1308 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Budgetausschusses

über den Antrag 1544/A der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 17. Mai 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Art. 1 (Änderung des BBezG), Art. 2 Z 1 und 3 (§§ 70 Abs. 4 und 248c Abs. 1 ASVG), Art. 3 Z 2 und 3 (§§ 127b Abs. 4 und 143 Abs. 1 GSVG) und Art. 4 Z 2 und 3 (§§ 118b Abs. 4 und 134 Abs. 1 BSVG):

Nach dem Bundesbezügegesetz bzw. den entsprechenden Regelungen der Bezügegesetze der Länder wird von den PolitikerInnenbezügen ein Pensionsversicherungsbeitrag in der Höhe von 12,55 % (für die Jahrgänge 1955 bis 1985: zwischen 11,82 % und 10,35 %) des Bezuges bzw. einer allfälligen Bezugsfortzahlung einbehalten.

Erst wenn die politischen OrganwalterInnen aus ihren jeweiligen politischen Funktionen ausscheiden, wird sodann ein - um einen fiktiven Dienstgeberanteil ergänzter – ‚Anrechnungsbetrag‘ von 23,6 % (für die genannten Jahrgänge 1955 bis 1985 22,8 %) der Beitragsgrundlage von der in Betracht kommenden Gebietskörperschaft an den Pensionsversicherungsträger überwiesen, bei dem diese Personen versichert sind oder zuletzt versichert waren. Erst dann erwerben sie Versicherungszeiten, nämlich Beitragsmonate der Pflichtversicherung, und können die Rückerstattung jener Beitragsteile von Bezügen, die (allenfalls mit sonstigen Einkünften) über der Höchstbeitragsgrundlage liegen, beantragen.

Diese Regelung stößt auf Kritik des Gemeinde- und des Städtebundes, zumal Beitragserstattungen oft erst nach Jahren oder Jahrzehnten der politischen Tätigkeit lukriert werden können.

Es wird daher vorgeschlagen, das Bundesbezügegesetz dahingehend zu ändern, dass die Überweisung des Anrechnungsbetrages an die Pensionsversicherungsträger in der Vollziehung des Bundes jeweils für ein Kalendermonat, für die Vollziehung in den Ländern auch jeweils für ein Kalendermonat, Kalenderhalbjahr oder Kalenderjahr spätestens am letzten Tag des entsprechenden Zeitraumes zu erfolgen hat, um so eine monatliche, halbjährliche oder jährliche Erstattung von Beiträgen in der Pensionsversicherung zu ermöglichen.

Dadurch wird auch den Ländern die Möglichkeit eröffnet, entsprechende Regelungen im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches zu schaffen.

Diese Novelle zum Bundesbezügegesetz erfordert auch die Erlassung von sozialversicherungsrechtlichen Begleitregelungen.

Einerseits kann die Maßgabe im § 70 Abs. 4 ASVG samt Parallelrecht, wonach ein Erstattungsbetrag erst nach dem Ende der Funktionsperiode der politischen OrganwalterInnen beantragt werden kann, auf Grund der Umstellung des Zahlungsmodus für den Anrechnungsbetrag nach § 13 des Bundesbezügegesetzes entfallen.

Andererseits soll klargestellt werden, dass bezüglich der besonderen Höherversicherung nach § 248c samt Parallelrecht die Leistung des Anrechnungsbetrages nach § 13 des Bundesbezügegesetzes einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gleich steht.

Zu Art. 2 Z 2 (§ 91 Abs. 1a ASVG), Art. 3 Z 1 (§ 60 Abs. 1a GSVG) und Art. 4 Z 1 (§ 56 Abs. 1a BSVG):

Die vorgeschlagene Neuregelung dient einer demokratiepolitisch erforderlichen Adaptierung des Erwerbseinkommensbegriffes.

Da sich die derzeit vorgesehene unbeschränkte Berücksichtigung der Bezüge von öffentlichen Mandatar/inn/en im Hinblick auf die Wegfallsbestimmungen bei Frühpensionen für das politische Engagement älterer Personen als schädlich erweist, sollen diese Bezüge in jenen Fällen, in denen sie 49 % des Ausgangsbetrages nach § 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, nicht übersteigen, in Hinkunft pensionsrechtlich keine Berücksichtigung mehr finden.

Zum Unterschied von anderen Tätigkeiten ist die Ausübung einer politischen Funktion nicht arbeitsmarktrelevant und nicht als Tätigkeit mit Erwerbserzielungsabsicht anzusehen. Darüber hinaus sind die Bezüge von politischen Mandatar/inn/en nach dem Vorbild der Beamt/inn/enbezüge gestaltet und bei Beamt/inn/en existiert kein Wegfall bei vorzeitigem Ruhegenussbezug (nach einem diesbezüglichen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes). Ein höherer Zuverdienst erscheint daher bei Politiker/inne/n nach einem Größenschluss (ausgehend vom ‚Beamt/inn/enpensionsrecht‘) gerechtfertigt.

Im Jahr 2011 beläuft sich der Ausgangsbetrag nach § 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre auf 8 160 €. Werden 49 % dieses Betrages überstiegen, so sind die einschlägigen Bezüge weiterhin vollständig zu berücksichtigen und führen daher weiterhin zum Wegfall der Frühpension.

Zu Art. 5 (Änderung des AlVG):

Die vorgeschlagene Neuregelung dient der demokratiepolitisch erforderlichen Absicherung politischer Funktionär/inn/e/n, insbesondere der BürgermeisterInnen, für den Fall der Arbeitslosigkeit.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur (Erkenntnis vom 13. November 1990, 89/08/0229, VwSlg. 13308 A/1990 und folgende) zum Ausdruck gebracht hat, zeigt gerade die Rechtslage nach dem ASVG, dass der Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Sozialrecht für sich genommen nicht so zu verstehen ist, dass er jedenfalls auch alle Bezüge öffentlicher Funktionär/inn/e/n umfasst. Der Begriff des Erwerbseinkommens, wie er für § 12 AlVG maßgeblich ist, umfasst daher nicht ohne Weiteres alle Einkünfte, die mit der Ausübung einer öffentlichen Funktion verbunden sind. In weiteren Entscheidungen (zB Erkenntnis vom 9. August 2002, Zl. 2002/08/0048) hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass ein Erwerbseinkommen im Sinne des § 12 AlVG vielmehr nur dann gegeben ist, wenn die Bezüge eines öffentlichen Funktionärs/einer öffentlichen Funktionärin ein Ausmaß erreichen, welches zeigt, dass sie nicht nur den Zweck haben, mit der Ausübung der Funktion in der Regel verbundene Aufwendungen abzugelten, sondern auch zB einen angemessenen Beitrag zum Lebensunterhalt der betreffenden Person zu bilden. Das Vorliegen von Arbeitslosigkeit bei politischen Funktionär/inn/en darf daher der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend nicht bloß durch einen Vergleich der jeweils gebührenden Aufwandsentschädigung mit der Geringfügigkeitsgrenze erfolgen.

Die Regelung des § 12 Abs. 6 lit. g AlVG enthält die gesetzliche Verankerung der derzeit auf Grund der vorstehend dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlassmäßig festgelegten Regelung, die aus Gründen der Vollziehbarkeit generell eine Beurteilung anhand des Ausgleichszulagenrichtsatzes zuzüglich der jeweils in Betracht kommenden Beiträge zur Sozialversicherung vorsieht. Die maßgeblichen Werte betragen demnach im Jahr 2011 für Kärnten, Niederösterreich, Steiermark, Tirol und Wien 942,84 € (793,40 € plus 4,1 % Krankenversicherungsbeitrag plus 11,75 % Pensionsversicherungsbeitrag) und für Burgenland, Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg 951,89 € (793,40 € plus 4,1 % Krankenversicherungsbeitrag plus 12,55 % Pensionsversicherungsbeitrag).

Durch eine Rahmenfristerstreckung soll künftig eine soziale Absicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit nach dem Ende der politischen Funktionsausübung und einer allenfalls daran anschließenden Bezugsfortzahlung gewährleistet bleiben. Die Rahmenfristerstreckung gilt auch für den Fortbezug von Arbeitslosengeld (gemäß § 19 Abs. 1 AlVG) sowie für den Bezug von Notstandshilfe (gemäß § 33 Abs. 4 AlVG) und für den Fortbezug von Notstandshilfe (gemäß § 37 AlVG).

Die Gesetzgebung verfügt zwar über einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, ob sie die Rahmenfrist um Zeiten, in denen kein arbeitslosenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, verlängert; sieht sie jedoch eine Verlängerung der Rahmenfrist vor, muss diese den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere auch dem Gleichheitssatz, genügen. Eine Unterscheidung hinsichtlich der Verlängerung der Rahmenfrist zwischen ehemaligen Funktionsträgern, die einen Anspruch auf Bezugsfortzahlung haben und solchen, die keinen Anspruch haben, wäre verfassungsrechtlich bedenklich, da der Anspruch auf Bezugsfortzahlung keinen sachlichen Grund für eine solche Differenzierung darstellt. Die Ausübung einer öffentlichen Funktion stellt nach dem B-VG keinen Beruf mit Erwerbserzielungsabsicht dar. Zwischen den Anspruchsvoraussetzungen einer Sozialversicherungsleistung und dem Bezug bzw. einer Bezugsfortzahlung auf Grund einer politischen Funktion besteht daher kein Sachzusammenhang, der eine solche Differenzierung rechtfertigen könnte.

Während einer Bezugsfortzahlung nach dem Ende der politischen Funktionsausübung soll der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhen, da für diese Zeit eine zusätzliche Absicherung entbehrlich ist (auf Grund der geltenden Regelung des § 38 AlVG gilt das ebenso für den Anspruch auf Notstandshilfe).

Finanzielle Erläuterungen:

Bundesbezügegesetz:

Die Änderungen betreffend haben keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt im Jahr 2011.

Hinsichtlich der Änderung der Zahlungsweise des Anrechnungsbetrages treten im Jahr 2012 im Wesentlichen lediglich Verschiebungen zwischen dem Parlamentsbudget und der Abgangsdeckung des Bundes für die Pensionsversicherung im Umfang von etwas über 14 Mio. € ein. Ab dem Jahr 2013 werden Ausgaben und Einnahmen der verschiedenen Stellen über mehrere Jahre betrachtet im Wesentlichen ausgabenneutral sein.

ASVG, GSVG, BSVG, ALVG:

Die Änderungen betreffend § 70 Abs. 4 ASVG (und Parallelbestimmungen) bewirken keine Belastung des Bundeshaushalts im Jahr 2011. Diese Regelungen haben im Übrigen lediglich zeitliche Verschiebungen der Beitragserstattung zum Gegenstand. Zudem stehen diesen Ausgaben auch laufende Einnahmen der Pensionsversicherung aus der Überweisung der Anrechnungsbeträge gegenüber. Diese Bestimmungen sind daher – jedenfalls über mehrere Jahre betrachtet – ausgabenneutral.

Die Änderungen betreffend § 91 Abs. 1a ASVG (und Parallelbestimmungen) bewirken zwar Mehrausgaben der Pensionsversicherung. Da höchstens an die hundert Personen überhaupt potenziell betroffen sind, finden die Ausgaben im BFRG-Gesamtbetrag für die PV Deckung. Dies gilt ähnlich auch für die Änderungen im ALVG, wobei hier die Zahl der potenziell betroffenen Personen noch niedriger sein dürfte.“

 

Der Budgetausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 28. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner die Abgeordneten Alois Gradauer, Dr. Christoph Matznetter, August Wöginger, Mag. Werner Kogler und Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Jakob Auer und Mag. Kurt Gaßner einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Der neue Abs. 10 zu § 10 enthält ab dem Jahr 2012 eine – verglichen mit dem Jahr 2011 – doppelt so hohen zweckgebundenen Betrag ausschließlich für Aufwendungen parlamentarischer Mitarbeiter. Damit sollen beispielsweise  Reise-, Tele­kommuni­kations- oder Fortbildungskosten der parlamentarischen Mitarbeiter vergütet werden. Die Erhöhung dieses Vergütungsanspruches für Mitglieder des Nationalrates, deren Wohnsitz oder Mittelpunkt ihrer politischen Tätigkeit so weit von Wien entfernt ist, dass die Anreise zum Parlament länger als eine Stunde dauert, soll vor allem die höheren Reisekosten dieser Mitarbeiter abdecken.

Mit der Übergangsbestimmung in § 24 wird die Zweckbindung für das Jahr 2011 festgeschrieben.

In finanzieller Hinsicht ist gegenüber dem Jahr 2011 ein jährlicher Mehraufwand von € 240.000 zu erwarten.“

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Jakob Auer und Mag. Kurt Gaßner mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V dagegen: F, G, B ) beschlossen.

Ferner beschloss der Budgetausschuss mit Stimmenmehrheit (dafür: S,V dagegen: F, G, B ) folgende Feststellung:

„Der Budgetausschuss geht bei seiner Beschlussfassung davon aus, dass die Mehrausgaben, die aus der Änderung des § 10 Abs. 10 Bundesbezügegesetz resultieren, für die Jahre 2012 bis 2015 durch Einsparungen/Rücklagenentnahmen bei der UG 02 – Bundesgesetzgebung bedeckt werden können. Weiters geht der Budgetausschuss davon aus, dass im jeweiligen Bundesfinanzrahmengesetz ab dem Jahr 2016 die Obergrenzen für Ausgaben in der Rubrik 0,1 Recht und Sicherheit bzw. in der UG 02 – Bundesgesetzgebung entsprechend erhöht werden.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 06 28

                               Mag. Kurt Gaßner                                                                   Jakob Auer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann