1606 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (1513 der Beilagen): Bundesgesetz mit dem ein Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 – BVergGVS 2012) erlassen sowie das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfes (Ausgangslage und Zielsetzung):

Der vorliegende Entwurf umfasst im Wesentlichen die nachstehenden Themenkomplexe:

I.      Zum BVergGVS 2012:

1.1.   Am 13. Juli 2009 wurde die Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG, ABl. Nr. L 216 vom 20. August 2009, S. 76 erlassen (CELEX Nummer: 32009L0081). Diese Richtlinie war bis spätestens 21. August 2011 umzusetzen. Die Umsetzung dieser Richtlinie erfordert die Neuerlassung entsprechender gesetzlicher Bestimmungen (zu den Argumenten betreffend die Regelungstechnik vgl. unten 3.). Im Bereich des Rechtsschutzes wird jedoch der 4. Teil des BVergG 2006 (Rechtsschutz vor dem Bundesvergabeamt) mit geringfügigen Adaptionen für Vergaben nach dem neuen Gesetz für anwendbar erklärt. Die Einrichtung einer gesonderten Vergabenachprüfungsbehörde für den Anwendungsbereich des neuen Gesetzes wurde aus Kostenüberlegungen nicht weiter verfolgt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsschutzsystem der RL 2009/81/EG - bis auf marginale Abweichungen (vgl. etwa Art. 56 Abs. 1 lit. b und Abs. 10, Art. 60 Abs. 3 4. UA) – mit jenem der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG idF der Richtlinie 2007/66/EG ident ist. Das Bundesvergabeamt hat daher auch im Anwendungsbereich des BVergGVS die Kompetenz, Verträge unter gewissen Voraussetzungen für nichtig zu erklären bzw. allenfalls so genannte alternative Sanktionen über Auftraggeber zu verhängen.

1.2.   Die österreichische Bundesregierung hat am 27. April 2006 beschlossen, die Verwaltungskosten für Unternehmen aus bundes- und EU-rechtlichen Informationsverpflichtungen bis 2010 bzw. 2012 um 25% zu senken. Im Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode wurde eine rasche Umsetzung der Initiative vereinbart und deren Fortführung im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode bestätigt. Am 28. November 2007 fixierte die Bundesregierung die ressortspezifischen Reduktionsziele und am 26. März 2008 beschloss die Bundesregierung eine Maßnahmenliste zur Erreichung des Reduktionszieles. Im Rahmen des österreichischen Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion für Unternehmen aus gesetzlichen Informationsverpflichtungen (SKM) wurden einzelne Bestimmungen des BVergG 2006 als (nicht unerhebliche) Kostenfaktoren für Unternehmer identifiziert. Dies betrifft etwa die Vorlage von Nachweisen für Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Eignungsprüfung oder die Antragsbedürftigkeit einzelner Verfahrensschritte. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden durch das aufwändige Nachweissystem belastet. Im Rahmen des BVergGVS wird der Bereich der Eignungsprüfung dahingehend (gegenüber dem derzeit geltenden BVergG 2006) modifiziert, dass die Vorlage der Nachweise nur mehr im Oberschwellenbereich zwingend vorgesehen ist, im Unterschwellenbereich hingegen die Vorlage einer „Eigenerklärung“ nunmehr den Regelfall darstellt. Dadurch werden die Verwaltungslasten der Unternehmer weiter reduziert.

1.3.   Im Unterschwellenbereich werden – im Vergleich zur bisherigen Rechtslage nach BVergG 2006 – für das BVergGVS signifikante Verfahrenserleichterungen durch neue Vergabeverfahren vorgeschlagen: ähnlich wie für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen, kann der Auftraggeber im gesamten Unterschwellenbereich ein von ihm selbst gestaltbares Vergabeverfahren anwenden. Ferner wird für Vergaben bis 200 000 € eine Variante der Direktvergabe mit a priori Transparenz vorgeschlagen. Zusammen mit der „klassischen“ Direktvergabe (erweitert bis zum Wert von 75 000 €) stehen nun Verfahrenstypen zur Verfügung, die die Transaktionskosten von Auftraggebern und Unternehmern in ökonomisch vertretbaren Grenzen halten sollen.

II.     Zur BVergG Novelle 2012:

1.4.   Eine Expertengruppe bestehend aus dem Rechnungshof, dem WIFO, dem IHS, dem StA und dem KDZ wurde von der am 17. Februar 2009 unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers eingesetzten „Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Konsolidierungsmaßnahmen“ beauftragt, für das Arbeitspaket 7 „Effizienz der Verwaltung“ eine strukturierte Analyse der bestehenden Probleme und der damit verbundenen Folgewirkungen zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang wurde auch das BVergG 2006 näher geprüft und als ein (vorläufiges) Ergebnis festgehalten, dass im Unterschwellenbereich verstärkt vereinfachte Regelungen eingeführt werden sollen. Das geltende Unterschwellenregime im BVergG 2006 sollte diesbezüglich systematisch durchforstet und gegebenenfalls unter Beachtung der primärrechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts (vgl. dazu insbesondere die Mitteilung der Europäischen Kommission betreffend Vergaben, die nicht unter die Vergaberichtlinien fallen, ABl. Nr. C 179 vom 1.8.2006, S. 2) neu gestaltet werden.

         Vor diesem Hintergrund leitete das Bundeskanzleramt‑Verfassungsdienst im November 2010 eine offene Konsultation aller betroffenen bzw. interessierten Kreise ein. Die 44 eingelangten Stellungnahmen wurden im Rahmen der Arbeitsgruppe „Vergabe“ analysiert und folgende Hauptpunkte identifiziert: Wunsch nach vereinfachten Verfahren im Unterschwellenbereich, Erhöhung der Schwellenwerte, Zulässigkeit mehrerer Angebote im Bereich der Direktvergabe, kurze Fristen im Unterschwellenbereich, Ausdehnung des Regimes der Eigenerklärung.

         Im Rahmen der Arbeitsgruppe wurden insbesondere folgende Erleichterungen für den Unterschwellenbereich diskutiert:

         1. Bis zu einem geschätzten Auftragswert von 130 000 Euro (bzw. 200 000 Euro) soll ein weitgehend formloses, jedoch mit Transparenzmechanismen ausgestattetes Verfahren (als Ersatz für die gemäß der SchwellenwertVO 2009 erweiterte Möglichkeit der Direktvergabe) zur Verfügung gestellt werden (vgl. die vorgeschlagenen §§ 41a und 201a - Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb).

         2. Der Nachweis der Eignung soll für den Unterschwellenbereich insofern weiter vereinfacht werden, als der Auftraggeber bei Vorliegen einer Eigenerklärung unabhängig vom Wert des Auftrages grundsätzlich nicht verpflichtet ist, vom Zuschlagsempfänger weitere Eignungsnachweise zu verlangen (vgl. dazu etwa die vorgeschlagene Änderung des § 70 Abs. 3).

         3. Bei standardisierten Lieferleistungen soll die Möglichkeit zur Verkürzung der Angebots- und Teilnahmefristen bestehen (vgl. etwa den vorgeschlagenen § 67 erster Satz).

1.5.   Mit Erkenntnis vom 30. September 2010, Rs C-314/09, hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine nationale Regelung, die den Schadenersatzanspruch wegen Verstoßes eines (öffentlichen) Auftraggebers gegen Vergaberecht von der Schuldhaftigkeit des Verstoßes abhängig macht, unionsrechtswidrig ist. In diesem Sinn soll das BVergG angepasst werden.

1.6.   Der Anwendungsbereich der Ausnahmebestimmungen für zentrale Beschaffungsstellen soll erweitert werden: Auftraggeber sollen nunmehr auch bei Beschaffungen von „ausländischen“ (EU) zentralen Beschaffungsstellen bzw. über „ausländische“ (EU) zentrale Beschaffungsstellen vom Anwendungsbereich des BVergG 2006 ausgenommen werden (vgl. die vorgeschlagenen § 10 Z 19 und 20 und § 175 Z 23 und 24).

1.7.   Für Aufträge im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich gilt mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich ein eigenes Vergaberegime. Diese Aufträge sollen daher vom Anwendungsbereich des BVergG ausgenommen werden ebenso wie jene, die auch vom Anwendungsbereich des neuen Gesetzes ausgenommen sind (vgl. die vorgeschlagenen § 10 Z 18 und § 175 Z 21).

1.8.   Die Novelle soll zum Anlass genommen werden, die Bezeichnungen des Gesetzes an die neue Terminologie nach dem Vertrag von Lissabon anzupassen. Darüber hinaus soll aus Gründen des besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit die Freistellungsentscheidung der Kommission betreffend bestimmte Dienstleistungen im Postsektor (vgl. dazu den Beschluss 2010/142/EU der Kommission) in den Gesetzestext aufgenommen werden.

1.9.   Die Vollumsetzung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, ABl. Nr. L 120 vom 15.05.2009 S. 5 (CELEX Nummer: 32009L0033), erfordert Änderungen im 2. und 3. Teil des BVergG 2006. Diese Änderungen betreffen die Verpflichtung von Betreibern von öffentlichen Personenverkehrsdiensten im Rahmen eines Dienstleistungsauftrages im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Strasse, ABl. Nr. L 315 vom 03.12.2007 S. 1 (PSO-VO; zum nicht identen Dienstleistungsauftragsbegriff der PSO-VO vgl. bereits 327 BlgNR XXIV. GP, Punkt 1.8.) die Regelungen der Richtlinie 2009/33/EG bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen zu beachten (vgl. Art. 3 lit. b der zit. Richtlinie). Diese Betreiber haben daher – ebenso wie bereits öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber – zwingend bestimmte externe Kosten bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen zu berücksichtigen. Diese Berücksichtigung kann gemäß der Richtlinie entweder durch die Festlegung von technischen Spezifikationen mit einem hohen ökologischen Standard oder durch die Verwendung ökologischer Zuschlagskriterien erfolgen.

1.10. Darüber hinaus soll die Novellierung zum Anlass genommen werden, einzelne legistische      Bereinigungen vorzunehmen bzw. einen bislang fehlenden Umsetzungshinweis in das     BVergG 2006 aufzunehmen.

2. Abstimmung mit den Ländern:

Im Hinblick darauf, dass aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage (vgl. Art. 14b B‑VG und die Erläuterungen in AB 1118 d.B. XXI. GP) eine Mitwirkung der Länder an der Erstellung von Entwürfen zum BVergG in Form der bereits im Jahre 2002 eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe festgeschrieben ist, fanden sowohl bei der Erstellung der Entwürfe für das BVergGVS 2012 und der BVergG Novelle 2012 wie auch für die Auswertung der Begutachtungsverfahren über Einladung des Bundeskanzleramtes mehrfach Gespräche und Konsultationen zwischen Vertretern des Bundes und der Länder statt.

3. Regelungstechnik:

Der vorliegende Entwurf beinhaltet die Neuerlassung eines Gesetzes und fügt im Wege von Einzelnovellierungen neue Regelungen in das bestehende System des BVergG 2006 ein. Von der denkbaren Regelungsalternative – Einbau aller Regelungen der Richtlinie 2009/81/EG in das BVergG 2006 – wurde aus folgenden Gründen Abstand genommen: Die Umsetzung der Regelungen der Richtlinie 2009/81/EG im Rahmen des BVergG 2006 hätte in zwei Varianten stattfinden können; einerseits durch Aufnahme einer Vielzahl von Sondernormen im 2. Teil (in Form von „a“, „b“ usw. Paragraphen) oder durch Einbau eines neuen Teiles in das Gesetz. Der erste Ansatz führt zu einer erheblich Unübersichtlichkeit der Regelungen des 2. Teiles (und damit auch zu potentieller Rechtsunsicherheit bei den Anwendern) und beide Ansätze haben ein signifikantes Anwachsen der Anzahl der Paragraphen des BVergG 2006 zur Folge. Schon bisher wurde jedoch von den Rechtsanwendern moniert, dass der Regelungsumfang des BVergG 2006 zu groß sei (dabei wird freilich vielfach übersehen, dass sich der Regelungsumfang zu einem wesentlichen Teil aus der Regelungstechnik erklären lässt [vgl. dazu bereits 1171 BlgNR XXII. GP, Punkt 3.6. und 3.7.: möglichst „geschlossene“ Regelungen für den Sektorenbereich in einem eigenen Teil des BVergG und Vermeidung von „Verweisketten“]). Um dieser Kritik entgegenzutreten, wurde der vorgeschlagene Ansatz gewählt. Darüber hinaus bietet ein eigenes Gesetz für Beschaffungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich für den eingeschränkten Adressatenkreis Vorteile durch klarere Strukturen und bessere Lesbarkeit. Dies führt dazu auch zu einer besseren (weil friktionsfreieren) Anwendung der vorgeschlagenen Regelungen. Hinzuweisen ist ferner darauf, dass die vorgesehenen Vereinfachungen im Bereich des BVergG 2006 (mit marginalen Adaptionen) auch in das BVergGVS 2012 übernommen werden.

4. Finanzielle Auswirkungen und Auswirkungen auf Verwaltungslasten:

Das BVergGVS regelt einen Bereich, der bislang durch das BVergG 2006 erfasst war. Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ergeben sich hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen durch den vorliegenden Entwurf folgende Änderungen:

4.1.   Im Rahmen des Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion für Unternehmen aus gesetzlichen Informationsverpflichtungen (SKM) wurden gemäß einer 2007 durchgeführten Studie von Roland Berger im Auftrag des Bundeskanzleramtes im Bereich des Bundesvergabegesetzes Verwaltungslasten von insgesamt 47.347.869,25 Euro pro Jahr errechnet. Neben den Kosten für die Erstellung der Angebote und Teilnahmeanträge wurde vor allem auch die Vorlage von Eignungsnachweisen als erheblicher Kostenfaktor identifiziert. Diese Verwaltungslasten wurden durch die letzte Novelle des Bundesvergabegesetzes, BGBl. Nr. 15/2010, bereits um etwa 12.607.863,70 Euro pro Jahr reduziert.

         Hinsichtlich jener Auftragsvergaben, die bisher dem BVergG 2006 unterlagen, werden durch das BVergGVS insbesondere im Unterschwellenbereich weitere Vereinfachungen geschaffen. So kann gemäß § 30 ein Auftrag im Unterschwellenbereich in einem weitgehend frei gestaltbaren (den unionsrechtlichen Grundsätzen entsprechenden) Verfahren vergeben werden. Auf ein solches Verfahren sind jedoch die detaillierten Eignungsvorschriften sowie das Nachweissystem der §§ 58 ff nicht anwendbar. Weiters wird durch die – gegenüber dem derzeit geltenden BVergG 2006 – erweiterte Verwendung der Eigenerklärung (vgl. den vorgeschlagenen § 59 Abs. 3) die Eignungsprüfung auch bei nicht offenen Verfahren sowie Verhandlungsverfahren im Unterschwellenbereich stark vereinfacht. So liegt es grundsätzlich im Ermessen des Auftraggebers, ob er im Unterschwellenbereich Eignungsnachweise verlangt oder mit der Eigenerklärung (auch des Bestbieters) das Auslangen findet.

         Mangels Datenmaterials über speziell dem Verteidigungs- und Sicherheitsbereich unterliegenden Vergabeverfahren kann diese Erleichterung bei der Nachweisführung nicht in Zahlen gefasst werden. So liegen insbesondere auch keine Daten darüber vor, welcher Prozentsatz der nunmehr dem BVergGVS unterliegenden Beschaffungen bisher nach dem Regime des BVergG 2006 abzuwickeln war bzw. allenfalls vom Anwendungsbereich des BVergG 2006 ausgenommen war. Basierend auf dem Grundsatz, wonach die Ausnahmebestimmungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (wie alle anderen Ausnahmebestimmungen auch) restriktiv auszulegen sind, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Großteil der nunmehr dem BVergGVS unterliegenden Auftragsvergaben bisher gemäß den (strengeren) Regelungen des BVergG 2006 auszuschreiben waren. Für den Unterschwellenbereich wird daher eine erhebliche Reduktion der Verwaltungslasten für Unternehmen im Bereich der Eignungsnachweise anzunehmen sein, die jedoch mangels Datenmaterial nicht quantifizierbar ist.

         Darüber hinaus werden durch die Änderungen im Bereich der Eignungsprüfung auch auf Seiten der Auftraggeber Transaktionskosten eingespart. Die Vorlage von Eignungsnachweisen zieht einen gewissen Prüfungsaufwand nach sich, der bei der Vorlage einer bloßen Eigenerklärung jedenfalls geringer ausfällt.

         Abschließend wird darauf hingewiesen, dass auch die Folgenabschätzung der Europäischen Kommission (vgl. dazu den Richtlinienvorschlag KOM (2007) 766 endg. vom 5.12.2007, S. 7) zum Ergebnis kommt, dass „sich die Richtlinie nur sehr beschränkt auf die Verwaltungskosten der öffentlichen Auftraggeber und der Unternehmer auswirken dürfte. Der durch die erstmalige Anwendung der neuen Vorschriften möglicherweise verursachte Kostenanstieg dürfte sich in Grenzen halten, während die Verwaltungskosten der Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, mittel- oder langfristig sinken dürften“.

4.2.   Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Inneres (BMI) wird die Anzahl der Vergabeverfahren gemäß dem BVergGVS im Hinblick auf den für das BMI relevanten Anwendungsbereich der Beschaffung von „sensibler Ausrüstung“ und „sensiblen Bau- oder Dienstleistungen“ relativ gering sein und wird somit für das BMI als Auftraggeber (aus derzeitiger Sicht) nur geringfügige Mehrkosten bewirken.

         In den letzten fünf Jahren hat das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) Vergabeverfahren mit einem Gesamtvolumen von über 700 Millionen Euro durchgeführt. Nach Schätzungen des BMLVS ist davon auszugehen, dass in Zukunft etwa 80% aller ressortbezogenen Beschaffungen nach dem neuen BVergGVS 2012 erfolgen werden. Die nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterliegenden Ankäufe werden weiterhin nach dem bisherigen Vergaberechtsregime getätigt werden, dh. auf Grundlage des BVergG 2006. Hinzuweisen ist darauf, dass bislang die überwiegende Anzahl der Vergabeverfahren im Wege der Direktvergabe durchgeführt wurden. Die restlichen Vergabeverfahren wurden etwa zu gleichen Teilen nach den Bestimmungen der §§ 25 Abs. 2 bis 4 BVergG 2006, d.h. im offenen bzw. nicht offenen Verfahren, durchgeführt.

4.3.   Auf Grund der Kompetenzen des Bundesvergabeamtes (BVA) im Bereich des BVergGVS 2011 könnte es zu einem Anstieg an Verfahren (Stand 2010: 106 Nachprüfungsverfahren, 90 Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und 8 Feststellungsverfahren; vgl. dazu den Tätigkeitsbericht 2010 des BVA, abrufbar unter: http://www.bva.gv.at) und damit zu finanziellen Belastungen kommen. Da mangels jedweder Anhaltspunkte a priori nicht abgeschätzt werden kann, inwieweit von den Antragsmöglichkeiten nach BVergGVS in höherem Ausmaß als nach der bisherigen Rechtslage Gebrauch gemacht wird bzw. inwieweit die Auftraggeber überhaupt zu derartigen Antragstellungen Anlass geben, können diese Mehraufwendungen nicht quantifiziert werden. Da die neuen Zuständigkeiten des BVA grundsätzlich bereits bisher (allerdings unter dem Regime des BVergG 2006) in Anspruch genommen werden konnten, ist allerdings davon auszugehen, dass die Verfahrenszahlen jedenfalls nicht übermäßig ansteigen werden. Diesem Ansteigen der Verfahrenszahlen stehen ebenfalls nicht quantifizierbare (potentielle) Mehreinnahmen aufgrund der Pauschalgebühren von nicht erfolgreichen Antragstellern gegenüber.

         Der (voraussichtlich im Vergleich zur bisherigen Situation: gehäufte) Umgang mit klassifizierten Informationen führt zu gewissen Mehraufwendungen. So müssen etwa Dokumente, Akten udglm. ihrem Klassifikationsgrad entsprechend verwahrt werden und dürfen Verhandlungen, in denen klassifizierte Informationen besprochen werden, nur in besonders ausgestatteten bzw. abgesicherten Räumlichkeiten stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass das BVA keine eigenen neuen Verhandlungs- oder Archivräume, die den geforderten Sicherheitsstandards entsprechen, errichten oder adaptieren wird, sondern bereits bestehende Räumlichkeiten anderer Institutionen nutzen wird (vgl. dazu auch den vorgeschlagenen § 136 Abs. 5). Für diese Nutzung können Mehraufwendungen entstehen, die derzeit mangels Datenmaterial über die voraussichtlich erforderlichen Flächen nicht quantifiziert werden können. Ebenfalls sind Mehraufwendungen durch die Befolgung einschlägiger Sicherheitsvorschriften (vgl. dazu das InfoSiG und die InfoSiV) zu erwarten. Da bisher keine Erfahrungen mit Verfahren, in denen diese Sicherheitsvorschriften relevant waren, gemacht wurden und mangels Datenmaterial (auch Schätzungen sind derzeit mangels jedweden Datenmaterials unmöglich) über allfällig erhöhte Verfahrenszahlen können weder Aussagen über diesbezügliche mögliche Kostensteigerungen an sich noch die die Höhe dieser allfälligen Kosten getroffen werden.

4.4.   Durch die erweiterte Möglichkeit der Direktvergabe (im Vergleich zum geltenden BVergG 2006), die Nutzung eines vereinfachten Verfahrens im gesamten Unterschwellenbereich und die Möglichkeit der Nutzung der neuen Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung sind Einsparungen bei den Transaktionskosten zu erwarten. Aufgrund mangelnder Daten hinsichtlich der möglichen Verfahren können die Einsparungseffekte nicht quantifiziert werden.

4.5.   Durch den zu erwartenden höheren Wettbewerbsdruck sind Einsparungseffekte durch verringerte Stückpreise (insbes. bei standardisierten Leistungen wie Munition) zu erwarten. Auch die Möglichkeit zur (grenzüberschreitenden) zentralen Beschaffung (insbesondere über die Europäische Verteidigungsagentur) lässt Einsparungseffekte erwarten. Aufgrund mangelnden Datenmaterials können die skizzierten Effekte jedoch nicht quantifiziert werden.

4.6.   Aufgrund der unionsrechtlichen Grundlagen hat das BVA in bestimmten Fallkonstellationen Geldbußen zu verhängen (vgl. dazu den vorgeschlagenen § 135 iVm § 334 Abs. 7 BVergG 2006). Die vom BVA verhängten Geldbußen fließen dem ERP-Fonds zu. Die daraus entstehenden Kostenfolgen können aus heutiger Sicht nicht quantifiziert werden, da die Verhängung dieser Geldbußen teilweise von der Stellung eines Antrages abhängt bzw. davon abhängt, ob eine gänzliche Rückabwicklung nicht (mehr) möglich ist. Es ist weder absehbar, in welchem Ausmaß Auftraggeber bereit sein werden, diesen Antrag zu stellen, um die ex tunc Nichtigkeit von Verträgen abzuwenden, und inwieweit das BVA derartigen Anträgen im Einzelfall auf Grund des Vorliegens zwingender Gründe eines Allgemeininteresses stattgeben wird, noch ist absehbar, in welchen bzw. in wie vielen Fällen eine Geldbuße verhängt wird, weil eine gänzliche Rückabwicklung des Vertrages nicht (mehr) möglich ist.

Im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ergeben sich hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen durch den vorliegenden Entwurf der BVergG Novelle 2012 folgende Änderungen:

4.7.   Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen des Vorhabens im Vergleich zur bisherigen Rechtslage ist einleitend auf die Studie der Europäischen Kommission „Public Procurement in Europe – Cost and effectiveness“ von März 2011 zu verweisen (abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/publicprocurement/modernising_rules/evaluation/index_de.htm). Diese Studie bildet – zusammen mit diversen anderen Studien im Auftrag der Kommission – die Grundlage für die Abschätzung der Auswirkungen der Vergaberichtlinien in Europa (Impact Assessment) und stellt die Basis für die in Aussicht genommene Überarbeitung der Vergaberichtlinien dar. Diese Studie ist insofern relevant, da sie (erstmals) Datenmaterial zu den Kosten von Vergabeverfahren auch für Österreich enthält. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die Studie naturgemäß allein den sog. Oberschwellenbereich untersuchte und grundsätzliche keine Aussagen zum Unterschwellenbereich enthält. Trotzdem können aus den Ergebnissen gewisse Schlussfolgerungen für den Unterschwellenbereich abgeleitet werden.

         Die Studie enthält insbesondere folgende (für Österreich relevante) Daten:

         Legt man den Kosten den Personalaufwand pro Verfahren zu Grunde, so erfordert ein Vergabeverfahren in Österreich durchschnittlich 123 (Personen)Tage. Davon entfallen 19 Tage auf die Auftraggeberseite und 20 Tage auf die Unternehmerseite (letztere muss mit dem Durchschnittswert von 5,2 Angeboten pro Verfahren in Österreich multipliziert werden). Dies führt (unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Lohnsatzes - gemäß den Angaben von Eurostat - pro Tag in Österreich von 255 €) zu durchschnittlichen Gesamtkosten von 31.365.- € (an anderer Stelle der Studie hingegen zu durchschnittlichen Gesamtkosten von 38.500.- €) für ein Vergabeverfahren in Österreich (für Auftraggeber und für alle teilnehmenden Unternehmer bei Verfahren im Oberschwellenbereich). Das Kostenverteilungsverhältnis zwischen Auftraggebern und Unternehmern beträgt ca. 1:5.

         Hinsichtlich der Verfahrenstypen ergibt sich folgendes generelles Bild: offene Verfahren führen grundsätzlich zu niedrigeren Kosten für Auftraggeber und Unternehmer. Nicht-offene Verfahren sind vergleichsweise teurer (30% teurer als das offene Verfahren), insbesondere für die Auftraggeberseite (aufgrund des zweistufigen Verfahrens). Verhandlungsverfahren weisen grundsätzlich ähnliche Gesamtkosten auf wie offene Verfahren, jedoch sind die Kosten für die Unternehmer 30% höher als beim offenen Verfahren (daraus folgt, dass die Kosten für die Auftraggeberseite entsprechend niedriger ausfallen).

         Hinsichtlich des Auftragstyps (Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen) kommt die Studie zu folgendem Ergebnis: Bauaufträge sind besonders teuer für die Auftraggeberseite (ca. 50% höhere Kosten als die durchschnittlichen Kosten eines Verfahrens), sind aber auch für die Unternehmerseite teurer als die durchschnittlichen Kosten eines Verfahrens. Grundsätzlich liegen die Gesamtkosten für Bauaufträge ca. 70% über den durchschnittlichen Gesamtkosten von Verfahren. Die Gesamtkosten für Dienstleistungsaufträge entsprechen grundsätzlich den durchschnittlichen Gesamtkosten, Lieferaufträge sind hingegen billiger (ca. 25%) als die durchschnittlichen Gesamtkosten. Die Studie weist jedoch auch darauf hin, dass die Kosten für die Vergabe komplexer Dienstleistungen besonders hoch sind.

         Die Studie kommt ferner zum Ergebnis, dass nur eine geringe Korrelation zwischen den Kosten eines Vergabeverfahrens und dem (geschätzten) Auftragswert besteht (ausgenommen hiervon ist der Bereich von Aufträgen mit Auftragswerten weit über 5 Mio. €). So weist die Studie insbesondere kaum Differenzen zwischen den Kosten von Aufträgen (Losen) über 50.000.- € und 400.000.- € auf. Im Bereich eines Auftragswertes von 125.000.- € (derzeit geltender Schwellenwert für Auftraggeber gemäß Anhang V des BVergG 2006) können die Kosten sogar zwischen 18 und 29% des Auftragswertes liegen.

         Insgesamt betragen in Österreich die Kosten für Beschaffungen laut Studie ca. 1,9% des Gesamtbeschaffungsvolumens. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Kosten ausschließlich oder zu einem großen Teil auf die Richtlinien bzw. das BVergG 2006 zurückzuführen sind. Laut Studie ist der Anteil der (nicht quantifizierten) Sowieso - Kosten sehr hoch und lediglich 0,2% des geschätzten Auftragswertes sind als (Mehr)Kosten auf die Regelungen der Richtlinien zurückzuführen (eine separate Auswertung für die einzelnen Mitgliedstaaten enthält die Studie nicht).

         Aus diesen Daten lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Durch die Möglichkeit, im Bereich der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb die Zahl der Teilnehmer begrenzen zu können (der Auftraggeber kann nur ein Angebot einholen; in der Praxis wird jedoch oft intern die Einholung von einem oder zwei weiteren Vergleichsangeboten zur Einschätzung der Preisangemessenheit gefordert), sinken die durchschnittlichen Gesamtkosten eines Vergabeverfahrens (diese Auswirkung ist jedoch fast ausschließlich auf die Unternehmerseite beschränkt). Im Bereich der geistigen Dienstleistungen kann dies jedoch (da hier die Zulässigkeit eines Verfahrens mit einem Unternehmer aufgrund der unverhältnismäßigen Transaktionskosten fast immer anzunehmen ist) zu einer signifikanten Kostensenkung auf Auftraggeber- wie auch Unternehmerseite führen. Geht man davon aus, dass die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb in der Praxis ähnlich wie ein Verhandlungsverfahren durchgeführt wird, dann ist zu erwarten, dass die Kosten der Auftraggeberseite geringer anzusetzen sind als jene der Unternehmerseite. Zusammenfassend kann daher gefolgert werden, dass durch die kombinierten Möglichkeiten und Effekte des neuen Verfahrens wesentliche Einsparungen auf Auftraggeberseite und Unternehmerseite zu erwarten sind. Eine Quantifizierung ist jedoch mangels österreichspezifischen Datenmaterials nicht möglich.

4.8.   Die Möglichkeit der Fristverkürzung bei standardisierten Lieferleistungen kann ebenfalls zu Einsparungen (vor allem auf Unternehmerseite) führen. Auch diesbezüglich ist jedoch mangels Datenmaterial und nicht vorhersehbarer Entwicklung des Auftraggeberverhaltens eine nähere Einschätzung nicht möglich. Gleiches gilt für die Vereinfachungen im Zusammenhang mit der Erstellung von Vergabevermerken und bei der vertieften Angebotsprüfung.

4.9.   Die vorgeschlagene Verpflichtung zur Einrichtung zentraler elektronischer Publikationsplattformen für Bund und Länder wird insbesondere zu Kosten bei jenen Ländern führen, die derartige (elektronische) Plattformen noch nicht betreiben. Für den Bund erwachsen diesbezüglich keine zusätzlichen Kosten, da eine derartige Plattform in Form der on-line Ausgabe des Amtlichen Lieferungsanzeigers (vgl. dazu die Publikationsmedienverordnung 2006, BGBl II Nr. 300) bereits zur Verfügung steht. Die Kosten für die Errichtung einer derartigen Plattform variieren stark (insbesondere abhängig von den Funktionalitäten und abhängig davon welche technische Lösung – stand alone oder Integration in bereits bestehende Systeme) und hängen von den diesbezüglichen Festlegungen der betroffenen Länder ab, sodass dazu keine näheren Angaben gemacht werden können. Weitere Kosten können durch die neu eingeführten Publikationsverpflichtung im Zusammenhang mit der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb entstehen, falls das Publikationsorgan ein entsprechendes Entgelt einheben sollte. Abhängig von der Höhe des Entgeltes (derzeit verlangt etwa die Wiener Zeitung pro Bekanntmachung im Unterschwellenbereich 85.- €) und von der Anzahl dieser Verfahren sind jedenfalls nicht unbeachtliche unmittelbare Mehrkosten zu erwarten. Für den Bereich des Bundes ist festzuhalten, dass derzeit die PublikationsmedienVO 2006 noch keine Verpflichtung zur Einschaltung in der on-line Ausgabe des Amtlichen Lieferungsanzeigers enthält. Im Rahmen einer allfälligen Anpassung der Verordnung werden jedenfalls Gespräche über die Höhe der Einschaltungspreise zu führen sein. Durch die Publizität der Vergaben (insbesondere daher bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb) werden, ausgelöst durch den intensiveren Wettbewerb, auch Einsparungseffekte eintreten. Laut der oben zitierten Studie der Kommission führt bereits allein das Faktum der Veröffentlichung eines Vergabeverfahrens dazu, dass eine Kostenreduktion von 1,2% (berechnet vom geschätzten Auftragswert) stattfindet (dieses für den Oberschwellenbereich ausgewiesene Ergebnis ist auch für den Unterschwellenbereich zutreffend; aufgrund des tendenziell sogar höheren Wettbewerbes im hier interessierenden Bereich [Teilnahme von Klein- und Mikrounternehmen] könnte die durchschnittliche Kostenreduktion sogar höher ausfallen). Dies hätte – auf der Basis der derzeitigen Publikationspreise – für den Bundesbereich (im Bereich der „klassischen“ Auftragsvergabe) die Konsequenz, dass den Kosten einer Einschaltung (85.- €) zu erwartende Einsparungseffekte von zumindest 480.- € gegenüber stehen würden (dies folgt aus der Überlegung, dass im Bereich der Direktvergabe gemäß § 41 eine Publikation de facto nur in Einzelfällen erfolgen wird). Wird eine Publikation noch mit einem besonders wettbewerbsintensivem Verfahren kombiniert (etwa einem Verfahren ohne Verhandlungen in Anlehnung an ein offenes Verfahren) so sind weitere Kostenreduktionen zu erwarten (laut Studie der Kommission führt die Durchführung eines offenen Verfahrens für sich bereits zu einem Einsparungseffekt von 2,6% des geschätzten Auftragswertes; bei nicht-offenen verfahren beträgt dieser Wert 2,5%). Da weder die allfällig eingehobenen Vergütungen für die Publikationen, noch die Anzahl der davon betroffenen Verfahren eingeschätzt werden kann, noch das Verhalten der Auftraggeber (insbesondere welche Verfahrensstruktur letztlich gewählt wird) absehbar sind, ist eine nähere Einschätzung der zu erwartenden Effekte nicht möglich.

4.10.        Aufgrund der Publikation im Zusammenhang mit der Durchführung einer Direktvergabe mit           vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb ist ein Ansteigen            der Anzahl der Nachprüfungs- und Feststellungsverfahren (im Vergleich zur bisherigen Situation          unter dem Regime der SchwellenwertVO 2009) wahrscheinlich. Die Anzahl der Verfahren hängt        jedoch fast ausschließlich davon ab, ob die Auftraggeber offenkundige Fehler vermeiden können                oder nicht. Da das Verfahren selbst (fast) völlig frei strukturierbar ist, können lediglich gröbste               Verstöße gegen vergaberechtliche Grundsätze in Verfahren vor den Nachprüfungsbehörden          releviert werden. Auch diesbezüglich sind Einschätzungen (Quantifizierungen) mangels        Datenmaterial und Kenntnis des (zukünftigen) Verhaltens der Auftraggeber nicht möglich.

4.11. In der Novelle wird die Ausdehnung des Regimes der Eigenerklärung auf den gesamten Unterschwellenbereich vorgeschlagen. Die Änderungen im Bereich der Eignungsprüfung können auch auf Auftraggeberseite und damit im Bereich der öffentlichen Haushalte zu Entlastungen führen. Die Vorlage von Eignungsnachweisen zieht einen gewissen Prüfungsaufwand nach sich, der bei der Vorlage einer bloßen Eigenerklärung jedenfalls geringer ausfallen wird. Da keine seriösen Schätzungen darüber vorliegen, welche Belastungen auf Seiten des Auftraggebers derzeit aus der Prüfung der Eignung der Bewerber und Bieter resultieren, können auch die – durch die vorgeschlagene Erleichterung eintretenden – Entlastungen nicht quantifiziert werden.

4.12. Im Rahmen des Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion für Unternehmen aus gesetzlichen Informationsverpflichtungen (SKM) wurde die Vorlage von Eignungsnachweisen als erheblicher Kostenfaktor für Unternehmen identifiziert. Der Nachweis der Befugnis sowie            der beruflichen Zuverlässigkeit verursachte gemäß einer 2007 durchgeführten Studie von Roland                 Berger im Auftrag des Bundeskanzleramtes demnach Verwaltungslasten in der Höhe von 9.337.671,99 Euro pro Jahr, der Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Verwaltungslasten in der Höhe von 1.616.253,11 Euro pro Jahr und der              Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit Verwaltungslasten in der Höhe von             11.948.287,52 Euro pro Jahr. Diese Verwaltungslasten wurden durch die Einführung der          Eigenerklärung mit der Novelle zum BVergG 2006, BGBl. I Nr. 15/2010, bereits um               12.336.132,72 Euro reduziert.

         Durch die nunmehr vorgeschlagene Regelung, wonach das System der Eigenerklärung auf den gesamten Unterschwellenbereich ausgedehnt werden soll (Unternehmer können somit ihre Eignung in Hinkunft im Unterschwellenbereich grundsätzlich durch die bloße Vorlage von Eigenerklärungen belegen), werden die Verwaltungslasten im Bereich der Eignungsnachweise weiter reduziert. Durch die Anhebung der Schwellenwerte, ab deren Erreichen vom Zuschlagsempfänger jedenfalls die Nachweise vorzulegen sind, kann nämlich – im Vergleich zur Rechtslage nach der Novelle 2010 – eine weitere Reduktion der betroffenen Unternehmen von geschätzten 30% angenommen werden. Auf Grundlage dieser Annahme und ausgehend von den bei der Basiserhebung des SKM-Projekts ermittelten Zahlenwerten werden durch die vorgeschlagenen Änderungen die Verwaltungslasten im Bereich der Eignungsnachweise um ca. 3.169.823 Euro reduziert.

         Gemäß der SKM-Basiserhebung 2007 verursacht weiters die Aufklärung über die Angemessenheit der Preise im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung gemäß § 125 Abs. 5 bzw. § 268 Abs. 3 sowie die Aufklärung bei Mangelhaftigkeit des Angebotes gemäß § 126 Abs. 1 Verwaltungslasten in der Höhe von insgesamt 580.689,65 Euro. Davon entfallen auf den Unterschwellenbereich 389.039,11 Euro. Da diese Informationsverpflichtung mit der vorgeschlagenen Änderung im Unterschwellenbereich zur Gänze entfällt, werden die Verwaltungslasten in diesem Bereich um 389.039,11 Euro reduziert.

         Durch die vorgeschlagenen Änderungen erfolgt daher insgesamt eine Reduktion der Verwaltungslasten um 3.558.863,11 Euro.

4.13.        Allgemein kann zu den Auswirkungen des Regelungsvorhabens in Bezug auf die Verpflichtung von Betreibern zur Beschaffung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge auf die Gesetzesfolgenabschätzung für den Richtlinienvorschlag der EK (abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transport/urban/studies/doc/2007_ia_dir_clean_efficient_vehicles.pdf) verwiesen werden. Erwägungsgrund 13 der RL 2009/33/EG hält fest, dass der „Anschaffungspreis für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge … über jenem herkömmlicher Fahrzeuge [liegt]. Bei der Schaffung einer ausreichenden Nachfrage nach solchen Fahrzeugen könnten Größenvorteile zu Kostensenkungen führen.“ Durch die Einführung einer Verpflichtung, saubere und energieeffiziente Straßenfahrzeuge zu beschaffen, sind daher – zumindest in einer ersten Phase – Mehrkosten bei der Beschaffung von derartigen Straßenfahrzeugen grundsätzlich zu erwarten. Aufgrund der Gesetzesfolgenabschätzung der Kommission ist von einer Erhöhung der Anschaffungskosten um bis zu 11% (in der Zeit bis 2027) auszugehen. Diesen erhöhten Anschaffungskosten stehen jedoch Einsparungen bei den Treibstoffkosten gegenüber. Nach der Studie der Kommission übersteigen die Einsparungseffekte die erhöhten Anschaffungskosten um 75%, wobei höhere Erdöl- bzw. Treibstoffpreise zu höheren Einspareffekten führen würden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die von der Kommission skizzierten Markt- und Preiseffekte auf Unionsebene grundsätzlich auch für den österreichischen Markt zutreffen.

         Aufgrund mangelnder Daten hinsichtlich des zu erwartenden Beschaffungsvolumens von Straßenfahrzeugen durch Betreiber von Personenverkehrsdiensten im Sinne der PSO-VO (auf Bundes- und Landesebene) und der nicht vorhersehbaren Preisentwicklung von „sauberen und energieeffizienten“ Straßenfahrzeugen sind die zu erwartenden Mehrbelastungen bzw. Einspareffekte nicht quantifizierbar (vgl. dazu auch die Ausführungen unter 5.).

4.14.        Durch die vorgesehene Indexanpassung der Aufwandsentschädigung für sonstige Mitglieder des Bundesvergabeamtes gemäß § 301 BVergG 2006 entstehen Mehrkosten. Die Aufwandsentschädigung betrug 2010 32 900 Euro (die Aufwandsentschädigungen des Bundesvergabeamtes schwanken jedoch nicht unerheblich; zu den Vorjahren vgl. den Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes für das Jahr 2010 abrufbar unter: www.bva.gv.at). Auf der Basis der derzeitigen Veränderungsraten des Verbraucherpreisindex würden die Mehraufwendungen (berechnet vom Oktober 2010 bis September 2011) 1 123 Euro (gerundet) betragen. Es ist (unter der Annahme ähnlicher Veränderungsraten des VPI) daher davon auszugehen, dass ca. 1 100 Euro pro Jahr an Mehraufwendungen anfallen werden.

5. Sonstige Auswirkungen:

Allgemein kann zu den sonstigen Auswirkungen des Regelungsvorhabens betreffend die BVergG Novelle 2012 in Bezug auf die Verpflichtung zur Beschaffung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge auf die Gesetzesfolgenabschätzung für den Richtlinienvorschlag der EK (abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transport/urban/studies/doc/2007_ia_dir_clean_efficient_vehicles.pdf) verwiesen werden. Soweit nicht unter Punkt 4 bereits erfasst, ergeben sich im Vergleich zur bisherigen Rechtslage durch den vorliegenden Entwurf folgende Auswirkungen:

Die besonderen Bestimmungen betreffend die Beschaffung von Straßenfahrzeugen durch Betreiber von öffentlichen Personenverkehrsdiensten im Sinne der PSO-VO, die der Umsetzung der Richtlinie 2009/33/EG dienen, ziehen umweltbezogene Auswirkungen nach sich. Gemäß der zitierten Richtlinie haben Betreiber verschiedene Möglichkeiten, betriebsbedingte Energie- und Umweltauswirkungen bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen zu berücksichtigen. Welche Alternative konkret die Betreiber auswählen oder präferieren, ist aus heutiger Sicht nicht abschätzbar.

Mangels ausreichender Basisdaten über den Beschaffungsbedarf und das Beschaffungsverhalten von Betreibern von öffentlichen Personenverkehrsdiensten im Sinne der PSO-VO kann daher keine konkretere Abschätzung der klimabezogenen Auswirkungen und insbesondere auch keine Quantifizierung der CO2-Emissionen für Österreich vorgenommen werden.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass gemäß der Gesetzesfolgenabschätzung der EK zum Richtlinienvorschlag von einer signifikanten Reduktion der Schadstoffemissionen (-29% NOx, -70% Partikel) sowie einer CO2-Emissionsreduktion von bis zu 1,974 Mio. t/Jahr auf Unionsebene auszugehen ist.

Wie die Gesetzesfolgenabschätzung der EK darlegt, führt die Reduktion der Schadstoffemissionen hauptsächlich im städtischen Bereich zu einer Verbesserung der Umweltsituation, insbesondere mit Auswirkungen auf die Gesundheit. Darüber hinaus sind eine Diversifizierung der Energie- und Treibstoffquellen und Reduktionen beim Verbrauch nicht erneuerbarer Energieressourcen zu erwarten.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.

 

Der Verfassungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Dezember 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneter Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher die Abgeordneten Fritz Neugebauer, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Mag. Harald Stefan und Konrad Steindl sowie der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, B , dagegen:  F, G) beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1513 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2011 12 01

                    Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher                                                 Dr. Peter Wittmann

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann