Vorblatt

Problem:

Durch die Schuldenkrise einiger Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und dem damit verbundenen dramatischen Anstieg der Risikoaufschläge für die Staatsanleihen ist die Stabilität, Einheit und Integrität des Euro-Währungsgebiets insgesamt gefährdet.

Ziel:

Einrichtung eines ständigen Stabilitätsmechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt.

Inhalt /Problemlösung:

Der vorliegende Vertrag hat die Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zum Inhalt.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Durch die Ausführung des Vertrags verpflichtet sich Österreich unwiderruflich und uneingeschränkt zur Leistung seines Anteils am genehmigten Stammkapital in Höhe von 19 Milliarden 483 Millionen 800 Tausend Euro. Hievon sind grundsätzlich 2 Milliarden 226 Millionen 720 Tausend Euro in fünf jährlichen Raten von jeweils 20% einzuzahlen, wobei die Einzahlung jederzeit freiwillig beschleunigt werden kann. Die erste Rate ist innerhalb von fünfzehn Tagen nach dem Tag des Inkrafttretens dieses Vertrags einzuzahlen. Gemäß der Erklärung der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 9. Dezember 2011 ist es gemeinsames Ziel, dass der Vertrag im Juli 2012 in Kraft tritt. Unter bestimmten Umständen ist eine Beschleunigung des Zahlungsplans zwingend vorgeschrieben, wodurch es zu einer Verschiebung der Beträge innerhalb des Fünfjahreszeitraums kommen kann. Am 2. März 2012 haben die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets beschlossen, die Einzahlung zu beschleunigen: 2012 sollen bereits zwei Raten eingezahlt werden. Bis Ende März 2012 soll außerdem ein neuer Zeitplan für die Zahlung der verbleibenden Raten festgelegt werden. Die budgetäre Belastung beträgt somit für das Jahr 2012 890 Millionen 688 Tausend Euro und für die verbleibenden Raten ab 2013 1 Milliarde 336 Millionen 32 Tausend Euro, für welche die Aufteilung nach Jahren bis Ende März 2012 festgelegt wird. Zusätzliche budgetäre Belastungen sind ausschließlich im Rahmen des genehmigten nicht eingezahlten Kapitals möglich.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Übergeordnetes Ziel ist die Wahrung der Stabilität, Einheit und Integrität des Euro-Währungsgebiets. Gerade für kleine offene Volkswirtschaften wie Österreich, die eine überdurchschnittlich hohe außenwirtschaftliche Verflechtung aufweisen, sind stabile Währungsbeziehungen von enormer Bedeutung, da sich dadurch die Planungssicherheit für Unternehmen – vor allem Exporteure – deutlich verbessert, zusätzliche Impulse für den Außenhandel generiert werden und davon positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort ausgehen. Der ESM soll dazu beitragen, systemische Krisen, welche sich potenziell negativ auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich auswirken würden, in Zukunft zu verhindern.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht ist gegeben.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Der Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Er hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Vertrags im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 3 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch den Vertrag keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Entstehungsgeschichte und Inhalt des Vertrags

Ausschlaggebend für die Bemühungen zur Einrichtung von Stabilitätsmechanismen für das Euro-Währungsgebiet war der im Frühjahr 2010 beobachtete, dramatische Anstieg der Risikoaufschläge für Staatsanleihen einiger Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets. Im Mai 2010 war ein Niveau erreicht, das im Falle von Griechenland kurz zuvor zum Verlust des Zugangs zu den Kapitalmärkten geführt hatte. Bei einem Sondergipfel des Europäischen Rates bestätigten die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets ihre Entschlossenheit, alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Wahrung der Stabilität, Einheit und Integrität des Euro-Währungsgebiets auszuschöpfen. Kurz darauf beschloss der Rat der Europäischen Union (Wirtschaft und Finanzen) die Einrichtung eines bis Mitte 2013 befristeten  Stabilisierungsmechanismus: die „European Financial Stability Facility“ (EFSF), die auf der Grundlage anteiliger Haftungen der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets operiert.

Am 28./29. Oktober 2010 kam der Europäische Rat überein, dass die Mitgliedstaaten einen ständigen Stabilitätsmechanismus zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt einrichten müssen. Im November 2010 stellte Irland an die anderen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets einen Antrag auf Gewährung von Finanzhilfe durch die EFSF, und auch die Risikoaufschläge portugiesischer Staatsanleihen stiegen weiter stark an. Bereits am 28. November 2010 hat die Euro-Gruppe in einer Erklärung allgemeine Merkmale des künftigen „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) festgelegt. Diese wurden am 17. Dezember 2010 vom Europäischen Rat gebilligt. Es wurde beschlossen, dass der ESM auf den bestehenden Regeln und Verfahren der EFSF aufbauen soll: über den ESM wird Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets unter strikten Auflagen Finanzhilfe bereitgestellt. Der ESM unterscheidet sich von der EFSF durch seine ständige Einrichtung und eine bestehenden internationalen Finanzinstitutionen entsprechende Kapitalstruktur. In Ausnahmefällen ist eine Beteiligung des Privatsektors entsprechend der IWF-Praxis in Betracht zu ziehen. Die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets haben sich verpflichtet, zur Erleichterung des Verfahrens sogenannte Umschuldungsklauseln („collective action clauses“ – CAC) in die Vertragsbedingungen aller neuen Staatsschuldtitel mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufzunehmen. ESM wird außerdem einen bevorrechtigten Gläubigerstatus („preferred creditor status“) beanspruchen, wobei akzeptiert wird, dass der IWF gegenüber dem ESM als Gläubiger vorrangig ist.

Auf dieser Grundlage erfolgte unter Einbindung der Nicht-Eurozonen-Mitgliedstaaten die Erarbeitung der genauen Ausgestaltung des ESM, die am 21. März 2011 von den Finanzministern beschlossen und am 25. März 2011 in Form einer Vereinbarung über die Merkmale des Europäischen Stabilitätsmechanismus vom Europäischen Rat gebilligt wurde (sogenanntes „Term Sheet“).

Am 25. März 2011 hat der Europäische Rat den Beschluss 2011/199/EU zur Änderung des Artikels 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) angenommen, womit Artikel 136 folgender Absatz angefügt wird: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“ Der ESM erfüllt die darin getroffenen Vorgaben für einen Stabilitätsmechanismus, der im vorliegenden Fall mittels EU-rechtskonformen völkerrechtlichen Vertrags eingerichtet wird. Bei den Verhandlungen wurde der Frage des Verhältnisses des ESM-Vertrags zum Recht der Europäischen Union besonderes Augenmerk gewidmet. Insbesondere wurden die zur Verfügung stehenden Finanzhilfeinstrumente so gewählt, dass sie jedenfalls im Einklang mit den Bestimmungen des Artikel 125 Abs. 1 AEUV stehen.

Auf Grundlage des „Term Sheets“ wurden Verhandlungen über den Vertrag zur Einrichtung des ESM aufgenommen und am 20. Juni 2011 durch die Finanzminister des Euro-Währungsgebiets abgeschlossen. Am 20. Juni 2011 ermächtigten die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Vertragsparteien des ESM-Vertrags außerdem, die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) dazu aufzufordern, die im Vertrag vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen. Der Europäische Rat hat den Vertragstext am 24. Juni 2011 begrüßt, allerdings stieg die Unsicherheit auf den Finanzmärkten weiter an, da traditionell auf den europäischen Anleihenmärkten tätige Investoren aufgrund der allgemein hohen Schuldenquoten der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vermehrt Ansteckungsgefahren orteten. Am 21. Juli 2011 fassten die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets daher weitere Beschlüsse, die zu Nachverhandlungen führten und die Palette an Instrumenten erweiterten. Zusätzlich zur Kreditvergabe und Interventionen am Primärmarkt sollen präventive Maßnahmen, die Rekapitalisierung von Finanzinstituten sowie Interventionen am Sekundärmarkt möglich sein. Die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets haben anlässlich des Europäischen Rates vom 8./9. Dezember 2011 weitere konkrete Vorgaben zur Frage der Gesamtausstattung von EFSF/ESM, der Privatsektoreinbindung und der Schaffung eines Dringlichkeitsverfahrens mit qualifizierter Mehrheit beschlossen. Die Nachverhandlungen wurden von den Finanzminister/innen des Euro-Währungsgebiets am 23. Jänner 2012 abgeschlossen. Das federführend zuständige Bundesministerium für Finanzen hat dem Nationalrat und dem Bundesrat laufend über den Fortgang der Verhandlungen berichtet.

Bei den Verhandlungen zur Einrichtung des ESM waren die 17 Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets unter Einbeziehung der zehn Nicht-Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vertreten.

Die Mitgliedschaft des ESM besteht aus den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets. Bei einem zukünftigen Beitritt eines EU-Mitgliedstaats zum Euro-Währungsgebiet besteht die explizite Erwartungshaltung, dass auch ein Beitritt zum ESM erfolgt.

Der ESM wird als ständiger Stabilitätsmechanismus die gleichen Aufgaben wie die befristet eingerichtete EFSF und der Europäische Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) erfüllen. Zweck ist es, Finanzmittel zu mobilisieren und ESM-Mitgliedern, die schwerwiegende Finanzierungsprobleme haben oder denen solche Probleme drohen, unter Auflagen eine Stabilitätshilfe bereitzustellen, wenn dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets und seiner Mitgliedstaaten notwendig ist. Mögliche Instrumente der Stabilitätshilfe sind Finanzhilfe in Form von Darlehen, vorsorgliche Finanzhilfe, Finanzhilfe zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten eines ESM-Mitglieds sowie Unterstützungsfazilitäten für den Ankauf von Anleihen am Primär- und Sekundärmarkt. Die entsprechenden Auflagen können von einem makroökonomischen Anpassungsprogramm bis zur kontinuierlichen Erfüllung zuvor festgelegter Anspruchsvoraussetzungen reichen und sind in einem von der Europäischen Kommission gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) und – nach Möglichkeit – zusammen mit dem IWF mit dem betreffenden ESM-Mitglied ausgehandelten „Memorandum of Understanding“ („MoU“) ausgeführt. Die konsequente Umsetzung der Auflagen ist die Bedingung für die Aufrechterhaltung der Stabilitätshilfe. Der ESM wird über eine effektive Darlehenskapazität von 500 Milliarden EUR verfügen. Die Angemessenheit der Darlehenskapazität wird regelmäßig, mindestens aber alle fünf Jahre, überprüft. Gemäß den Erklärungen der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 9. Dezember 2011, 30. Jänner 2012 und 2. März 2012 soll die konsolidierte Darlehensvergabe von ESM und EFSF bis Ende März 2012 überprüft werden. Die Darlehenskapazität des ESM soll nach Möglichkeit durch die Beteiligung des IWF an Finanzhilfemaßnahmen ergänzt werden; daneben können sich auch Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet nicht angehören, auf Ad-hoc-Basis beteiligen. Der ESM-Vertrag dient wie der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (VSKS) der Verstärkung der haushaltspolitischen Verantwortlichkeit und der Solidarität innerhalb der Wirtschafts- und Währungsunion. Es ist vereinbart, dass die Gewährung von Finanzhilfe im Rahmen neuer Programme durch den ESM ab dem 1. März 2013 von der Ratifikation des VSKS durch das betreffende ESM-Mitglied abhängt bzw. nach Ablauf eines Jahres ab Inkrafttreten des VSKS von der Erfüllung der in Artikel 3 Abs. 2 VSKS genannten Pflichten.

Finanzielle Auswirkungen:

Das genehmigte Stammkapital des ESM beträgt 700 Milliarden Euro, wobei sich der österreichische Anteil auf 2,7834% bzw. 19 Milliarden 483 Millionen 800 Tausend Euro beläuft. Die Haftung bleibt unter allen Umständen auf den Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs begrenzt.

Analog zu anderen internationalen Finanzinstitutionen ist das Stammkapital in eingezahlte und abrufbare Anteile unterteilt. Österreich ist unwiderruflich und uneingeschränkt verpflichtet, seinen Beitrag zu leisten. Der Gouverneursrat kann in gegenseitigem Einvernehmen genehmigtes nicht eingezahltes Kapital innerhalb einer angemessenen Frist jederzeit abrufen. Für den Fall, dass Verluste die Höhe des  eingezahlten Kapitals schmälern, kann das Direktorium mit einfacher Mehrheit den ESM-Mitgliedern eine angemessene Frist für die Einzahlung abrufbarer Anteile setzen, um die Höhe des eingezahlten Kapitals wiederherzustellen. In besonders dringenden Fällen können Kapitalabrufe auch durch Beschluss des Geschäftsführenden Direktors erfolgen, wobei Österreich im letzten Fall unwiderruflich und uneingeschränkt verpflichtet ist, das abgerufene Kapital innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt der Aufforderung einzuzahlen. Solche Beschlüsse erfolgen nur, falls die Gefahr besteht, dass der ESM aufgrund eines Fehlbetrags bei fälligen Zahlungsverpflichtungen in Verzug gerät.

Der anfängliche Gesamtnennwert der eingezahlten Anteile beläuft sich auf 80 Milliarden Euro. Der österreichische Anteil entspricht gemäß Beitragsschlüssel 2 Milliarden 226 Millionen 720 Tausend Euro. Die eingezahlten Anteile sind grundsätzlich in fünf jährlichen Raten von jeweils 20% des Gesamtbetrags zu zahlen, das entspricht jährlichen Raten von 445 Millionen 344 Tausend Euro, wobei die Einzahlung jederzeit freiwillig beschleunigt werden kann. Am 2. März 2012 haben die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets beschlossen, die Einzahlung zu beschleunigen: 2012 sollen bereits zwei Raten eingezahlt werden. Bis Ende März 2012 soll außerdem ein neuer Zeitplan für die Zahlung der verbleibenden Raten festgelegt werden. Die erste Rate ist innerhalb von fünfzehn Tagen nach dem Tag des Inkrafttretens dieses Vertrags einzuzahlen. Gemäß der Erklärung der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 9. Dezember 2011 ist es gemeinsames Ziel, dass der Vertrag im Juli 2012 in Kraft tritt.

Während des grundsätzlich vorgesehenen Fünfjahreszeitraums, in dem das das Kapital einzuzahlen ist, sind die ESM-Mitglieder verpflichtet, die Zahlung der eingezahlten Anteile zu beschleunigen, wenn dies erforderlich ist, um das Verhältnis zwischen eingezahltem Kapital und ausstehendem Betrag an ESM-Anleiheemissionen stets bei mindestens 15% zu halten. Gemäß der Erklärung der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 9. Dezember 2011 wurde außerdem im Vertrag verankert, dass eine gemeinsame Mindestdarlehenskapazität des ESM und der EFSF von 500 Milliarden Euro sicherzustellen ist. Aus diesen beiden Vorgaben ergibt sich die Möglichkeit einer anderen Verteilung der Zahlungen innerhalb des Fünfjahreszeitraums.

 

einzuzahlende Kapitalanteile

Verpflichtend gem. Art. 41 Abs. 1

Freiwillig gem. Art. 41 Abs. 3 nach Beschluss der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets (2. März 2012)

Rate

Fälligkeit

Betrag in
Tausend EUR

Rate

Fälligkeit

Betrag in
Tausend EUR

1

2012

445.344,0

1-2

2012

890.688,0

2

2013

445.344,0

Verbleibende Raten

ab 2013

1.336.032,0

3

2014

445.344,0

 

 

 

4

2015

445.344,0

 

 

 

5

2016

445.344,0

 

 

 

 

Summe

2.226.720,0

 

Summe

2.226.720,0

Besonderer Teil

Der Vertrag über die Einrichtung des ESM besteht aus acht Kapiteln, die in Artikel eingeteilt sind.

Kapitel 1 regelt in den Artikeln 1, 2 und 3 die Einrichtung und Mitglieder, neue Mitglieder und den Zweck des ESM.

Artikel 1 bestimmt in Abs. 1 die Einrichtung des „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ als internationale Finanzinstitution. Abs. 2 regelt die ESM-Mitgliedschaft, die aus den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets besteht.

Artikel 2 sieht die Möglichkeit für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union vor, bei Einführung des Euro ESM-Mitglied zu werden. Die Bestimmung ist in Verbindung mit Erwägungsgrund 7 zu lesen, in dem die Erwartungshaltung zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Beitritt zum Euro-Währungsgebiet auch ESM-Mitglied werden sollte. In Abs. 2 und 3 werden die Bedingungen des Beitritts beschrieben.

Artikel 3 formuliert den Zweck des ESM. Er soll Finanzmittel mobilisieren und ESM-Mitgliedern, die schwerwiegende Finanzierungsprobleme haben oder denen solche Probleme drohen, unter bestimmten Auflagen Stabilitätshilfe bereitstellen. Der Umfang der Auflagen variiert entsprechend der Verwendung der in den Artikeln 14 bis 18 aufgezählten Finanzhilfeinstrumente. Voraussetzung ist, dass dies zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist. Zu diesem Zweck ist der ESM berechtigt, Mittel aufzunehmen. Artikel 21 enthält weitere Bestimmungen zu Anleiheoperationen.

Kapitel 2 regelt in den Artikeln 4, 5, 6 und 7 die Geschäftsführung des ESM. Darunter fallen Aufbau und Abstimmungsregeln, der Gouverneursrat, das Direktorium und der Geschäftsführende Direktor. Der Aufbau des ESM wurde jenem anderer internationaler Finanzinstitutionen nachgebildet. Sowohl im Gouverneursrat als auch im Direktorium ist eine unmittelbare Vertretung jedes ESM-Mitglieds vorgesehen.

Artikel 4 richtet in Abs. 1 einen Gouverneursrat, ein Direktorium sowie einen Geschäftsführenden Direktor und andere für erforderlich erachtete eigene Bedienstete ein. Abs. 2 sieht als mögliche Beschlussfassungsregeln gegenseitiges Einvernehmen, qualifizierte Mehrheit oder einfache Mehrheit vor. Die Beschlussfähigkeit besteht bei Anwesenheit von 2/3 der stimmberechtigten Mitglieder, auf die insgesamt mindestens 2/3 der Stimmrechte entfallen. Abs. 3 definiert gegenseitiges Einvernehmen als Einstimmigkeit der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder; Stimmenthaltungen verhindern die Annahme des Beschlusses nicht. Abs. 4 sieht abweichend von Abs. 3 die Anwendung eines Dringlichkeitsabstimmungsverfahrens vor, wenn die Europäische Kommission und die EZB beide zu dem Schluss gelangen, dass die Unterlassung der dringlichen Annahme eines Beschlusses zur Gewährung oder Durchführung von Finanzhilfe in aller Eile die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität des Euro-Währungsgebiets bedrohen würde. In diesem Fall erfordert eine Annahme in gegenseitigem Einvernehmen eine qualifizierte Mehrheit von 85% der abgegebenen Stimmen. Diese Regelung wurde während der Verhandlungen kontroversiell diskutiert und erst nach einem diesbezüglichen Beschluss der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 9. Dezember 2011 in den Vertragstext aufgenommen. Es wurde Bedacht darauf genommen klarzustellen, dass das Verfahren auf Beschlüsse des Gouverneursrats gemäß Artikel 5 Abs. 6 lit. f) und g) bzw. auf damit zusammenhängende Umsetzungsbeschlüsse des Direktoriums beschränkt ist. Von der Regelung umfasst sind daher ausschließlich die Bereiche der Gewährung von Stabilitätshilfe, Instrumentenwahl, Festlegung der Finanzierungsbedingungen und der Erteilung des Mandats zur Aushandlung der wirtschaftspolitischen Auflagen. Abs. 5 legt fest, dass für einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit 80% der abgegebenen Stimmen erforderlich sind. Abs. 6 definiert einfache Mehrheit als Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Abs. 7 bestimmt, dass die Stimmrechte der Zahl der Anteile am genehmigten Stammkapital entsprechen. Abs. 8 sieht die Aussetzung sämtlicher Stimmrechte für den Fall vor, dass ein ESM-Mitglied seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit eingezahlten Anteilen oder Kapitalabrufen nicht in voller Höhe nachkommt.

Artikel 5 beschreibt den Gouverneursrat, für den gemäß Abs. 1 jedes ESM-Mitglied ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied ernennt, wobei das jeweilige Mitglied das für Finanzen zuständige Regierungsmitglied zu sein hat. Der Gouverneursrat kann entweder den Präsidenten der Euro-Gruppe zum Vorsitz bestimmen oder aus seiner Mitte für eine Amtszeit von zwei Jahren einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden wählen. Die Europäische Kommission und der Präsident der Euro-Gruppe (so nicht zum Vorsitz bestimmt) können als Beobachter an den Sitzungen teilnehmen. EU-Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet nicht angehören, sich aber parallel zum ESM an Stabilitätshilfemaßnahmen beteiligt haben, werden ebenfalls als Beobachter zu diesbezüglichen Sitzungen eingeladen. Im Einzelfall können auch andere Personen – z. B. Vertreter des IWF – als Beobachter zu Sitzungen eingeladen werden.

Abs. 6 führt jene Beschlüsse aus, die der Gouverneursrat nur im gegenseitigen Einvernehmen fassen kann. Dazu zählen insbesondere die Gewährung von Stabilitätshilfe einschließlich der damit verbundenen wirtschaftspolitischen Auflagen und Finanzierungsbedingungen, die Wahl des geeigneten Instruments, Veränderungen des genehmigten Stammkapitals, die Anpassung des maximalen Darlehensvolumens sowie Kapitalabrufe nach Artikel 9 Abs. 1.

Abs. 7 führt jene Beschlüsse aus, die der Gouverneursrat mit qualifizierter Mehrheit fassen kann. Dazu zählen insbesondere technische Regelungen im Fall des Beitritts eines neuen Mitglieds, die Bestimmung oder Wahl des Vorsitzes, die Festlegung der Satzung und der Geschäftsordnungen des Gouverneursrats und des Direktoriums, die Ernennung und Beendigung der Amtszeit des Geschäftsführenden Direktors und Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Finanzmanagement.

Artikel 6 beschreibt das Direktorium, für das jeder Gouverneur ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied ernennt. Die Europäische Kommission und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) können einen Beobachter ernennen. Analog zur Regelung im Gouverneursrat können auch zu Sitzungen des Direktoriums Vertreter von anderen Institutionen und von EU-Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet nicht angehören, als Beobachter eingeladen werden, falls diese sich parallel zum ESM an Finanzhilfemaßnahmen beteiligt haben. Die Beschlussfassung erfolgt im Direktorium grundsätzlich mit qualifizierter Mehrheit.

Artikel 7 regelt die Aufgaben des Geschäftsführenden Direktors, der als gesetzlicher Vertreter des ESM die laufenden Geschäfte des ESM und den Vorsitz in den Sitzungen des Direktoriums führt. Er steht den Bediensteten des ESM vor und wird vom Gouverneursrat für eine Amtszeit von fünf Jahren ernannt, wobei sowohl eine einmalige Wiederernennung als auch die vorzeitige Beendigung  möglich sind.

Kapitel 3 regelt in den Artikeln 8, 9, 10 und 11 die Höhe des genehmigten Stammkapitals, Kapitalabrufe, Veränderungen des genehmigten Stammkapitals und den Beitragsschlüssel.

Artikel 8: Das genehmigte Stammkapital beträgt 700 Milliarden Euro und ist analog zu anderen internationalen Finanzinstitutionen in eingezahlte und abrufbare Anteile unterteilt. Der anfängliche Gesamtnennwert der eingezahlten Anteile beläuft sich auf 80 Milliarden Euro. Die ESM-Mitglieder sind unwiderruflich und uneingeschränkt verpflichtet, ihren Beitrag zu leisten. Der Beitragsschlüssel ist in Anhang I des Vertrags enthalten und wird gemäß Artikel 11 errechnet. Gemäß Anhang I beträgt der Anteil Österreichs zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 2,7834 Prozent. Gemäß Anhang II beträgt der Anteil Österreichs am genehmigten Stammkapital 19 Milliarden 483 Millionen 800 Tausend Euro. Die Einzahlung des Betrags der eingezahlten Anteile ist in Artikel 41 geregelt. Die Haftung eines jeden ESM-Mitglieds bleibt unter allen Umständen auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs begrenzt. Allfällige Kapitalabrufe wären daher jedenfalls durch den in Anhang II ausgewiesenen Betrag (abzüglich des eingezahlten Kapitals) begrenzt. Kein ESM-Mitglied haftet aufgrund seiner Mitgliedschaft für die Verpflichtungen des ESM. Auch ESM-Mitglieder, die vom ESM Finanzhilfe erhalten, sind zur Leistung ihrer Kapitalbeiträge zum genehmigten Stammkapital verpflichtet.

Artikel 9 regelt Kapitalabrufe, die einem abgestuften Verfahren folgen. Grundsätzlich kann der Gouverneursrat genehmigtes nicht eingezahltes Kapital innerhalb einer angemessenen Frist jederzeit abrufen, wobei ein solcher Beschluss nach den Beschlussfassungsregeln in Artikel 5 Abs. 6 lit. c) nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich ist. Für den Fall, dass die in Artikel 8 festgelegte Höhe des eingezahlten Kapitals durch Verluste unterschritten wird, kann das Direktorium durch Beschluss mit einfacher Mehrheit den entsprechenden Anteil an genehmigtem nicht eingezahltem Kapital abrufen und dafür eine angemessene Frist setzen, um die ursprüngliche Höhe wiederherzustellen. Für den Fall, dass ESM bei Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern in Verzug zu geraten droht, ruft der Geschäftsführende Direktor das notwendige genehmigte nicht eingezahlte Kapital ab, um fällige Zahlungen fristgerecht leisten zu können. Die ESM-Mitglieder sind in diesem Fall unwiderruflich und uneingeschränkt verpflichtet, das abgerufene Kapital innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt der Aufforderung einzuzahlen. Ausführliche Regelungen und Bedingungen für Kapitalabrufe sind durch das Direktorium zu beschließen.

Artikel 10 sieht die regelmäßige Überprüfung des maximalen Darlehensvolumens und der Angemessenheit des genehmigten Stammkapitals mindestens alle fünf Jahre vor. Der Gouverneursrat kann die Änderung des genehmigten Stammkapitals beschließen, der Beschluss tritt allerdings erst in Kraft, nachdem die ESM-Mitglieder den Abschluss ihrer jeweiligen nationalen Verfahren notifiziert haben. In Österreich bedarf es dazu einer parlamentarischen Genehmigung. Eine automatische Erhöhung des genehmigten Stammkapitals erfolgt bei Beitritt eines neuen ESM-Mitglieds, wobei der Beitragsschlüssel entsprechend angepasst wird und sich daraus keine Zahlungsverpflichtungen für bestehende ESM-Mitglieder ergeben. Eine Übertragung von Anteilen ist in diesem Fall gemäß Artikel 8 Abs. 3 ausschließlich möglich, um zu gewährleisten, dass die Verteilung der Anteile rechnerisch dem angepassten Schlüssel entspricht.

Artikel 11 legt den Beitragsschlüssel für die Zeichnung des genehmigten Stammkapitals fest, der sich auf den Schlüssel für die Zeichnung des EZB-Kapitals durch die nationalen Zentralbanken der ESM-Mitglieder stützt und in Anhang I niedergelegt ist. Gemäß Artikel 42 ist zur Vermeidung von Härtefällen zu Anfang eine zeitweilige Korrektur vorgesehen, die – neben dem Beitritt eines neuen ESM-Mitglieds – zu einer Anpassung des Beitragsschlüssels führt. Bei dieser Gelegenheit kann der Gouverneursrat beschließen, etwaige Aktualisierungen des Schlüssels für die Zeichnung des EZB-Kapitals zu berücksichtigen. Nach den Beschlussfassungsregeln in Artikel 5 Abs. 6 lit. e) erfolgen diesbezügliche Beschlüsse im gegenseitigen Einvernehmen.

Kapitel 4 umfasst die Artikel 12 bis 21 und regelt die Tätigkeit des ESM (Grundsätze, Verfahren für die Gewährung von Finanzhilfe, Finanzhilfeinstrumente, Anleiheoperationen).

Artikel 12 legt in Abs. 1 die Grundsätze für die Tätigkeit des ESM fest: die Gewährung von Stabilitätshilfe ist nur unter strengen, dem gewählten Finanzhilfeinstrument angemessenen Auflagen möglich, wenn es zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist. Die Auflagen können von einem makroökonomischen Anpassungsprogramm bis zur kontinuierlichen Erfüllung zuvor festgelegter Anspruchsvoraussetzungen (wie zum Beispiel bei der Gewährung vorsorglicher ESM-Finanzhilfe gemäß Artikel 14) reichen. In Abs. 2 wird auf die in Artikel 14 bis 18 vorgesehenen Instrumente der Stabilitätshilfe verwiesen; die Liste der Finanzhilfeinstrumente kann gemäß Artikel 19 durch den Gouverneursrat geändert werden. Abs. 3 sieht die Aufnahme sogenannter Umschuldungsklauseln („collective action clauses“) in allen neuen Staatsschuldtiteln des Euro-Währungsgebiets ab 1. Jänner 2013 vor. Diese Bestimmung ist in Verbindung mit Erwägungsgrund 12 zu lesen, der in Ausnahmefällen eine der IWF-Praxis entsprechende Beteiligung des Privatsektors vorsieht. Gemäß Erwägungsgrund 5 ist vereinbart, dass die Gewährung von Finanzhilfe im Rahmen neuer Programme durch den ESM ab dem 1. März 2013 von der Ratifikation des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (VSKS) durch das betreffende ESM-Mitglied abhängt bzw. nach Ablauf eines Jahres ab Inkrafttreten des VSKS von der Erfüllung der in Artikel 3 Abs. 2 VSKS genannten Pflichten.

Artikel 13 regelt das Verfahren zur Gewährung von Stabilitätshilfe. Dabei werden der Europäischen Kommission, unter Beteiligung der EZB, bestimmte Aufgaben übertragen: die Bewertung der Gefahr für die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt oder seiner Mitgliedstaaten, die Prüfung der Tragfähigkeit der Staatsverschuldung und die Bewertung des Finanzierungsbedarfs. In Erwägungsgrund 10 wird auf die dazu notwendige Ermächtigung verwiesen, die am 20. Juni 2011 durch einen Beschluss der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgte. Auf der Grundlage des Ersuchens des ESM-Mitglieds und der Bewertung kann der Gouverneursrat beschließen, dem betreffenden ESM-Mitglied grundsätzlich Stabilitätshilfe in Form einer Finanzhilfefazilität zu gewähren. Die Europäische Kommission wird unter Beteiligung der EZB und nach Möglichkeit des IWF mit der Aufgabe betraut, mit dem betreffenden ESM-Mitglied ein „Memorandum of Understanding“ auszuhandeln, in dem die mit der Finanzhilfefazilität verbundenen Auflagen im Detail ausgeführt werden. Der Geschäftsführende Direktor erarbeitet gleichzeitig einen Vorschlag für eine Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität, der unter anderem die Finanzierungsbedingungen sowie die gewählten Instrumente enthält und vom Gouverneursrat anzunehmen ist. Nach den Beschlussfassungsregeln in Artikel 5 Abs. 6 lit. f) können Beschlüsse des Gouverneursrats zur Gewährung von Stabilitätshilfe nur im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen. Das Direktorium billigt die detaillierten finanziellen Aspekte der Vereinbarung und – je nach angewendetem Instrument – die Auszahlung der ersten Tranche der Hilfe. Die Europäische Kommission wird unter Beteiligung der EZB und nach Möglichkeit des IWF mit der Aufgabe betraut, die Einhaltung der mit der Finanzhilfefazilität verbundenen Auflagen zu überwachen.

Artikel 14 bis 20 betreffen die zur Verfügung stehenden Finanzhilfeinstrumente: vorsorgliche ESM-Finanzhilfe, Finanzhilfe zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten eines ESM-Mitglieds, ESM-Darlehen, Primärmarkt-Unterstützungsfazilität und Sekundärmarkt-Unterstützungsfazilität. Die Preisgestaltung wird derart festgelegt, dass jedenfalls die volle Deckung der Finanzierungs- und Betriebskosten von ESM sichergestellt ist. Eine vom Gouverneursrat zu beschließende Preisgestaltungsrichtlinie legt Einzelheiten fest. Die Preisgestaltungspolitik kann vom Gouverneursrat überprüft werden. Diesbezügliche Beschlüsse können gemäß Artikel 5 Abs. 6 lit. h) nur im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen werden. Artikel 19 sieht die mögliche Prüfung und Änderung der Liste der Finanzhilfeinstrumente durch den Gouverneursrat vor, wobei Änderungen gemäß Artikel 5 Abs. 6 lit. i) nur im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen werden können.

Artikel 21 ermächtigt den ESM, zur Erfüllung seiner Aufgaben an den Kapitalmärkten Anleihen bei Banken, Finanzinstituten oder sonstigen Personen oder Institutionen aufzunehmen, wobei die Modalitäten vom Geschäftsführenden Direktor in Einklang mit den vom Direktorium zu beschließenden Leitlinien festzulegen sind und das Risikomanagement regelmäßig überprüft wird.

Kapitel 5 umfasst die Artikel 22 bis 30 und enthält Bestimmungen zum Finanzmanagement.

Artikel 22 sieht eine Anlagepolitik vor, die dem ESM die höchste Bonität sichert.

Artikel 23 bestimmt, dass bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Erträge aus dem veranlagten eingezahlten Kapital an die ESM-Mitglieder zurückfließen, solange der ESM keinem seiner Mitglieder Finanzhilfe gewährt hat.

Artikel 24 bis 29 enthalten Bestimmungen über die Möglichkeit der Einrichtung von Fonds sowie über die Deckung von Verlusten, den Haushalt, den Jahresabschluss, die Einrichtung einer Internen Revision im Einklang mit internationalen Standards und die unabhängige externe Abschlussprüfung.

Artikel 30 sieht die Einrichtung eines Prüfungsausschusses vor, der sich aus fünf Mitgliedern zusammensetzt, die vom Gouverneursrat aufgrund ihres Sachverstands im Bereich der Rechnungsprüfung und der Finanzen ernannt werden. Der Prüfungsausschuss weist zwei (auf Rotationsbasis wechselnde) Mitglieder der obersten Rechnungskontrollbehörden der ESM-Mitglieder und ein Mitglied vom Europäischen Rechnungshof auf. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind unabhängig. Der Prüfungsausschuss erstellt unabhängige Prüfberichte und kann das Direktorium jederzeit über seine Feststellungen unterrichten. Er erstellt jährlich einen Bericht, der dem Gouverneursrat vorzulegen ist und von diesem den nationalen Parlamenten und obersten Rechnungskontrollbehörden der ESM-Mitglieder sowie dem Europäischen Rechnungshof zugänglich gemacht wird. Alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Prüfungsausschuss werden in der Satzung des ESM im Einzelnen geregelt.

Kapitel 6 umfasst die Artikel 31 bis 38 und regelt den Sitz (Luxemburg), den Rechtsstatus, Vorrechte, Befreiungen, die berufliche Schweigepflicht, Immunitäten, die Beschäftigungsbedingungen der Bediensteten sowie die Auslegung des Vertrags, Verfahren zur Streitbeilegung und das Recht der internationalen Zusammenarbeit.

Artikel 35 enthält Bestimmungen zu persönlichen Immunitäten, die jenen anderer internationaler Finanzinstitutionen entsprechen und sich beispielsweise in Artikel VII Abs. 8 des Abkommens der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Wirtschaftsförderung und Artikel IX Abschnitt 8 des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds, BGBl. Nr. 105/1949, sowie Artikel 51 des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, BGBl. Nr. 222/1991 finden.

Kapitel 7 enthält Übergangsregelungen.

Artikel 39 und 40 ergeben sich aus der Tatsache, dass der ESM zukünftig die Aufgaben der „European Financial Stability Facility“ (EFSF) übernehmen soll. In Artikel 39 wird festgelegt, dass die Höhe des maximalen Darlehensvolumens bis zur vollständigen Abwicklung der EFSF konsolidiert wird und die Obergrenze von 500 Milliarden Euro nicht überschritten werden darf. Gemäß Artikel 40 kann der Gouverneursrat beschließen, den noch nicht ausgezahlten Teil von Finanzhilfezusagen der EFSF an ein ESM-Mitglied bzw. Rechte und Verpflichtungen der EFSF zu übernehmen. Zu diesem Zweck nimmt der Gouverneursrat die erforderlichen Modalitäten an. Gemäß Artikel 5 Abs. 6 lit. j) erfolgen diesbezügliche Beschlüsse des Gouverneursrats in gegenseitigem Einvernehmen. Gemäß den Erklärungen der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 9. Dezember 2011, 30. Jänner 2012 und 2. März 2012 soll die konsolidierte Darlehensvergabe von ESM und EFSF bis Ende März 2012 überprüft werden.

Artikel 41 regelt die Einzahlung des Anfangskapitals. Die eingezahlten Anteile sind grundsätzlich in fünf jährlichen Raten von jeweils 20% des Gesamtbetrags zu zahlen. Der österreichische Anteil entspricht gemäß dem in Anhang I enthaltenen Beitragsschlüssel 2,7834%, der Gesamtbetrag beträgt daher 2 Milliarden 226 Millionen 720 Tausend Euro und entspricht fünf jährlichen Raten von 445 Millionen 344 Tausend Euro. Die erste Rate wird innerhalb von fünfzehn Tagen nach dem Tag des Inkrafttretens des Vertrags eingezahlt. Die vier übrigen Raten werden jeweils am Jahrestag der folgenden vier Jahre eingezahlt. Während des grundsätzlich vorgesehenen Fünfjahreszeitraums, in dem das das Kapital eingezahlt wird, sind die ESM-Mitglieder verpflichtet, das Verhältnis zwischen eingezahltem Kapital und ausstehendem Betrag an ESM-Anleiheemissionen stets bei mindestens 15% zu halten. Sollte dieses Verhältnis unterschritten werden, sind die ESM-Mitglieder gemäß Abs. 2 dazu verpflichtet, die Zahlung der eingezahlten Anteile rechtzeitig vor dem Ausgabetermin von Anleihen zu beschleunigen. Gemäß der Erklärung der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 9. Dezember 2011 wurde in Abs. 2 außerdem verankert, dass eine gemeinsame Mindestdarlehenskapazität des ESM und der EFSF von 500 Milliarden Euro sicherzustellen ist. Abs. 3 eröffnet einem ESM-Mitglied die Möglichkeit, die Zahlung seines Anteils am eingezahlten Kapital zu beschleunigen. Am 2. März 2012 haben die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets beschlossen, die Einzahlung zu beschleunigen: 2012 sollen bereits zwei Raten eingezahlt werden. Bis Ende März 2012 soll außerdem ein neuer Zeitplan für die Zahlung der verbleibenden Raten festgelegt werden. Im Hinblick auf diese Möglichkeiten beschleunigter Mittelbereitstellung wurde eine Änderung des § 12a BHG und des § 12 BHG 2013 eingeleitet, wonach für die gemäß dem Vertrag zur Einrichtung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus erforderlichen Auszahlungen eine variable Obergrenze im Bundesfinanzrahmengesetz vorgesehen werden kann; eine entsprechende Klassifizierung in den aktuellen Budgetgesetzen wurde vorgesehen.

Artikel 42 regelt die zeitweilige Korrektur des Beitragsschlüssels, die der Tatsache Rechnung trägt, dass die direkte Anwendung des Schlüssels für die Zeichnung des EZB-Kapitals bei manchen Vertragsparteien – gemessen am Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt – zu übermäßigen Beiträgen geführt hätte. Davon betroffen wären auch zukünftige ESM-Mitglieder gewesen, da in den meisten Fällen davon auszugehen ist, dass deren Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt zum Zeitpunkt des Beitritts zum Euro-Währungsgebiet unter dem Durchschnitt der Europäischen Union liegen wird und sich dies in der Formel übermäßig nachteilig auswirken würde. Die in diesem Lichte vereinbarte zeitweilige Korrektur gilt für einen Zeitraum von zwölf Jahren ab dem Tag, an dem das betreffende ESM-Mitglied den Euro einführt. Der in Anhang I niedergelegte Beitragsschlüssel berücksichtigt bereits die notwendigen Anpassungen. Nach Ablauf der zeitweiligen Korrektur wird der Beitragsschlüssel gemäß Artikel 11 Abs. 3 lit. b) angepasst.

Artikel 43 regelt die Ersternennungen der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, des Geschäftsführenden Direktors und der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums.

Kapitel 8 enthält Schlussbestimmungen (Beitrittsverfahren, Anhänge, Hinterlegung, Ratifikation, Genehmigung oder Annahme und Inkrafttreten).

Die Anhänge sind Bestandteil des Vertrags.

Anhang I: Dieser Anhang weist die Gründungsmitglieder und den Beitragsschlüssel aus.

Anhang II: Dieser Anhang weist die Gründungsmitglieder, die Anzahl der Anteile und die Kapitalzeichnung aus.