1621 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Menschenrechte

über den Antrag 1764/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend geplantes menschenrechtswidriges Anti-Terrorgesetz in Saudi Arabien

Die Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 06. Dezember 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Seit März 2011 hat das saudi-arabische Regime eine neue Offensive gegen die zivilgesellschaftliche Reformbewegung im Land gestartet indem Hunderte von friedlichen Demonstranten und Reformbefürwortern inhaftiert wurden. Viele wurden zwar wieder freigelassen, aber andere sitzen weiterhin ohne eine formelle Anklage in Haft oder wurden wegen vager, angeblich sicherheitsbezogener Straftaten angeklagt. Gleichzeitig bereitet Saudi Arabien ein neues Antiterrorgesetz vor, welches die bereits angespannte und düstere Menschenrechtssituation im Land noch weiter verschärfen würde: Amnesty warnt eindringlich davor, dass mit dem Gesetz ein weiteres Mittel zur Unterdrückung friedlicher regimekritischer Stimmen durch die künftige Etikettierung als „terroristische Straftat“ geschaffen würde und dass eine ganze Reihe von derzeitigen missbräuchlichen Praktiken, wie willkürliche Verhaftungen, lange Isolierungshaft und durch Folter erzwungene Geständnisse legalisiert werden sollen (Amnesty International „Saudi-Arabien Repression in the Name of Security“ vom 1.12.2011). Allein auf das Infragestellen der Integrität des Königs oder des Kronprinzen soll eine Strafe mit bis zu 10 Jahren Haft stehen. Es fehlen Definitionen zu Kernbegriffen, wie zB. dazu was eine „terroristische Vereinigung“ ist. Isolationshaft könnte pauschal für 4 Monate und danach unbefristet verhängt werden. Das Gesetz würde durch Verschärfungen bezüglich Isolationshaft, geheimer Verhaftungen und Ausweitung der Befugnisse des Innenministeriums zulasten unabhängiger RichterInnen, einen Freischein zur – sogar unbefristeten - Inhaftierung von „Tatverdächtigen“ ohne Anklage oder Gerichtsverfahren ausstellen. Dieser Freischein würde vor allem zur Unterdrückung und Verfolgung von RegimegegnerInnen, MenschenrechtsaktivistInnen und friedlichen DemonstrantInnen verwendet werden und würde einer massiven Verletzung grundlegender Menschenrechte, wie dem Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit, und des Folterverbots und des Willkürverbots Vorschub leisten.

Als Staat, der derzeit einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat innehat und gleichzeitig Vertragspartner der in Wien zu errichtenden, unter der Namensherrschaft von König Abdullah stehenden Organisation „Internationales König-Abdullah-Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ ist, muss Österreich hier klar Stellung beziehen, wenn es menschenrechtlich glaubwürdig bleiben will. Die Regierung muss Saudi Arabien dazu auffordern, diesen menschenverachtenden Gesetzesentwurf so abzuändern dass er die internationalen menschenrechtlichen Standards erfüllt und die derzeitigen menschenrechtswidrigen Praktiken in Saudi-Arabien unter Strafe stellt.“

 

Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 14. Dezember 2011 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser die Abgeordneten Ewald Sacher, Franz Eßl, Franz Glaser, Gerald Grosz, Andrea Gessl-Ranftl, Josef A. Riemer und Karl Öllinger sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Wolfgang Waldner und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Alev Korun.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Wolfgang Großruck, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Sicherung der Menschenrechte im Kampf gegen den Terrorismus eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B) beschlossen wurde.

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Akte des Terrorismus sind schwere Verbrechen. Im Bereich der Anti-Terrorismusstrategien sind auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität, für Rechtshilfe- und Auslieferungsabkommen sowie zur polizeilichen Zusammenarbeit gesetzt worden.

Maßnahmen bei der Bekämpfung des Terrorismus können dabei einen erheblichen Eingriff in Grund- und Menschenrechte bedeuten. Es besteht dabei die Gefahr, dass der Terrorismus für Regierungen zum Vorwand genommen wird, um die Regeln der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte aufzuheben. Die Sicherheit der Menschen umfassend zu gewährleisten, ohne rechtsstaatliche Prinzipien und den Schutz der Menschenrechte zu kompromittieren, ist daher eine der größten Herausforderungen der Politik.

Um auch langfristig wirksam sein zu können, sollen daher Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus die rechtlichen Grundlagen bei strikter Wahrung der menschenrechtlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze stärken. Die Unantastbarkeit der Menschenwürde ist ein Grundwert, der kompromisslos zu schützen ist. Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Privatsphäre und Datenschutz sowie das absolute Folterverbot, dürfen nicht unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung aufgeweicht werden. Der Kampf gegen den Terrorismus ist daher auch stets in vollem Einklang mit den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen zu führen.

Österreich hat sich immer dafür eingesetzt, dass die Umsetzung der UN-Counter-Terrorismus Strategie im Einklang mit den Menschenrechten und insbesondere durch Förderung der Rechtsstaatlichkeit, Schutz und Stärkung der Menschenrechte und im Verhindern radikaler und extremistischer Strömungen zu erfolgen hat.“

 

Der den Verhandlungen zu Grunde liegende Entschließungsantrag 1764/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (dafür: F, G, B, dagegen: S, V).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Ewald Sacher gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 1764/A(E) zur Kenntnis zu nehmen und

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2011 12 14

                                   Ewald Sacher                                                                   Mag. Alev Korun

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau