1563 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1508 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finalitätsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Kapitalmarkt­gesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Zahlungsdienstegesetz geändert werden

Mit dem Gesetzesentwurf sollen folgende Instrumente des verbindlichen Unionsrechts umgesetzt werden:

– Richtlinie 2010/76/EU zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik (ABl. Nr. L 329 vom 14.12.2010, S. 3).

Als Reaktion auf die Turbulenzen an den Finanzmärkten kam es im Rat der Europäischen Union am 10. November 2009 zu einer politischen Einigung für ein weiteres Maßnahmenpaket (sog. „CRD III“) zur Novellierung der „Basel II-Richtlinie“ (RL 2006/48/EG und 2006/49 EG). Die „CRD III“ orientiert sich darüber hinaus in weiten Teilen an den Zielen der G 20 sowie den Empfehlungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS).

Das „CRD III“-Paket umfasst neben den Bestimmungen hinsichtlich erhöhter Eigenmittelanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen zudem Regelungen im Hinblick auf die aufsichtsrechtliche Überprüfung der Vergütungspolitik. Diese Regelungen wurden bereits mit 1. Jänner 2011 in einer gesonderten Novelle des BWG umgesetzt.

– Richtlinie 2010/78/EU zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG, 2002/87/EG, 2003/6/EG, 2003/41/EG, 2003/71/EG, 2004/39/EG, 2004/109/EG, 2005/60/EG, 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (ABl. Nr. L 331 vom 15.12.2010, S. 120).

Die Europäische Kommission beauftragte im November 2008 unter dem Vorsitz von Jacques de Larosière eine hochrangig besetzte Gruppe mit der Ausarbeitung von Empfehlungen zur Stärkung der europäischen Aufsichtsregelungen.

Das auf Grundlage dieser Empfehlungen erlassene Richtlinienpaket 2010/78/EU („Omnibus-RL“) sieht eine Verbesserung des Aufsichtsrahmens vor, um den Verbraucherschutz zu stärken, das Risiko und den Schweregrad künftiger Finanzkrisen zu vermindern und das Vertrauen in das Finanzsystem wiederherzustellen.

Die Änderungen im FinalitätsG, FKG, KMG und WAG 2007 dienen ausschließlich der Umsetzung der Omnibus-RL.

Das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (ABl. Nr. L 302 vom 17.11.2009, S. 1) (Ratingagenturenvollzugsgesetz – RAVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 68/2010, fügte die Bestimmungen in das österreichische Recht ein, die durch die vorgenannte EG-Verordnung Nr. 1060/2009 (im Weiteren: Ratingagenturen-Verordnung) erforderlich geworden waren. Die vorliegende Novelle passt das damals erlassene RAVG und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) an die geänderte europäische Rechtslage nach der Verordnung (EU) Nr. 513/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen (ABl. Nr. L 145 vom 31.5.2011, S. 30) an.

Mit der Novelle zur Ratingagenturen-Verordnung geht die bisher national wahrgenommene Aufsicht über Ratingagenturen weitgehend in die Zuständigkeit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) über. Soweit dieser Zuständigkeitswechsel reicht, unterstützen die „zuständigen Behörden“ der Mitgliedstaaten – für Österreich die FMA – die ESMA zukünftig nur noch bei der Aufsicht über Ratingagenturen; hier besteht Implementierungsbedarf im österreichischen Recht. Nur im Bereich der Aufsicht über die Einhaltung der Pflichten und der Sanktionierung von Verstößen gegen die Pflichten aus Art. 4 Abs. 1 der Ratingagenturen-Verordnung bleiben die „sektoralen zuständigen Behörden“ der Mitgliedstaaten zuständig. Für diese Aufgabe verzichtet die Ratingagenturen-Verordnung zukünftig darauf, die Kompetenzen und Aufsichtsmittel selbst zu regeln; dies hat im österreichischen Recht zu geschehen.

Das neue Aufsichtsregime nach der novellierten Ratingagenturen-Verordnung wird zum 1. Juli 2011 wirksam, so dass die österreichische Rechtslage unverzüglich anzupassen ist.

Die Änderungen im RAVG dienen ausschließlich der technischen Konsistenz durch Berücksichtigung der erweiterten ESMA-Kompetenzen, die in der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 festgelegt sind. Die verbleibenden FMA-Kompetenzen (Überwachung der Verwendung von Ratings, insbesondere durch Kreditinstitute und entsprechende Sanktionierung, Zusammenarbeit mit der ESMA) können trotz geänderter EG-Verordnung auf Basis des geltenden RAVG durchgeführt werden, sodass durch die Zuständigkeitsänderung ab 1. Juli keine Aufsichtslücken entstehen.

Durch BGBl. Nr. 411/1991 wurde mit den §§ 61a ff Versicherungsaufsichtsgesetz für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit die Möglichkeit geschaffen, den gesamten Versicherungsbetrieb oder sämtliche Versicherungsteilbetriebe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in eine oder mehrere Aktiengesellschaften einzubringen. Diese Bestimmungen sollten einen allmählichen Wandel der Unternehmensstruktur vom Versicherungsverein zur Aktiengesellschaft ermöglichen, der nicht eine abrupte Ablöse der Mitgliedschaftsrechte durch Anteilsrechte bewirkt, die unabsehbare Folgen für die Eigentümerstruktur auf dem Kapitalmarkt haben könnte. Mit BGBl. I Nr. 93/2005 wurde es jenen Versicherungsvereinen, die von den Bestimmungen der §§ 61a ff Versicherungsaufsichtsgesetz Gebrauch gemacht haben, ermöglicht, sich in die Rechtsform der Privatstiftung umzuwandeln. Damit wurde an ein modernes Organisationsrecht nach internationalem Vorbild angeknüpft. Anders als ausschließlich vermögensverwaltende Versicherungsvereine (durch die Einbringung ihres Versicherungsbetriebs in eine Aktiengesellschaft entstanden) ist die Privatstiftung eine international anerkannte Rechtsform. Mit BGBl. I Nr. 152/2009 wurde durch § 61e eine weitere Flexibilisierung für vermögensverwaltende Versicherungsvereine gemäß § 61a ff Versicherungsaufsichtsgesetz geschaffen. Geänderte globale wirtschaftliche Rahmenbedingungen haben erfordert, dass von der Bedingung, stimmberechtige Aktien unmittelbar zu halten, dann abgesehen werden kann, wenn der Einfluss des Versicherungsvereins auf die operative Versicherungsaktiengesellschaft durch mittelbare Beteiligung auf vergleichbare Weise sichergestellt wird. Mit der gegenständlichen Änderung soll diese Flexibilisierung auch für die Privatstiftungen anwendbar gemacht werden. Darüber hinaus ist es geboten, am Kapitalmarkt operierenden Konzernen im Rahmen von § 61e und § 61f Versicherungsaufsichtsgesetz weitere Alternativen zu ermöglichen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Zusätzlich wird im Bereich der vermögensverwaltenden Versicherungsvereine und Privatstiftungen die bisherige Auflösung von Gesetzes wegen durch ein konkretes Auflösungsverfahren unter Mitwirkung der FMA ersetzt, um etwaige Rechtsunsicherheiten bei der Abwicklung und Auflösung der vermögensverwaltenden Rechtsträger zu vermeiden.

Hauptgesichtspunkt des Entwurfs:

Im Bereich des Handelsbuchs soll es künftig Änderungen bei der Eigenmittelunterlegung für spezifische Positionsrisiken und beim internen Modell geben. Diese bestehen in besonderen Bestimmungen für die Gewichtung von Verbriefungspositionen im Handelsbuch sowie in erhöhten Risikogewichten. Für die Ermittlung der Eigenmittel für inkrementelle Ausfall- und Migrationsrisiken sollen eigene technische Bestimmungen eingeführt werden, die die Parameter, die Validierung und die Berechnungsfrequenz festlegen. Den Kreditinstituten soll darüber hinaus die Verpflichtung zukommen, auch inkrementelle Risiken durch das interne Modell für die Berechnung der Eigenmittelanforderungen von Marktrisiken zu erfassen. Zudem soll eine neue Kategorie von Verbriefungen eingeführt werden (sog. Wiederverbriefungen). Für die Investition in diese risikobehafteten Produkte sollen erhöhte Risikogewichte sowie die Vornahme einer verpflichtenden Due-Diligence-Prüfung vorgesehen werden. Zur Schaffung umfassender Transparenz sollen die vorgesehenen neuen Bestimmungen durch zusätzliche Offenlegungspflichten ergänzt werden.

In Umsetzung des „De-Larosière-Berichts“ wurden per 1. Jänner 2011 mit den Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 1094/2010, (EU) Nr. 1095/2010 sowie (EU) Nr. 1092/2010 Europäische Aufsichtsbehörden für Banken (EBA), Versicherungen (EIOPA) und Wertpapiere (ESMA) sowie ein Europäischer Ausschuss für Systemische Risiken (ESRB) eingerichtet. Aufgrund dieser Verordnungen sind seitens der Mitgliedstaaten flankierende gesetzliche Maßnahmen zu treffen, um die reibungslose Zusammenarbeit mit diesen mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten europäischen Aufsichtsbehörden sicherzustellen.

Zur Gewährleistung der einheitlichen Anwendung der unionsrechtlichen Vorschriften wird diesen Behörden eine Reihe von Rechtsbefugnissen übertragen.

Die Bundesregierung unterstützt die europäische Zielsetzung eines möglichst einheitlichen Rechtsrahmens für Eigenkapitalanforderungen im Handelsbuch und bei der Investition in Wiederverbriefungen sowie den verstärkten Informationsaustausch zwischen den europäischen Aufsichtsbehörden. Im Vordergrund steht dabei auch die erkennbare Rückführbarkeit des Gesetzestextes auf den Richtlinientext. Systematik und Terminologie der Richtlinien wurden so weit übernommen, als sie klar genug sind, um dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip zu entsprechen und in die österreichische Rechtsordnung integrierbar sind.

Soweit die „CRD III“ umgesetzt wird, steht die richtliniennahe Umsetzung im Vordergrund, da im Rahmen der „CRD IV“ mit einem weitreichenden Verordnungsumfang zu rechnen ist.

Ein In-Kraft-Treten der umzusetzenden Bestimmungen zum vorgegebenen Termin ist jedenfalls notwendig, um die von der Richtlinie geforderte Vorgabe hinsichtlich des Zeitpunkts der Anwendung der Bestimmungen einhalten zu können. Darüber hinaus ist es aus Wettbewerbsgründen unerlässlich, den sowohl im Inland als auch grenzüberschreitend tätigen Normadressaten den harmonisierten rechtlichen Rahmen möglichst rasch zur Verfügung zu stellen.

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 und 11 B–VG (Bank– und Vertragsversicherungswesen).

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 23. November 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath die Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker sowie die Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, dagegen: F, B) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1508 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 11 23

                       Mag. Peter Michael Ikrath                                            Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann