1436 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 1386/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Verbesserungen im Behindertenbereich

Die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 22. Dezember 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

 

„Mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz im Jahr 2006 wurde ein wesentlicher Schritt gesetzt, Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen die Möglichkeit zu geben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und die gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Denn aufgrund einer Behinderung darf niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden.

Dennoch haben Menschen mit Behinderungen aufgrund verschiedener Zuständigkeiten von Behörden immer wieder große Schwierigkeiten. Viele Antragswerber sind bei einfachen Behördenwegen überfordert. Behinderte Menschen müssen zur Erlangung von Zuschüssen zu behinderungsbedingten Anschaffungen mit unterschiedlichen Stellen in Kontakt treten. Diese Situation ist gerade für behinderte Menschen besonders belastend. Daher sollen wie auch von der Volksanwaltschaft gefordert eine Erleichterung der Behördenwege und eine zentrale Anlaufstelle zur Erlangung von Zuschüssen für behinderungsbedingte Anschaffungen umgesetzt werden.

Während für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO für dauernd stark gehbehinderte Personen die Bezirkshauptmannschaften bzw. die Magistrate der Städte (in Wien MA 15) zuständig sind, ist die Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundessozialamt zu beantragen.

Als Voraussetzung für die Erlangung eines derartigen Ausweises nach § 29b StVO gilt, dass eine andauernde starke Gehbehinderung vorliegt, die vom Amtsarzt festzustellen ist. Beim Behindertenpass wird die ärztliche Begutachtung zur Feststellung des Behindertengrades durch das Bundessozialamt vorgenommen. 

Mit dem Ausweis nach § 29b StVO darf zum Ein- oder Aussteigen und zum Ein- und Ausladen der für die gehbehinderte Person nötigen Behelfe, z.B. eines Rollstuhls, an Straßenstellen, an denen ein Halte- und Parkverbot durch Verkehrszeichen kundgemacht ist sowie in zweiter Spur gehalten werden. Weiters darf an Straßenstellen, an denen ein Parkverbot durch Verkehrszeichen kundgemacht ist, in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung sowie in einer Fußgängerzone in der Zeit, in der eine Ladetätigkeit vorgenommen werden darf, geparkt werden.

Unverständnis löst bei den Behinderten oft jene Bestimmungen aus, dass bei der Gratis-Autobahnvignette der Parkausweis nach § 29b StVO nicht ausreicht und hierfür der Behindertenpass mit den erforderlichen Zusatzeintragungen notwendig ist. Da das Ausmaß der Beeinträchtigung durch eine starke Gehbehinderung trotz Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von unterschiedlichen Behörden noch immer unterschiedlich beurteilt wird, ist eine einheitliche ärztliche Begutachtung bei der Zuerkennung des Ausweises gemäß § 29b StVO durch das Bundessozialamt dringend erforderlich. Eine Verwaltungsvereinfachung im Einvernehmen mit den Bundesländern könnte damit die Antragstellung für Personen mit Behinderungen erheblich verbessern.

Aber auch eine rasche Herstellung der baulichen Barrierefreiheit muss umgesetzt werden. Kriterien bei der Vergabe von Wohnbau-Förderungsmittel müssen eingeführt werden. Im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz wurde der Bund dazu verpflichtet, die geeigneten und konkret erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu den erforderlichen Leistungen und Angeboten zu ermöglichen.

Obwohl das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz regelt, dass niemand aufgrund einer Behinderung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf, sind aber Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich evident. Grundsätzlich hat die betroffene Person bei Verletzung des Diskriminierungsverbotes Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Oft reichen aber die finanziellen Mittel der Menschen mit Behinderungen nicht aus, um ihr Recht wirklich durchzusetzen. Zur Rechtsdurchsetzung soll daher ein entsprechender Fonds eingerichtet werden, der bei Diskriminierung finanzielle Belastungen für diese Menschen verhindern soll.

Im Behindertenbereich müssen optimale Voraussetzungen geschaffen werden, damit Menschen mit Behinderungen geeignete und notwendige Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Die Eingliederung und Wiedereingliederung von behinderten Menschen in Gesellschaft und Beruf sind dabei – unabhängig von der Ursache der Entstehung der Behinderung – wesentliche Aufgaben der österreichischen Sozialpolitik. Daher ist eine verbesserte Förderung zur Erhöhung der Beschäftigung (Erhalt und Sicherung) von Menschen mit Behinderungen anzustreben.

Überdies ist der längst fällige Nationale Aktionsplan umzusetzen und die einzelnen Bundesländer aufgefordert werden, für ihre Bereiche Aktionspläne zu erstellen, die mit realen, konkreten Umsetzungsschritten versehen sind.

Aber auch eine bundeseinheitliche Regelung der persönlichen Assistenz ist dringend notwendig. Denn die persönliche Assistenz umfasst alle Bereiche des täglichen Lebens, in denen Menschen aufgrund ihrer Behinderung Unterstützung benötigen.

Zudem brauchen Menschen mit Behinderungen eine qualitätsvolle, lebenswerte und leistbare Pflege. Die finanziellen Mittel für Menschen mit Behinderungen müssen auch in Zukunft gesichert werden, damit laufend Leistungen finanziert werden können. Die Kosten für die Betroffenen müssen daher so weit gesenkt werden, dass eine gleichbereichtigte Teilhabe und eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht und gewährleistet werden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seinen Sitzungen am 15. März und 6. Oktober 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Sigisbert Dolinschek die Abgeordneten Ulrike Königsberger­Ludwig, Dr. Franz­Joseph Huainigg, Mag. Helene Jarmer, Dietmar Keck, Bernhard Vock, Mag. Christine Lapp, Ursula Haubner, Karl Öllinger, Adelheid Irina Fürntrath­Moretti und Dr. Dagmar Belakowitsch­Jenewein sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F,B dagegen: S,V,G).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2011 10 06

                       Dr. Franz-Joseph Huainigg                                                       Renate Csörgits

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau