1234 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 1558/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen der Arbeitszeitrichtlinie

Die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 18. Mai 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Europäische Kommission hat mit Jänner 2011 mit der ‚zweiten Phase der Anhörung der Sozialpartner‘ bezüglich einer Revision der Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EC) begonnen. Sie stellt dabei zur Diskussion, ob sich die Überarbeitung der Richtlinie auf bestimmte Punkte, nämlich Bereitschaftsdienst und Ausgleichsruhezeiten beschränken soll, oder ob eine umfassendere Überarbeitung angestrebt werden soll (die auch die Möglichkeit des Opt-out einbezieht).

Mit ihren neuen Vorschlägen zur Revision der Richtlinie fällt die Kommission weit hinter die Vorschläge des Europäischen Parlaments zurück (welche anlässlich des Scheiterns eines früheren Revisionsversuchs der Richtlinie bereits 2008 formuliert wurden); es wird erneut versucht, den Arbeits- und Gesundheitsschutz zurückzufahren. Denn die wichtigsten Schutzmechanismen, wie Tages- und Wochenarbeitszeit bzw. den dazugehörigen Ruhezeiten sollen ausgehöhlt werden.

Zahlreiche Studien (auch im Auftrag der Kommission) belegen, dass durch überlange Arbeitszeiten (und auch Bereitschaftszeiten) die Gesundheit der betroffenen ArbeitnehmerInnen gefährdet wird. Ebenso wird die vom Eurpäischen Parlament geforderte bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit die Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt dadurch erschwert.

Überlange Arbeits- und Bereitschaftszeiten, die der Judikatur zur Richtlinie widersprechen, bestehen in Österreich derzeit bereits vor allem im Gesundheitsbereich (siehe auch Bericht der Kommission zur Umsetzung der RL durch die Mitgliedstaaten, COM (2010) 802_final), und das obwohl das Opt-out von Österreich nicht in Anspruch genommen wird. Abgesehen von den negativen Auswirkungen auf die ArbeitnehmerInnen stellen diese Arbeitszeiten hier auch eine Gefährdung Dritter dar.

Die derzeit vorgesehene Beibehaltung der umstrittenen Opt-out Regelung (wonach Mitgliedstaaten regeln können, dass die Höchstarbeitszeitgrenze von durchschnittlich 48 Stunden/Woche nicht eingehalten werden muss, sofern einzelne ArbeitnehmerInnen sich dazu bereit erklären), eine Ausdehnung der Durchrechnungszeiten und eine Schwächung der Regelungen zur Bereitschaft (z.B. durch die Unterteilung und unterschiedliche Anrechnung von ‚aktiver‘ und ‚inaktiver‘ Bereitschaft) laufen dem Schutzzweck der Richtlinie diametral entgegen.

Derartige Vorhaben werden auch vom Europäischen Gewerkschaftsbund heftig abgelehnt (nachfolgend ein Zitat aus der ETUC Resolution vom 8./9. März 2011):

‘Maintaining the opt-out, extending the reference periods and weakening the position on on-call time and compensatory rest would contradict health and safety principles that are based on solid evicence and research.’

Sollten sich die österreichischen Sozialpartner im Rahmen der derzeit stattfindenden ‚zweiten Phase der Anhörung‘ bis September 2011 nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen können (und die Positionen liegen derzeit weit auseinander), wird die Kommission einen Vorschlag machen. Gemäß der von der Kommission vorgelegten Dokumente[1] zur Einleitung der zweiten Phase wird dieser Vorschlag jedenfalls in folgende Richtung gehen:

             - Bereitschaftsdienste nicht mehr uneingeschränkt als Arbeitszeit zu werten, sondern eine Aufteilung in aktive und inaktive Zeiten (und deren unterschiedliche Bewertung) sowie lokale und branchenbezogene Regelungen zu ermöglichen;

             - die weitere Ausweitung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit und weitere Ausdehnung der Durchrechnungszeiträume zu ermöglichen.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 8. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Birgit Schatz die Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Sigisbert Dolinschek, Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Martin Bartenstein, Franz Riepl, Johann Hell, August Wöginger, Ing. Norbert Hofer und Karl Öllinger sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F,G dagegen: S,V,B ).

Ferner beschloss der Ausschuss für Arbeit und Soziales mit Stimmenmehrheit (dafür: S,V,B dagegen: F,G ) folgende Feststellung:

„Der Ausschuss hat in seiner Sitzung im Mai 2011 auf Grund des EU-Vorhabensberichts des BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz den aktuellen Stand der Beratungen zur Änderung der Arbeitszeit-Richtlinie behandelt. Der Ausschuss unterstützt die bisher eingenommene österreichische Position (siehe unten).

Darüber hinaus geht der Ausschuss davon aus, dass der BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zeitgerecht nach dem Vorliegen der Verhandlungsergebnisse der europäischen Sozialpartner und vor einer Entscheidung im Rat die für EU-Angelegenheiten zuständigen Ausschüsse informieren und befassen wird.“

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2011 06 08

                    Dr. Sabine Oberhauser, MAS                                                    Renate Csörgits

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau



[1]             Siehe auch die diesbezügliches Working Paper SEC(2010) 1611 final; den Bericht der Kommission COM(2010) 802 final; sowie die Mitteilung der Kommission zu vorgeschlagenen Änderungen der Arbeitszeitrichtlinie COM(2010) 801 final, mit der die 2. Phase der Anhörung eröffnet wurde.