Vorblatt

Inhalt

Im Sinne des Regierungsprogramms für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, in welchem im Kapitel Justiz im Punkt E.6. unter der Überschrift „Überprüfung der Strafrahmen im gesamten materiellen Strafrecht“, die Überprüfung der Stimmigkeit des Systems der Strafrahmen unter besonderer Berücksichtigung von Gewalttaten festgeschrieben ist, sollen nunmehr in konsequenter Fortschreibung der Maßnahmen zum 2. Gewaltschutzgesetz, BGBl I Nr. 40/2009, Strafschärfungen bei strafbaren Handlungen gegen unmündige Personen für derartige strafbare Handlungen vorgesehen werden.

Zum Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch sollen darüber hinaus weitere Maßnahmen im Bereich des Sexualstrafrechts ergriffen werden, die auch der innerstaatlichen Umsetzung internationaler Vorgaben, insbesondere des Übereinkommens des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, CETS 201, dienen sollen.

Schließlich soll – gleichfalls teils als Maßnahme zum Kinderschutz, teils aber auch darüberhinausgehend – die österreichische Strafgerichtsbarkeit über Auslandstaten insbesondere im Bereich des Sexualstrafrechts, aber auch beim Menschenhandel, bei Zwangsehen sowie bei Genitalverstümmelungen erweitert werden.

Grundzüge der Problemlösung:

Um dem Unrecht angemessener begegnen zu können, das durch strafbare Handlungen verwirklicht wird, die unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung von volljährigen gegenüber Personen begangen werden, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen für derartige Handlungen Strafuntergrenzen eingeführt bzw. diese angehoben werden und bei alternativer Androhung von Geldstrafe und Freiheitsstrafe die wahlweise Androhung der Geldstrafe entfallen. Darüber hinaus soll ausdrücklich hervorgehoben werden, dass in sonstigen Fällen die Tatbegehung unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung durch eine volljährige gegen eine unmündige Person bei der Bemessung der Strafe als Erschwerungsgrund herangezogen werden soll.

Im Bereich des Sexualstrafrechts sollen neben der Ausdehnung der Bestimmungen über die inländische Gerichtsbarkeit neue Strafbestimmungen gegen die Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen und zur Strafbarkeit des Betrachtens pornographischer Darbietungen Minderjähriger eingeführt werden, um insofern den Schutz Minderjähriger vor sexueller Ausbeutung zu verbessern.

Im Bereich der extraterritorialen Gerichtsbarkeit sollen sowohl der Deliktskatalog des § 64 Abs. 1 Z 4a als auch die dort vorgesehenen Anknüpfungspunkte für die Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit ausgeweitet werden.

Alternativen:

Keine

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

- Finanzielle Auswirkungen:

Die vorgeschlagenen Änderungen können zu einem Mehraufwand und Planstellenbedarf im Bereich der Sicherheits- und Justizbehörden sowie zu einer Zusatzbelastung im Bereich des Strafvollzugs führen. Die allfälligen mit den gesetzlichen Änderungen verbundenen Mehraufwendungen werden im Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Justiz aus dessen Budget, im Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres aus dem Budget dieses Ressorts bedeckt.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine

– – Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Für Bürger/innen oder Unternehmen werden keine sie belastenden Informationsverpflichtungen geschaffen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Hauptziel des Entwurfs ist der Schutz von Kindern vor Gewalt und sexuellen Übergriffen. Nach dem Kriminalitätsbericht 2010 waren bezogen auf sämtliche gerichtlich strafbaren Handlungen 63% der unmündigen Opfer Buben und 37% Mädchen. Bezogen auf die Delikte gegen Leib und Leben waren 73% Buben und 27% Mädchen Opfer, während bei den Delikten gegen die Freiheit überdurchschnittlich viele Mädchen Opfer waren (44%) und bei den Sexualdelikten die weit überwiegende Mehrheit der unmündigen Opfer (nämlich 75%) weiblich waren.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgeschlagenen Änderungen nehmen zum Teil die Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates vorweg und dienen zum Teil auch der Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates.

Im Übrigen wird EU-Recht durch den vorliegenden Entwurf nicht berührt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine


Erläuterungen

Allgemeines

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

In konsequenter Fortschreibung der Maßnahmen zum 2. Gewaltschutzgesetz, BGBl I Nr. 40/2009, sollen bei strafbaren Handlungen, die eine volljährige gegen eine unmündige Person unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung begeht, einerseits die Androhung eines Mindestmaßes einer Freiheitsstrafe eingeführt bzw. die Untergrenze der Freiheitsstrafdrohung angehoben und andererseits ein eigener Erschwerungsgrund für derartige Taten vorgesehen werden. Ist wahlweise die Verhängung einer Geldstrafe und einer Freiheitsstrafe vorgesehen, soll die alternative Androhung der Geldstrafe entfallen.

Darüber hinaus soll auch der strafrechtliche Schutz von Kindern gegen sexuellen Missbrauch weiter ausgebaut werden. Unter einem soll auch die innerstaatliche Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, BGBl III Nr 96/2011, vorgenommen werden, wobei die geltende Rechtslage ohnehin schon weitestgehend den Vorgaben entspricht (siehe dazu insbesondere § 207a Abs. 3a idF des 2. Gewaltschutzgesetzes, BGBl I Nr 40/2009), dennoch aber einige Anpassungen im StGB erfordert.

Schließlich soll – gleichfalls teils als Maßnahme zum Kinderschutz, teils aber auch darüberhinausgehend – die österreichische Strafgerichtsbarkeit über Auslandstaten insbesondere im Bereich des Sexualstrafrechts, aber auch beim Menschenhandel, bei Zwangsehen sowie bei Genitalverstümmelungen erweitert werden. Auch diese Maßnahme dient zum Teil der Umsetzung internationaler Vorgaben.

Änderungen:

Es werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

-       Schärfere Strafdrohungen durch Schaffung bzw. Anhebung von Strafuntergrenzen bei strafbaren Handlungen einer volljährigen Person gegen eine unmündige Person, die unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung begangen worden sind (§ 39a);

-       Einführung eines eigenen Erschwerungsgrundes bei Tatbegehung unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung durch eine volljährige gegen eine unmündige Person (§ 33 Abs. 2);

-       Ausweitung der Anwendungsfälle der extraterritorialen Gerichtsbarkeit nach § 64 Abs. 1 Z 4a um Genitalverstümmelungen im Sinne des § 90 Abs. 3 sowie die Straftatbestände der §§ 102, 103, 104, 104a, 106 Abs 1 Z 3, 194, 205, 207b Abs. 1, 212 Abs. 1 sowie 217 und Erweiterung der Anknüpfungspunkte für die extraterritoriale Gerichtsbarkeit nach dieser Bestimmung (Täter oder Opfer besitzt die österreichische Staatsangehörigkeit oder hat den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland);

-       Schaffung eines neuen Straftatbestandes gegen die Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a);

-       Schaffung eines neuen Straftatbestandes gegen die wissentliche Betrachtung pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a Abs. 2a).

Finanzielle Auswirkungen:

Die Einführung bzw. Anhebung der Strafuntergrenzen bei Gewalttaten gegenüber unmündigen Personen sowie die Einführung neuer Straftatbestände und die Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit  können mit einem Mehraufwand im Bereich der Sicherheits- und Justizbehörden verbunden sein, der sich insgesamt nicht genau absehen, vor allem nicht quantifizieren lässt und maßgeblich von der Kriminalitätsentwicklung sowie der Entdeckungsrate in den betroffenen Bereichen abhängen wird. Nach Maßgabe der damit einhergehenden möglichen Steigerungen der Verurteiltenzahlen und des Ausmaßes der verhängten Strafen kann es auch zu einer nicht näher quantifizierbaren Zusatzbelastung im Strafvollzug kommen. Die allfälligen mit den gesetzlichen Änderungen verbundenen Mehraufwendungen werden im Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Justiz aus dessen Budget, im Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres aus dem Budget dieses Ressorts bedeckt.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreichs:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgeschlagenen Änderungen nehmen zum Teil die Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates vorweg und dienen zum Teil auch der Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates.

Im Übrigen wird EU-Recht durch den vorliegenden Entwurf nicht berührt.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Artikel 1 (Änderungen des Strafgesetzbuches)

Zu Z 1 (§ 33 Abs. 2):

Der besondere Erschwerungsgrund der Begehung einer Tat unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung durch einen volljährigen Täter gegen eine unmündige Person soll in Abs. 2 des § 33 verankert werden, womit systematische Argumente aus dem Begutachtungsverfahren aufgegriffen werden. Dieser besondere Erschwerungsgrund wird vom Gericht außer in den Fällen des § 39a Abs. 1 bei der Bemessung der Strafe zu beachten sein.

Zu Z 2 (§ 39a):

Durch die vorgeschlagene Bestimmung des § 39a Abs. 1 werden Strafschärfungen bei Gewaltdelikten (dh bei allen Delikten, die unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung begangen worden sind, unabhängig davon, ob es sich um ein Delikt gegen Leib und Leben handelt, also insbesondere etwa auch bei gefährlicher Drohung, Raub oder geschlechtlicher Nötigung) von Volljährigen gegen Unmündige vorgesehen. Danach soll - soweit bisher kein Mindestmaß vorgesehen war - nunmehr bei Vorliegen der Voraussetzungen bei einem Höchstmaß bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe ein Mindestmaß von zwei Monaten Freiheitsstrafe und bei einem ein Jahr übersteigenden Höchstmaß eine Strafuntergrenze von drei Monaten gelten; das bisherige Mindestmaß von sechs Monaten soll auf ein Jahr bzw. von einem Jahr auf zwei Jahre angehoben werden.

Damit wäre nunmehr beispielsweise die Körperverletzung nach § 83 gegen einen Unmündigen mit einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bis zu einem Jahr, die schwere Körperverletzung nach § 84 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, die Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 85 mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren, die Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 86 mit Freiheitsstrafe von zwei bis zehn Jahren und die absichtliche schwere Körperverletzung in der Grundstrafdrohung mit Freiheitsstrafe von zwei bis fünf Jahren und in der ersten Qualifikationsstufe mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Für die darüber hinausgehenden Strafrahmen käme der Erschwerungsgrund des § 33 Abs. 2 zum Tragen.

Die Strafdrohungen des Grundtatbestandes des § 92 Abs. 1 erhöht sich damit – soweit die Tat unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung gegen einen Unmündigen begangen wird – auf drei Monaten bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Zieht die Tat eine schwere Dauerfolge nach sich, so erhöht sich die Mindeststrafdrohung auf ein Jahr (bis zu fünf Jahren), bei Tod des Unmündigen wäre die Untergrenze nunmehr mit 2 Jahren Freiheitsstrafe bemessen.

Bei wahlweiser Androhung von Geldstrafe und Freiheitsstrafe hat sich nach 12 Os 137/90 die richterliche Ermessensentscheidung zwischen diesen beiden gesetzlichen Strafalternativen daran zu orientieren, dass die Freiheitsstrafe die Ausnahme sein soll, wobei allerdings (auch) für diese Ausnahmefälle nach der herrschenden Rechtsprechung – entgegen dem Willen des Gesetzgebers (vgl den JAB zum StGB, 959 BlgNR XIII. GP, 10) und offenbar entgegen dem seinerzeitigen Schrifttum (vgl EvBl 1976/40) – eine Anwendung des § 37 nicht in Betracht kommt (vgl demgegenüber die etwas andere Sichtweise von Flora in WK StGB2  § 37 Rn 26 f).

Der einzige Anwendungsfall des vorgeschlagenen Abs. 1 Z 1 zweiter Fall wäre derzeit § 83. Durch die Ausschaltung der alternativen Geldstrafdrohung soll jedenfalls der Eindruck vermieden werden, dass (auch) bei Körperverletzungen Volljähriger an Unmündigen die Verhängung einer Geldstrafe der Regel- und die Verhängung einer Freiheitsstrafe lediglich die Ausnahme sein soll. Vielmehr soll künftig einzelfallbezogen anhand der Kriterien des § 37 geprüft werden, ob die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der vorgesehenen Freiheitsstrafe überhaupt in Betracht kommt. Dabei soll von der im Wege der Z 1 modifizierten Strafdrohung (zwei Monate bis ein Jahr Freiheitsstrafe) ausgegangen werden.

Aufgrund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens soll in § 39a Abs. 2 ausdrücklich klargestellt werden, dass bei der Anwendung der §§ 36 und 41 von den durch § 39a Abs. 1 geänderten Strafdrohungen auszugehen ist. Dadurch verändert sich die Strafdrohung soweit überblickbar jedoch im Anwendungsbereich des § 36 lediglich in jenen Fällen, in denen ursprünglich ein Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen wäre, und im Anwendungsbereich des § 41 lediglich in jenen Fällen, in denen eine ursprünglich nur mit Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bedrohte strafbare Handlung zufolge § 39a Abs. 1 Z 3 nunmehr (grundsätzlich) mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht wäre (und daher gegebenenfalls nicht § 41 Abs 1 Z 5, sondern lediglich § 41 Abs 1 Z 4 zur Anwendung kommen kann).

Zu Z 3 und 4 (§ 64 Abs. 1 Z 4 und 4a):

Im Hinblick auf die Regelungen über die inländische Gerichtsbarkeit in Artikel 25 des Übereinkommens des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch schlägt der Entwurf vor, die österreichische Gerichtsbarkeit nach § 64 Abs. 1 Z 4a auch auf den sexuellen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person gemäß § 205 und den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 auszudehnen. Im Hinblick auf die Ausdehnung des § 64 Abs. 1 Z 4a auf weitere Tatbestände erscheint es nicht sachgerecht, § 207b Abs. 1 weiterhin von der Regelung des § 64 Abs. 1 Z 4a auszunehmen. Der Entwurf schlägt daher vor, § 207b komplett § 64 Abs. 1 Z 4a zu unterstellen.

Die österreichische Gerichtsbarkeit soll bei den genannten Straftatbeständen bei Tatbegehung im Ausland  unabhängig von der Strafbarkeit am Tatortstaat zum einen gegeben sein, wenn der Täter österreichischer Staatsbürger ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Die inländische Gerichtsbarkeit im Falle des gewöhnlichen Aufenthalts des Täters im Inland ist in Artikel 25 Abs. 1 lit. e des genannten Europaratsübereinkommens und auch in Artikel 4 Abs. 2 lit. a des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie vorgesehen. Zum anderen sollen auch jene Fälle erfasst werden, in denen das Opfer die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat (vgl. Art. 25 Abs. 2 des genannten Europaratsübereinkommens).

Im Sinne einer Empfehlung des UN-Kinderrechtskomitees (vgl CRC/C/OPSC/AUT/CO/1) soll die erweiterte extraterritoriale Gerichtsbarkeit auch für die Menschenhandelstatbestände im weiteren Sinn (also die §§ 104a, 194 und 217) gelten. Diese Maßnahme liegt auch auf einer Linie mit der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (vgl. deren Art. 10 Abs. 1 lit. b sowie Art. 10 Abs. 2 lit. a und c).

Darüber hinaus sollen – teils wegen der inhaltlichen Verwandtschaft, teils weil hier ein besonderer praktischer Bedarf vermutet wird – auch die Nötigung zur Eheschließung (sowie die übrigen Fälle der schweren Nötigung nach § 106 Abs. 1 Z 3)  und Genitalverstümmelungen im Sinne des § 90 Abs. 3 erfasst werden.

Gleichfalls im Hinblick auf die inhaltliche Nähe sollen nicht nur die bereits erwähnten §§ 104a und 217, sondern auch die Tatbestände der §§ 102, 103 und 104 aus § 64 Abs. 1 Z 4 in die erweiterte Z 4a überstellt werden.

Zu Z 5 (§ 208a): 

Vorbemerkung:

Das Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, CETS 201, verlangt in Artikel 23 die Kriminalisierung der Kontaktanbahnung zu Kindern zu sexuellen Zwecken (auch „grooming“ genannt). Mit dieser Bestimmung soll ein weiterer Schritt zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern gesetzt werden. Die Staatengemeinschaft des Europarates hat mit der Annahme dieses zusätzlichen Tatbestands Neuland betreten, aber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass auch Vorbereitungshandlungen für spätere Sexualdelikte strafwürdig erscheinen.

Die Bezeichnung „grooming“ bezieht sich nach den Erläuterungen zum Europaratsübereinkommen (vgl. den Explanatory Report zum Übereinkommen, Abs. 156) auf die Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs einer unmündigen Person. Dazu zählt u.a. sich mit der unmündigen Person anzufreunden (oft, indem der Täter vorgibt, ein Kind zu sein), die Person dazu zu bringen, intime Dinge zu besprechen und ihr allmählich eindeutiges sexuelles Material zu zeigen, um die Widerstände bzw. die Hemmschwelle bezüglich Sex zu senken. Die unmündige Person kann weiters dazu gebracht werden, Kinderpornographie herzustellen. Es kommt auch vor, dass eine unmündige Person zur Herstellung kinderpornographischen Materials überredet wird, indem sie entblößende Fotos auf einer Digitalkamera, einer Web-Cam oder einer Phone-Cam anfertigt und sendet. Dadurch kann der Täter eine Kontrolle über das Opfer ausüben und es sodann zu einem Treffen nötigen. Kommt es zu einem realen Treffen, kann das Opfer sexuell missbraucht werden.

In der Praxis wird beobachtet, dass sich Täter vor allem im Internet als jüngere Person ausgeben, um das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen. Der neue Tatbestand reagiert auf das Phänomen, dass Kinder bei Treffen mit Personen sexuell missbraucht werden, die sie vorher beispielsweise in Internet-Chatrooms kennengelernt haben.

Mit § 208a werden gefährliche Vorphasen bestimmter schwerwiegender Sexualdelikte gegen Unmündige erfasst und selbständig vertypt. Im Hinblick auf die Schwere der vom Täter beabsichtigten Straftaten ist die Einführung eines Vorbereitungsdeliktes – wie auch im Bereich der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität – berechtigt.

Zu § 208a:

Zur Umsetzung des Art. 23 des Europaratsübereinkommens gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern schlägt der Entwurf vor, im 10. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB (Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung) nach dem Tatbestand der Sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren (§ 208) einen neuen § 208a mit der Überschrift „Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen“ einzufügen. Danach soll strafbar sein, wer einer unmündigen Person in der Absicht, an ihr eine strafbare Handlung nach den §§ 201 bis 207a Abs. 1 Z 1 zu begehen, im Wege einer Telekommunikation, unter Verwendung eines Computersystems (Z 1) oder auf sonstige Art unter Täuschung über seine Absicht (Z 2) ein persönliches Treffen vorschlägt oder ein solches mit ihr vereinbart und eine konkrete Vorbereitungshandlung zur Durchführung des persönlichen Treffens mit dieser Person setzt.

Die Formulierung des Tatbestandes lehnt sich dabei eng an Art. 23 des Europaratsübereinkommens gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern an. Von der im Europaratsübereinkommen vorgesehenen Möglichkeit, die Versuchsstrafbarkeit vorzubehalten (Art. 24 Abs. 3), sollte kein Gebrauch gemacht werden.

Zu Abs. 1:

Der Tatbestand wendet sich gezielt gegen bestimmte Handlungen im Vorfeld von Sexualdelikten an Unmündigen. Tatopfer nach § 208a kann nur eine unmündige Person sein.

§ 208a ist als mehraktiges Delikt konzipiert. Einer Anregung des Begutachtungsverfahrens folgend, die die erste Tathandlung „vorschlagen“ eines Treffens als nicht weit genug erachtete, soll auch das „vereinbaren“ eines Treffens strafbar sein, um sowohl das aktive Vorgehen des Täters ohne Reaktion des Kindes als auch die Zustimmung des Täters zu einer nicht von ihm ausgehenden Initiative zu umfassen. Die beiden Begehungsformen sind gleichwertig (alternatives Mischdelikt).

Im Ministerialentwurf war zunächst nur die Tatbegehung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems unter Strafe gestellt. Im Begutachtungsverfahren wurde diese Beschränkung gelegentlich als nicht sachgerecht bezeichnet und eine Ausdehnung auf andere Formen der Kontaktaufnahme (z.B. persönliches Ansprechen auf der Straße) gefordert. Um dieser Anregung Rechnung zu tragen, wurde nunmehr in Abs. 1 Z 1 die Tatbegehung im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems geregelt und in Abs. 1 Z 2 die Tatbegehung auf sonstige Art unter Täuschung über die Absicht des Täters.

„Telekommunikation“ ist als technischer Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels dazu dienender technischer Einrichtungen zu verstehen. Der Begriff „Computersystem“ ist in § 74 Abs. 1 Z 8 definiert.

Bei der Tatbegehung auf sonstige Art gemäß Abs. 1 Z 2 kommt jede andere Form der Kontaktaufnahme als die in Abs. 1 Z 1 vorgesehene in Betracht (z.B. persönliches Ansprechen auf der Straße, Brief etc.). Diese ist jedoch nur dann strafbar, wenn der Täter die unmündige Person über seine Absicht, an ihr eine strafbare Handlung nach den §§ 201 bis 207a Abs. 1 Z 1 zu begehen, täuscht. Diese Beschränkung erscheint insofern sachgerecht, als sich die besondere Gefährlichkeit der genannten Verhaltensweisen aus der Täuschung der unmündigen Person ergibt. Um den Vorgaben des Europaratsübereinkommens zu entsprechen, ist bei der Tatbegehung nach Abs. 1 Z 1 kein Täuschungselement erforderlich, auch wenn dies in der Praxis regelmäßig der Fall sein wird. Die Täuschung über das Vorhaben kann durch Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung richtiger Tatschen erfolgen. Sie kann auch bloß in zur Irreführung des Opfers bestimmten schlüssigen Handlungen bestehen (vgl. §§ 108, 146).

Wenn der Täter der unmündigen Person ein Treffen vorschlägt bzw. ein solches mit ihr vereinbart, muss er die Absicht (§ 5 Abs. 2) haben, an ihr eine strafbare Handlung nach den §§ 201 bis 207a Abs. 1 Z 1 zu begehen. Das bedeutet, dass es dem Täter auf die Begehung einer dieser strafbaren Handlungen ankommen muss.

Im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf BMJ-S318.010/0001-IV 1/2010 wurde gelegentlich angeregt, hinsichtlich der inneren Tatseite der geplanten strafbaren Handlung auf bedingten Vorsatz anstatt Absicht iSd § 5 Abs. 2 abzustellen. Dies erschiene jedoch angesichts der Tatsache, dass durch den vorliegenden Tatbestand die Strafbarkeit unter Umständen weit ins Vorbereitungsstadium vorverlegt wurde, unangemessen. An der Vorsatzform „Absicht“ ist daher zum Ausgleich für die mitunter sehr früh anknüpfende Strafbarkeit festzuhalten. Für die übrigen Tatbestandsmerkmale genügt nach den allgemeinen Regeln bedingter Vorsatz. Anhaltspunkte für den Plan des Täters können insbesondere sein, dass er der unmündigen Person kinderpornographisches Material zeigt oder mit ihr über intime Dinge, die nicht dem Alter der unmündigen Person entsprechen, spricht.

Die Formulierung „strafbare Handlung nach den „§§ 201 bis 207a Abs. 1 Z 1“ bedeutet, dass in Bezug auf die §§ 206 und 207 die Alterstoleranzklausel nach §§ 206 Abs. 4 und 207 Abs. 4 zur Anwendung kommen kann, zumal angesichts der dort normierten persönlichen Strafausschließungsgründe in concreto nicht von einer strafbaren Handlung gesprochen werden kann.

Als weitere Tathandlung muss der Täter „eine konkrete Vorbereitungshandlung zur Durchführung des persönlichen Treffens mit dieser Person setzen“. Entgegen im Begutachtungsverfahren aufgeworfener Bedenken wurde die zweite Tathandlung in Anlehnung an das Europaratsübereinkommen bewusst weit gefasst, um den verschiedenen Konstellationen in der Praxis ausreichend Rechnung zu tragen. Erforderlich ist lediglich, dass der Täter seinen Vorschlag eines Treffens oder die darüber getroffene Vereinbarung durch eine weitere Handlung, die der Vorbereitung des Treffens dient, bekräftigt. Zu denken wäre beispielsweise an den Kauf einer Fahrkarte zum Ort des Treffens, die Übermittlung einer Weg- oder Personenbeschreibung an das Opfer oder das Eintreffen des Täters am Tatort.

Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates idF Dok. 11987/11 DROIPEN 68 JAI 441 CODEC 1091 sieht in Art. 6 für „grooming“ eine Mindesthöchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vor. Im Hinblick auf die Schwere der Taten, gegen deren Vorbereitung sich der vorliegende Tatbestand wendet, wird im Entwurf eine Strafdrohung von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe vorgeschlagen.

Die Strafbarkeit nach § 208a entfällt, wenn der Täter die beabsichtigte Tat nach den §§ 201 bis 207a Abs. 1 Z 1 tatsächlich begangen oder zumindest versucht hat.

Zu Abs. 2:

Mit dieser Bestimmung soll – auch im Sinne von zum Teil im Begutachtungsverfahren geäußerten Bedenken – die Möglichkeit einer strafbefreienden tätigen Reue geschaffen werden. Die Aufnahme eines besonderen Strafaufhebungsgrundes der „tätigen Reue“ für § 208a Abs. 1 entspricht der Systematik des im Zusammenhang mit den Vorbereitungsdelikten. Dem Strafaufhebungsgrund liegt die allgemeine Erwägung zugrunde, dass die Pönalisierung des Vorbereitungsstadiums eine weitgehende Strafbarkeitsvorverlagerung bedeutet und daher eines entsprechenden Ventils bedarf. Setzt der Täter ein Signal der Umkehr, bedarf es weder unter general- noch unter spezialpräventiven Aspekten einer Bestrafung.

Bei der tätigen Reue nach § 208a Abs. 2 handelt es sich um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund. Um straffrei zu werden, muss der Täter freiwillig und bevor die Behörde (§ 151 Abs. 3) von seinem Verschulden erfahren hat, sein Vorhaben aufgeben und der Behörde sein Verschulden offenbaren. Die Offenbarung des Verschuldens an die Behörde als nach außen tretende Reuehandlung erscheint vor allem deshalb sachgerecht, weil die Behörde den Täter auf Beratungsstellen aufmerksam machen kann, die sogenannte „Täterarbeit“ anbieten.

Die Aufnahme eines solchen Strafaufhebungsgrundes widerspricht nicht der EU-Richtlinie, die in Art. 6 lediglich die Schaffung einer entsprechenden Strafbestimmung fordert, aber in Bezug darauf kein Verbot enthält, Strafbefreiungsgründe vorzusehen.

Zu Z 6 (§ 215a): 

Vorbemerkung:

Artikel 21 Abs. 1 lit. c des Übereinkommens des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, CETS 201, verlangt die Kriminalisierung des wissentlichen Besuchs (engl: „attending“) einer pornographischen Darbietung, an der Kinder mitwirken. Gemäß Artikel 21 Abs. 2 kann sich jede Vertragspartei das Recht vorbehalten, die Anwendung des Abs. 1 lit. c auf Fälle zu beschränken, in denen die Kinder nach Abs. 1 lit. a oder b angeworben oder genötigt wurden. Von dieser Vorbehaltsmöglichkeit soll Österreich keinen Gebrauch machen.

Mit der vorliegenden Bestimmung soll der Konsument einer pornographischen Darbietung, an der Minderjährige mitwirken, zur Verantwortung gezogen werden. Da § 215a Abs. 1 und 2 die Organisatoren von Prostitution und pornographischen Darbietungen erfassen und Abs. 3 die Mitwirkung an einer pornographischen Darbietung definiert, wird – Anregungen im Begutachtungsverfahrens zur Gesetzessystematik folgend – vorgeschlagen, die Strafbestimmung in einem neuen Abs. 2a vorzusehen.

Zu § 215a:

Tathandlung nach dem vorgeschlagenen Abs. 2a  ist das Betrachten einer pornographischen Darbietung Minderjähriger. Nach dem englischen Originaltext des Europaratsübereinkommens zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch und der Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI idF. Dok. 11987/11 DROIPEN 68 JAI 441 CODEC 1091 besteht die Tathandlung in „attending a pornographic performance“. In der deutschen Übersetzung des Übereinkommens des Europarates wird die Tathandlung als „Besuch einer pornographischen Darbietung“ definiert. Hingegen wird „attending pornographic performances“ in der deutschen Übersetzung des Richtlinienvorschlags mit „an pornographischen Darbietungen teilnehmen“ umschrieben.

Beide Begriffe erscheinen widersprüchlich. Unter „Teilnahme“ an einer pornographischen Darbietung wäre eher die Beteiligung des Tatopfers zu verstehen, die in § 215 Abs. 3 als „Mitwirkung“ an der pornographischen Darbietung umschrieben wird. Die Formulierung „besuchen“ könnte wiederum nahelegen, dass der Tatbestand nur erfüllt ist, wenn der Täter den Ort der pornographischen Darbietung aktiv aufsucht. Nach den Erläuterungen zum Europaratsübereinkommen (vgl. den Explanatory Report zum Übereinkommen, Abs. 148) soll mit der Bestimmung eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Zuschauers („spectator“) begründet werden. Der Entwurf schlägt daher als Tathandlung das Betrachten vor.

Unter „Betrachten“ ist jede Form der visuellen Wahrnehmung zu verstehen, sei es im Rahmen einer Live-Aufführung oder einer Live-Übertragung mittels Web-Cam oder Phone-Cam.

Betrachtet der Täter eine pornographische Darbietung, die mittels Web-Cam im Internet übertragen wird, kann sich die Frage der Abgrenzung zwischen § 215a Abs. 2a und § 207a Abs. 3a, der den wissentlichen Zugriff auf pornographische Darstellungen Minderjähriger bestraft, stellen. Diese Abgrenzung hat anhand der begrifflichen Unterscheidung zwischen pornographischer Darbietung iSd § 215a und pornographischer Darstellung nach § 207a Abs. 4 zu erfolgen. Während unter einer pornographischen Darbietung gemäß § 215a ein aktuelles („live“) Geschehen zu verstehen ist, erfasst der Begriff „pornographische Darstellung“ gemäß 207a Abs. 4 Abbildungen, die eine reale Handlung oder ein reales Geschehen an realen Menschen bzw. reale Menschen – grundsätzlich unmanipuliert – wiedergeben (Abs. 4 Z 1 bis 3) sowie virtuelle Bilder (Abs. 4 Z 4; vgl. RV 294 d.B. 22. GP, 21). Somit fällt nur die Betrachtung einer Live-Übertragung von pornographischen Darbietungen Minderjähriger mittels Web-Cam im Internet unter § 215a, während die Betrachtung von Aufführungen, die mittels Web-Cam aufgenommen und zeitversetzt ins Internet übertragen werden, infolge der mit der Zeitversetzung notwendigerweise einhergehenden Zwischenspeicherung § 207a zu unterstellen sein wird.

Das Betrachten muss, um strafbar sein zu können, wissentlich (§ 5 Abs. 3) erfolgen, das heißt, dass der Täter den Umstand, dass er eine pornographische Darbietung Minderjähriger respektive Unmündiger betrachtet, nicht bloß ernstlich für möglich, sondern für gewiss halten muss.

Im Hinblick auf die Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI (zuletzt Dok. 11987/11 DROIPEN 68 JAI 441 CODEC 1091) wird eine gesplittete Strafdrohung, je nachdem, ob es sich beim Opfer um eine unmündige Person oder um eine mündige minderjährige Person handelt, vorgeschlagen.