1768 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 181/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Revision des Abkommens zwischen WHO und IAEO (WHA 12­40) vom 28. Mai 1959

Die Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 10. Dezember 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Weltgesundheits-Organisation WHO wurde 1948 als internationale Fachorganisation für Gesundheit im Verband der Vereinten Nationen gegründet und umfasst derzeit 193 Mitgliedsländer. Österreich ist seit dem Gründungsjahr 1948 Mitglied der WHO.

Die WHO setzt sich zum Ziel, die Probleme der öffentlichen Gesundheit zu lösen. Sie ist laut WHO Verfassung vom 7. April 1948 beauftragt dazu beizutragen, dass die öffentliche Meinung aufgeklärt wird.

Seit der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der WHO und der Internationalen Agentur für Atomenergie (IAEA) am 28. Mai 1959 scheint es jedoch, dass die WHO der IAEA unterstellt ist, wenn es darum geht die Risiken der künstlichen Radioaktivität und die Gesundheitsfolgen von Tschernobyl abzuklären. Viele Fachleute im Gesundheitsbereich unterstützen die Forderung nach Unabhängigkeit der WHO, wie es ihre Verfassung vorsieht, insbesondere auf dem Gebiet der ionisierenden Strahlung.

In der Vergangenheit war die WHO in ihrem Kampf gegen das passive Rauchen dadurch gelähmt, dass sie von der Tabak-Lobby infiltriert worden war. Heute ist sie durch die unvergleichlich mächtigere Atom-Lobby gelähmt, deren Vertreter, die IAEA, in der UNO Hierarchie eine sehr hohe Position besitzt. Von dort koordiniert und fördert die IAEA die wirtschaftliche Ausnutzung der Atomenergie. Die IAEA ist direkt dem Sicherheitsrat unterstellt, während die WHO, wie die anderen Agenturen, vom Wirtschafts- und Sozialrat der UNO abhängt.

Das wichtigste statutarische Ziel der IAEA ist die ‚Förderung und der Beitrag der Atomenergie an Frieden, Gesundheit und Wohlstand in der Welt‘. Das Abkommen von 1959 mit der WHO setzt fest, dass, ‚jedes Mal wenn eine der Parteien ein Programm oder eine Aktion auf einem Gebiet unternimmt, in welchem die andere Partei ein wesentliches Interesse hat oder haben kann, befragt die erste Partei die Andere für eine gegenseitige Übereinstimmung‘. Das Abkommen sieht ebenfalls, ‚gewisse einschränkende Maßnahmen zum Schutz von vertraulichen Informationen‘ vor (Artikel III). Diese Vertraulichkeit führte zur Nicht-Publikation der Akten der WHO Tschernobylkonferenz vom 23.­27.November 1995. Die 700 Teilnehmer warten immer noch auf die für März 1996 versprochenen Akten. Dr. Nakashima, damaliger WHO General-Direktor, bestätigte 2001 in einem Interview für das Fernsehen der italienischen Schweiz, dass die Zensur der Akten sich auf die rechtlich festgelegten Beziehungen zwischen der WHO und der IAEA stütze.

Was Forschungsprojekte bei Atom-Unfällen betrifft, bedeutet ‚Fragen durch gegenseitige Übereinstimmung lösen‘, dass der WHO jegliche Freiheit weggenommen wird. Im Anhang des Programms der Genfer WHO-Konferenz wurde die Chronologie der Ereignisse nach dem Tschernobyl-Unfall beschrieben, womit bestätigt wurde, dass der Feldeinsatz der WHO zu spät kam.

Es lohnt sich diesbezüglich die letzten Punkte nochmals durchzulesen:

l      ‚Anfangs 1990 : die WHO wird vom sowjetischen Gesundheitsministerium beauftragt, ein internationales Hilfsprogramm aufzustellen‘

l      ‚Mai 1991: Fertigstellung des internationalen Projektes durch die IAEA‘.

Somit ist es die IAEA, und nicht die WHO, die dem Gesundheitsministerium die angefragten Pläne geliefert hat. Aus diesem Grunde wurden die genetischen Schäden weggelassen, obwohl diese seit der Publikation des Berichtes der WHO-Studiengruppe von 1957 ‚Genetische Auswirkungen der Strahlen beim Menschen‘ als wesentlich betrachtet werden. Für die IAEA hingegen hat Zahnkaries eine höhere Priorität.

Somit sind es die Befürworter des Atomgeschäftes, die IAEA und sein Wortführer die UNSCEAR, beide der ICRP (International Commission on Radio Protection) verpflichtet, welche die UNO über die Gesundheitsprobleme in Tschernobyl informieren. 1996 wurden 32 Tote genannt; im Jahre 2000 waren es 54; 4000 Schilddrüsenkrebse bei Kindern werden zugestanden, denn die IAEA kann diese nicht mehr wegleugnen wie sie es bis 1995 tat.

Die WHO muss dringend einer Million Kinder Hilfe bringen, die dazu verurteilt sind in einer verseuchten Umwelt zu leben. Die Verstrahlung erfolgt zu 90% auf internem Weg, der Rest auf externem Weg. Gewisse Organe reichern die Radionuklide sehr stark an. Die daraus resultierende sehr chronische Verstrahlung hat sehr schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Im heutigen Weißrussland sind 85% der verstrahlten Kinder krank. Vor der Explosion waren es laut Daten des weißrussischen Gesundheits-Ministeriums und der Akademie für Wissenschaften nur 15%.

Der Chefarzt der russischen Föderation erklärte 2001, 10% der 184.000 russischen Liquidatoren seien gestorben und ein Drittel invalid. Die Ukraine hat 260.000 Liquidatoren geliefert, davon seien 94.2% krank laut einer Presse-Mitteilung der ukrainischen Gesandtschaft in Paris vom 25. April 2005. Anlässlich der Kiewer Konferenzen von 2001 erfuhr man, dass 10% dieser Arbeiter, zur Hälfte junge Rekruten, gestorben seien, dass ein Drittel schwer invalid sei und dass sich die Situation rapid verschlimmere. Die ukrainische Gesandtschaft schätzt dass 87.85% der Bevölkerung in den verseuchten Gebieten krank sei. Diese Zahl nimmt von Jahr zu Jahr zu.

Hunderte von epidemiologischen Studien aus der Ukraine, Weißrussland und der Russischen Föderation haben gezeigt, dass in den verstrahlten Gebieten alle Krebsarten signifikant zunehmen, mit Tausenden von tödlichen Fällen, dass die Kindersterblichkeit, die Spontanaborte, die Missbildungen und die genetischen Schäden sich vermehren. Entwicklungsstörungen, neuropsychologische Schäden, Erblindung, Erkrankungen der Atemwege, des Kreislaufs, der Magendarm- und Urogenitalorgane sowie des endokrinen Systems sind ebenfalls häufiger.

Viele Gesundheitsfachleute haben sich Vereinigungen angeschlossen, die seit mehr als zehn Jahren auf diese Missstände hinweisen. Sie verlangen die Revision des Abkommens (WHA 12-40), damit die WHO die Unabhängigkeit zurückgewinnt die in ihrer Verfassung vorgesehen ist. Dies betrifft insbesondere die Forschung und Informationen auf dem Gebiet der ionisierenden Strahlung und der Gesundheitsfolgen von Tschernobyl. Die durch chronische Absorption von Radionukliden und Niedrigstrahlung bewirkten Schäden müssen studiert werden (können).“

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 18. April 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber und Mag. Johann Maier sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, G, B dagegen: S, V).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Johann Maier gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2012 04 18

                              Mag. Johann Maier                                            Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau