1190 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 596/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschäftigung und Arbeitslosigkeit junger Menschen

Die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 21. April 2009 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Junge ArbeitnehmerInnen sind von der Finanz- und Wirtschaftkrise besonders stark betroffen, sie finden entweder gar keinen Ausbildungsplatz oder keine Arbeit nach der Lehre, Schule oder Universität. Sie sind auch die ersten, die ihren Job verlieren, da sie meist noch nicht zur langjährigen Stammbelegschaft gehören. So stieg die Arbeitslosigkeit der 15-25 Jährigen im März 2009 auch am stärksten (um 39,3% im Vergleich zum Vorjahr) auf 44 085 Personen an. In allen bisherigen politischen Feuerwehrmaßnahmen zur Bekämpfung der Krise fand diese Gruppe allerdings bisher keinerlei konkrete Berücksichtigung. Das ist keine zukunftsfähige Politik.

Die Probleme junger Menschen am Arbeitsmarkt haben sich jedoch bereits über die Jahre aufgebaut und werden jetzt zwangsweise mit der Krise sichtbarer bzw. sind nicht mehr zu verleugnen. Die Jugendarbeitslosigkeit der 15-25 Jährigen ist seit Jahren im Schnitt höher als die der Personen im Haupterwerbsalter. Sie stieg in den letzten Jahren konstant an und hat sich relativ zu anderen EU-Ländern kontinuierlich verschlechtert. Die kritische Phase des Übergangs von der Ausbildung in die Beschäftigung dehnt sich tendenziell aus und die Jobunsicherheit ist nicht nur im einfachen Qualifikationssegment meist groß.

Regierung und Sozialpartner konzentrieren sich auf die Absicherung geschützter Kernbelegschaften, ihr Stammklientel, die Atypisierung der jungen, meist schlecht organisierten ArbeitnehmerInnen am Rande des Arbeitsmarktes wird dabei bewusst in Kauf genommen. Daher fand die Flexibilisierung und Atypisierung des österreichischen Arbeitsmarktes in den letzten Jahren auch vor allem auf Kosten junger Menschen statt. Viele reguläre Vollzeitstellen wurden durch junge, billigere Arbeitskräfte wie PraktikantInnen, Freie DienstnehmerInnen, LeiharbeiterInnen oder WerkvertagsnehmerInnen ersetzt. Dauerhafte Beschäftigung und gesichertes Einkommen bedeuten für junge ArbeitnehmerInnen zunehmend eine Ausnahme. Junge Menschen steigen über atypische Formen mit geringem Sozialschutz und niedrigen Löhnen in den Arbeitsmarkt ein (Werkverträge, freie DienstnehmerInnen, geringfügig Beschäftigung, Leiharbeit, Praktika, HeimarbeiterInnen, unfreiwillige Teilzeit TelearbeiterInnen etc.) und verweilen dort immer länger. So ist der Anteil junger Menschen bis 30 in allen atypischen Bereichen mittlerweile relativ hoch, besonders allerdings bei den LeiharbeiterInnen (ca. 70%) und bei den geringfügig Beschäftigten (ca. ein Drittel und stark wachsender Anteil).

Die Probleme am Lehrstellenmarkt und die wachsende Gruppe der Personen ohne oder nur mit Pflichtschulabschluss sind auch Ergebnis eines zersplitterten österreichischen Schulsystems mit geringen Durchlässigkeiten und früher Selektion. Auch das duale Ausbildungssystem konnte aufgrund der Reformresistenz von Rot und Schwarz nicht auf die stattfindenden Veränderungen in der Arbeitswelt und daher Anforderungsprofilen angemessen reagieren. Es ist geprägt durch alte Berufsbilder und zu starker und früher Spezialisierung.

Die Probleme und Realitäten junger Menschen nach der Ausbildung am Arbeitsmarkt richtig Fuß zu fassen sind sehr unterschiedlich: sie reichen von mangelnder Basisbildung, über arbeitslose FacharbeiterInnen bis zu jungen AkademikerInnen, die gratis oder unterbezahlt arbeiten. Die Probleme müssen daher auch mit einem breit gefächerten und differenzierten Maßnahmenpaket bekämpft werden, dass nicht nur Arbeitslose verwaltet und qualifiziert, sondern auch Grundlegendes an der Qualität und dem Angebot der Beschäftigung ändert.

Bisherige Vorschläge der Regierung und Sozialpartner beinhalten jedoch nicht mehr als das Fortschreiben bereits bekannter Maßnahmen, eine weiterer Atypisierung von Beschäftigung und finanzielle Gießkannenförderung von Unternehmen. Die Ansätze enthalten leider keine dringend notwendigen grundlegenden Reformen der Ausbildung und progressive und nachhaltige arbeitsmarktpolitische Programme und Beschäftigungsoffensiven.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seinen Sitzungen am 14. Oktober 2009 und am 11. Mai 2011 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Birgit Schatz die Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Johannes Schmuckenschlager, Sigisbert Dolinschek, Karl Öllinger, Mag. Alev Korun, Franz Riepl, Erwin Spindelberger, Dr. Martin Bartenstein, August Wöginger, Bernhard Vock und Herbert Kickl sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Jugendliche ohne Ausbildung eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik konnten – allen voran mit der Ausbildungsgarantie - bereits sehr erfolgreiche Angebote entwickelt werden. Sie haben die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich im internationalen Vergleich auch in der Krise niedrig gehalten. Im europäischen Vergleich liegt Österreich bei der Jugendarbeitslosigkeit (9,4% im März 2011) an dritter Stelle (EU-27: 20,7%). Im Jahr 2011 haben bereits 23.633 Jugendliche nach Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung aufgenommen und rund 48.715 Personen unter 25 Jahren ein Kursangebot des AMS genutzt. 8.200 junge Menschen erhielten in diesem Jahr bereits eine Lehrstellenförderung des AMS für betriebliche Lehrstellen. 2.900 Jugendliche nahmen in diesem Jahr an einer Arbeitsstiftung teil, davon 2.100 an Implacement-Stiftungen, die bedarfsgerecht für einen Arbeitsplatz qualifizieren. 2.000 Jugendliche erwerben in einem sozialökonomischen Betrieb bzw. in einem gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt Fertigkeiten für den Arbeitsmarkt. 10.876 Jugendliche besuchten Ende März 2011 eine überbetrieblichen Lehrausbildung, davon 9.752 (+0,9%) einen Lehrgang (ÜBA). Für das Ausbildungsjahr 2010/2011 werden 13.782 Plätze – ca.1.500 mehr als im vergangenen Jahr – angeboten. Damit werden 7.300 Ausbildungsplätze für Neueintritte und 6.500 Plätze für die Fortführung der überbetrieblichen Lehrausbildung gewährleistet.

100.000 Jugendliche beenden in Österreich jährlich ihre Schulpflicht, rund 90.000 gehen anschließend in eine weiterführende Schule, beginnen eine Lehre oder nutzen Angebote im Rahmen des Arbeitsmarktservice oder der Bundessozialämter.

Für 10% der Pflichtschulabgänger verbaut sich oftmals frühzeitig die Chance für die Zukunft, sie finden sich nach der Pflichtschule weder in einer weiterführenden Schule und auch nicht am Arbeitsmarkt oder gehen einer ungelernten Beschäftigung nach.

Sie unterliegen einem höheren Arbeitslosigkeits- und Armutsrisiko und weisen geringere Lebenszufriedenheit als ihre AltersgenossInnen auf. So ist das Arbeitslosigkeitsrisiko für Personen ohne Berufsausbildung dreimal höher als der Durchschnitt, mehr als die Hälfte aller arbeitslosen Jugendlichen (inkl. SchulungsteilnehmerInnen) haben keine Berufsausbildung.

Die Gruppe der Jugendlichen ohne Ausbildung ist sehr unterschiedlich - unterschiedliche Bedürfnisse erfordern unterschiedliche Ausbildungsangebote und weiterführende Maßnahmen.“

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag 596/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen unter Berücksichtigung des von der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz eingebrachten Abänderungsantrages keine Mehrheit (für den Antrag: G,B dagegen: S, V, F ).

Der von den Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger eingebrachte Entschließungsantrag wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S,V,G,B dagegen: F ) angenommen.

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein gewählt.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 596/A(E) zur Kenntnis zu nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2011 05 11

                          Dr. Martin Bartenstein                                                          Renate Csörgits

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau