Vorblatt

Problem:

Mangelnde innerstaatliche Publizität der völkerrechtlichen Grundlagen für die Ausübung allfälliger Befugnisse durch österreichische Organe, die in die Rechte Dritter eingreifen.

Ziel:

Gesetzliche Klarstellung, dass für die im Rahmen der Befugnisausübung gesetzten Handlungen der Rechtfertigungsgrund der „Ausübung von Amts- und Dienstpflichten“ auf Grund ausdrücklicher Befugnisnormen in Betracht kommt.

Inhalt/Problemlösung:

Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die Anwendung von Befugnissen durch österreichische Organe, die im Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport zu einem Auslandseinsatz entsendet werden.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

- Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

- - Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

- - Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf dient auch der Umsetzung von Recht der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik insbesondere der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Seit nunmehr über 50 Jahren entsendet die Republik Österreich Einheiten und Einzelpersonen zu Auslandseinsätzen in alle Welt und hat sich dadurch hohe Anerkennung in der Staatengemeinschaft verdient. Derzeit befinden sich österreichische Einheiten im Wesentlichen im Kosovo, in Bosnien und Herzegowina sowie im Nahen Osten im Auslandseinsatz. Waren es ursprünglich Katastropheneinsätze und Einsätze zur Trennung von Konfliktparteien sowie zur Überwachung von Waffenstillstandsvereinbarungen, so beteiligt sich Österreich seit einigen Jahren verstärkt auch an „robusteren“ Einsätzen, insbesondere solchen der (aktiven) Friedenssicherung mit allfälligem Bedarf einer Durchsetzung von Aufgaben der Krisenbewältigung. Dabei sind auch polizeiähnliche Aufgaben durch die entsendeten Organe wahrzunehmen.

In Fällen der Ausübung von Befugnissen durch österreichische Organe, die in die Rechte Dritter eingreifen, stellt sich die Frage nach deren innerstaatlichen rechtlichen Grundlagen. Die Ausübung solcher Befugnisse kann nach völkerrechtlichen Regelungen von Personen- und Fahrzeugkontrollen über Hausdurchsuchungen, die Durchsetzung von Sperrbereichen und Ausgangssperren bis zur Bewältigung von Demonstrationen und Aufständen reichen. Zur Durchsetzung dieser Befugnisse kommen nach den völkerrechtlichen Regelungen auch Festnahmen, der Einsatz körperlicher Gewalt und der – in bestimmten Lagen lebensgefährdende – Waffengebrauch in Betracht. Diese im Rahmen der Befugnisausübung gesetzten Handlungen entsprechen in der überwiegenden Zahl Tatbildern des österreichischen Strafrechts, weshalb für die Straffreiheit dieser Handlungen ein entsprechender Rechtfertigungsgrund gegeben sein muss. Für die in Rede stehenden Fälle kommt – über die, nicht nur dem innerstaatlichen Strafrecht, sondern auch dem Völkergewohnheitsrecht bekannten Rechtfertigungsgründe der Notwehr und Nothilfe hinaus – der Rechtfertigungsgrund der „Ausübung von Amts- und Dienstpflichten“ auf Grund einer ausdrücklichen Befugnisnorm in Betracht.

Die völkerrechtlichen Regelungen, wie insbesondere das Mandat, näher ausgeführt durch die internationalen Einsatzweisungen, bilden zwar die entsprechende (völkerrechtliche) Grundlage für die Befugnisausübung, jedoch ist eine Anwendung dieser völkerrechtlichen Normen durch ein österreichisches Strafgericht mangels innerstaatlicher Publizität im Bundesgesetzblatt zweifelhaft (die entsprechenden völkerrechtlichen Grundlagen werden im Bundesgesetzblatt insbesondere deshalb nicht kundgemacht, weil einige Dokumente auf Grund von Geheimhaltungsbestimmungen nicht veröffentlicht werden dürfen). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist daher mit der in Rede stehenden Bestimmung beabsichtigt, eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für die Anwendung von Befugnissen im Auslandseinsatz durch österreichische Organe, welche aus dem Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport zu einem Auslandseinsatz entsendet werden, zu schaffen.

In systematischer Hinsicht lehnt sich die vorgesehene Regelung an das Grundschema des Militärbefugnisgesetzes (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, an und trennt zwischen den Aufgaben im Auslandseinsatz, den hiefür in Betracht kommenden Befugnissen sowie den Mitteln zu deren (zwangsweisen) Durchsetzung, wobei sich eine nähere Konkretisierung in Abhängigkeit vom jeweiligen Einsatz aus den jeweils in Frage kommenden völkerrechtlichen Regelungen ergibt.

Die verfassungsrechtliche Basis für jede Teilnahme von Organen der Republik Österreich an Auslandseinsätzen bildet das Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997. Nach § 4 Abs. 7 KSE-BVG haben die entsendeten Personen im Falle eines Widerspruchs einer unmittelbar erteilten Weisungen des in Betracht kommenden internationalen oder ausländischen Organs und einer Weisungen eines zuständigen österreichischen Organs, die des österreichischen Organs zu befolgen. Die entsendeten Personen haben die innerstaatliche Rechtslage einzuhalten und folglich Weisungen, die gegen innerstaatliches Recht verstoßen, nicht zu befolgen.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Im Hinblick auf das weitgehende Fehlen konkreter Außenwirkungen lassen die geplanten Adaptierungen praktisch keine Auswirkungen auf die Beschäftigungslage in Österreich oder auf den Wirtschaftsstandort Österreich erwarten.

Auswirkungen in sozialer Hinsicht:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Bei einem Einsatz, der durch die Europäische Union geführt wird, dient der vorliegende Entwurf der Umsetzung des entsprechenden Beschlusses der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik samt der durch die Europäische Union als einsatzführende Organisation erstellten Dokumente wie den internationalen Einsatzweisungen samt den sogenannten „Rules of Engagement“.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG („militärische Angelegenheiten“).

Besonderer Teil

Zu Z 1 und 2 (Inhaltsverzeichnis und Überschrift zu § 6a sowie § 6a):

Abs. 1 enthält als zentralen Regelungsinhalt die Ermächtigung zur Ausübung und Durchsetzung der im Auslandseinsatz im Rahmen völkerrechtlicher Grundlagen bestehenden Befugnisse. Völkerrechtliche Grundlage zur Befugnisausübung im Sinne des Abs. 1 ist zunächst das sogenannte Mandat. Das Mandat ist die völkerrechtliche Legitimation für hoheitliches Verhalten auf fremdem Hoheitsgebiet. Quellen für das Mandat sind insbesondere Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN) oder internationale Abkommen. Weitere Grundlage ist die jeweilige Teilnahmeentscheidung Österreichs, welche entweder durch ein Teilnahmeabkommen mit der/dem einsatzführenden Organisation/Staat oder durch einen Beschluss der Europäischen Union (EU) im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zur Durchführung eines entsprechenden Einsatzes und der Erklärung Österreichs zur Teilnahme an diesem Einsatz völkerrechtlich festgelegt wird. Eine weitere Konkretisierung der Befugnisse erfolgt durch die einsatzführende/n Organisation/Staat im Rahmen der internationalen Einsatzweisungen, welche auch die sogenannten „Rules of Engagement“ enthält.

Die verfassungsrechtliche Basis für die Teilnahme von Organen der Republik Österreich an Auslandseinsätzen bildet § 1 Z 1 lit. a bis c KSE-BVG, BGBl. I Nr. 38/1997, (bei Entsendungen nach § 1 Z 1 lit. d und Z 2 KSE-BVG handelt es sich nicht um Auslandseinsätze, sondern um – im gegenständlichen Zusammenhang irrelevante ‑ Übungs- und Ausbildungsmaßnahmen). Die Bestimmungen des § 1 Z 1 lit. a bis c KSE-BVG legen für das Bundesheer auf verfassungsrechtlicher Ebene entsprechend Art. 79 Abs. 3 B-VG auch eine weitere Aufgabe, neben der militärischen Landesverteidigung und den Assistenzeinsätzen nach Art. 79 Abs. 1 und 2 B-VG, fest. Anlässlich der innerstaatlichen Entscheidung für einen Auslandseinsatz (insbesondere im Rahmen eines sog. „Entsendebeschlusses“ nach § 2 Abs. 1 KSE-BVG) werden in der langjährigen diesbezüglichen Praxis auch die konkreten Aufgaben im Rahmen der völkerrechtlichen Grundlagen näher konkretisiert.

Im Hinblick auf den Anwendungsbereich des Auslandseinsatzgesetzes 2001 (§ 1 Abs. 1) soll überdies vorgesehen werden, dass die in Rede stehende Bestimmung über Aufgaben und Befugnisse im Auslandseinsatz auch für „nichtmilitärische“ Personen gilt, welche im Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Z 3 KSE‑BVG entsendet werden. Eine vergleichbare Rechtstechnik findet sich auch in § 1 Abs. 1 MBG hinsichtlich der Definition für „Militärische Organe“.

Die Bestimmung über die jederzeitige Zulässigkeit der erforderlichen Eigensicherung ist darüber hinaus notwendig, da Auslandseinsätze in der überwiegenden Zahl der Fälle in Gebieten stattfinden, in denen die öffentliche Ordnung in Folge von bewaffneten Auseinandersetzungen oder Katastrophenereignissen beeinträchtigt oder zusammengebrochen ist. Der Schutz der entsendeten Einheiten und Einzelpersonen obliegt primär diesen selbst, unabhängig davon, ob Organe des Aufnahmestaates sie dabei unterstützen können. Die Eigensicherung umfasst jedenfalls den „Eigenschutz“ im Sinne des § 2 Abs. 1 MBG, darüber hinaus jedoch auch sämtliche Maßnahmen, die diesbezüglich von den völkerrechtlichen Grundlagen vorsehen werden. Dazu gehören insbesondere der Schutz von Fahrzeugen, Waffen und Ausrüstungsgegenständen. Dies dient nicht zuletzt auch der Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit und somit der Möglichkeit, in bestmöglicher Weise zum Wohle der betroffenen Bevölkerung wirken zu können.

Der im Abs. 2 vorgesehene Befugniskatalog reflektiert die zur Erfüllung der Aufgaben in einem Auslandseinsatz auf Grund der langjährigen Erfahrungen typischerweise erforderlichen Befugnisse. Der geplante Katalog einschlägiger Befugnisse ist eng an die inhaltlich vergleichbaren Kataloge der diesbezüglich innerstaatlich relevanten Befugnisnormen (insbes. im Militärbefugnisgesetz) angelehnt. Dies gilt insbesondere auch für die „Beendigung von Angriffen“, der darin regelmäßig als (allgemeine) Befugnis normiert ist (vgl. § 6a MBG).

-       Verwendung von Daten (Z 1): die entsendeten Organe sollen jene Daten verwenden dürfen, die zur Wahrnehmung der im Auslandseinsatz anfallenden Aufgaben erforderlich sind. Dies wird in erster Linie bei der Ausübung der Befugnis nach Abs. 3 Z 4 (Personenkontrolle) von Relevanz sein, da – sofern diese Befugnis in den der jeweiligen Aufgabe zugrunde liegenden völkerrechtlichen Grundlagen überhaupt vorgesehen ist - zur wirksamen Ausübung dieser Befugnis in vielen Fällen die Aufzeichnung und Evidenthaltung sowie die Übermittlung personenbezogener Daten notwendig sein wird. Die Definition der „Verwendung der Daten“ ergibt sich aus § 4 Z 8 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999, darunter ist also jede Art der Handhabung von Daten, also sowohl das Verarbeiten (§ 4 Z 9 DSG 2000) als auch das Übermitteln (§ 4 Z 12 DSG 2000) von Daten zu verstehen. Infolge der strengen Bindung jeder Befugnisausübung an die genannten jeweiligen völkerrechtlichen Grundlagen (siehe Abs. 1) wird eine nähere Präzisierung wie etwa die Festlegung bestimmter Datenarten, den Kreis der von der Datenanwendung Betroffenen bzw. die in Frage kommenden Übermittlungsempfänger im Verordnungsweg (siehe Abs. 3) zu erfolgen haben. Im Übrigen orientiert sich die vorgeschlagene Fassung an vergleichbaren Regelungen des Militärbefugnisgesetzes (§§ 15 und 22 Abs. 1). Die zugrunde liegenden Daten begründen – sofern in den völkerrechtlichen Grundlagen vorgesehen - im Hinblick auf die wirksame Aufgabenerfüllung im Auslandseinsatz „wichtige öffentliche Interessen“ im Sinne des § 1 Abs. 2 bzw. § 9 Z 3 DSG 2000.

-       Auskunftsverlangen (Z 2): die entsendeten Organe sollen von Personen Auskunft einholen dürfen, von denen anzunehmen ist, sie könnten für die Aufgabenerfüllung sachdienliche Hinweise geben.

-       Verkehrsleitung (Z 3): die entsendeten Organe sollen besondere Maßnahmen zur Verkehrslenkung und ‑steuerung setzen dürfen, insbesondere zur Errichtung von Kontrollpunkten, zur Absicherung von Sicherheitszonen, bei Straßen- oder Bauschäden und bei Minengefahr, bei unvorhersehbar eingetretenen Ereignissen und Beeinträchtigungen der Sicherheit und zur Absicherung von Schadensräumen bei Elementarereignissen und Unglücksfällen. Solche Maßnahmen werden normalerweise durch direkte Anweisungen an die Straßenbenützer, durch Anbringung entsprechender Hinweistafeln oder Errichtung von Leit- und Sperreinrichtungen zu erfolgen haben.

-       Kontrolle, Durchsuchung und vorläufige Festnahme von Personen (Z 4): die entsendeten Organe sollen Personenkontrollen zur Feststellung der Identität einer Person und der Gründe für deren Aufenthalt an dem Ort der Kontrolle durchführen dürfen. Weiters sollen sie Personen durchsuchen dürfen, wobei dies auch das Öffnen und Durchsuchen von Gegenständen, die diese Personen mit sich führen, umfasst. Solche Maßnahmen können insbesondere zur Verhinderung des unerlaubten Besitzes von Waffen und Kampfmitteln sowie zur Eigensicherung notwendig sein. Schließlich sollen die entsendeten Organe auch eine vorläufige Festnahme durchführen dürfen. Festnahmegründe im Zuge eines Auslandseinsatzes sind dann gegeben, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass von dieser Person eine Gefahr für die Aufgabenerfüllung oder für die sonst zu sichernden Personen und Sachen ausgeht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Person sich der Kontrolle oder Durchsuchung widersetzt oder diese Person einer Wegweisung nicht Folge leistet oder diese Person gegen eine verhängte Ausgangssperre verstößt. Eine Festnahme kann auch dann erfolgen, wenn eine Person wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord mit Haftbefehl eines internationalen Gerichtes gesucht wird, der begründete Verdacht besteht, dass eine Person in Verbindung mit der organisierten Kriminalität oder dem internationalen Terrorismus steht, oder eine Person bei einem Verbrechen gegen Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit auf frischer Tat beziehungsweise unmittelbar vor oder nach einer solchen Tat betreten wird. Nach Art. 5 Abs. 3 EMRK hat jede festgenommene oder angehaltene Person das Recht unverzüglich einem Richter oder einem anderen gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen ermächtigten Beamten vorgeführt zu werden; er hat weiters Anspruch auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen Frist oder auf Haftentlassung während des Verfahrens. Nach der Rechtsprechung des EGMR sind dieses Zeitbegriffe für die Dauer einer derartigen Freiheitsentziehung von den im jeweiligen Einzelfall vorliegenden Gegebenheiten und Umständen abhängig. Im Lichte der Verhältnismäßigkeit und der Achtung der Menschenwürde werden die genannten Maßnahmen nur unter größtmöglicher Schonung der betroffenen Person und nach Möglichkeit unter Einsatz von Organen, die das gleiche Geschlecht wie die betroffene Person haben, durchzuführen sein.

-       Wegweisung von Personen (Z 5): die entsendeten Organe sollen Personen zur Abwehr einer möglichen Gefährdung der entsendeten Einheiten oder Einzelpersonen oder zur Abwehr einer Gefahr für deren Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Vermögen aus spezifischen Bereichen wegweisen dürfen.

-       Errichtung von Sicherheitszonen und die Verhängung von Ausgangssperren (Z 6): die entsendeten Organe sollen insbesondere zum Schutz von Personen und Objekten und zur Eigensicherung Sicherheitszonen errichten dürfen. Die entsendeten Organe sollen Ausgangssperren vor allem zur Verhinderung von Anschlägen, Aufständen und Aufruhr verhängen dürfen.

-       Durchsuchen, Sicherstellung und Inanspruchnahme von Sachen (Z 7): die entsendeten Organe sollen Sachen, insbesondere Liegenschaften, Gebäude, Fahrzeuge und Behältnisse, vor allem zur Auffindung von Sachen oder Ausforschung von Personen, von denen eine Gefahr für die Aufgabenerfüllung oder für die sonst zu sichernden Personen und Sachen ausgeht, durchsuchen dürfen. Diese Maßnahme kann auch zur Ausforschung von Personen, welche wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord mit Haftbefehl eines internationalen Gerichtes gesucht werden oder im begründeten Verdacht stehen, in Verbindung mit der organisierten Kriminalität oder dem internationalen Terrorismus zu stehen, notwendig sein. Die Durchsuchung einer Sache schließt das Öffnen dieser Sache ein. Die entsendeten Organe sollen Sachen auch sicherstellen dürfen. Dies wird insbesondere dann zum Tragen kommen, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass von der Sache eine Gefahr für die Aufgabenerfüllung oder für die sonst zu sichernden Personen und Sachen ausgeht, sich die Sache im Gewahrsam einer festgenommenen Person befindet und geeignet ist, während deren Festhaltung die Sicherheit der betroffenen Person oder die Aufgabenerfüllung zu gefährden, dies dem Schutz der sicherzustellenden Sache dient, der begründete Verdacht besteht, dass die Sache in Verbindung mit der organisierten Kriminalität oder dem internationalen Terrorismus steht, oder die Sache als Beweismittel in einem Verfahren vor einem internationalen Gericht wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord benötigt wird. Die entsendeten Organe sollen fremde Sachen auch ohne Zustimmung des Verfügungsberechtigten in Anspruch nehmen dürfen, wenn deren sofortiger Gebrauch zur Aufgabenerfüllung unmittelbar notwendig ist und eigene, geeignete, Mittel nicht zeitgerecht zur Verfügung stehen.

-       Beendigung von Angriffen gegen im Rahmen des Auslandseinsatzes zu schützende Rechtsgüter (Z 8): die entsendeten Organe sollen Angriffe gegen im Rahmen des Auslandseinsatzes zu schützende Rechtsgüter (wie zB besonders geschützte Personen oder Kulturgüter, Waffenlager etc.) beenden dürfen. Unter Angriff ist dabei eine von Menschen ausgehende, gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende vorsätzliche Bedrohung von Rechtsgütern wie Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen zu verstehen, sowie ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung vorzubereiten. Die Vorbereitungshandlungen müssen – entsprechend den internationalen Vorgaben in den „rules of engagement“ – die Fähigkeit und Bereitschaft der den Angriff vorbereitenden Personen erkennen lassen, Schaden zuzufügen sowie eine klare und substantielle Bedrohung der zu schützenden Rechtsgüter darstellen.

-       Maßnahmen zum Schutz und zur Sicherung von Personen und Sachen (Z 9): diese Maßnahmen sollen sämtliche Befugnisse umfassen, die gegen allfällige Handlungen zu setzen sind, die zwar keine strafrechtliche Relevanz haben, denen jedoch trotzdem speziell zur Gewährleistung einer sachgerechten und effizienten Aufgabenerfüllung in geeigneter Form wirksam zu begegnen ist; hiezu zählen insbesondere Maßnahmen zur „Auflösung von Besetzungen“ oder „außerordentliche Anordnungsbefugnisse“. Derartigen Handlungen ist im Übrigen auch im Rahmen des militärischen „Wachdienstes“ nach § 6 Abs. 1 MBG entsprechend zu begegnen. Der konkrete Wortlaut dieser Bestimmung ist dem § 22 Abs. 1 der Verordnung über die Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV), BGBl. Nr. 43/1979, betreffend den „Wachdienst“ ‑ im Sinne der Einheit der Rechtsordnung sowie der Einheitlichkeit der Rechtssprache – nachgebildet.

Ausschließlich im Innenverhältnis eines österreichischen Kontingentes im Auslandseinsatz gilt auch im Ausland – ebenso wie diverse andere „interne“ nationale Rechtsvorschriften (zB Heeresdisziplinargesetz 2002, Allgemeine Dienstvorschriften für das Bundesheer; vgl. hiezu auch die Erläuterungen zu § 5 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 173/1965, 633 BlgNR, X. GP) ‑ das Militärbefugnisgesetz einschließlich seiner Bestimmungen zur Verwendung personenbezogener Daten; daher werden diesbezüglich an Stelle der im § 6a Abs. 2 Z 1 normierten Befugnis zur „Verwendung jener personenbezogenen Daten, die zur Wahrnehmung der im Auslandseinsatz anfallenden Aufgaben erforderlich sind“ die einschlägigen Bestimmungen des Militärbefugnisgesetzes betreffend die Verarbeitung von Daten anzuwenden sein. Demgegenüber werden im gesamten „Außenverhältnis“ im Rahmen eines Auslandseinsatzes die ins Auge gefassten Regelungen des vorliegenden Entwurfes gelten. Diese beabsichtigte „Außenwirkung“ der geplanten Normen entspricht auch der primären Rechtswirkung der „rules of engagement“ sowie der langjährigen internationalen Praxis; demnach bleibt insbesondere die Regelung rein innerdienstlicher Aspekte (zB die Gewährleistung der militärischen Ordnung und Disziplin im jeweiligen Kontingent) ausschließlich den einzelnen Teilnehmerstaaten überlassen.

Die Aufgaben des jeweiligen Auslandseinsatzes ergeben sich aus den einschlägigen völkerrechtlichen Einsatzgrundlagen sowie aus der innerstaatlichen Entsendeanordnung nach § 2 KSE-BVG. Hinsichtlich jener Auslandseinsätze, bei denen auf Grund der jeweiligen Einsatzaufgaben darüber hinaus auch die Durchsetzung von Befugnissen zulässig ist, soll im Abs. 3 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtlich verankerte Legalitätsprinzip (Art. 18 Abs. 1 B‑VG) normiert werden, dass die hiefür in Frage kommenden Befugnisse und die vorgesehenen Mittel zur Durchsetzung im Verordnungsweg zu bestimmen sind. Im Hinblick darauf, dass die zwangsweise Durchsetzung eines Auskunftsverlangens im Auslandseinsatz ebenso wenig zulässig sein soll wie nach den erwähnten innerstaatlich relevanten Befugnisnormen und auch die Durchsetzung einer Datenverwendung nach Abs. 2 Z 1 ausnahmslos nicht vorgesehen ist, aber eine nähere Konkretisierung dieser beiden Befugnisse ebenfalls im Verordnungsweg erfolgen soll, ist eine diesbezügliche Klarstellung in der gesetzlichen Verordnungsermächtigung erforderlich.

Die Erlassung einer Verordnung auf der Basis des Abs. 3 der vorgeschlagenen Fassung wird im Lichte der langjährigen praktischen Erfahrungen in erster Linie bei Entsendungen zu Maßnahmen der Friedenssicherung nach § 1 Z 1 lit. a KSE‑BVG in Betracht kommen. Bei solchen Entsendungen kann jedenfalls im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union auch eine allfällige Teilnahme Österreichs an Kampfeinsätzen im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten in Betracht kommen (vgl. Art. 43 der Vertrages über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Lissabon, BGBl. III Nr. 132/2009, sowie Art. 23j B‑VG). In derartigen (seltenen) Einsatzfällen wird die entsprechende (kampfbezogene) Befugnisausübung auf der Grundlage des – auf der Stufe einfacher Bundesgesetze stehenden – humanitären Völkerrechts (Völkervertrags- bzw. –gewohnheitsrechts) erfolgen.

Die Zuständigkeit zur Erlassung der ins Auge gefassten Verordnung soll dabei aus grundsätzlichen rechtspolitischen Erwägungen der jeweiligen Zuständigkeit zur Entsendung zu einem konkreten Auslandseinsatz nach § 2 KSE‑BVG folgen. So wird künftig bei Entsendungen zu Maßnahmen der Friedenssicherung (§ 1 Z 1 lit. a KSE‑BVG) die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates zur Erlassung einer derartigen Verordnung berufen sein. Die Einbindung des Hauptausschusses stützt sich dabei verfassungsrechtlich auf Art. 55 Abs. 4 B‑VG. Die Verordnung nach Abs. 3 soll möglichst gleichzeitig oder zumindest zeitnah zum Entsendebeschluss erlassen werden.

Die im Abs. 4 vorgesehene Verweisung auf die §§ 3 bis 5 und 16 bis 19 MBG hinsichtlich der Mittel zur Durchsetzung der Befugnisse ist jener in § 43 Abs. 2a HDG 2002 nachgebildet. Dies betrifft insbesondere die strikte Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie die Gewährleistung bestimmter Rechte der von einer Befugnisausübung betroffenen Personen. Damit ist im Sinne der „Einheit der Rechtsordnung“ der innerstaatliche rechtsstaatliche Standard auch bei Befugnisausübung durch militärische Organe im Ausland gewährleistet. Die abweichenden Bestimmungen der §§ 18 Abs. 5 und 19 Abs. 5 MBG betreffend den Waffengebrauch während eines Einsatzes im Inland kommen im Auslandseinsatz jedoch nur dann zur Anwendung, wenn dies nach den für den jeweiligen Auslandseinsatz geltenden völkerrechtlichen Grundlagen zulässig ist; diese Zulässigkeit wird im Bedarfsfall in der in Rede stehenden Durchführungsverordnung klarzustellen sein. Durch die in Rede stehenden Verweisungen betreffend die „Grundsätze der Aufgabenerfüllung und Befugnisausübung“, den „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ und die „Rechte der betroffenen Person“ sowie betreffend die „unmittelbare Zwangsgewalt“, die „Mittel zur Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt“ und den „(lebensgefährdenden) Waffengebrauch“ sollen die anwendenden Organe – als einzig mögliche Adressaten derartiger Normen ‑ an die tragenden Grundsätze des Militärbefugnisgesetzes gebunden werden.

Darüber hinaus soll im Abs. 4 auch ausdrücklich geregelt werden, dass jegliche Befugnisausübung in einem Auslandseinsatz jedenfalls unter Zugrundelegung der für Österreich geltenden Menschenrechtsstandards, vor allem jener der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, einschließlich aller durch die Republik Österreich ratifizierten Zusatzprotokolle, zu erfolgen hat. Weiters sind auch sonstige völkerrechtliche Regelungen – sofern sie für den Einsatz maßgeblich sind – zu berücksichtigen. Dies betrifft beispielsweise, wie bereits dargestellt, die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht, soweit diese in einem Kampfeinsatz anwendbar sind.

Zu Z 3 (§ 12 Abs. 8):

Um die aufgrund der vorliegenden Novelle notwendigen Verordnungen für bereits (seit längerem) laufende Auslandseinsätze ausreichend vorbereiten zu können, ist eine entsprechende Übergangsbestimmung erforderlich.