VORBLATT

Problem:

Derzeit fehlt eine umfassende Rechtsgrundlage für den Amtshilfeverkehr in Zollsachen mit der Republik Armenien, um die Erfassung der Waren im grenzüberschreitenden Verkehr und die Erhebung der Abgaben zu verbessern sowie den Schmuggel von Waren einschließlich Drogen entschiedener zu bekämpfen.

Ziel:

Die zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Zollverwaltungen ist das Mittel, diese Bemühungen wirksamer zu gestalten. Da der Wirtschaftsverkehr mit der Republik Armenien von wesentlicher Bedeutung ist und Armenien die Beziehungen zu EU-Staaten intensivieren will, bestand auf beiden Seiten großes Interesse am Zustandekommen des Abkommens.

Inhalt, Problemlösung:

Das Abkommen sieht eine umfassende Zusammenarbeit (Amtshilfeleistung) der beiden Zollverwaltungen vor; ausgenommen bleibt jedoch vor allem die Amtshilfe zur Einbringung von Abgaben und anderen Geldleistungen sowie die justizielle Rechtshilfe.

Alternative:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Die Gewährung von Amtshilfe an Armenien wird in Folge der Bearbeitung von Amtshilfevorgängen nicht konkret messbare Kosten bei Personal- und Sachaufwand verursachen, denen aber in jenen Fällen, in denen eingeholte Auskünfte zum Abschluss von Abgaben- und Finanzstrafverfahren führen, Einnahmen in nicht vorhersehbarer Höhe gegenüber stehen.

Wirtschaftpolitische Auswirkungen:

Auswirkungen auf Beschäftigung und Wirtschaftsstandort in Österreich:

Keine Auswirkung auf die Beschäftigung. Dem Wirtschaftstandort Österreich kann eine bessere Zollkooperation insofern dienlich sein, als Schmuggelimporte hintangehalten werden.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und Unternehmen:

Es werden keine wesentlichen Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen verursacht.

Sonstige wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Keine.

Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

EU-Konformität ist gegeben. Eine Unterrichtung der Europäischen Kommission ist erst nach In-Kraft-Treten des Abkommens vorzunehmen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

ERLÄUTERUNGEN

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Die Zusammenarbeit der Zollverwaltungen zweier oder mehrerer Staaten durch gegenseitige Leistung von Amtshilfe ist ein Mittel, die Erfassung der Waren im grenzüberschreitenden Verkehr und die richtige Erhebung der Zölle und sonstigen Abgaben zu verbessern sowie den auf vielen Gebieten zunehmend festgestellten, eindeutig in organisierter Weise betriebenen Schmuggel entschiedener bekämpfen zu können. Besonders von illegalen Aktivitäten betroffene Warenkreise sind Tabakwaren, Alkohol, gefälschte Produkte und Drogen. Für Österreich liegt das Interesse an einem Amtshilfeverkehr in Zollsachen mit Armenien auch darin, dass dadurch der zunehmenden Internationalisierung der Handelsströme, dem Anstieg des Wirtschaftsverkehrs mit Armenien und den damit verbundenen organisierten Zollzuwiderhandlungen Rechnung getragen wird. Insofern ergänzt das vorliegende Abkommen das Protokoll über gegenseitige Amtshilfe zwischen den Verwaltungsbehörden in Zollsachen des Partnerschafts- und Zusammenarbeitsabkommens von 1999 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten auf der einen und der Republik Armenien auf der anderen Seite, BGBl. III Nr. 148/1999.

Der Abschluss bilateraler Zollamtshilfeabkommen ist EU-konform; es besteht eine von den Mitgliedstaaten akzeptierte Informationsverpflichtung gegenüber der Europäischen Kommission. Armenien hat sich bereits erfolgreich um den Abschluss bilateraler Amtshilfeabkommen mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft bemüht.

Eine über Zollangelegenheiten hinausgehende Zusammenarbeit ist in dem Abkommen nicht vorgesehen. Das Abkommen wird ausschließlich von den Zollverwaltungen beider Staaten vollzogen.

Durch die Anwendung des Abkommens werden im Vorhinein nicht bezifferbare Kosten bei Personal- und Sachaufwand im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen in Folge der Bearbeitung armenischer Amtshilfeersuchen sowie auch durch das Erstellen von Ersuchen an Armenien entstehen, denen aber in jenen Fällen, in denen eingeholte Auskünfte zum Abschluss von Abgaben- und Finanzstrafverfahren führen, Einnahmen in nicht vorhersehbarer Höhe gegenüber stehen werden.

Das Abkommen ist in deutscher, armenischer und englischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist. Im Fall von Auslegungsdifferenzen wird die englische Sprachfassung herangezogen.

Der Anhang ist integrierender Bestandteil des Abkommens.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

In Art. 1 werden verschiedene Begriffe definiert. Als „Zollverwaltung“ im Sinne des Abkommens werden seitens Österreichs das Bundesministerium für Finanzen und von Seiten Armenien das Staatliche Abgabenkomitee der Regierung der Republik Armenien bestimmt. Die Definition der „Zollvorschriften“, der „Zollzuwiderhandlung“, der „Information“ und der „personenbezogenen Daten“ entsprechen den schon in bilateralen Amtshilfeabkommen bestehenden und üblichen Regelungen. Die Definitionen „ersuchende Zollverwaltung“ und „ersuchte Zollverwaltung“ wurden jeweils um die Fälle der spontanen Amtshilfe ergänzt, damit auch bei Spontanamtshilfe die Bestimmungen hinsichtlich der Informationsverwendung Geltung haben. Die Definitionen „Suchtgift“, „psychotrope Substanzen“ und „Drogenausgangsstoffe“ richten sich nach den einschlägigen UN-Konventionen. Bezüglich illegaler Warensendungen und insbesondere der erwähnten Suchtgifte und psychotropen Substanzen kann auch nach Z 12 eine „kontrollierte Lieferung“ durchgeführt werden. In Hinblick auf den Anhang über Grundsätze des Datenschutzes enthält Z 13 die Definition des „Auftraggebers“.

Zu Art. 2:

Abs. 1 bestimmt als Ziele der gegenseitigen Amtshilfe die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts, die Verhinderung, Ermittlung, Verfolgung und Bekämpfung von Zollzuwiderhandlungen sowie die Übermittlung und Zustellung von verwaltungsbehördlichen Entscheidungen und Schriftstücken. Abs. 2 stellt auf die Verwendung der im Wege der Amtshilfe erteilten Auskünfte sowohl im Verwaltungs- und Ermittlungsverfahren als auch in gerichtlichen Verfahren ab. Nach Abs. 3 sind neben den nationalen Rechtsvorschriften auch die Kompetenz und Ressourcen der ersuchten Zollverwaltung zu berücksichtigen. Gemäß Abs. 4 bleibt die Rechtshilfe in Strafsachen den einschlägigen Rechtsgrundlagen vorbehalten, erlaubt aber den Auskunftsverkehr in Fällen, in denen seitens der Zollverwaltungen ermittelt wird. Abs. 5 schließt die Festnahme von Personen sowie die Einhebung von Abgaben und sonstigen Geldern von der Amtshilfe im Sinne des vorliegenden Abkommens aus.

Zu Art. 3:

Nach dieser Bestimmung ist eine spontane Amtshilfe, der kein konkretes Ersuchen zugrunde liegt, zulässig, wenn es für die ordnungsgemäße Anwendung der Zollvorschriften und die genaue Erhebung der Zölle und Steuern notwendig erachtet wird. Insbesondere werden Informationen über Handlungen, Mittel und Methoden, Waren, Transportmittel, Geldbeträge sowie Antiquitäten und Kunstgüter zur Verfügung gestellt.

Zu Art. 4:

Nach Abs. 1 unterstützen einander die Zollverwaltungen auf Ersuchen im Rahme ihrer Zuständigkeiten. Nach Abs. 2 werden Auskünfte über die Kongruenz von Waren- und Geldbewegungen erteilt, ob Einfuhren jeweils ordnungsgemäße Ausfuhren und umgekehrt gegenüber stehen, wobei auch Angaben hinsichtlich des angewendeten Zollverfahrens zu machen sind bzw. ob durchgeführte Waren einer Zollabfertigung unterzogen wurden.

Zu Art. 5:

Gemäß dieser Bestimmung veranlasst die ersuchte Zollverwaltung im Rahmen ihrer Zuständigkeit die zweckmäßige Überwachung von Personen, Waren, Transportmitteln oder Containern die bekannt oder verdächtig für Zollzuwiderhandlungen sind.

Zu Art. 6:

In Abs. 1 werden die Arten der Auskünfte über zollrelevante Umstände festgelegt. Die Abs. 2, 3 und 4 regeln die Versendung und Rücksendung von Originalunterlagen und Ablichtungen,  die Anleitung für deren Auslegung sowie die Verwendung von elektronischen Informationen.

Zu Art. 7:

Dieser Artikel regelt die Zustellhilfe einschließlich der Beifügung einer amtlich beglaubigten Übersetzung des behördlichen Schriftstückes in eine Amtssprache der ersuchten Vertragspartei.

Zu Art. 8:

Eine Zusammenarbeit ist auch bei der Durchführung von kontrollierten Lieferungen für Zwecke strafrechtlicher Ermittlungen vorgesehen (siehe die Definition in Art. 1 Z 12). Abs. 2 legt fest, dass die Maßnahme im gegenseitigen Einvernehmen gemäß nationaler Zuständigkeit zu erfolgen hat. Zur Durchführung einer kontrollierten Lieferung von Verbotswaren bedarf es in Österreich der Zustimmung der zuständigen Justizbehörde und des Bundeskriminalamts im Bundesministerium für Inneres. Nach Abs. 3 ist die Entscheidung über die Durchführung einer kontrollierten Lieferung in jedem Einzelfall zu treffen. Der Inhalt illegaler Warensendungen kann gemäß Abs. 3 auch ganz oder teilweise entfernt oder ersetzt werden.

Zu Art. 9:

Abs. 1 regelt, dass die Maßnahmen zur Erledigung des Ersuchens angemessen zu sein haben und legt gleichzeitig fest, dass Amtshilfeersuchen faktisch und rechtlich genauso behandelt werden, als ob es um die Vollziehung eigener Aufgaben ginge. Abs. 2 sieht vor, dass Befragungen von Personen und andere Überprüfungen vorgenommen werden. Abs. 3 und 4 sehen vor, dass mit Zustimmung der ersuchten Behörde Beamte der ersuchenden Behörde bei Durchführung der Ermittlungen im ersuchten Staat anwesend sein dürfen, wobei sie aber nur eine beratende Stellung haben und keine amtlichen Befugnisse ausüben dürfen. Dabei dürfen sie unter Assistenz der Beamten des Gebietsstaates auch Räumlichkeiten betreten und Dokumente einsehen. Weiters können sie die Überprüfungen von Geschäftunterlagen verlangen und Ablichtungen herstellen lassen. Nach Abs. 5 und 6 müssen sie sich jederzeit ausweisen können und sind für allenfalls begangene Straftaten verantwortlich. Nach Abs. 7 kann die ersuchende Zollverwaltung verlangen, über den Zeitpunkt von Maßnahmen bei Erledigung ihres Ersuchens informiert zu werden. Abs. 8 trifft Regelungen, wie bei Unzuständigkeit der ersuchten Zollverwaltung vorzugehen ist.

Zu Art. 10:

Abs. 1 sieht vor, dass Beamte im anderen Staat als Sachverständige oder Zeuge aussagen und die notwendigen Zollunterlagen vorlegen können, wenn sie von ihrer Zollverwaltung ermächtigt werden. Nach Abs. 2  muss das Ersuchen um Aussage exakt konkretisiert sein.

Zu Art. 11:

Abs. 1 enthält die allgemeine Datenschutzbestimmung, dass erteilte Auskünfte genau so wie innerstaatliche Auskünfte geschützt werden.

Abs. 2 sieht die Grundsätze des Anhangs als Datenschutzstandard und Voraussetzung für die Übermittlung von Auskünften vor und bestimmt, dass der Datenschutzannex mit den darin enthaltenen Vorschriften ein integraler Bestandteil des Abkommens ist.

Abs. 3 regelt, dass erhaltene Informationen ausschließlich für die in diesem Abkommen bestimmten Zwecke einschließlich der wegen Zollzuwiderhandlungen eingeleiteten Verfahren verwendet werden dürfen.

Nach Abs. 4 muss die vorherige Zustimmung der die Auskunft erteilenden Behörde eingeholt werden, wenn erteilte Auskünfte für andere Zwecke als im Ersuchen ausgeführt verwendet werden sollen. Dies gilt nicht für den Suchtmittelbereich betreffende Auskünfte.

Abs. 5 erlaubt, dass Österreich, aufgrund seiner Mitgliedschaft zur Europäischen Gemeinschaft, erhaltene Auskünfte an die Europäische Kommission und andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiterleitet.

Zu Art. 12:

Abs. 1 sieht vor, dass Amtshilfeersuchen in schriftlicher Form gestellt werden. Mündliche Ersuchen bedürfen einer umgehenden schriftlichen Bestätigung. Abs. 2 bezeichnet die notwendigen Angaben eines Ersuchens. Abs. 3 regelt das Sprachregime. Der Amtshilfeverkehr erfolgt nach Abs.  4 über die jeweilige Kontaktstelle.

Zu Art. 13:

Dieser Artikel regelt Amtshilfeverweigerungsgründe, wobei Abs. 1 die allgemeinen Gründe wie die öffentliche Ordnung oder Sicherheit oder andere wesentliche öffentliche Interessen sowie die Gefahr der Verletzung von Geschäfts- oder Berufs-, Staats- oder Amtsgeheimnissen anführt. Nach Abs. 2 ist die Verweigerung von Amtshilfe zu begründen. Abs. 3 regelt den Fall, wenn ein Amtshilfeersuchen laufende nationale Ermittlungen oder Verfahren stören würde, und sieht in diesfalls bilaterale Konsultationen vor. Nach Abs. 4 besteht nur insoweit ein Anspruch auf Amtshilfe, als auch die ersuchende Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit diese Amtshilfe leisten könnte.

Zu Art.14:

Außer den Kosten für Sachverständige, Zeugen und nicht staatliche Übersetzungen wird grundsätzlich kein Kostenersatz geleistet. Sollten aber besonders hohe Kosten bei der Erledigung eines Ersuchens anfallen, so nehmen die Zollverwaltungen Kontakt auf.

Zu Art. 15:

Die Durchführung des Abkommens erfolgt gemäß Abs. 1 und 2 auf direktem Weg, detaillierte Vereinbarungen werden einvernehmlich geschlossen. Nach Abs. 3 werden Meinungsverschiedenheiten betreffend das vorliegende Abkommen primär einvernehmlich gelöst. Erst danach soll der diplomatische Weg beschritten werden. Nach Abs. 4 berührt das vorliegende Abkommen keine der sich aus der Mitgliedschaft der Republik Österreich zur Europäischen Union ergebenden Verpflichtungen. Bestimmungen dieses Abkommens dürfen nicht so interpretiert oder angewandt werden, dass weder die Verpflichtungen aus den europäischen Verträgen noch Abkommen, die zwischen der Republik Armenien und der Europäischen Union geschlossen wurden, beeinträchtigt oder ungültig werden.

Zu Art. 16:

Änderungen und Ergänzungen dieses Abkommens können einvernehmlich mittels gesonderter Protokolle vorgenommen werden

Zu Art. 17:

Dieser Artikel enthält die üblichen Schlussbestimmungen des In-Kraft-Tretens, der Kündigung.

Anhang

Der Anhang enthält die für derartige Abkommen üblichen Grundsätze des Datenschutzes, insbesondere was die Verwertung, Berichtigung, Aufbewahrung, Löschung von und Auskunftserteilung über übermittelte Daten betrifft sowie Regeln für den Schadenersatz.