1302 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie

über die Regierungsvorlage (1223 der Beilagen): Bundesgesetz über die Förderung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern (Ökostromgesetz 2012 – ÖSG 2012)

Die 2. Ökostromgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 114/2008, führte Einspeisetarifen zu einer unerwartet hohen Anzahl von Förderanträgen, vor allem in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik. Da die vorhandenen Fördermittelkontingente aufgrund der großen Nachfrage jedoch nicht ausreichten, um mit jedem Förderungswerber bereits im Jahr der Antragstellung einen Vertrag abzuschließen, entstanden lange Wartelisten auf die Fördergelder. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission in ihrer Entscheidung vom 8. März 2011 die Begrenzung der Ökostrommehrkosten für energieintensive Unternehmen („Industriedeckel“) beihilfenrechtlich nicht genehmigt. Ohne eine angemessene Aufteilung der Ökostrommehrkosten zwischen den verschiedenen Zahlergruppen kann jedoch ein weiterer Ausbau des Ökostroms ohne Beeinträchtigung der im internationalen Wettbewerb stehenden Branchen nicht erfolgen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll ein Abbau der Wartelisten und die Forcierung der Degression der Einspeisetarife erreicht werden, um die Entwicklung der einzelnen Ökostromtechnologien voranzutreiben und die Belastung der Endverbraucher in Grenzen zu halten. Gleichzeitig soll ein weiterer Ausbau der Ökostromproduktion erfolgen. Weiters soll eine Neuregelung des Aufbringungsmechanismus für die Ökostromförderung in Entsprechung der Entschließung 49/E vom 23. September 2009 vorgenommen werden.

Zu Zwecken der gerechteren und gleichmäßigeren Verteilung der vorhandenen Fördermittel auf die Antragsteller und zu Zwecken der Steigerung des Ausbaus der Ökostromproduktion, sollen die Fördermittel deutlich angehoben und die Einspeisetarife gesenkt bzw. zukünftig degressiv ausgerichtet werden, soweit dies für die Anlagen wirtschaftlich vertretbar ist. Im Bereich der Photovoltaik und der Windkraft soll den in der Warteschleife befindlichen Antragstellern die Möglichkeit gegeben werden, sofort eine Förderung zu erhalten, indem sie einen nach Zeit und Tarifhöhe gestaffelten Abschlag auf die beantragten Einspeisetarife akzeptieren. Auch für die, von der Europäischen Kommission nicht genehmigte, Deckelung der Ökostromabgaben für Großverbraucher (sog. „Industriedeckel“), soll im neuen Modell eine Lösung entwickelt werden, die vorsieht den Ökostromförderbeitrag prozentual an die Netznutzungs- und Netzverlustentgelte zu koppeln, ohne dass es zu einer Staffelung der Abgaben, etwa entsprechend der Zugehörigkeit zur jeweiligen Netzebene, kommt. Bei innerhalb einer Netzebene befindlichen Endverbrauchern sollen keine Differenzierungen nach verschiedenen Bundesländern oder Netzbereichen stattfinden.

Dem Entwurf liegen, neben redaktionellen Änderungen, die insbesondere die Verbesserung der Systematik und leichtere Lesbarkeit in Form einer Neuerlassung betreffen, nachstehende Eckpunkte zugrunde:

-       Abbau der Warteschlangen bei Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft durch eine einmalige Aufstockung des Fördervolumens für neue Ökostromanlagen, sofern die Anlagenbetreiber Abschlägen auf den beantragten Einspeisetarif zustimmen;

-       Erhöhung des jährlichen Förderzuwachs-Kontingents (Deckelung) für neue Ökostromanlagen auf 40 Mio. Euro (Steigerung um über 90%)  und die Einführung fixer Kontingente für die einzelnen Ökostromtechnologien;

-       Maßnahmen zur Degression der Einspeisetarife:

         -      Abbau der Warteschlagen mit Abschlag auf den beantragten Einspeisetarif;

         -      Weitergeltung der ausgelaufenen Ökostromverordnung mit einem technologiebezogenen               Abschlag von max. 10%, wenn keine neue Verordnung erlassen wird;

         -      Neuregelung degressiver Einspeisetarife für Photovoltaik bei einer Überbuchung vorhandener      Kontingente;

-       Administrative Verbesserungen für Ökostromanlagen:

         -      Pflicht zum Nachweis einer gesicherten Rohstoffversorgung lediglich über die ersten fünf Jahre    der Laufzeit an Stelle eines Nachweises über die gesamte Förderlaufzeit der Anlage;

         -      Möglichkeit zur Erlassung mehrjähriger Ökostromverordnungen;

         -      Eine Einspeisung zu Marktpreisen vor der Gewährung von Einspeisetarifen verkürzt den                 Förderzeitraum von 13 bzw. 15 Jahren in Zukunft nicht mehr;

         -      Wahlmöglichkeit für Kleinwasserkraftanlagen mit einer Größe bis zu 2 MW zwischen       Einspeisetarifen und Investitionszuschüssen;

         -      Verlängerung der Frist für die Gewährung von Investitionszuschüssen;

         -      Umgestaltung des bestehenden Rohstoffzuschlages in einen Betriebskostenzuschlag, in dem        auch sonstige, substratunabhängige Kostensteigerungen bei Biogasanlagen berücksichtigt             werden, sowie Gewährung dieses Zuschlages bis zum Wegfall der          Gewährungsvoraussetzungen;

         -      Schaffung einer Verpflichtung zur Installation eines Wärmezählers bei neuen      rohstoffabhängigen Ökostromanlagen, um die ausgekoppelte Wärme besser dokumentieren zu                können;

         -      Anlagenbezogene Neuregelung der Frist zur Errichtung der Ökostromanlagen nach Abschluss     eines Vertrages mit der Ökostromabwicklungsstelle;

         -      Öffnung der – gleichzeitig mit diesem Bundesgesetz angehobenen - Deckelung für           Photovoltaik für jene Anlagen, die Einspeisetarife in Höhe der Netzparität (18 Cent/kWh)      erhalten wollen;

         -      Neuberechnung der Vollaststunden je Technologie auf Basis der aktuellen langjährigen Mittelwerte;

         -      Bescheide für Anlagen, die zumindest teilweise auf Basis von flüssiger Biomasse betrieben            werden, haben den Nachhaltigkeitsanforderungen der Erneuerbaren-RL 2009/28/EG zu               entsprechen;

         -      Ermessen des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, für Photovoltaikanlagen die    Förderung auf gebäudeintegrierte Anlagen oder auf bestimmte Größen zu beschränken;

-       Aufhebung des arbeitsbezogenen Verrechnungspreises und Ersatz durch einen transparenten, aufbringungsgerechten und an den Netzkosten orientierten Ökostromförderbeitrag;

-       Entlastung einkommensschwacher Haushalte durch die Kostendeckelung in Höhe von maximal 20 Euro entsprechend dem Fernsprechentgeltzuschussgesetz (GIS-Befreiung).

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 28. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Wolfgang Katzian die Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Peter Haubner, Mag. Rainer Widmann, Bernhard Themessl, Ing. Hermann Schultes, Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Mag. Werner Kogler und Dr. Ruperta Lichtenecker sowie der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner und der Ausschussobmann Abgeordneter Konrad Steindl.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) beschlossen.

 


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1223 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 06 28

                               Wolfgang Katzian                                                                Konrad Steindl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann