1542 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 458/A der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 17. Februar 2009 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die derzeitigen Regelungen über den Bestellungsmodus, die Zahl und die parteipolitische Abhängigkeit von Volksanwälten im Zuge ihrer (Wieder)Nominierung und Bestellung sind in den letzten Jahren einer massiven Kritik ausgesetzt gewesen. So gibt es einerseits keine Möglichkeit, Volksanwälte bei schwerwiegenden Verfehlungen abzuberufen und andererseits ist die Beschränkung auf die drei mandatsstärksten Parteien im Nationalrat anachronistisch und zweckwidrig; geht sie doch letztendlich auf den Kreisky-Peter Pakt zurück, was sich schon in der Konstellation (der drei mandatsstärksten Parteien) widerspiegelt.

Die jüngste Debatte um das Vorschlagsrecht bei zwei mandatsgleichen Parteien im Nationalrat und die Frage des Nominierungsrechtes für den Wahlvorschlag des Hauptausschusses bei einem vorzeitigen Ausscheiden  – kennt doch die Geschäftsordnung des Nationalrates nur Klubs und keine Parteien – zeigen alleine schon die Unklarheit der bestehenden Normen. Die immer wieder aufgeworfene Frage der fachlichen Qualifikation der Volksanwälte (so etwa WALTER-MAYER, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, S. 440 Rz 1256) wird durch eine entsprechende Regelung ebenfalls ergänzt. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft sollen daher im Sinne Kelsens zu wahren „Anwälten des öffentlichen Rechts“ werden. Sie können dazu sowohl aus der Praxis der öffentlichen Verwaltung, dem Lehrbereich hierzu als auch aus politischen Vertretungskörpern und Kontrollinstitutionen stammen.

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen:

Durch die vorgeschlagene Änderung des B-VG soll die Zahl der Volksanwälte auf sechs erhöht werden, wobei aber zusätzliche Aufgaben von bestehenden Institutionen übernommen werden würden. Durch das Instrumentarium einer Volkswahl der Volksanwaltschaft würde der Charakter der Unabhängigkeit von politischen Parteien deutlich verbessert werden. Zur Kostenersparnis für den Wahlvorgang wurde eine generelle Koppelung mit der Wahl des Bundespräsidenten vorgesehen, die nur unter  ganz besonderen Umständen bei vorzeitigem Ende einer Periode oder dem Ausscheiden eines Volksanwaltes zu einem eigenen Wahlgang führen würde. In diesem Fall ist die Zusammenlegung mit anderen Wahlen möglich.

Das Wahlverfahren stellt auf die Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen für einen Kandidaten ab, wobei nur jene Kandidaten zu Mitgliedern der Volksanwaltschaft ernannt werden können, die in der Rangreihe der Stimmergebnisse die sechs ersten Plätze erreicht haben. Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens wird auf die nächstgereihten Kandidaten, die aber über Stimmenmehrheit verfügen müssen, als Ersatzvolksanwälte abgestellt.

Eine Abberufung soll analog zur Wahl nur durch Volksentscheid möglich sein. Dieser ist nur nach einem qualifizierten Beschluss des Nationalrates durchzuführen. Die näheren Bestimmungen über die Wahl der Volksanwälte wären in einem eigenen Bundesgesetz über die Wahl zur Volksanwalt­schaft (das sehr ähnlich dem Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 gestaltet sein sollte) und die Bestimmungen über die Abberufung im Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates sowie im Volksabstimmungsgesetz 1972 zu regeln. Die Aufteilung der Aufgaben in allen Fällen unter den Volksanwälten wäre im Volksanwaltschaftsgesetz 1982 näher zu regeln.

Gleichzeitig zum neuen Wahl- und Abberufungsmodus wird auch die Zahl der Volksanwälte den Bedürfnissen entsprechend angepasst. So hat sich in bestimmten Lebensbereichen, die besondere Bedürfnisse nach Kontrolle der Verwaltung bedürfen, auch außerhalb des Systems der Volksanwaltschaft (VA) ein eigener Rechtsschutz für die betroffenen Bürger gebildet. Etwa im Bereich des Behindertenwesens (Behindertenanwalt) und der militärischen Landesverteidigung (Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission). Beide Institutionen haben sich daher parallel zur VA entwickelt und haben in vielen Bereichen die gleichen Rechte, etwa zur Durchführung von Untersuchungen  und Erhebungen im Falle von behaupteten Diskriminierungen und zur Abgabe von Empfehlungen sowie zur Veröffentlichung von Berichten.

Konsequenterweise wäre es angebracht, diese Institutionen zusammenzuführen, wobei der Wirkungsbereich solcher Volksanwälte im Rahmen von anderen Kollegialorganen (Bundes­be­hindertenbeirat und Parlamentarische Bundesheer-Beschwerdekommission) weiterhin aufrecht bleiben sollte. Die Anzahl der Vorsitzenden der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerde­kommission würde dabei aber ebenfalls von drei auf einen reduziert und dem Einfluss der politischen Parteien entzogen. Für die Wirkungsweise der besonderen Volksanwälte für das Behinderten­wesen und den Vorsitzenden der Parlamentarischen Bundesheer-Beschwerde­kommission in den (in den Gesetzen geregelten) eigenen Kollegialorganen sind entsprechende Novellen des Wehrgesetzes 2001 und des Bundesbehindertengesetzes notwendig.“

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 22. November 2011 in Verhandlung genommen. Den Beratungen wurden die Volksanwälte Dr. Gertrude Brinek, Dr. Peter Kostelka und Mag. Terezija Stoisits beigezogen.

 

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Herbert Scheibner die Abgeordneten Mag. Alev Korun, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Angela Lueger, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Mag. Johann Maier, Hannes Fazekas, Johann Singer und Werner Herbert sowie die Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (dafür: B, dagegen:  S, V, F, G).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johann Singer gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2011 11 22

                                  Johann Singer                                                               Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann