1536 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (1523 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz  (ARHG) und das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten geändert werden (EU-JZG-ÄndG 2011)

 

Der vorliegende Gesetzentwurf dient vor allem der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27.11.2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union, ABl. L 2008/327, 27. Dieser beruht auf dem Grundgedanken, dass der Strafvollzug in jenem Staat vorzunehmen ist, der am ehesten geeignet ist, der Resozialisierung des Verurteilten zu dienen, und ist bis 5.12.2011 umzusetzen.

Daneben werden Umsetzungsmaßnahmen zu folgenden Rahmenbeschlüssen vorgeschlagen:

         -      Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18.12.2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten Europäischen Union, ABl. L 2006/386, 89, samt Berichtigung, ABl. L 2007/75, 26;

         -      Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. 2.2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist, ABl. L 2009/81, 24, und

         -      Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates vom 26.2.2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. L 2009/93, 23.

Weiters soll der Auslegung einer Übergangsbestimmung des Rahmenbeschlusses des Rates 2002/584/JI vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 2002/190, 1) durch den EuGH in seinem Urteil vom 12.8.2008, C-296/08, Goicoechea, Rechnung getragen werden.

Schließlich soll der kürzlich mit Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 22.12.2010, 1966 (2010), geschaffene Residualmechanismus für das Internationale Gericht für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und das Internationalen Gericht für Ruanda (ICTR) in das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, BGBl. Nr. 263/1996, aufgenommen werden, um eine Pflicht der österreichischen Behörden zur Zusammenarbeit mit dem Residualmechanismus einzuführen.

Daneben sollen noch kleinere Änderungen des EU-JZG und des ARHG vorgenommen werden, durch welche Unschärfen und Redaktionsversehen, zu denen es durch das Strafprozessreformbegleitgesetz II, BGBl. II Nr. 112/2007, gekommen ist, beseitigt und in der Praxis aufgetretene Unklarheiten einer unzweifelhaften Regelung zugeführt werden sollen, wobei diesbezüglich die Begutachtung bereits zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt wurde.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 22. November 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher der Abgeordnete Mag. Johann Maier sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 a) bis g) und i) (§§ 42a, 42b Abs. 1, 2, 4 und 7, 42c, 42d Abs. 2 und 42g Abs. 1):

Im Zuge des Begutachtungsverfahrens wurden von mehreren staatsanwaltschaftlichen Behörden und der Standesvertretung der Richter und Staatsanwälte schwere Bedenken gegen die vorgesehene Zuständigkeit zur Erwirkung der Übertragung der Strafvollstreckung geäußert; begründet wurden diese Bedenken einerseits damit, dass nach geltender Rechtslage sonst Aufgaben im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Urteilen den Gerichten übertragen sind, andererseits mit dem Hinweis, dass diese zusätzliche Aufgabe zu einer weiteren Verschärfung der ohnehin angespannten Belastungssituation bei den Staatsanwaltschaften führen werde.

Um dieser Kritik Rechnung zu tragen, soll die Zuständigkeit zur Erwirkung der Übertragung der Strafvollstreckung nicht den Staatsanwaltschaften, sondern dem Bundesministerium für Justiz übertragen werden. Die dort eingerichtete Abteilung für internationale Strafsachen (Abt. IV 4) verfügt bereits über große Erfahrung im Bereich der Übertragung der Strafvollstreckung; diese Erfahrung ist für die Erwirkung der Vollstreckung nach der neuen Rechtsgrundlage von großem Nutzen. Die Zentralisierung beim Bundesministerium für Justiz bietet den Vorteil, dass eine größere Routine bei der Bearbeitung entwickelt werden kann, als es bei den einzelnen Staatsanwaltschaften, bei denen nur selten solche Fälle auftreten werden, möglich wäre. Das Bundesministerium für Justiz ist dann auch die einzige Ansprechstation für die Justizanstalten.

Es wird davon ausgegangen, dass das Bundesministerium für Justiz derartigen Fällen die nötige Priorität einräumen wird, um das neue Instrumentarium umfassend und rasch einzusetzen; dies liegt sowohl im Interesse der Resozialisierung der Verurteilten, als auch im Interesse einer Entlastung des österreichischen Strafvollzuges.

Zu Z 1 h) (§ 42f Abs. 1):

Durch die Einfügung soll klargestellt werden, dass die Entscheidung über die Zustimmung zur Verfolgung, Verurteilung oder Strafvollstreckung der verurteilten Person im Vollstreckungsstaat wegen weiterer, vor der Übergabe begangener Straftaten vom Gericht zu treffen ist.

Zu Z 2 (Anhänge VII bis IX):

Im Einklang mit den bezughabenden Rahmenbeschlüssen sollen dem EU-JZG folgende Anhänge angefügt werden, die der Regierungsvorlage durch ein Versehen nicht angeschlossen wurden:

         Bescheinigung nach Artikel 4 des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union (Anhang VII);

         Formblatt zur Unterrichtung der verurteilten Person (Anhang VIII); und

         Formblatt nach den Artikeln 6, 7, 8, 9 und 10 des Rahmenbeschlusses des Rates 2009/315/JI des Rates über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (Anhang IX).“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, B, dagegen: F) beschlossen.

 


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 11 22

                    Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher                                          Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann