1699 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (1676 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird

 

Derzeit sieht sich die Justiz im Bereich der Gerichtsorganisation mit folgenden Problemstellungen konfrontiert:

1.      Die wiederholten Bedrohungen und Angriffe gegen Organe der Gerichtsbarkeit zeigen die Bedeutung, die der Gewährleistung von Sicherheit in Gerichtsgebäuden zukommt. Derzeit erfolgt keine einheitliche und systematische Dokumentation sicherheitsrelevanter Vorfälle.

2.      Teilnehmer/innen am elektronischen Rechtsverkehr erhalten eine elektronische Bestätigung für die Einbringung. Dennoch ist derzeit noch eine Übermittlung von Rubriken an Einbringer/innen vorgesehen.

3.      Die Sozialversicherungsträger nehmen bisher nicht am elektronischen Rechtsverkehr teil.

4.      Die bisherige Formulierung des § 89c Abs. 5 und 6 führte mitunter zur irrigen Rechtsmeinung, wonach sich auch die Anführung von „Eingaben“ nur auf das Grundbuchs- und Firmenbuchverfahren beziehe.

5.      Die Nichtbeachtung der Verpflichtung zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr stellt nur den Verstoß gegen eine bloße Ordnungsvorschrift dar. Sie hat daher keine verfahrensrechtlichen Folgen.

6.      Nach einer im Laufe des Jahres 2012 vorgesehenen technischen Umstellung des elektronischen Rechtsverkehrs werden Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nicht mehr gebündelt kurz nach Mitternacht, sondern laufend sofort durchgeführt. Dies würde im Hinblick auf durch die Zustellung ausgelöste Fristen zu einer Verschlechterung für Teilnehmer/innen am elektronischen Rechtsverkehr führen.

Die gegenständliche Regierungsvorlage verfolgt mehrere Ziele:

1.      Sicherheitsrelevante Vorfälle sollen einheitlich und systematisch dokumentiert werden.

2.      Entfall der Übermittlung von Rubriken an Einbringer/innen, die ihr Anbringen elektronisch eingebracht haben.

3.      Einbeziehung der Sozialversicherungsträger in den elektronischen Rechtsverkehr.

4.      Verhinderung von Missverständnissen über den Anwendungsbereich.

5.      Das gesetzeswidrige Absehen von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll – als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift – zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen.

6.      Verhinderung einer Verschlechterung für Teilnehmer/innen am elektronischen Rechtsverkehr und Beibehaltung des Status quo trotz technischer Umstellungen beim ERV.

Diese Ziele sollen durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

1.      Erfassung von Angriffen und ernstzunehmenden Drohungen in der Verfahrensautomation Justiz.

2.      Aufnahme einer gesetzlichen Klarstellung, wonach die Übermittlung von Rubriken an Einbringer/innen bei elektronischen Anbringen unterbleiben kann.

3.      Einführung der verpflichtenden Teilnahme der Sozialversicherungsträger am elektronischen Rechtsverkehr.

4.      Beseitigung der missverständlichen Formulierung zugunsten einer übersichtlichen Auflistung aller zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr Verpflichteten.

5.      Schaffung einer gesetzlichen Bestimmung, wonach ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr wie ein Formmangel zu behandeln ist, der zu verbessern ist.

6.      Der jeweils auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des/der Empfänger/in folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten, wird als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter gerichtlicher Erledigungen und Eingaben festgelegt.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 13. März 2012  in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Mag. Ruth Becher die Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher und Mag. Johann Maier sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig (nicht anwesend: B) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1676 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 03 13

                               Mag. Ruth Becher                                                    Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann