1372 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 1499/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Bevölkerung vor der radioaktiven Belastung von Lebensmitteln

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 31. März 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die EU-Kommission hat per Eilverordnung 297/2011 am 27. März für aus Japan importierte Lebensmittel außergewöhnlich hohe Grenzwerte zur Geltung gebracht. Für bestimmte Produkte traten damit EU-weit bis zu 20-fach höhere Grenzwerte in Kraft, als dies in der EU-Verordnung 733/208 festgelegt ist. Dort gelten für Lebensmittel und Lebensmittelimporte bei Cäsium 134 und 137 üblicherweise die Höchstwerte von 370 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung und Milchprodukte sowie von 600 Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel.

Mit der neuen Eilverordnung hat die Kommission diese Grenzwerte für Produkte aus den betroffenen japanischen Regionen deutlich hinaufgesetzt: auf 400 Becquerel/Kilogramm für Säuglingsnahrung, auf 1000 Becquerel/Kilogramm für Milchprodukte und auf 1250 Becquerel/Kilogramm für andere Nahrungsmittel. Bestimmte Produkte wie Fischöl oder Gewürze dürfen diesen Wert sogar um das Zehnfache übersteigen, also mit bis zu 12.500 Becquerel/Kilogramm belastet sein – ein 20-faches des bisherigen Limits. Die Öffentlichkeit wurde darüber nicht informiert.

Als Vorwand für die Anhebung der Grenzwerte wurde die nach der Tschernobyl-Katastrophe im Jahr 1987 erlassene EURATOM-Verordnung 3954/1987 genommen. Danach können im Falle eines ‚nuklearen Notstands‘ Höchstgrenzen für die zulässige radioaktive Belastung von Lebensmitteln in Kraft gesetzt werden, die deutlich über den sonst gültigen Werten liegen, um so einer Nahrungsmittelknappheit vorzubeugen. Jedoch gibt es in Europa derzeit weder einen nuklearen Notstand, noch Versorgungsengpässe mit Lebensmitteln. Dafür sind die Importe aus Japan viel zu gering.

Die aktuell erlassenen Grenzwerte zeigen die unverantwortliche Orientierung der EU-Kommission im Zusammenhang mit Atomenergie. Um dem Vorsorgeprinzip gerecht zu werden, wäre vielmehr ein kompletter Importstopp für Produkte aus den von der Reaktorkatastrophe betroffenen Regionen, wie ihn bereits andere Staaten, darunter die USA, verfügt haben, zu verhängen gewesen.

Überdies erlaubt die EU den Import radioaktiv belasteter Lebensmittel, die in Japan selbst nicht mehr zum Verzehr zugelassen wären, da dort deutlich strengere Grenzwerte gelten (sh. Tabelle).


 

Comparison maxim permitted levels of contamination of foodstuff EU - Japan

values in bq/kg or bq/l

  

 

General Food

Milk and dairy

Infant food

Water / Liquid foodstuff

 

EU

Japan

EU

Japan

EU

Japan

EU

Japan (2)

Iodine
I-131

200

200 (1)

500

300

150

100

500

300

Cesium
Cs 134 - 137

1250

500

1000

200

400

n.a

1000

200

Plutonium and transuranic elements
Am, Pt

80

10

20

1

1

1

20

1

Strontium
Sr-90

750

n.a

125

n.a

75

n.a

125

n.a

 

(1) For vegetables except root vegetables and tubers - does not include grains, meat and fish as the EU value

(2) For drinking water - not specified for other liquid foodstuff

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Ridi Maria Steibl, Dr. Erwin Rasinger, Bernhard Vock und Dr. Sabine Oberhauser, MAS sowie die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, G, B dagegen: S, V).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Johann Maier gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2011 30 06

                              Mag. Johann Maier                                            Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau