1491 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses

über den Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 2009 - 2010 (III-251 der Beilagen)

Der vorliegende Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen hat als Schwerpunkt das Thema „Arbeitsmarkt“. Daher umfasst er neben der Evaluierung der im Zeitraum 2009-2010 auf Basis des "Bundesgesetzes über Berichte der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen" (BGBl. 837/1992) gesetzten externen ministeriellen Maßnahmen auch die Umsetzung von Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans 2010 für Gleichstellung von Frauen und Männer am Arbeitsmarkt (NAP).

 

Insgesamt lässt sich im Rahmen der Evaluierung der in den Jahren 2009 und 2010 bislang gesetzten NAP Maßnahmen im Bereich Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt folgendes vermelden:

 

Die Erstellung des NAP und besonders die vielen vorangehenden Vorarbeiten sind ganz konkret als wichtiger Schritt in der österreichischen Gleichstellungspolitik zu verstehen, der als Prozess bereits weitreichende bewusstseinsbildende Effekte bewirkt, welche im Rahmen dieser Evaluierung jedoch nicht in ihrer Fülle bewertet werden können. Viele der gesetzten Maßnahmen sind erst in Umsetzung befindlich und/oder werden erst in den nächsten Jahren Wirkung zeigen können. Die gegenständliche Evaluierung ist somit nur als ein erster Schritt in der begleitenden wissenschaftlichen Beobachtung einer gesamtösterreichischen akkordierten Genderpolitik auf dem Arbeitsmarkt zu verstehen.

Im Zuge der Anstrengungen der NAP Strategie werden viele, aber sicherlich noch ausbaufähige, Maßnahmen gesetzt. Dazu gehören: 1. finanzielle Anreize/Stützen für gleichgestelltes Arbeiten, mit einem Fokus auf die Verbesserung der Vereinbarkeit für Eltern 2. Maßnahmen zur Reduktion des Gender Pay Gap; 3. Maßnahmen zur Aufwertung der Care-Arbeit; 4. Maßnahmen zum Ausbau der Kinderbetreuung; 5. Maßnahmen im Bildungsbereich, 6. Maßnahmen im Rahmen der beruflichen Bildung; 7. Anstrengungen, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen; und 8. Maßnahmen zur Verringerung von frauenspezifischer Armut.

Hinsichtlich der Beteiligung von Frauen ist das österreichische Bildungssystem sehr erfolgreich, aber bislang konnten kaum Erfolge im Aufheben der geschlechtsbezogenen Segmentierung der (berufsbezogenen) Bildung und des Arbeitsmarktes erzielt werden. Typische Frauenberufe, die mit schlechterer Bezahlung, geringer Wertschätzung und kaum Aufstiegschancen verbunden sind, bestehen weiter und werden weiterhin von Frauen (bzw. MigrantInnen) besetzt. Das lässt den Schluss nahe, dass noch viel mehr grundsätzliche Maßnahmen und Bewusstseinsbildungsarbeit insbesondere im Bereich der Allgemeinbildung und auch der LehrerInnenfortbildung nötig sein werden, um im Bildungsbereich und schließlich auf dem Arbeitsmarkt Wirkung zu zeigen. Eine gemeinsame, geschlechtersensible Bildungsstrategie sollte im Rahmen der ausstehenden Schulreform unbedingt mitgedacht werden.

Der Fokus des NAP richtet sich, wie programmatisch vorgesehen, auf eine Neusteuerung der Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt, die eine erwerbsbedingte ökonomische Gleichstellung bedingen sollen. Ziele der erhöhten Beschäftigung von Frauen sollen, wie im Rahmen der EU 2020 Strategie weitergeführt, zu einer Einkommenssteigerung von Frauen und auch zu gesamtwirtschaftlichem Wachstum führen. Problematisch ist jedoch, dass der Ausbau der Beschäftigung von Frauen oftmals im Bereich der wenig Eigenständigkeit zulassenden und schlechter bezahlten Teilzeit erfolgt; hier sollten noch mehr Maßnahmen angedacht und gesetzt werden.

Sehr viele Maßnahmen sind zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen gesetzt worden, der Erfolg der Strategie bleibt aber aufgrund von fehlenden Sanktionsmechanismen immer noch vom Goodwill der Akteure und Akteurinnen und deren Gerechtigkeitsempfinden bzw. diversitätsgeschultem Effizienzdenken abhängig.

Ein weiteres Problemfeld ist der Bereich der Care-Arbeit. Frauen leisten hier wesentlich mehr Arbeitsstunden als Männer, insbesondere im privaten Pflege- und Betreuungsbereich. Aufgrund der Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters bei Frauen und der damit einhergehenden Verschiebung von (weiblicher) Arbeitszeit auf den Regelarbeitsmarkt, wird die Krise im Care Sektor und die Doppelbelastung von Frauen im privaten Pflege- und Betreuungsbereich deutlich verschärft und ist nicht zu empfehlen. Vor allem wenn die derzeitige Infrastruktur im Betreuungsbereich unverändert bleibt und sich die Beteiligung von Männern nicht erhöht. Die öffentliche Care-Arbeit sollte unbedingt noch verstärkt im Hinblick auf die geschlechtergerechte Beteiligung aufgewertet werden, um diese Arbeitsfelder für Frauen und auch Männer lohnender und auch interessanter zu machen. Die Anstrengungen zum Ausbau der Betreuungsleistungen für Kinder sollten auf die Alten- und Krankenpflege ausgeweitet werden, was bislang nicht in den NAP Maßnahmen abgedeckt ist.

Zur Reduktion des im internationalen Vergleich zweithöchsten Gender Pay Gap könnten und sollten noch weit mehr Anstrengungen gesetzt werden.

Nicht nur arbeiten Frauen in Summe im privaten und öffentlichen Bereich mehr als Männer, sie sind immer noch stärker von Armut betroffen. Das daher nötige Auffangen der ökonomischen und sozialen Benachteiligungen bis zur Erreichten Gleichstellung muss an dieser Stelle betont werden; dies ist ein im NAP kaum berücksichtigter Bereich.

Formal war in dieser allerersten NAP Evaluation schließlich auffällig, dass zumindest bei den Meldungen keine Länderspezifische Akkordanz vorherrscht. (Beispielsweise meldete nur Oberösterreich den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und der schulischen Betreuungsangebote.)

Insbesondere soll hier aber auf die Wichtigkeit von Spill-Over Effekten hingewiesen werden. Die Vorbildwirkung des Bundes zeigt sich bspw. in der Erstellung eines eigenen Vorarlberger NAPs ("Regionaler Aktionsplan für Gleichstellung von Frauen und Männern in Vorarlberg") oder in einigen Best Practise Maßnahmen, die aus den Bundesländern gemeldet wurden.

 

Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 13. Oktober 2011 in Verhandlung genommen.

Aufgrund eines am 6. Oktober 2011 eingebrachten Verlangens der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion wird der vorliegende Bericht gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nicht enderledigt.

Gemäß § 40 Abs. 1 GOG wurde einstimmig beschlossen, Frau Dr.in Michaela Gstrein und Frau Dr.in Karin Schönpflug als Auskunftspersonen zu laden, die im Anschluss an die Berichterstattung eine Stellungnahme zum Gegenstand abgaben.

An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Sonja Ablinger die Abgeordneten Dorothea Schittenhelm, Mag. Heidemarie Unterreiner, Mag. Judith Schwentner, Ursula Haubner, Gabriele Binder-Maier, Christine Marek, Carmen Gartelgruber, Mag. Daniela Musiol, Heidrun Silhavy und Mag. Gertrude Aubauer sowie die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Gisela Wurm.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, dagegen: F, B) beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

 


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 2009 – 2010 (III-251 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

 

Wien, 2011 10 13

                                  Sonja Ablinger                                                               Mag. Gisela Wurm

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau