1422 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (674 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird

sowie

über die Regierungsvorlage (1392 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden

 

Zur Regierungsvorlage 674 der Beilagen:

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht vor, die Strafbarkeit der „Teilnahme an Terrorcamps“ und effiziente Maßnahmen zur Bekämpfung des Phänomens der „Hassprediger“ einzuführen.

Die Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus ist unverändert. Vermehrt werden auch europäische Staaten als Zielstaaten für terroristische Anschläge angesehen. Die Bedeutung von „Terrorcamps“ im Zusammenhang mit der Ausbildung für und der Vorbereitung zu terroristischen Anschlägen nimmt zu. Dabei kommt neben der persönlichen Ausbildung in einem Terrorcamp dem Internet als „virtuelles Trainingscamp“ eine wichtige Rolle zu.

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung von Terrorismus (ETS. Nr. 196), welches von Österreich am 16. April 2005 unterzeichnet wurde, sowie der Rahmenbeschluss 2008/919/JI zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung, ABl. Nr. L 330 vom 9.12.2008 S. 21, welcher von den Mitgliedstaaten bis zum 9. Dezember 2010 umzusetzen ist, sehen Kriminalisierungsverpflichtungen für diverse strafbare Handlungen im Vorfeld von terroristischer Kriminalität vor. Gefordert wird die Kriminalisierung von Terrorismus fördernden Handlungsweisen. Insbesondere sollen die öffentliche Aufforderung zur Begehung terroristischer Straftaten, die Anwerbung für terroristische Zwecke und die Ausbildung für terroristische Zwecke, sowie Handlungen im Zusammenhang mit derartigen Delikten unter wirksame Strafen gestellt werden.

Bereits im Rahmen der Strategie der Europäischen Union zur Terrorismusbekämpfung, welche der Europäische Rat am 15. und 16. Dezember 2005 billigte, wurden die Verhinderung von Terrorismus und im besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Radikalisierung und des Anwerbens für den Terrorismus als sehr bedeutend hervorgehoben.

Die Sonderempfehlung II der Financial Action Task Force (FATF) fordert die Strafbarkeit der Terrorismusfinanzierung. In den erläuternden Bemerkungen zur Sonderempfehlung II wird dargelegt, dass unter der Kriminalisierungsverpflichtung auch die Schaffung von Regelungen zur Strafbarkeit des „Organisierens“ anderer zur Begehung der Straftaten im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung verstanden wird. In ihrem am 1. Dezember 2009 veröffentlichten Prüfbericht zur Österreich kritisierte die FATF die strafrechtlichen Bestimmungen bezüglich des Organisierens und des Anführens anderer wie auch die Beteiligung an einer Gruppe von Personen, die auf Terrorismusfinanzierung ausgerichtet ist, als unzureichend.

Der Rahmenbeschluss 2008/913/JI zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, ABl. Nr. L 328 vom 6.12.2008 S. 55, welcher von den Mitgliedstaaten bis zum 28. November 2010 umzusetzen ist, verpflichtet die Mitgliedstaaten die Strafbarkeit bestimmter rassistischer und fremdenfeindlicher Straftaten vorzusehen. Als rassistische und fremdenfeindliche Straftaten werden verschiedene Tathandlungen (öffentliches Aufstacheln zu Gewalt oder Hass bzw. öffentliches Billigen, Leugnen oder gröbliches Verharmlosen von Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen), die gegen eine nach den Kriterien der Rasse, Hautfarbe, religiösen Überzeugung, Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft definierte Gruppe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe gerichtet sind, definiert. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) hat Österreich schon mehrmals dazu aufgerufen seine Gesetzgebung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung im Sinne der Allgemeinen Politischen Empfehlung Nr. 7 von ECRI, welche am 13. Dezember 2002 beschlossen wurde (CRI(2003)8), anzupassen. Der Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD) kritisierte in seinen Schlussbeobachtungen bezüglich der Prüfung des fünfzehnten, sechzehnten und siebzehnten Staatenberichts Österreichs neuerlich, dass die Bestimmung des § 283 StGB „Verhetzung“ zum einen keinen Schutz vor Verhetzung für Personen, die einer dort genannten Gruppe angehören, biete und zum anderen der Einschränkung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung unterliege und daher den Verpflichtungen des Art. 4 der UN-Übereinkommens zur Beseitigung aller Formen von Rassendiskriminierung nicht entspreche.

Der vorliegende Entwurf schlägt Maßnahmen vor, die zur Verhinderung von Terrorismus bestimmte Vorbereitungshandlungen und Organisationshandlungen sowie die Ausbildung zu terroristischen Zwecken unter Strafe stellen. Dabei soll nicht nur das Unterweisen als aktive Handlung, sondern auch das Sich-Unterweisen-Lassen und das Verschaffen von Informationen zu terroristischen Zwecken erfasst werden, darunter fällt zum Beispiel die Teilnahme an einem terroristischen „Trainingslager“. Auch das Herunterladen von bestimmten Informationen aus dem Internet zum Zwecke der Begehung einer terroristischen Straftat soll nunmehr strafbar sein. Weiters werden Maßnahmen vorgeschlagen, um gegen die Radikalisierung durch Aufforderung zur Begehung von terroristischen Straftaten oder der Gutheißung von terroristischen Straftaten effektiver vorgehen zu können. Um zu gewährleisten, dass das Ausbilden zu terroristischen Zwecken und das Anleiten zur Begehung einer terroristischen Straftat auch strafbar sind, wenn die strafbare Handlung im Ausland begangen wurde, wird vorgeschlagen, die Bestimmung bezüglich der inländischen Gerichtsbarkeit insoweit auszudehnen.

Als weitere Maßnahme zur Verhinderung von Terrorismus schlägt der Entwurf vor, die „Organisation“ aller terrorismusfinanzierungsfähigen Straftaten als Organisationshandlung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung unter Strafe zu stellen. Darüber hinaus soll die Definition einer terroristischen Vereinigung auch das Betreiben von Terrorismusfinanzierung erfassen, sodass sich die Strafbarkeit des Anführens oder der Beteiligung als Mitglied einer oder an einer terroristischen Vereinigung, die auf Terrorismusfinanzierung ausgerichtet ist, erstreckt.

Gleichzeitig verfolgt der Entwurf das Ziel, einer Radikalisierung durch Aufruf zu Gewalt und Hass entgegenzuwirken und dabei auch einen wirksamen Schutz für bestimmte Gruppen oder Mitglieder dieser Gruppen vor rassistischer Verhetzung zu bieten.

 

Zur Regierungsvorlage 1392 der Beilagen:

a) Europarechtliche Vorgabe

Mit der Fertigstellung der Konvention des Europarates zum Schutz der Umwelt durch das Strafrecht vom 4. November 1998 (Convention on the Protection of the Environment through Criminal Law, ETS Nr. 172) wurde ein erster Schritt zu einer europäischen Rechtsvereinheitlichung auf diesem Gebiet unternommen. Die Europarats-Konvention sieht die Schaffung von einheitlichen Mindeststandards im Umweltstrafrecht vor, indem sie die Verpflichtung zur Kriminalisierung bestimmter vorsätzlicher und fahrlässiger umweltschädigender Verhaltensweisen enthält. Dieses Übereinkommen wurde seither von 14 Mitgliedstaaten, darunter am 7. Mai 1999 von Österreich unterzeichnet, bisher jedoch nur von Estland ratifiziert.

Im Februar 2000 legte das Königreich Dänemark eine Initiative für einen EU-Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der schweren Umweltkriminalität vor.

Der Rat „Justiz und Inneres“ einigte sich am 28. September 2000 darauf, dass bei Umweltstraftaten gemeinschaftliche Rechtsvorschriften festgelegt werden sollten.

Schließlich legte die Europäische Kommission im Jahr 2001 einen Vorschlag für eine Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt vor.

Am 27. Jänner 2003 verabschiedete der Rat jedoch stattdessen ausgehend von der Initiative Dänemarks aus dem Jahr 2000 den Rahmenbeschluss 2003/80/JI über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht. Der Europäische Gerichtshof erklärte diesen Rahmenbeschluss in seinem Urteil vom 13. September 2005 (Rechtssache C-176/03) wegen Verstoßes gegen Art. 47 EU-Vertrag für nichtig.

Am 30. November 2005 nahm die Europäische Kommission eine Mitteilung an, in der sie auf die Folgen des Urteils in der Rechtssache C-176/03 und die Notwendigkeit einging, einen neuen Legislativvorschlag im Bereich Umweltkriminalität anzunehmen.

Am 9. Februar 2007 legte die Europäische Kommission einen neuen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht vor.

Der Rat nahm schließlich am 24. Oktober 2008 – im Anschluss an eine Einigung mit dem Europäischen Parlament in erster Lesung – die geänderte Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt an (Richtlinie 2008/99/EG vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt), welche am 6. Dezember 2008 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde (ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28). Die Richtlinie trat am 26. Dezember 2008 in Kraft und bedarf der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten.

Der seinerzeitige Rahmenbeschluss beinhaltete einen Katalog von insgesamt sieben Tatbeständen, von denen sich fünf weitgehend, zum Teil wortgleich, an die Europaratskonvention angelehnt hatten. Die Richtlinie übernahm diese sieben Tatbestände mit geringfügigen Formulierungsmodifikationen und sieht zusätzlich zwei neue Tatbestände (Art. 3 lit. e und lit. h) vor, welche mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Strafen geahndet werden sollen. Dazu kommen Bestimmungen über Beteiligung und Anstiftung, sowie über die Verantwortlichkeit von und Sanktionen gegen juristische Personen, welche jedoch im Gegensatz zu jenen gegen natürliche Personen nicht strafrechtlicher Natur sein müssen.

 

b) Umsetzungsbedarf im österreichischen Strafrecht

1. Änderungen des Strafgesetzbuches

Die Vorgaben der Richtlinie werden von Österreich bereits in weiten Teilen erfüllt, weil durch die Umsetzung der Europarats-Konvention zum Schutz der Umwelt durch das Strafrecht bzw. die geplante Umsetzung des seinerzeitigen Rahmenbeschlusses durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2006, BGBl. I Nr. 56/2006, bereits ein hohes Schutzniveau besteht. Änderungen sind daher nur in Teilbereichen erforderlich.

Ein Merkmal sämtlicher in der Richtlinie aufgezählter Tatbestände ist zunächst die Verwaltungsakzessorietät, wonach die in Art. 3 aufgezählten Straftaten unter Strafe gestellt werden sollen, wenn sie rechtswidrig begangen werden. Als „rechtswidrig“ definiert die Richtlinie in Art. 2 lit. a einen Verstoß gegen einen in Anhang A oder B aufgeführten Rechtsakt oder einen Verstoß gegen ein Gesetz, eine Verwaltungsvorschrift eines Mitgliedstaates oder eine Entscheidung einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaates, das oder die der Umsetzung oder Anwendung der in Anhang A oder B der Richtlinie genannten Rechtsakte der Gemeinschaft dient. Die Vorgaben der Richtlinie entsprechen daher dem verwaltungsakzessorisch ausgegestalteten System des österreichischen Umweltstrafrechts.

Entsprechend der Vorgaben von Art. 3 der Richtlinie, sind nunmehr folgende Anpassungen des StGB vorzunehmen:

aa)   Gemäß Art. 3 lit. b der Richtlinie soll die Sammlung, Beförderung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, einschließlich der betrieblichen Überwachung dieser Verfahren und der Nachsorge von Beseitigungsanlagen sowie der Handlungen, die von Händlern oder Maklern übernommen werden (Bewirtschaftung von Abfall) unter Strafe gestellt werden, wenn diese den Tod oder eine schwere Körperverletzung von Personen oder erhebliche Schäden hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität oder an Tieren oder Pflanzen verursacht oder verursachen kann. Nach Art. 3 lit. c soll die Verbringung von Abfällen, sofern diese Tätigkeit unter Art. 2 Nummer 35 der Verordnung 1013/2006/EG über die Verbringung von Abfällen fällt und in nicht unerheblicher Menge erfolgt, sanktioniert werden.

         Im Hinblick auf die genannten Bestimmungen in Art. 3 lit. b und c der Richtlinie soll daher § 181b StGB geändert bzw. entsprechend angepasst werden.

bb)   Infolge der Vorgaben in Art. 3 lit. e der Richtlinie, wonach die Herstellung, Bearbeitung, Handhabung, Verwendung, der Besitz, die Lagerung, der Transport, die Einfuhr, Ausfuhr oder Beseitigung von Kernmaterial oder anderen radioaktiven Stoffen, die den Tod oder eine schwere Körperverletzung von Personen oder erhebliche Schäden hinsichtlich der Luft-, Boden- oder Wasserqualität oder an Tieren oder Pflanzen verursacht oder verursachen kann, unter Strafe zu stellen ist, wird eine Ergänzung der diesbezüglichen Bestimmung im österreichischen Strafgesetzbuch (§ 177b StGB) vorgeschlagen.

cc)   Die nach Art. 3 lit. f der Richtlinie unter Strafe zu stellenden Handlungen (Tötung, Zerstörung, Besitz oder die Entnahme) in Bezug auf Exemplare geschützter wildlebender Tier- oder Pflanzenarten sind in Österreich bisher nicht gerichtlich strafbar. Die in den einzelnen Landesgesetzen enthaltenen verwaltungsrechtlichen Vorschriften zum Schutz dieser Tiere und Pflanzen sollen daher durch die vorgeschlagenen Bestimmungen der §§ 181f und 181g StGB ergänzt werden.

dd)   Nach Art. 3 lit. h der Richtlinie ist zudem jedes Verhalten, das eine erhebliche Schädigung eines Lebensraumes innerhalb eines geschützten Gebiets verursacht, unter Strafe zu stellen, sodass Anregungen im Begutachtungsverfahren folgend nicht eine entsprechende Erweiterung in den §§ 180 Abs. 2 und 181 Abs. 2 StGB samt entsprechender Begriffsbestimmung in § 74 Abs. 1 Z 11 StGB, sondern gleichfalls die Schaffung entsprechender neuer Tatbestände (§§ 181h, 181i StGB) vorgeschlagen wird.

ee)   Die Produktion, Einfuhr, Ausfuhr, das Inverkehrbringen oder die Verwendung von Stoffen, die zum Abbau der Ozonschicht führen, war bisher durch das Chemikaliengesetz 1996 verwaltungsrechtlich sanktioniert. Entsprechend Art. 3 lit. i der Richtlinie sollen nunmehr entsprechende gerichtlich strafbare Tatbestände in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden (§§ 177d und 177e StGB).

Zusammenfassend werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

-       Anpassung des § 177b Abs. 1 bis 3 StGB;

-       Schaffung von Straftatbeständen über den unerlaubten Umgang mit Stoffen, die zum Abbau der Ozonschicht beitragen (§§ 177d und 177e StGB);

-       Modifizierung und Erweiterung des § 181b Abs. 1 und 3 StGB sowie Verankerung der Strafbarkeit des grob fahrlässigen Verbringens von Abfällen in Abs. 3 des § 181c StGB;

-       Einführung von Tatbeständen gegen die „Schädigung des Tier- oder Pflanzenbestandes“ (§§ 181f und 181g StGB);

-       Einfügung von Tatbeständen gegen die „Schädigung von Lebensräumen in geschützten Gebieten“ (§§ 181h und 181i StGB).

 

2. Änderungen der Strafprozessordnung

Im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Tatbestände wird entsprechend den bisherigen Regelungen in § 30 1 Z 5 bis 8 StPO die Aufnahme dieser Bestimmungen in den Katalog jener Delikte, die trotz ihrer Strafdrohung nicht in die sachliche Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, vorgeschlagen (§ 30 Abs. 1 Z 5a, 5b, 6a, 8a und 8b StPO).

 

 

Der Justizausschuss hat die gegenständlichen Regierungsvorlagen in seiner Sitzung am 5. Oktober 2011 in Verhandlung genommen. Einstimmig wurde beschlossen, den Verhandlungen die Regierungsvorlage 674 der Beilagen zugrunde zu legen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Ridi Maria Steibl die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Albert Steinhauser, Dr. Peter Fichtenbauer, Mag. Ewald Stadler, Mag. Karin Hakl, Otto Pendl, Werner Herbert, Mag. Harald Stefan und Dr. Walter Rosenkranz sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Artikel 1:

Um eine mehrmalige Änderung des Strafgesetzbuches an ein und demselben Tag zu vermeiden, werden die Regierungsvorlagen eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010; 674 d.B.) geändert wird sowie eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden (1392 d.B.) mit diesem Abänderungsantrag zusammengeführt.

Die in der Regierungsvorlage 674 d.B. enthalten gewesene Bestimmung eines § 278e StGB („Ausbildung für terroristische Zwecke“) wurde bereits mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2010 in das Strafgesetzbuch eingefügt.

Im Übrigen war der Justizausschuss bestrebt, Kritik an einer ausufernden Verlagerung der Strafbarkeit von im Vorfeld einer eigentlichen Rechtsgutsbeeinträchtigung liegenden Handlungen durch eine bestimmtere und engere Fassung entgegenzuwirken. So soll gegenüber der RV bei der Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat nicht eine Eignung zu einer solchen Anleitung genügen. Erforderlich soll vielmehr sein, dass die Aufforderung geradezu dazu bestimmt ist, zur Begehung einer terroristischen Straftat anzuleiten. Zusätzlich soll auf der inneren Tatseite die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) bestehen müssen, dass zur Begehung einer solchen Tat aufgereizt wird.

Im § 282a Abs. 2 StGB soll nicht mehr auf die Empörung des allgemeinen Rechtsempfindens, sondern auf die Herbeiführung der konkreten Gefahr der Begehung von terroristischen Straftaten abgestellt werden.  

In dieser besonderen Konturierung erweisen sich die beiden Tatbestände aus Sicht des Justizausschusses aber jedenfalls erforderlich, um derartigen zum Terrorismus und diesen verherrlichenden Aufforderungen auch strafrechtliche Grenzen zu setzen.

Zu Artikel 2:

Zu Z 2 und 3 (§ 123 Abs. 4 Z 1 und Abs. 5):

Insbesondere       Exekutivbeamtinnen und –beamte, aber auch andere Menschen, vor allem in Gesundheitsberufen, sind in ihrer täglichen Arbeit mit dem Umstand konfrontiert, dass sie von Menschen verletzt werden können, die mit dieser Verletzung auch ansteckende Krankheiten übertragen. Für Betroffene bringt das neben den gewöhnlichen Folgen einer körperlichen Verletzung auch mit sich, dass sie längere Zeit hindurch in der Ungewissheit einer möglichen Infektion mit einer ansteckenden und gefährlichen Krankheit leben müssen.

Ausgehend vom Regierungsprogramm (Punkt E. 18), das die Schaffung einer Blutabnahmemöglichkeit mit richterlicher Genehmigung bei Personen, die möglicherweise mit ansteckenden Krankheiten infiziert sind, vorsieht, schlägt der Entwurf eine Verankerungsmöglichkeit in der Strafprozessordnung für den Fall des Verdachts der Begehung einer Straftat nach § 178 StGB vor.

Bisher können Blutabnahmen oder ein vergleichbar geringfügiger Eingriff ohne Einwilligung des  Betroffenen durchgeführt werden, wenn Verdacht besteht, der Beschuldigte habe durch Ausübung einer gefährlichen Tätigkeit unter dem Einfluss eines berauschenden Mittels eine gegen Leib und Leben gerichtete Straftat begangen oder soweit dies zur Aufklärung einer mit mehr als fünfjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung oder eines Sexualverbrechens erforderlich ist.

Nach dem Entwurf soll eine Blutabnahme ohne Einwilligung des Betroffenen nach der StPO nunmehr auch dann vorgenommen werden können, wenn die Person im Verdacht steht eine Handlung begangen zu haben, die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, wenn die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört (§ 178 StGB).

Zu Z 2 (§ 123 Abs. 5):

Der         Verhältnismäßigkeit einer Blutabnahme oder eines vergleichbaren geringfügigen körperlichen Eingriffs zur Aufklärung einer Straftat nach § 178 StGB soll dadurch Rechnung getragen werden, dass die Anwendung von Zwang jedenfalls unzulässig ist.

Zu Artikel 3:

Die Einfügung eines Artikels 3 erweist sich als notwendig, weil nach Art. 8 Abs. 1 zweiter Satz der Richtlinie 2008/99/EG über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht, ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28, in den Vorschriften über die Umsetzung derselben selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug zu nehmen ist.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage 674 der Beilagen enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim teils einstimmig, teils mit wechselnder Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, B; dagegen: G; bzw. dafür: S, V, G; dagegen: F, B) angenommen.

Ein vom Abgeordneten Mag. Ewald Stadler eingebrachter Abänderungsantrag fand hingegen nicht die erforderliche Mehrheit (dafür: B; dagegen: S, V, F, G).

Damit gilt die Regierungsvorlage 1392 der Beilagen (Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden) als miterledigt.

Ein von den Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Mag. Heribert Donnerbauer eingebrachter Entschließungsantrag wurde einstimmig beschlossen. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Die Anwendung des Tatbestands der kriminellen Organisation nach § 278a StGB hat in den letzten Jahren auch in Zusammenhang mit spektakulären Verfahren Fragen aufgeworfen, ob der Wortlaut der Bestimmung tatsächlich konkret genug gefasst ist, um die ursprüngliche Zielsetzung, nämlich effektive Bekämpfung und Aufdeckung mafiaähnlicher Organisationen, zu erreichen bzw. als Organisationsdelikt hinreichend präzise formuliert ist, um dessen Anwendung auch tatsächlich auf dieses genannte Ziel zu beschränken.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2011 10 05

                                Ridi Maria Steibl                                                     Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann