Vorblatt

1. Problem:

Die Regulierung der Thaya durch Errichtung des Thayadamms hat eine Änderung des Flusslaufs zur Folge. Um eine deutliche Erkennbarkeit des Verlaufes der Staatsgrenze sowie eine sinnvolle Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen zu ermöglichen, ist es notwendig, die Staatsgrenze in das neue Flussbett zu verlegen.

2. Ziel:

Der Verlauf der österreichisch-tschechischen Staatsgrenze wird dem geänderten Thaya-Flusslauf angepasst.

3. Inhalt, Problemlösung:

Die Festlegung dieses neuen Grenzverlaufs bedarf eines entsprechenden Staatsvertrages. Die Ständige Österreichisch-Tschechische Grenzkommission hat einen diesbezüglichen Vertragsentwurf erarbeitet, der bei Expertenverhandlungen am 14. und 15.12.2010 fertig verhandelt wurde.

4. Alternativen:

Keine.

5. Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

5.1 Finanzielle Auswirkungen:

Die Vollziehung des vorliegenden Vertrages verursacht keinen finanziellen Mehraufwand und auch keine Vermehrung des Personalstandes des Bundes. Die Erstellung der neuen Grenzdokumente erfolgte durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen.

5.2 Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

5.2.1 Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

5.2.2 Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

5.3 Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

5.4 Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

5.5 Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Anpassung an Schengenbestimmungen.

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Gemäß Art. 3 Abs. 2 B-VG dürfen Staatsverträge, mit denen die Bundesgrenzen geändert werden, nur mit Zustimmung der betroffenen Länder – im vorliegenden Fall ist nur Niederösterreich betroffen – abgeschlossen werden. Die Landesregierung Niederösterreich hat in ihrer Sitzung vom 3. Mai 2011 beschlossen, dass gegen den gegenständlichen Vertrag grundsätzlich keine Einwendungen erhoben werden. Die Stellungnahme wurde dem Präsidium des Nationalrates durch die Landesregierung Niederösterreich übermittelt.

Sonderkundmachung der Anlagen gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze in den Grenzabschnitten X und XI sowie über Änderungen des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des Vertrages vom 26. Oktober 2001 hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG nicht erforderlich ist. Gemäß Art. 3 Abs. 2 B-VG dürfen Staatsverträge, mit denen die Bundesgrenzen geändert werden, nur mit Zustimmung der betroffenen Länder – im vorliegenden Fall ist nur Niederösterreich betroffen – abgeschlossen werden. Die Landesregierung Niederösterreich hat in ihrer Sitzung vom 03. Mai 2011 beschlossen, dass gegen den gegenständlichen Vertrag grundsätzlich keine Einwendungen erhoben werden. Die Stellungnahme wurde dem Präsidium des Nationalrates durch die Landesregierung Niederösterreich übermittelt.

Mit dem gegenständlichen Vertrag wird der Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik in den Grenzabschnitten X und XI und der im Betreff genannte Staatsgrenzvertrag geändert.

Im Grenzabschnitt X wurde im Jahr 1982 mit den Bauarbeiten zur Errichtung des rechtsufrigen Thayadammes begonnen und diese im Jahre 1986 beendet. Der rechtsufrige Damm oberhalb des Grenzpunktes XI soll gegen Überuferungen des Flusses schützen. Betroffen sind ca. 60 ha landwirtschaftliche Flächen auf tschechischem Gebiet und 50 ha auf österreichischem Staatsgebiet. Der Hochwasserschutzdamm wurde im Wesentlichen auf tschechischem Staatsgebiet situiert. Um eine deutliche Erkennbarkeit des Verlaufes der Staatsgrenze sowie eine sinnvolle Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen zu ermöglichen, wird die Staatsgrenze auf die Dammkrone verlegt.

Im Bereich des Grenzabschnittes XI wurde eine Regulierung der Thaya vorgenommen. Die Bauarbeiten wurden in den Jahren 1979 bis 1987 durchgeführt. Die damalige Österreichisch-Tschechoslowakische Grenzgewässerkommission hat gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. o ihres Statutes (BGBl. Nr. 106/1970) beschlossen, dass bis zum Inkrafttreten eines Vertrages über die Verlegung der Staatsgrenze in das regulierte Gerinne die durch die Regulierung abgetrennten Gebietsteile des einen Staates vom anderen Staat unentgeltlich genützt werden dürfen. Die Staatsgrenze ist im Sinne von Art. 3 Abs. 2 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze vom 21. Dezember 1973 in der Fassung des Vertrages vom 26. Oktober 2001 (BGBl. Nr. 344/1975 bzw. BGBl. III Nr. 112/2004) nicht diesen künstlichen Veränderungen der Lage des Flusses gefolgt, sondern schneidet das Flussbett mehrfach. Um eine deutliche Erkennbarkeit des Verlaufes der Staatsgrenze sowie eine sinnvolle Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen zu ermöglichen ist es notwendig, die Staatsgrenze in das neue Flussbett zu verlegen, wobei der Charakter der Beweglichkeit (Art. 3 Abs. 2 des vorzit. Vertrages) beibehalten werden soll.

Von der damaligen „Ständigen österreichisch-tschechoslowakischen Grenzkommission“ wurde eine Vermessung der Grenzstrecke der regulierten Thaya durchgeführt und ein Flächenverzeichnis sämtlicher Staatsgebietsteile, die durch die Regulierungen abgetrennt worden sind, erstellt. Die Gesamtflächendifferenz beträgt 234 m². Die Grenzkommission hat beschlossen, diese Flächendifferenz im Bereich des Thayadammes auszugleichen und die Grenzänderungen im Bereich der regulierten Thaya und des Thayadammes in einem eigenen Grenzänderungsvertrag zu behandeln. Die Grenzänderungen erfolgen daher insgesamt flächengleich. Auf österreichischer Seite sind die vom Eigentumsübergang betroffenen Gebietsteile von den Eigentümern vertraglich an den Bund gegen Entgelt abgetreten worden. Die Grenzänderungsfälle betreffen ausschließlich das Land Niederösterreich.

Der Vertragstext wurde nach Ausarbeitung durch die Österreichisch-Tschechische Grenzkommission bei Expertenverhandlungen am 14. und 15. Dezember 2010 in Prag endverhandelt sowie die Anlagen geprüft und gesiegelt.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Die Anlagen durch die die Staatsgrenze im angegebenen Bereich nunmehr bestimmt werden soll, bestehen aus einem Situationsplan im Maßstab 1:1000 (Anlage 1) bzw. im Maßstab 1:2500 (Anlage 2) samt Flächenverzeichnis, dem der bisherige und der neue Verlauf der Staatsgrenze entnommen werden kann und einem Grenzplan im Maßstab 1:1000 (Anlage 1) bzw. im Maßstab 1:5000 (Anlage 2) sowie aus einer Grenzbeschreibung und einem Koordinatenverzeichnis.

Zu Artikel 2:

Die Gebietsteile sollen unmittelbar auf Grund des Vertrages in das lastenfreie Eigentum desjenigen Vertragsstaates übergehen, dessen Hoheitsgebiet sie zufallen. Mit der Ausdehnung der österreichischen territorialen Souveränität und Gebietshoheit auf die an Österreich übergehenden Gebietsteile wird auf diese im Einklang mit den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts die österreichische Rechtsordnung erstreckt, während die tschechische Rechtsordnung ihren Geltungsanspruch einbüßt. Eine derartige Regelung ist auch bei anderen Staatsverträgen angewendet worden, denn eine vertragliche Regelung, die das Eigentum an derartigen übergehenden Gebietsteilen unberührt lässt, würde zum Schutze der betroffenen Grundeigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten eine Fülle von komplizierten Übergangsvorschriften, insbesondere auch auf den Gebieten des Grundbuchrechtes und des Abgabenrechtes, erforderlich machen. Das Ausmaß der auszutauschenden Gebietsteile ist für jeden Grenzänderungsfall einem Situationsplan (samt Flächenverzeichnis) zu entnehmen. Die Grenzänderungen erfolgen insgesamt flächengleich. Die Grenzänderungsfälle betreffen ausschließlich das Land Niederösterreich.

Zu Artikel 3:

Mit dem Eigentumsübergang sollen alle öffentlichen und privaten Rechte an den übergehenden Liegenschaften erlöschen; dies gilt vor allem auch für Pfandrechte und andere dingliche Rechte und öffentlichen Rechte, z. B. für das Recht des Gemeingebrauchs, öffentliche Wegerechte und dergleichen. Eine Ausnahme soll nur für besondere Regelungen in anderen zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorgesehen werden, da ansonsten u.U. durch diese Bestimmung in andere Verträge eingegriffen wird.

Zu Artikel 4:

Diese Bestimmung soll verhindern, dass von den Grenzänderungen in ihren Rechten verletzte Personen Schaden erleiden und Regressansprüche an den übernehmenden Staat geltend gemacht werden. Auf österreichischer Seite sind die vom Eigentumsübergang betroffenen Gebietsteile von den Eigentümern vertraglich an den Bund gegen Entgelt abgetreten worden.

Zu Artikel 5 Ziffer 1 und 2:

Von der Grenzkommission (Artikel 35 des Staatsgrenzvertrages) wurde in den letzten Jahren festgestellt, dass die Verpflichtung zur Freihaltung des Grenzstreifens (Artikel 32 des Staatsgrenzvertrages) in einzelnen Bereichen der Staatsgrenze immer mehr in Widerspruch zu ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten steht. Dies gilt beispielsweise für Windschutzgürtel oder Überschwemmungsgebiete, durch die die Staatsgrenze verläuft. Im Hinblick darauf, dass der Verlauf der Staatsgrenze durch Vermessung und Vermarkung als ausreichend gesichert angesehen werden kann und die klare Erkennbarkeit durch zusätzliche Maßnahmen in ökologisch sensiblen Gebieten, wie durch das Setzen von Metallstangen erreicht werden kann, erscheint die Einführung einer Ausnahmeregelung für die Verpflichtung zur Freihaltung des Grenzstreifens sinnvoll.

Nach dem Staatsgrenzgesetz, BGBl. Nr. 9/1974, trifft die Verpflichtung zur Freihaltung der Grenzflächen das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen. Auf tschechischer Seite ist diese Verpflichtung beim Ministerium des Inneren gelegen. Beide Behörden sind in den jeweiligen Delegationen der Grenzkommission vertreten.

Zu Artikel 5 Ziffer 3:

Die Verpflichtung der Vertragsstaaten, den Grenzstreifen freizuhalten, soll beibehalten werden. Bislang ist im Staatsgrenzvertrag nur eine eingeschränkte Ausnahme für Anlagen innerhalb des Grenzstreifens vorgesehen (vgl. Artikel 33 Abs. 1 des Staatsgrenzvertrages).

Die innerstaatliche Regelung findet sich in § 7 des Staatsgrenzgesetzes, wonach bei Vorliegen einer entsprechenden staatsvertraglichen Ermächtigung, die Bezirksverwaltungsbehörde in besonderen Fällen Ausnahmen bewilligen kann. Um eine Ausnahme für Anlagen, die nicht ohnehin unter Artikel 33 Absatz 2 des Staatsgrenzvertrages fallen, zu schaffen, erscheint eine diesbezügliche Regelung sinnvoll. Bei dieser Entscheidung ist insbesondere auf die Vermeidung unbilliger Härten, auf den Schutz der Staatsgrenzzeichen aber vor allem auf das Erfordernis der deutlichen Erkennbarkeit des Grenzverlaufes Bedacht zu nehmen. Da die Grenzkommission durch die Vermessungsarbeiten an der Staatsgrenze diesbezügliche Informationen erhält und die Frage des Schutzes der Staatsgrenzzeichen und der deutlichen Erkennbarkeit des Grenzverlaufes am besten von der Grenzkommission beurteilt werden kann, erscheint es sinnvoll, der Grenzkommission ein Vorschlagsrecht einzuräumen.

Zu Artikel 5 Ziffer 4:

Im Hinblick auf die EU Mitgliedschaft beider Vertragsstaaten und der vollen Anwendung des Schengen-Acquis können die Regelungen über die Grenzübertrittsausweise samt den zollrechtlichen Bestimmungen entfallen, sodass der gesamte Abschnitt 6 des Staatsgrenzvertrages außer Kraft treten kann.

Zu Artikel 5 Ziffer 5:

Um Missverständnisse bei der Durchführung von Vermessungs- und Vermarkungsarbeiten durch den Entfall der Grenzübertrittsausweise zu verhindern, sollen die durchführenden Personen mit einem entsprechenden Auftrag der Grenzkommission ausgestattet werden.

Überdies wird im Hinblick auf den Entfall der Grenzübertrittsauweise klargestellt, dass die Überschreitung der Staatsgrenze nur mit einem gültigen Reisedokument zulässig ist.

Zu Artikel 6:

Der vorliegende Staatsvertrag enthält Änderungen des Verlaufes der Staatsgrenze die für unkündbar erklärt werden müssen, weil ansonsten im Falle der Kündigung völlige Unklarheit über den Verlauf der Staatsgrenze in den berichtigten Grenzstrecken bzw. über die Anwendbarkeit der neuen Grenzurkunden entstünde.

Zu Artikel 7:

Der Vertrag bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsklausel wurde entsprechend anderen Grenzverträgen gestaltet. Nach Ansicht der Vertragsstaaten kann das Regierungsabkommen über das Betreten der durch Regulierungen von Grenzgewässern betroffenen Gebietsteile durch den Schengen-Besitzstand als überlagert angesehen werden und erscheint im Verhältnis der beiden Vertragsstaaten zueinander entbehrlich.

 

 

Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des vorliegenden Staatsvertrages zu beschließen, dass die Anlagen dadurch kundgemacht werden, dass sie für die Dauer der Geltung des Vertrages zur öffentlichen Einsicht während der Amtsstunden aufgelegt werden, und zwar:

 

         a) alle genannten Anlagen beim Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in Wien,

         b) alle genannten Anlagen beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung und

         c) alle genannten Anlagen beim Vermessungsamt Gänserndorf.

 

 

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Anlagen Abstand genommen. Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf. Überdies ist diese Regierungsvorlage mit allen Anlagen auf der Homepage des Parlaments unter http://www.parlament.gv.at abrufbar.