Bewirtschaftung von Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen (Facility-Management). Nicht kritisch sind auch sämtliche sonstigen Tätigkeiten des vertikal integrierten Erdgasunternehmens für einen Verteilernetzbetreiber, die durch diskriminierungsfreie und marktkonforme, den Anforderungen des Unbundling entsprechende, eine verbotene Quersubventionierung verhindernde Dienstleistungsverträge vereinbart sind.

Es ist zu beachten, dass die Übertragung von Tätigkeiten an das vertikal integrierte Erdgasunternehmen oder an unabhängige Dritte die Verantwortung der Leitung des Verteilernetzbetreibers für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes jedenfalls unberührt lässt.

Über unabhängige Dritte darf das vertikal integrierte Erdgasunternehmen keine direkte oder indirekte Kontrolle oder Rechte ausüben.

Zu § 106 Abs. 2 Z 4:

In Umsetzung von Art. 26 Abs. 2 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG, wonach der Gleichbehandlungsbeauftragte völlig unabhängig sein und Zugang zu allen Informationen haben muss, wird hiermit die „völlige Unabhängigkeit“ durch einen Kündigungs- und Entlassungsschutz für die Dauer der Bestellung als Gleichbehandlungsbeauftragte sichergestellt – er wird einer Sicherheitsfachkraft im Sinne des § 73 Abs. 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, gleichgestellt.

Zu § 106 Abs. 3:

In Umsetzung von Art. 26 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73/EG müssen Verteilernetzbetreiber in ihren Kommunikationsaktivitäten und ihrer Markenpolitik dafür sorgen, dass eine Verwechslung in Bezug auf die eigene Identität der Versorgungssparte des vertikal integrierten Erdgasunternehmens ausgeschlossen ist. Die Unternehmensidentität sowie der gesamte Außenauftritt – also die sog. Corporate Identity – des Verteilernetzbetreibers müssen sich somit von der Versorgungssparte des vertikal integrierten Erdgasunternehmens eindeutig abheben.

Hinsichtlich Unterscheidungskraft sind kennzeichenrechtliche- und markenschutzrechtliche Grundsätze (§ 9 UWG, § 1 Markenschutzgesetz 1970) anzuwenden. Insgesamt muss sich der Verteilernetzbetreiber vom Versorger des vertikal integrierten Erdgasunternehmens unterscheiden.

Zu § 107:

Für Speicherunternehmen gilt in Umsetzung des Art. 15 Richtlinie 2009/73/EG – neben dem Gebot der Gleichbehandlung und der buchhalterischen Entflechtung gem § 8 und 9 GWG 2011 – eine gesellschaftsrechtliche und organisatorische Entflechtung.

Zu § 108:

Allgemeines:

Für Fernleitungsnetzbetreiber stehen in Umsetzung des Art. 9 der Richtlinie 2009/73/EG folgende Entflechtungsmodelle zur Verfügung, wobei Mischformen unzulässig sind:

-       Die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell,

-       Der unabhängige Netzbetreiber (Independent System Operator – ISO),

-       Der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber (Independent Transmission Operator –ITO),

-       Eine wirksamere Unabhängigkeit als die Bestimmungen über den unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber.

Sofern das Netz am 3.9.2009 einem vertikal integrierten Erdgasunternehmen gehört hat, sind außer dem Grundmodell der eigentumsrechtlichen Entflechtung auch die Modelle ISO, ITO und die wirksamere Unabhängigkeit als die Bestimmungen über den unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber möglich.

Zu § 108 Abs. 1 bis 3:

In Umsetzung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2009/73/EG muss bei der eigentumsrechtlichen Entflechtung der zivilrechtliche Eigentümer des Fernleitungsnetzes auch dessen Betreiber sein (vgl. dazu die Ausnahmebestimmung in § 108 Abs. 4) und das vertikal integrierte Erdgasunternehmen darf keine Kontrolle im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 30 (Art 2 Z 34 der Richtlinie 2009/73/EG) ausüben.

Zu § 108 Abs. 4:

Eigentumsrechtlich entflochtene Fernleitungsnetzbetreiber, die ein Gemeinschaftsunternehmen gründen und als Fernleitungsnetzbetreiber in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten agieren, können Eigentümer ihrer Netze bleiben, ohne in Widerspruch zu Abs. 1 zu stehen. Ausnahmsweise ist es in diesem Fall daher möglich, dass ein Fernleitungsnetzbetreiber dann nicht zivilrechtlicher Eigentümer des Fernleitungsnetzes iSd § 108 Abs. 1 ist.

An diesem Gemeinschaftsunternehmen dürfen sich grundsätzlich keine weiteren Unternehmen beteiligen. Nur bereits zertifizierten ISO oder ITO ist es möglich, sich an diesem (von zertifizierten eigentumsrechtlich entflochtenen Fernleitungsnetzbetreibern gegründeten) Gemeinschaftsunternehmen gesellschaftsrechtlich zu beteiligen.

Zu § 108 Abs. 5:

Ist der Mitgliedstaat oder eine andere öffentlich-rechtliche Stelle – also insbesondere eine Gebiets­körperschaft (Bund, Land, Gemeinde) – sowohl bei einem Fernleitungsnetzbetreiber gesellschafts­rechtlicher Eigentümer oder kontrollierend im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 30 tätig sowie beim Erzeugungs- oder Versorgungsunternehmen, so schadet dies nicht. Voraussetzung dafür ist aber, dass diese öffentlich-rechtlichen Stellen so voneinander getrennt sind, dass die Kontrolle über den Fernleitungsnetzbetreiber einerseits und über ein Erzeugungs- oder Versorgungsunternehmen andererseits, nicht von derselben natürlichen Person erfolgt. In dieser öffentlich-rechtlichen Stelle sind diesbezüglich wirksame Vertraulichkeitsbereiche zwischen diesen wirtschaftlich sensiblen Bereichen einzurichten.

Zu § 108 Abs. 6:

Auch Elektrizitätsunternehmen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 11 ElWOG ist es nicht gestattet gesellschaftsrechtlicher Eigentümer des Fernleitungsnetzbetreibers zu sein oder Kontrolle iSd § 7 Abs. 1 Z 30 GWG 2011 auszuüben.

Zu § 108 Abs. 7:

In Umsetzung des Art. 9 Abs. 7 der Richtlinie 2009/73/EG wird hiermit klargestellt, dass weder Personal noch wirtschaftlich sensible Informationen, über die ein Fernleitungsnetzbetreiber verfügt, der Teil eines vertikal integrierten Erdgasunternehmen war, an einen Erzeuger oder Versorger weitergeben darf.

In Umsetzung des Art. 41 Abs. 4 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG wird in § 159 Abs. 3 Z 4 eine Verwaltungsübertretung bei Verstoß gegen die Verpflichtungen eines Fernleitungsnetzbetreibers, der eigentumsrechtlich entflochten ist, normiert.

Zu § 109 Abs. 1 und 2:

Sofern das Netz am 3.9.2009 einem vertikal integrierten Erdgasunternehmen gehört hat, ist außer dem Grundmodell der eigentumsrechtlichen Entflechtung auch das ISO-Modell möglich (Art. 9 Abs. 8 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG).

Der ISO unterliegt selbst der eigentumsrechtlichen Entflechtung und muss mit den erforderlichen finanziellen, technischen, personellen und materiellen Ressourcen ausgestattet sein. Sämtliche Verträge zwischen dem ISO und dem Fernleitungsnetzeigentümer sind gemäß Abs. 2 Z 5 der Regulierungsbehörde vorzulegen (vgl. dazu auch § 25 Abs. 1 E-ControlG).

Gleiches gilt bei erstmaliger Einstufung als Fernleitungsnetzbetreiber nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes durch Aufnahme einer Leitung oder eines Teiles davon in Anhang 2 dieses Bundesgesetzes, sofern die betroffene Leitung oder ein Teil davon zum 3. September 2009 sowie zum Zeitpunkt der Aufnahme in Anhang 2 im Eigentum eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens gestanden hat und steht.

Zu § 110 Abs. 1:

Der ISO braucht in Umsetzung des Art. 14 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73/EG nicht Eigentümer des Netzes zu sein, er ist aber für das Kerngeschäft eines Fernleitungsnetzbetreibers (Gewährung des Netzzuganges, Betrieb, Wartung, etc.) verantwortlich. Der Fernleitungsnetzeigentümer darf keinesfalls für die Gewährung des Netzzuganges und für die Investitionsplanung verantwortlich sein – dies ist der alleinige Verantwortungsbereich des ISO.

Zu § 110 Abs. 2:

In Umsetzung des Art. 14 Abs. 5 der Richtlinie 2009/73/EG werden dem Fernleitungsnetzeigentümer spezifische Verpflichtungen bezüglich Finanzierung auferlegt.

Zu § 111 Abs. 1 und 2:

Der Fernleitungsnetzeigentümer verbleibt in Umsetzung des Art. 14 der Richtlinie 2009/73/EG beim ISO-Modell im Konzernverbund, muss sich jedoch in rechtlicher und organisatorischer Hinsicht vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen entflechten.

In Umsetzung des Art. 41 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG werden in § 159 Abs. 1 Z 2 sowie § 159 Abs. 3 Z 3 Verwaltungsübertretungen bei Verstoß gegen die Verpflichtungen eines ISO oder Fernleitungsnetzeigentümers normiert.

Zu § 112 Abs. 1:

Sofern das Netz am 3.9.2009 einem vertikal integrierten Erdgasunternehmen gehört hat, ist außer dem Grundmodell der eigentumsrechtlichen Entflechtung auch das ITO-Modell möglich (Art. 9 Abs. 8 lit. b der Richtlinie 2009/73/EG).

Gleiches gilt bei erstmaliger Einstufung als Fernleitungsnetzbetreiber nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes durch Aufnahme einer Leitung oder eines Teiles davon in Anhang 2 dieses Bundesgesetzes, sofern die betroffene Leitung oder ein Teil davon zum 3. September 2009 sowie zum Zeitpunkt der Aufnahme in Anhang 2 im Eigentum eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens gestanden hat und steht.

Zu § 112 Abs. 2:

Da der ITO als Kompromiss in die RL 2009/73/EG aufgenommen wurde und als Weiterentwicklung der gesellschaftsrechtlichen Entflechtung (von Verteilernetzbetreibern) zu qualifizieren ist, darf der ITO zwar ausnahmsweise im gesellschaftsrechtlichen Eigentum des vertikal integrierten Erdgasunternehmens bleiben, muss gleichzeitig aber strenge und umfassende Unabhängigkeitsvorschriften erfüllen.

Der ITO muss in Umsetzung des Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2009/73/EG über alle personellen, technischen, materiellen und finanziellen Ressourcen verfügen, die zur Erfüllung seiner Pflichten und Geschäftstätigkeit des Erdgastransports erforderlich sind. Vermögenswerte sowie das Fernleitungsnetz muss in Umsetzung des Art. 17 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG im zivilrechtlichen Eigentum des Fernleitungsnetzbetreibers stehen. Damit ist etwa die bloße Pacht des Netzes – wie etwa beim Verteilernetzbetreiber (§ 106 Abs. 2 Z 3, Art. 26 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 2009/73/EG) vom vertikal integrierten Unternehmen – nicht möglich.

Das vertikal integrierte Erdgasunternehmen darf keine Dienstleistungen an den ITO erbringen, vielmehr muss das Personal beim ITO angestellt sein.

Zu § 112 Abs. 3:

In Umsetzung des Art. 18 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73/EG ist eine Beteiligung sowie finanzielle Zuwendungen des Fernleitungsnetzbetreibers am vertikal integrierten Erdgasunternehmen in den Bereichen Erzeugung oder Versorgung unzulässig. Aber auch Erzeugungs- oder Versorgungsunternehmen des vertikal integrierten Erdgasunternehmens dürfen keine Anteile am ITO halten. Der ITO kann daher nur unter einem gemeinsamen Mutterunternehmen positioniert werden. Der ITO muss generell unabhängig vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen agieren können.

Zu § 112 Abs. 4:

In Umsetzung von Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 2009/73/EG müssen Fernleitungsnetzbetreiber in ihren Kommunikationsaktivitäten und ihrer Markenpolitik dafür sorgen, dass eine Verwechslung in Bezug auf die eigene Identität des vertikal integrierten Erdgasunternehmens oder irgend eines Teils davon ausgeschlossen ist. Die Unternehmensidentität sowie der gesamte Außenauftritt – also die sog. Corporate Identity – des Fernleitungsnetzbetreibers müssen sich somit vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen oder irgendeines Teils davon eindeutig abheben.

Zum Außenauftritt bzw. zur Corporate Identity zählen insbesondere der Unternehmens- bzw. Firmenname, das Unternehmens- bzw. Firmenlogo, eingetragene Marken, die Werbelinie und Slogans, der Internetauftritt, elektronische Post, die Kundenzeitschrift, die Rechnung und das Briefpapier, die Visitenkarte etc.

Hinsichtlich Unterscheidungskraft sind kennzeichenrechtliche- und markenschutzrechtliche Grundsätze (§ 9 UWG, § 1 Markenschutzgesetz 1970) anzuwenden. Verwechslungsgefahr liegt somit insbesondere dann vor, wenn der Gebrauch von Zeichen, Abbildungen, Namen, Buchstaben, Zahlen, Formen und Aufmachungen geeignet ist, einen Irrtum über die Zuordnung zu einem bestimmten Unternehmen hervorzurufen, also die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen stammen. Entscheidend ist die Eignung zur Verwechslung – ob schon Verwechslungen unterlaufen sind, ist irrelevant. Maßgeblich ist dabei die Verkehrsauffassung, dabei ist auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittskunden abzustellen. § 112 Abs. 4 stellt somit auf „Verwechslungen im weiteren Sinn“ ab: Durch diese Bestimmung soll vermieden werden, dass der potentielle Vertragspartner in der organisatorischen und wirtschaftlichen Verbindung von Fernleitungsnetzbetreiber und vertikal integrierten Erdgasunternehmen produktbezogene Vorteile erblickt.

Der Fernleitungsnetzbetreiber darf sich daher einer Unternehmensgruppe zuordnen, indem in Kleindruck (zB auf der Website, auf der Rechnung, auf Visitenkarten, etc.) auf die Konzernmutter verwiesen wird (zB „Ein Unternehmen der MusterEnergie-Gruppe“). Der Fernleitungsnetzbetreiber darf aufgrund dieser Bestimmung aber nicht in seinem Außenauftritt, insbesondere auf seiner Website, mit Verweis oder Hyperlink auf das vertikal integrierte Erdgasunternehmen oder auf irgend einen Teil davon Bezug nehmen oder die gleiche Telefon-, Faxnummer sowie E-Mail-Adresse wie das vertikal integrierte Erdgasunternehmen verwenden.

Insgesamt muss sich der Fernleitungsnetzbetreiber eindeutig vom vertikal integrierten Erdgasunternehmen oder von irgendeinem Teil davon eindeutig unterscheiden.

Zu § 112 Abs. 5 bis 7:

Der ITO muss soweit unabhängig agieren, sodass auch „effektive Chinese Walls“ zwischen ITO und vertikal integrierten Erdgasunternehmen eingezogen werden: keine gemeinsame Nutzung von Büroräumlichkeiten, Zugangskontrollsystemen, IT-Systemen, IT-Ausrüstungen, keine gemeinsamen IT-Berater, externe IT-Auftragnehmer, Wirtschaftsprüfer.

Zu § 112 Abs. 8:

Neben den in §§ 62 ff aufgezählten Tätigkeiten eines Fernleitungsnetzbetreibers werden in Umsetzung des Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2009/73/EG weitere Aufgaben für den ITO zwingend normiert.

Zu § 113:

In Umsetzung des Art. 18 Abs. 1, 2, 6, 7, 8 und 9 der RL 2009/73/EG werden in § 113 weitere Bestimmungen hinsichtlich der Unabhängigkeit des ITO umgesetzt, wie zB wirksame Entscheidungsbefugnisse des ITO; Befugnis, Geld auf dem Kapitalmarkt (Darlehen, Kapitalerhöhung) zu beschaffen; genügende Mittel; Genehmigung der finanziellen und kommerziellen Vereinbarungen durch die Regulierungsbehörde.

Zu § 114:

Personen der Unternehmensleitung, der ihnen direkt unterstellten Personen in den Bereichen Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes sowie alle Beschäftigten müssen unabhängig sein.

Personen der Unternehmensleitung dürfen nicht bei anderen vertikal integrierten Erdgasunternehmen im Konzern angestellt sein oder Interessenbeziehungen zu ihnen unterhalten (Abs. 1 Z 1). Die Mehrheit der Personen der Unternehmensleitung (Abs. 4) dürfen aber auch in den letzten drei Jahren nicht bei anderen Konzernunternehmen angestellt gewesen sein (Abs. 1 Z 2; diesbezüglich gilt eine Übergangsregelung – die Frist gilt für Bestellungen nach dem 3. März 2012), für die anderen Personen der Unternehmensleitung im Sinne des Abs. 4 gilt eine Frist von sechs Monaten. Personen der Unternehmensleitung dürfen auch danach – für vier Jahre – nicht in einem anderen Konzernunternehmen angestellt werden (Abs. 1 Z 3). Darüber hinaus dürfen sie keine Aktien eines anderen vertikal integrierten Erdgasunternehmens im Konzern halten oder finanzielle Zuwendungen von diesem erhalten (Abs. 1 Z 4). Die Regulierungsbehörde kann Bestellungen bei Zweifel an der beruflichen Unabhängigkeit mit Bescheid untersagen (Abs. 3 Z 1) sowie Einwand bei einer unberechtigten vorzeitigen Vertragsbeendigung erheben (Abs. 3 Z 2).

Für Beschäftigte gilt ebenfalls das Beschäftigungsverbot (Abs. 1 Z 1); das Aktienhalteverbot (Abs. 1 Z 4) gilt gemäß der Richtlinie 2009/73/EG nur für Personen der Unternehmensleitung sowie der ihnen direkt unterstellten Personen in den Bereichen Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes. Das Aktienhalteverbot stellt im Sinne von Art. 19 Abs. 5 der Richtlinie 2009/73/EG explizit auf direkte wie indirekte Beteiligungen ab. Betriebsratsfonds gemäß §§ 73ff Arbeitsverfassungsgesetz, die zur Deckung der Kosten der Geschäftsführung des Betriebsrates und der Konzernvertretung sowie zur Errichtung und Erhaltung von Wohlfahrtseinrichtungen und zur Durchführung von Wohlfahrtsmaßnahmen zugunsten der Arbeitnehmerschaft und der ehemaligen Arbeitnehmer des Betriebes eingerichtet sind, fallen nicht unter das Aktienhalteverbot, da sie nicht zur Ausschüttung von Gewinnanteilen an die dem Aktienhalteverbot unterliegenden Personengruppen eingerichtet sind.

Für die der Unternehmensleitung direkt unterstellten Personen in den Bereichen Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes gilt ebenso das Beschäftigungsverbot (Abs. 1 Z 1 und Abs. 1 Z 3), das Aktienhalteverbot (Abs. 1 Z 4) sowie die Bestimmung über die vorzeitige Vertragsbeendigung (Abs. 3 Z 2). Zu dem der Unternehmensleitung direkt unterstellten Personenkreis wären etwa Prokuristen oder Leiter von Stabsabteilungen zu zählen.

Zu § 115:

Das Aufsichtsorgan muss ebenso unabhängig agieren und darf keine Entscheidungsbefugnis in Bezug auf die laufenden Geschäfte des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers und die Netzverwaltung und in Bezug auf die notwendigen Tätigkeiten zur Aufstellung des Netzentwicklungsplans gemäß § 63 haben.

Im Aufsichtsorgan müssen die Hälfte der Mitglieder abzüglich ein Mitglied die Bestimmungen des § 114 Abs. 1 bis 3 (dh. das Beschäftigungsverbot gemäß § 114 Abs. 1 Z 1 sowie § 114 Abs. 1 Z 3, das Aktienhalteverbot gemäß § 114 Abs. 1 Z 4 sowie die Bestimmung über die Bestellung gemäß § 114 Abs. 3 Z 1 sowie die vorzeitige Vertragsbeendigung § 114 Abs. 3 Z 2) einhalten, dh. sie müssen unabhängig sein.

Zu § 116:

Der Gleichbehandlungsbeauftragte muss ebenfalls unabhängig sein und unterliegt den Bestimmungen der § 114 Abs. 1 bis 3 (dh. das Beschäftigungsverbot gemäß Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 1 Z 3, das Aktienhalteverbot gemäß Abs. 1 Z 4 sowie die Bestimmung über die Bestellung gemäß Abs. 3 Z 1 sowie die vorzeitige Vertragsbeendigung gemäß Abs. 3 Z 2). Die Regulierungsbehörde kann die Ernennung des Gleichbehandlungsbeauftragten aus Gründen mangelnder Unabhängigkeit oder mangelnder fachlicher Eignung mit Bescheid verweigern.

Der Gleichbehandlungsbeauftragte ist berechtigt, an allen Sitzungen der Unternehmensleitung des unabhängigen Fernleitungsnetzbetreibers sowie des Aufsichtsorgans und der Hauptversammlung bzw. Generalversammlung teilzunehmen, und verpflichtet, an denjenigen Organsitzungen teilzunehmen, in denen die in Abs. 8 Z 1 bis 3 normierten Fragen behandelt werden. Der Gleichbehandlungsbeauftragte ist ua. für die fortlaufende Kontrolle der Durchführung des Gleichbehandlungsprogramms sowie die Unterrichtung der Regulierungsbehörde über Verstöße bei der Durchführung des Gleichbehandlungsprogramms zuständig.

In Umsetzung von Art. 21 der Richtlinie 2009/73/EG, wonach der Gleichbehandlungsbeauftragte unabhängig sein und Zugang zu allen Informationen haben muss, wird hiermit diese Unabhängigkeit durch einen Kündigungs- und Entlassungsschutz für die Dauer der Bestellung als Gleichbehandlungsbeauftragte sichergestellt; er wird einer Sicherheitsfachkraft im Sinne des § 73 Abs. 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, gleichgestellt.

Der ITO begeht einen Geldbußentatbestand gemäß § 164 Abs. 2 Z 1, wenn er den Gleichbehandlungsbeauftragten an der Erfüllung seiner Aufgaben behindert.

In Umsetzung des Art. 41 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG werden in § 159 Abs. 1 Z 3 sowie in § 159 Abs. 3 Z 6 weitere Verwaltungsübertretungen bei Verstoß gegen die Verpflichtungen eines ITO normiert.

Zu § 117:

Sofern das Netz am 3.9.2009 einem vertikal integrierten Erdgasunternehmen gehört hat, ist außer dem Grundmodell der eigentumsrechtlichen Entflechtung auch das Modell der „wirksameren Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers“ möglich (Art. 9 Abs. 9 und 10 der Richtlinie 2009/73/EG).

Es muss vom Fernleitungsnetzbetreiber eine eindeutig wirksamere Unabhängigkeit als das ITO-Modell nachgewiesen werden (vgl. dazu auch § 119 Abs. 5).

In Umsetzung des Art. 41 Abs. 4 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG wird in § 159 Abs. 3 Z 5 eine Verwaltungsübertretung bei Verstoß gegen die Verpflichtungen eines derartigen Fernleitungsnetzbetreibers normiert.

Gleiches gilt bei erstmaliger Einstufung als Fernleitungsnetzbetreiber nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes durch Aufnahme einer Leitung oder eines Teiles davon in Anhang 2 dieses Bundesgesetzes, sofern die betroffene Leitung oder ein Teil davon zum 3. September 2009 sowie zum Zeitpunkt der Aufnahme in Anhang 2 im Eigentum eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens gestanden hat und steht.

Zu § 118:

Die Bestimmung entspricht dem bestehenden § 7 Abs. 2 GWG, setzt Art. 29 der Richtlinie 2009/73/EG um und dient der Vermeidung von Quersubventionen. Für eine Genehmigung als Kombinationsnetzbetreiber nach dem ersten Satz ist weiterhin die Bestimmung des § 106 Abs. 4 maßgeblich, in der die Mindestgröße für die Anwendbarkeit der Entflechtungsbestimmungen für Verteilernetzbetreiber geregelt ist. Alle Bestimmungen zur Entflechtung - und damit auch die Vorgaben für Kombinationsnetzbetreiber - sind im Sinne der Systematik des Gesetzesaufbaus nur auf größere Netzbetreiber mit mehr als 50 000 Hausanschlüssen anzuwenden.

Zu § 119:

In Umsetzung des Art. 10 der Richtlinie 2009/73/EG wird in § 119 das Zertifizierungsverfahren normiert. Jeder Fernleitungsnetzbetreiber hat bis spätestens 3.3.2012 den Unbundlingbestimmungen nachzukommen. (vgl. die Übergangsbestimmungen) Die Zertifizierung erfolgt durch die Regulierungsbehörde mittels Bescheid. Die Regulierungsbehörde kann im Bescheid Bedingungen auferlegen. Wer diesen Auflagen nicht nachkommt, begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 159 Abs. 3 Z 8.

Der Fernleitungsnetzbetreiber ist verpflichtet alle relevanten Informationen zu übermitteln und Änderungen, die eine Neubewertung der Zertifizierung erforderlich machen, anzuzeigen. Bei Verstoß gegen die Anzeigepflicht ist eine verwaltungsrechtliche Sanktion in § 159 Abs. 3 Z 9 vorgesehen. Wer keinen Antrag auf Zertifizierung als Fernleitungsnetzbetreiber stellt, begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 161.

Die Regulierungsbehörde übermittelt binnen vier Monaten einen begründeten Entscheidungsentwurf an die Europäische Kommission (vgl. auch § 21 Abs. 5 E-ControlG). Beim Modell der eigentumsrechtlichen Entflechtung, beim ISO- sowie beim ITO-Modell hat die Regulierungsbehörde nach dem Einlangen einer Stellungnahme der Europäischen Kommission binnen zwei Monaten mit Bescheid über den Antrag auf Zertifizierung zu entscheiden, wobei sie die Stellungnahme so weit wie möglich zu berücksichtigen hat (vgl. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009; Erkenntnis des VwGH vom 28.2.2007, Zl. 2004/03/0210). Beim Entflechtungsmodell gemäß § 117 hat die Regulierungsbehörde der Entscheidung der Europäischen Kommission nachzukommen (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 sowie § 21 Abs. 6 E-ControlG).

Auch die Rechtspersönlichkeit oder Stelle iSd Art. 1 letzter Absatz Verordnung (EG) Nr. 715/2009, die eine oder mehrere dem Fernleitungsnetzbetreiber zugewiesenen Funktionen übernimmt, muss sich nach einem der vier zur Verfügung stehenden Entflechtungsmodelle zertifizieren lassen und muss sämtliche Voraussetzungen eines Entflechtungsmodells (eigentumsrechtliche Entflechtung, ITO, ISO oder wirksamere Unabhängigkeit des Fernleitungsnetzbetreibers) erfüllen, wobei Mischformen unzulässig sind.

Zu § 120:

In Umsetzung des Art. 11 der Richtlinie 2009/73/EG wird in § 120 das Zertifizierungsverfahren bezüglich Drittländer normiert. Die Regulierungsbehörde hat dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend unverzüglich den Antrag auf Zertifizierung mitzuteilen. Im Unterschied zum Zertifizierungsverfahren nach § 119 hat beim Zertifizierungsverfahren bezüglich Drittländer gemäß § 120 der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend zu prüfen, ob die Sicherheit der Energieversorgung Österreichs und der Gemeinschaft gefährdet wird. Diese spezielle Prüfung durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat die Regulierungsbehörde zu berücksichtigen. Die anderen Kriterien richten sich nach § 119.

Zu § 121:

Hier werden bereits bestehende Verpflichtungen der Erdgashändler und Versorger zusammengefasst. Der neue Abs. 5 ist eine Durchführungsbestimmung zur Verordnung (EU) Nr. 994/2010, nach der der Mitgliedstaat jene Unternehmen zu bestimmen hat, die für die Einhaltung des Versorgungsstandards gemäß Art. 8 dieser Verordnung zu gewährleisten haben. Da es aus Gleichbehandlungsgründen nicht möglich erscheint, einzelnen Unternehmen diese Pflicht aufzuerlegen, werden sämtliche Versorger in die Pflicht genommen.

Zu § 123:

Art. 3 Abs. 5 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass der Prozess des Versorgerwechsels maximal drei Wochen in Anspruch nimmt. In Umsetzung dieser Vorgabe wird ein maximal dreiwöchiger Wechsel – ungeachtet bestehender zivilrechtlicher Bindungen – ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Versorgerwechsels durch den Netzbetreiber verankert, wobei die Details des Verfahrens durch die Regulierungsbehörde mit Verordnung zu regeln sind. Der Wechsel hat in jedem Fall ohne Berechnung von Gebühren zu erfolgen (Anhang I Abs. 1 lit. e der Richtlinie 2009/73/EG).

Weiters erhält die Regulierungsbehörde die Pflicht, mit Verordnung die für den verkürzten Datenabgleich relevanten Daten sowie deren Übermittlungsform (vom Netzbetreiber über die durch die Verrechnungsstelle betriebene Plattform an Versorger und Bilanzgruppenverantwortliche) festzulegen: Wie sich herausgestellt hat, ist einer der wesentlichen Faktoren für die Länge des derzeitigen, in den Sonstigen Marktregeln geregelten Wechselprozesses die Dauer des Datenabgleichs. Es wird die Aufgabe der Regulierungsbehörde sein, zu bestimmen, welche für den Wechsel wesentlichen, beim Netzbetreiber gespeicherten Daten auf kurzem Wege über die zu schaffende dezentrale Plattform einem Abgleich zuzuführen sind, um den Prozess auf drei Wochen zu verkürzen. Über die durch die Verrechnungsstelle betriebene Plattform erfolgt allein die Steuerung der Datenabgleichsprozesse, die Hoheit über diese Netzkundendaten verbleibt ohne Änderung des Status Quo dezentral beim Netzbetreiber. Durch diese Vorgehensweise wird gewährleistet, dass unberechtigte Dritte keinen Zugriff auf dezentral gespeicherte Daten des Netzbetreibers erlangen. In keinem Fall ist seitens der Regulierungsbehörde eine Übermittlung von Daten im Datenabgleichsprozess anzuordnen, die nicht zur Abwicklung des Wechselprozesses beitragen bzw. mit diesem in keinerlei Verbindung stehen (wie insbesondere Daten, welche Rückschlüsse auf das Verbrauchsverhalten der Netzkunden zulassen). Der Verrechnungsstelle ist ob ihrer Neutralität im Marktmodell der Betrieb dieser Plattform zu überantworten. Diese Aktivitäten haben unter Wahrung des Rechts auf Datenschutz zu erfolgen und unterliegen im Falle des Zuwiderhandelns der Strafbestimmung gemäß § 108.

In Abs. 4 wurden notwendige zivilrechtliche Ergänzungsbestimmungen verankert, welche es den Kunden fortan ermöglichen sollen, von der Verkürzung des Wechselprozesses in jedem Fall auch tatsächlich profitieren zu können. Jene Fälle, in welchen Kunden aufgrund überlanger Kündigungsfristen auf einen Wechsel warten mussten, gehören nun der Vergangenheit an. Gleiches gilt für Bindungsfristen, wobei hier jedoch erst ab dem Ablauf des ersten Vertragsjahres eine erleichterte Kündigung ermöglicht wird. Durch die Vereinfachung auch der zivilrechtlichen Seite des Wechsels soll der Wettbewerb am Versorgungsmarkt erleichtert und letztlich belebt werden. Komplementär zu diesen Bestimmungen steht noch die Beschränkung der Kündigung durch den Lieferanten auf mindestens acht Wochen, welche dem Kunden die Möglichkeit geben soll, rechtzeitig noch einen neuen Lieferanten zu finden und einen Wechsel durchzuführen.

Zu § 124:

Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, ein Konzept des „schutzbedürftigen Kunden“ zu erstellen und dafür Sorge zu tragen, dass für diese Kundengruppe ein angemessener Schutz besteht. In diesem Sinne wurde – in Gleichziehung mit der Rechtslage im Strombereich – ein Kontrahierungszwang zugunsten der gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73/EG unter besonderem Schutz stehenden Kunden verankert und die Eckpfeiler dieser Grundversorgung, dh. insbesondere die Zumutbarkeit einer solchen Versorgung für den Lieferanten, die maximale Höhe des der Entgeltverrechnung sowie die maximale Höhe der forderbaren Vorauszahlung/Sicherheitsleistung (als Bedingung für die Aufnahme der Versorgung letzter Instanz) vorzunehmen.

Zu § 125 Abs. 3:

Hier wurde Neuerungen in Anhang I Abs. 1 lit. a und d der Richtlinie 2009/73/EG Rechnung getragen.

Zu § 126:

Hier wurden legistische Korrekturen vorgenommen, Konsumentenrechte gestärkt (Abs. 3) bzw. Vorgaben des Anhanges I Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG umgesetzt (Abs. 2 Z 7). In Abs. 1 wird, wie auch schon im Entwurf zum Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz, festgelegt, dass eine elektronische Übermittlung der Rechnungen über Kundenwunsch bis auf Widerruf zulässig ist und für die Rechnungslegung in Papierform keinerlei Mehrkosten verrechnet werden dürfen. Auf das Recht auf Rechnungslegung in Papierform selbst kann nicht verzichtet werden. In Abs. 5 wird dem Netzbenutzer in Entsprechung der Vorgaben des Art. 3 Abs. 5 lit. b der Richtlinie 2009/73/EG das Recht eingeräumt, sämtliche ihn betreffenden Verbrauchsdaten unentgeltlich zu erhalten. Dieses Recht auf Information (bei selbständigem, aktiven Tätigwerden des Netzbenutzers) ist von der notwendigen Informationsbereitstellung des § 129 zu unterscheiden und lässt diesen folglich unberührt. Dieses Recht erstreckt sich auch auf andere als mithilfe von intelligenten Messgeräten erfassten Verbrauchsdaten (insbesondere Ablesedaten mechanischer Zähler) und geht – da keinen Beschränkungen unterliegend – über den Auskunftsanspruch gemäß § 26 DSG hinaus.

Zu § 127:

In Abs. 1 und 2 werden die Vorgaben des Anhanges I Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG umgesetzt. Die Europäische Kommission hat nachhaltig betont, dass sich die Pflicht von Versorger und Netzbetreiber, dem Kunden die Informationen gemäß Anhanges I Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG zur Verfügung zu stellen, nicht nur auf inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit erstreckt, sondern auch auf einfache und transparente Zugänglichkeit. Die relevanten Informationen dürfen somit von Versorger und Netzbetreiber im Internet nicht schwer auffindbar zur Verfügung gestellt werden, sondern müssen für den Endverbraucher vielmehr bereits bei erstem Aufrufen der Website anwählbar sein.

In Abs. 3 wird zum Schutze aller Kunden und dem Konzept einer umfassenden Grundversorgung Rechnung tragend sichergestellt, dass jeder physischen Trennung der Netzverbindung ein klar geregeltes Prozedere vorangeht, die Auffälligkeit von Abschaltungsandrohungen durch verpflichtendes Versenden mit eingeschriebenem Brief auf ein möglichst hohes Maß gesetzt (wobei hierdurch jedoch nicht die Beweislast des Zuganges der Abschaltungsandrohung in einem allfälligen Rechtstreit verschoben wird) und die Höhe der für die Abschaltung verrechenbaren Gebühren gemäß § 78 gedeckelt wird.

In Abs. 4 wurden die Vorgaben des Anhanges I Abs. 1 lit. j der Richtlinie 2009/73/EG umgesetzt und analoger Weise um die Vertragsbeendigung erweitert.

Zu § 128:

In Abs. 1 wird in Umsetzung der Vorgaben des Anhanges I Abs. 2 der Richtlinie 2009/73/EG eine Entscheidungskompetenz des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über das Roll Out von Smart Metering verankert. Die Entscheidung, die in Abstimmung mit Vertretern des Konsumentenschutzes zu erfolgen hat, basiert auf den Erkenntnissen von in Auftrag gegebenen und als „wirtschaftliche Bewertung“ im Sinne der Richtlinie zu qualifizierenden Studien, welche einen Vergleich unterschiedlicher Abdeckungs- und Zeitszenarien inklusive der damit verbundenen Nettoeffekte zum Gegenstand haben.

In Abs. 2 hat die Regulierungsbehörde dazu den genau einzuhaltenden Ablauf der Implementierung, inklusive insbesondere der Mindestfunktionalitäten der intelligenten Messgeräte, mit Verordnung zu bestimmen. In der Verordnung soll insbesondere der Funktionsumfang, das anzuwendende Datenformat sowie die Ausgestaltung der relevanten Datenschnittstellen der intelligenten Messgeräte unter Berücksichtigung der Ermöglichung von Synergien mit anderen Energieträgern festgelegt werden. Betreffend Funktionsumfang wird die Erfassung jener Daten angeordnet, die für die Verbrauchsinformation gemäß § 84 erforderlich sind. Die Erfassung und Verarbeitung der Daten hat unter Wahrung des Rechts auf Datenschutz zu erfolgen. Die Regulierungsbehörde hat in Bezug auf Smart Metering, in Zusammenarbeit mit Vertretern des Konsumentenschutzes, auf die Interessen der Konsumenten besonders Bedacht zu nehmen. Diesen Vertretern sind zu diesem Zwecke alle zu Smart Metering erstellten Studien, soweit sie der Regulierungsbehörde bekannt sind, zu übermitteln.

Zu § 129:

Hier wird in Umsetzung der in Anhang I Abs. 1 lit. h und i der Richtlinie 2009/73/EG enthaltenen Vorgaben eine umfassende Verbrauchsinformation an die Endverbraucher sichergestellt: misst der Netzbetreiber den Verbrauch eines Kunden mithilfe eines intelligenten Messgeräts, so hat er diesem die gemessenen Daten spätestens einen Tag nach deren erstmaliger Erfassung online zur Verfügung zu stellen.

In Satz 1 wird die Erfassung jener Daten angeordnet, die für die Verbrauchsinformation erforderlich sind. Darüber hinaus werden die Netzbetreiber verpflichtet, die gemessenen Daten zu speichern (jedoch nicht notwendigerweise im Messgerät; in Betracht kommt va. ein Server des Netzbetreibers), um dem Kunden Vergleiche mit historischen Verbrauchsverhalten möglich zu machen. In jedem Fall wird den Netzbetreibern für den Beginn der Datenerfassung ein Zeitfenster von 6 Monaten eingeräumt, um ihnen zu ermöglichen, erst Region für Region Smart Metering zu implementieren, bevor beim jeweiligen Endverbraucher mit der erweiterten Messung begonnen werden muss.

Der Endverbraucher wird so den Forderungen der Europäischen Kommission entsprechend (vgl. die nicht verbindliche Interpretationsmitteilung der Kommission vom 21.1.2010, 5) in die Lage versetzt, alle Informationen abrufen zu können, die er braucht, um sein Verbrauchsverhalten analysieren, unterschiedliche Angebote von Lieferanten bewerten und somit aktiv am Markt teilnehmen zu können. Durch die Bereitstellung der Information im Internet wird dem Kunden auch ermöglicht, seine Verbrauchsdaten dritten Lieferanten zur Anbotslegung zur Verfügung zu stellen. Ungeachtet des im Vordergrund stehenden Wettbewerbsgedankens wird dem Endverbraucher durch Kenntnis seines genauen Erdgasverbrauches auch ermöglicht, seinen Erdgasverbrauch zu reduzieren und damit zur Steigerung der Energieeffizienz beizutragen. Für die notwendige Harmonisierung der bereitgestellten Verbrauchsinformation hat die Regulierungsbehörde mit Verordnung zu sorgen.

Die Netzbetreiber werden weiters verpflichtet, monatlich mit Verordnung der Regulierungsbehörde bestimmte Verbrauchsdaten an die jeweiligen Lieferanten zu übermitteln, welche sodann die von der Richtlinie geforderte (passive) Verbrauchs- und va. Energiekosteninformation des Endverbrauchers übernehmen. Alleine die Lieferanten kommen für diese Informationsübermittlung in Betracht, da nur sie das dem Kunden hinterlegte Energiepreismodell kennen (die Netztarife sind demgegenüber in der Systemnutzungsentgelt-Verordnung geregelt). Um in jedem Fall die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist eine Information in Papierform jedoch nur dort geboten, wo der Endverbraucher dies dem Lieferanten gegenüber ausdrücklich verlangt.

Schließlich ist für jene Endverbraucher, deren Verbrauch nicht bzw. noch nicht mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, ebenfalls eine (passive) Verbrauchsinformation sicherzustellen (Anhang I Abs. 1 lit. i der Richtlinie 2009/73/EG erfasst alle Endverbraucher). Demgemäß ist über die im Rahmen der Jahresabrechnung zu erfolgende Verbrauchsinformation (welche in der Regel aufgrund eines abgelesenen Zählerstandes erfolgt) hinaus jedem Endverbraucher die Möglichkeit zu geben, selbst vierteljährlich Zählerstände bekannt zu geben, aufgrund derer er eine Abs. 2 vergleichbare Information erhält.

Zu § 130:

Zur Erreichung des im NREAP auf den Erdgas-Inlandsverbrauch des Jahres 2020 bezogenen möglichen Anteils von bis zu 3% (entspricht einer Einspeisemenge von bis zu 200 bis 400 Mio. m3) tatsächlich ins Erdgas eingespeistem Biomethan, worunter auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas, Klärgas und Deponiegas zu verstehen ist, werden Bestimmungen zum Labeling von Biomethan zur Schaffung eines entsprechenden Kundenbewusstseins festgelegt.

Zu § 131:

Abs. 1 und 2 stellen die Umsetzung des Art. 41 Abs. 1 der Richtlinie 2009/73/EG dar. Die Daten sind gemäß Abs. 8 von den Meldepflichtigen – den Vorgaben des Art. 41 Abs. 2 der Richtlinie 2009/73/EG entsprechend – der Regulierungsbehörde gesammelt zu übermitteln. Diese Daten sind sodann von der Regulierungsbehörde zu sammeln und aufzubereiten und bilden insbesondere auch die Grundlage für die Erfüllung der, im § 23 E-ControlG und der in Art. 41 Abs. 1 Richtlinie 2009/73/EG niedergelegten Aufgaben zum Regulierungssystem für europaweite regionale und grenzüberschreitende Aspekte, insbesondere zur Erfüllung der Übermittlungspflichten an ACER und die Europäische Kommission.

In Abs. 3 werden die Vorgaben des Art. 44 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/73/EG umgesetzt. Mithilfe einer Verordnungsermächtigung soll die Regulierungsbehörde den genauen Umfang der der Aufbewahrungspflicht unterliegenden Daten bestimmen.

Abs. 5 gibt der Regulierungsbehörde eine zur Meldepflicht des § 30 Abs. 4 komplementäre Überprüfungsmöglichkeit, die sie auch in die Lage versetzt, auf gesicherter Datenbasis Standards für Netzbetreiber bezüglich der Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität der gegenüber den Netzbenutzern und anderen Marktteilnehmern erbrachten Dienstleistungen festzulegen (§ 30 Abs. 1).

Abs. 4 stellt die für die Durchführung der Erhebungen notwendige Bestimmung dar. Die Wahrnehmung der Überwachungsaufgaben hat unter Wahrung des Rechts auf Datenschutz zu erfolgen.

In Abs. 6 wird der Regulierungsbehörde in Umsetzung des Art. 42 Abs. 3 der Richtlinie 2009/73/EG die Möglichkeit eingeräumt, ihre Überwachungsaufgaben auch dann wahrzunehmen, wenn die Daten, die sie hierfür braucht, von Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten erhoben worden sind.

Zu § 132:

Die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde, in Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern zu entscheiden, wird gemäß Art. 37 Abs. 3 lit. b bzw. Abs. 5 lit. c der Richtlinie 2009/73/EG um die Zuständigkeiten zur Entscheidung bei Streitigkeiten zwischen dem unabhängigen Netzbetreiber gemäß § 109 und dem Eigentümer des Fernleitungsnetzes gemäß § 111 sowie bei Streitigkeiten zwischen dem vertikal integrierten Erdgasunternehmen und dem Fernleitungsnetzbetreiber gemäß § 112 erweitert. Darüber hinaus wurden weitere, bestehende Streitschlichtungskompetenzen in dieser Bestimmung zusammengeführt. Die Übermittlung der Daten gemäß Abs. 3 hat unter Berücksichtigung der Leitlinien der Europäischen Kommission zu erfolgen. Bei den Datenaustauschabkommen mit Regulierungsbehörden aus anderen Mitgliedsstaaten gemäß Abs¨6 ist die Regulierungsbehörde an das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Datenschutz jedenfalls gebunden.

Aus dem Umstand, dass gemäß Abs. 2 bis zum Abschluss eines anhängigen Streitschlichtungsverfahrens kein Gerichtsverfahren anhängig gemacht werden kann, ist zu folgern, dass die Einleitung des Verfahrens vor der Regulierungsbehörde den Fortlauf der Verjährung hemmt.

Zu § 145:

Zur Aufzählung der langfristigen Planung wurde der Netzentwicklungsplan ergänzt.

Zu § 147:

Die Verordnungsermächtigung der Regulierungsbehörde in statistischen Angelegenheiten wurde ergänzt bzw. es wurden Klarstellungen vorgenommen. Klargestellt wird, dass in der Verordnung auch vorgesehen werden kann, dass Preiserhebungen und Erhebungen sonstiger Marktdaten, insbesondere Wechselzahlen und Neukundenzahlen nach Kundengruppen, angeordnet werden können und auch Daten zu biogenen Gasen erhoben werden. Diese Daten sind notwendig, um insbesondere den Vorgaben des Art. 52 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG entsprechen zu können. Der neue Abs. 3 bietet eine Grundlage für eine Bescheiderlassung im Zusammenhang mit der Datenübermittlung. Auf diesem Weg können etwaige Auslegungsfragen über den Umfang der Datenübermittlungsverpflichtungen an den Verwaltungs- und oder Verfassungsgerichtshof herangetragen werden.

Zu § 148 Abs. 3:

Art. 41 Abs. 4 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten die Verhängung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen gegen Erdgasunternehmen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, zu ermöglichen. Der Regulierungsbehörde soll aufgrund ihrer Erfahrung aus der Überwachung der Einhaltung der den Marktteilnehmern übertragenen Pflichten im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung eingeräumt werden, die zur Durchsetzung ihrer im Gesetz umschriebenen subjektiven Rechte dient.

Zu den § 159 bis § 167:

Allgemeines:

Art. 41 Abs. 4 lit. d der Richtlinie 2009/73/EG sieht ganz allgemein vor, dass die Regulierungsbehörde mit Sanktionsbefugnis ausgestattet werden kann oder einen Vorschlag zur Verhängung solcher Sanktionen bei dem zuständigen Gericht beantragen können muss, wobei diese Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend für Erdgasunternehmen sein sollen. Diese Befugnis für die Regulierungsbehörde sieht auch Art. 41 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG hinsichtlich eines unabhängigen Netzbetreibers sowie Art. 41 Abs. 5 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG bezüglich eines Fernleitungsnetzbetreibers gemäß Kapitel IV vor (vgl. weiters Art. 27 der Verordnung (EG) 715/2009).

Weiters soll es möglich sein, dass die Regulierungsbehörde eine Sanktion bei einem zuständigen Gericht beantragen kann – die Höhe dieser Sanktion soll sich auf bis zu 10% des Jahresumsatzes des Fernleitungsnetzbetreibers bzw. des vertikal integrierten Erdgasunternehmens belaufen.

Aufgrund dieser unionsrechtlichen Vorgaben ist eine wirksame Verhängung von Sanktionen dadurch erreichbar, dass die Regulierungsbehörde selbst antragsbefugt ist (§ 148 Abs. 3). Die Regulierungsbehörde kann bei Vollziehung von unmittelbar anwendbarem Bundesrecht Erdgasunternehmen auffordern, den gesetzmäßigen Zustand innerhalb einer angemessenen Frist herzustellen, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass auch ohne Straferkenntnis ein rechtskonformes Verhalten erfolgen wird. Sie sind nicht zu bestrafen, wenn sie den gesetzmäßigen Zustand innerhalb der von der Regulierungsbehörde gesetzten Frist herstellen (§ 148 Abs. 4 und 5).

Zu § 159 bis § 163:

Aufgrund der unionsrechtlichen Vorgabe, dass Sanktionen abschreckend und verhältnismäßig sein sollen, wurden die Verwaltungsstrafen in verfassungsrechtlich zulässiger Hinsicht auf 50 000 Euro in § 159 Abs. 1, auf 75 000 Euro in § 159 Abs. 2, auf 100 000 Euro in § 159 Abs. 3 sowie § 162 und auf 150 000 Euro in § 161 angehoben. Vielfach wurden entflechtungsrelevante Tatbestände als Verwaltungsübertretungen normiert und je nach Schwere in erforderlichem Ausmaß – in abschreckender und verfassungsrechtlich zulässiger Weise – sanktioniert.

Zu § 164 bis § 167:

Neu im GWG 2011 sind Geldbußen. Über Antrag der Regulierungsbehörde hat das Kartellgericht mit Beschluss im Außerstreitverfahren Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10% des im vorausgegangen Geschäftsjahr erzielten Jahresumsatzes über Netzbetreiber, Speicherunternehmen und den Betreiber des Virtuellen Handelspunktes zu verhängen, wenn dieses Unternehmen vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen das Diskriminierungsverbot gemäß § 9 verstößt (§ 164 Abs. 1).

Weiters kann die Regulierungsbehörde beim Kartellgericht eine Geldbuße in der Höhe von 5% des im vorausgegangen Geschäftsjahr erzielten Jahresumsatzes beantragen, wenn die in Z 1 bis 5 normierten Pflichten verletzt werden (§ 164 Abs. 2). Bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße ist jedenfalls zu berücksichtigen, ob eine Diskriminierung zu Gunsten oder zu Ungunsten des vertikal integrierten Unternehmens stattgefunden hat.

Im Verfahren außer Streitsachen hat die Regulierungsbehörde Parteistellung (§ 164 Abs. 3).

In Anlehnung an § 12 StGB soll nicht nur der Netzbetreiber den Geldbußentatbestand begehen, sondern auch jedes Unternehmen, das den Netzbetreiber zur Ausführung bestimmt oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt. Es kann also insbesondere auch das vertikal integrierte Erdgasunternehmen in Umsetzung des Art. 41 Abs. 3 lit. a, Abs. 4 lit. d und Abs. 5 lit. a der Richtlinie 2009/73/EG mit einer Geldbuße in der Höhe von 10% bzw. 5% des Jahresumsatzes des vertikal integrierten Erdgasunternehmens sanktioniert werden. Durch die Verwendung des Begriffs „Erdgasunternehmen“ ist sichergestellt, dass bei vertikal integrierten Unternehmen, deren unternehmerische Aktivität sich auch auf andere Gebiete als den Erdgasbereich erstreckt, nur die im Erdgasbereich erzielten Jahresumsätze für die Bemessung der Geldbuße heranzuziehen sind.

Zu § 168:

Für besonders schwere Gesetzesverstöße – wie eben die vorsätzliche Weitergabe von wirtschaftlich sensiblen Informationen im Sinne des § 11, die die Eignung hat, ein berechtigtes Interesse eines Betroffenen zu beeinträchtigen – ist weiterhin eine gerichtliche Strafe (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) vorgesehen.

Zu § 170:

Die Übergangsbestimmungen sollen den Übergang auf das neue Marktmodell ermöglichen. Bestehende Bewilligungen und Verordnungen gelten grundsätzlich weiter, bis auf dem gleichen Regelungsgebiet Bestimmungen auf Basis der neuen gesetzlichen Grundlagen erlassen werden. Die Bestimmungen zum neuen Entgeltmodell und damit verbunden zum neuen Marktmodell müssen bis zum 1. Oktober 2012 implementiert sein. Dazu bedarf es insbesondere der Umwandlung bestehender, distanzabhängiger Transportverträge, der Organisation aller Netzbenutzer der Fernleitungs- und Verteilernetze in Bilanzgruppen sowie der Übertragung von bisher für die Inlandsversorgung den Versorgern zugeordneten Einspeisekapazitäten, dh. Einspeisekapazitäten für die Endkundenversorgung und jene für sonstige Transporte, auf die Versorger. Jene Netzbenutzer, die durch die Entgeltregelung neu mit Entgelten belastet werden soll per gesetzlicher Anordnung ermöglicht werden, diese Kosten an ihre Kunden weiter zu verrechnen.

Zu den Anlagen 1 bis 3:

Die Anlagen 1 bis 3 wurden den tatsächlichen Verhältnissen angepasst, Änderungen sind durch Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend gemäß § 84 zu berücksichtigen.

Zu Artikel 2: Novelle zum E-Control-Gesetz:

In diesem Artikel werden die im Rahmen der Erlassung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011 erforderlichen Anpassungen von Verweisen und Bestimmungen vorgenommen.

Zu Artikel 3: Novelle zum Preistransparenzgesetz:

Zu Z 1 (Art. I):

Mangels eines eigenen Kompetenztatbestandes im Art. 10 B-VG ist es auch bei Änderungen des Preistransparenzgesetzes erforderlich, eine Verfassungsbestimmung (Kompetenzdeckungsklausel) zu Grunde zu legen.

Zu Z 2 (Art. II § 2):

Diese Bestimmung enthält ein, gegenüber der bisher geltenden Vorgangsweise neues Procedere für die Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung der Daten.

Zu Abs. 1 bis 5:

Wie auch bisher enthält der Abs. 1 die Zitierung der umzusetzenden EU-Rechtsquellen sowie die Verpflichtung für den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend , die näheren Regelungen über diese Mitteilungspflicht durch Verordnung festzulegen. Die zu meldenden Daten sind in den Anhängen I und II der Richtlinie in der Fassung des Beschlusses der Kommission vorgegeben, weshalb sich die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend an diesen Anhängen orientieren wird.

Abs. 2 legt fest, dass als zentrale Stelle für die Erhebung und Verarbeitung nunmehr – um Synergieeffekte bei der Datenermittlung und ‑verarbeitung zu lukrieren – die Bundesanstalt Statistik Österreich vorgesehen wird, die dabei im Auftrag der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft nach Maßgabe einer von diesen abzuschließenden Vereinbarung tätig werden soll. Um die Möglichkeit einer flexibleren Vorgangsweise zu wahren, kann der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend – sofern binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten dieser Bestimmung keine Vereinbarung zwischen dem Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen bzw. Österreichs E-Wirtschaft sowie der Bundesanstalt Statistik Österreich abgeschlossen wurde – durch Verordnung die E-Control mit der Durchführung der Datenermittlung und ‑verarbeitung betrauen. Mit dieser Bestimmung wird daher gewährleistet, dass dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend unter allen Umständen jene Daten geliefert werden, zu deren Vorlage an die Europäische Kommission der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend auf Grund der EU-Richtlinie verpflichtet ist. Der in Aussicht genommenen Neuregelung entsprechend haben die Erdgas- und Elektrizitätsunternehmen, die industrielle Endverbraucher im Inland beliefern, die erforderlichen Daten der gemäß Abs. 2 beauftragten Stelle zu melden.

Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Reduktion der Datenerhebung auf industrielle Endverbraucher, da die Richtlinie den Kreis der zu erfassenden Endverbraucher selbst auf diese beschränkt hat. Aufgrund der in Österreich üblichen institutionellen Trennung des produzierenden Sektors (der mit dem Begriff „Industrie“ in der Richtlinie beschrieben wird) in Industrie und Gewerbe, wird der Kreis der zu erfassenden Verbraucher mit „industrielle und gewerbliche Endverbraucher“ umschrieben. Die Ausdehnung auch auf die nicht-industriellen bzw. nicht-gewerblichen Endverbraucher würde einerseits über eine genaue Richtlinienumsetzung hinausgehen und andererseits eine Doppelerfassung ergeben, da die nicht-industriellen Verbraucher bereits durch die Elektrizitätsstatistik-Verordnung erfasst sind.

Danach erfolgt – nach den Vorgaben und Strukturen der Richtlinie des Rates – die statistische Verarbeitung durch die gemäß Abs. 2 beauftragte Stelle (die Bundesanstalt Statistik Österreich oder die E-Control). Da die Lieferung von Daten somit eine Verpflichtung der betreffenden Marktteilnehmer ist, haben der Fachverband der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen bzw. Österreichs E-Wirtschaft allfällige Kosten der Datenermittlung und ‑verarbeitung zu tragen. Diese Kosten sind sowohl der Bundesanstalt Statistik Austria als auch, im Falle einer Beauftragung, der E-Control – die quasi als Dienstleister fungieren – zu ersetzen. Dieser Kostenersatz wird wohl im Rahmen der abzuschließenden Vereinbarung festgelegt werden.

Die gemäß Abs. 2 beauftragte Stelle leitet die Daten nach der Verarbeitung in aggregierter Form dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend weiter, das anschließend den Transport an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (EUROSTAT) durchführt.

Für den Fall des Bestehens nur eines meldepflichtigen Unternehmens oder eines ausländischen Unternehmens kann zur Wahrung des Datenschutzes das Unternehmen verpflichtet werden, dem EUROSTAT die Daten im Sinne der dem Unternehmen obligierenden Verpflichtung auf Grund der Richtlinie direkt zu melden. Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sind diese Mitteilungen ebenfalls zu übermitteln.

Zu Abs. 6:

Zu den Geschäften, die der E-Control zur Besorgung zugewiesen sind, zählt gemäß § 21 Abs. 2 und 3 Energie-Control-Gesetz (E-ControlG), BGBl. I Nr. 110/2010, auch die Erstellung von Gutachten und Stellungnahmen über die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse im Elektrizitäts- und Erdgasbereich sowie die Wahrnehmung der den Regulatoren durch das Kartellgesetz eingeräumten Antrags- und Stellungnahmerechte für diesen Bereich.

Weiters ist der E-Control im Rahmen der Elektrizitäts- bzw. Erdgasaufsicht die Wettbewerbsaufsicht über alle Marktteilnehmer und Netzbetreiber, insbesondere hinsichtlich der Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer zugewiesen (§ 24 Abs. 1 E-ControlG), wobei die Zuständigkeit des Kartellgerichtes dabei unberührt bleibt.

Angesichts des Umstandes, dass zur Wahrnehmung dieser Aufgaben die Kenntnis der durchschnittlichen Abgabemenge für Strom und Gas, gegliedert in bestimmte Kategorien, eine unabdingbare Voraussetzung bildet und eine eigene Erhebung der E-Control vermieden werden sollte, wird die Bundesanstalt Statistik Österreich durch dieses Bestimmung verpflichtet, die für die E-Control essentiellen und präzise definierten Daten auch an die E-Control zu übermitteln. Durch dieses Arrangement können kostenintensive Doppelerhebungen und -verarbeitungen vermieden und Synergien lukriert werden.

Zu Z 3 (Art. II § 3 Abs. 4):

Das Bundesministerium für Gesundheitwird sein Publikationsorgan „Mitteilungen der Österreichischen Sanitätsverwaltung“ in seiner jetzigen gedruckten Form, die nicht mehr zeitgemäß scheint, nicht mehr herausgeben, sondern diese durch einen elektronischen Newsletter ersetzen. Die Publikation der Arzneimittel, deren Preis geändert wurde, soll daher in Zukunft auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheiterfolgen. Bei diesen Preisen für Arzneimittel, die „von der Behörde erhöht wurden“ und den Preisen, „die für die betreffenden Arzneimittel verlangt werden können“, wurde ab 1. Jänner 2009 zugleich die Umsatzsteuer von 20% auf 10% herabgesetzt siehe hiezu die Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. I Nr. 132/2008). Bei der Berechnung der neuen Verkaufspreise für Arzneimittel ab dem 1. Jänner 2009 wird die Absenkung der Umsatzsteuer in vollem Ausmaß berücksichtigt (siehe insb. § 7 Preisgesetz 1992, der eine Verpflichtung zur Weitergabe von Abgabensenkungen normiert).

Zu Z 4 (Art. II § 7 Abs. 2):

Hier erfolgt lediglich die Streichung der Bezugnahme auf die Bedingungen der Beitrittsakte, da diese zwischenzeitig gegenstandslos geworden ist.

Zu Artikel 4: Aufhebung des Art. I des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 174/1995:

Das Preistransparenzgesetz, BGBl. Nr. 761/1992, besteht aus zwei Artikeln; Art. I ist die Kompetenzdeckungsklausel einschließlich der Inkrafttretensbestimmung und der Vollzugsklausel.

Das Bundesgesetz BGBl. Nr. 174/1995 trägt zwar den Titel „Bundesgesetz, mit dem das Preistransparenzgesetz geändert wird“; tatsächlich enthält es allerdings einen Art. II mit einem eigenen Einleitungssatz („Das Preistransparenzgesetz […] wird wie folgt geändert:“) und einen Art. I, der ohne Bezugnahme auf das Preistransparenzgesetz erlassen wurde.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass gegenwärtig zwei Kompetenzdeckungsklauseln bestehen: eine in Gestalt des Art. I des Preistransparenzgesetzes (in der geltenden Fassung), die andere in Gestalt des Art. I des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 174/1995.

Mit der Aufhebung des Art. I des BGBl. Nr. 174/1995 wird eine Bereinigung des Rechtsbestandes vorgenommen.



[1] Bernhard Raschauer, Gutachten zu Fragen der Neuorganisation der österreichischen Regulierungsbehörde; Andreas Hauer, Rechtsgutachten zur künftigen Organisation der Energie-Regulierungsbehörde.