1369 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 1209/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Bisphenol A in Gebrauchsgegenstände für Kinder von 0­3 Jahren

Die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 7. Juli 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„BPA (Bisphenol A) ist ein chemischer Stoff, der das Hormonsystem von Menschen und Tieren beeinträchtigt, da er östrogenartige Wirkungen hat. Das Hormonsystem reguliert viele Körperfunktionen, dazu gehören Stoffwechsel, Immunsystem, Verhalten und Wachstum sowie die Organentwicklung während der Schwangerschaft und in der Kindheit. Die Störung des Hormonsystems durch hormonell wirksame Schadstoffe wurde mit verfrühter Geschlechtsreife bei Mädchen, eine Zunahme von Fettleibigkeit bei Erwachsenen und Jugendlichen, Diabetes Typ 2 (früher als Altersdiabetes bezeichnet), einer Zunahme an Prostata- und Brustkrebsfällen, sowie mit der Abnahme der Spermienzahl und Fehlbildungen der Sexualorgane in Verbindung gebracht. Es spricht vieles für die Annahme, dass hormonelle Schadstoffe einen wesentlichen Beitrag zum Anstieg einiger Zivilisationskrankheiten leisten (Übergewicht, Herz- Kreislauferkrankungen, bestimmte Krebsformen, Rückgang der männlichen Fruchtbarkeit).

Kinder sind besonders gefährdet. Sie haben einen intensiveren Stoffwechsel und ihre Organe befinden sich noch in der Entwicklung. Speziell bei hormonähnlichen Schadstoffen gilt: Bereits geringe Veränderungen des Hormonhaushalts können zu gravierenden Schäden im späteren Leben, bei einer Schädigung der Sexualorgane auch der nächsten Generation führen. Untersuchungen während der kritischen Entwicklungsphasen von Föten im Mutterleib weisen darauf hin, dass BPA während der Phasen vor und nach der Geburt besonders schädlich ist und sogar Auswirkungen auf Folgegenerationen haben kann.

Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Kinder diese Schadstoffe tatsächlich aufnehmen. Eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) Deutschland umfasst Untersuchungen des Urins von 3- bis 14-jährigen Kindern. BPA wurde in 99% der Proben nachgewiesen.

Zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen zeigen im Tierversuch Wirkungen des BPA bereits bei extrem niedrigen Konzentrationen. Effekte auf Hormonrezeptoren wurden bereits bei Konzentrationen gefunden, die im Menschen häufig gemessen werden, oder sogar deutlich darunter. Sie liegen zum Teil unterhalb des Wertes, der von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA als tolerable Aufnahmemenge (tolerable daily intake, TDI) veröffentlicht wurde. Somit sind schädliche Wirkungen des BPA auch bei Einhaltung des TDI-Wertes beim Menschen und insbesondere bei Säuglingen und Föten nicht auszuschließen.

Einige europäische Länder betonen vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit, vorsorglich weitergehende gesetzliche Maßnahmen zu erlassen. Norwegen beabsichtigt, wegen der Auswirkungen auf die Reproduktion den Gehalt von BPA in Verbraucherprodukten auf 0,0025 % Gewichtsanteile zu beschränken. Dänemark hat im März 2010 ein vorläufiges Verbot für Gegenstände erlassen, die BPA freisetzen können und Kontakt zu Lebensmitteln für Kinder haben. In Frankreich hat im März 2010 der Senat eine Gesetzesvorlage zum Verbot von Trinkflaschen, die auf Basis von BPA hergestellt wurden, gebilligt. Dieser Gesetzentwurf bedarf noch der Zustimmung der Nationalversammlung als zweiter Kammer des Parlaments.

In mehreren Städten und Staaten der USA sind Verbote für BPA freisetzende Babyflaschen in Kraft oder im Gesetzgebungsverfahren (u. a. Chicago, Minnesota, Michigan, Kalifornien, Connecticut und Washington). Kanada hat BPA-haltige Babyflaschen verboten. Die Regierung begründet ihr Verbot mit dem Vorsorgeprinzip und kündigt weitere Forschungsvorhaben an, um die bestehenden Wissenslücken zu schließen.

Mit einer Entschließung vom 23.9.2009 wurde der Bundesminister für Gesundheit ersucht unter anderem im Rahmen einer Schwerpunktaktion eine Untersuchung von am Markt befindlichen Babyschnullern auf den Stoff Bisphenol A zu veranlassen, entsprechende Migrationswerte zu überprüfen und eine Risikobewertung durch die AGES durchzuführen, sowie gegebenenfalls zielführende Maßnahmen zu ergreifen. Da einerseits diesen Verpflichtungen bislang nicht ausreichend nachgekommen worden ist und andererseits aufgrund neuester Untersuchungserkenntnisse das Gefahrenpotential von Bisphenol A neu bewertet worden ist, besteht dringender Handlungsbedarf.“

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Ridi Maria Steibl, Dr. Erwin Rasinger, Bernhard Vock und Dr. Sabine Oberhauser, MAS sowie die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, G, B, dagegen: S, V).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Johann Maier gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2011 30 06

                              Mag. Johann Maier                                            Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau