Vorblatt

Problem:

Die im Europäischen Rat (ER) vereinigten Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sind auf ihrer Tagung am 18./19. Juni 2009 übereingekommen, dass sie im zeitlichen Konnex mit dem nächsten Beitrittsvertrag dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ein Protokoll zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon (VvL) beifügen werden. Der Inhalt des Protokolls wurde auf derselben Tagung in einem Beschluss der im ER vereinigten Staats- und Regierungschefs vereinbart. Aufgrund dieser politischen Vereinbarung hat Irland mit Schreiben vom 20. Juli 2011 dem Rat gemäß Art. 48 Abs. 2 EUV einen Vorschlag für eine Änderung der Verträge unterbreitet, wonach dem EUV und dem AEUV das oben erwähnte Protokoll beigefügt werden soll. Der ER hat anlässlich seines Treffens am 23. Oktober 2011 gemäß Art. 48 Abs. 3 EUV beschlossen, das Europäische Parlament (EP) und die Europäische Kommission (EK) zu hören und das EP zu ersuchen, Zustimmung zum Absehen von der Einberufung eines Konvents zu erteilen, da dessen Einberufung in Hinblick auf den Umfang der geplanten Vertragsänderung nicht gerechtfertigt sei. Nach befürwortenden Stellungnahmen von EP und EK hat der ER am 11. Mai 2012 im schriftlichen Verfahren beschlossen, eine Regierungskonferenz mit der Prüfung der Vertragsänderung zu beauftragen. Das Protokoll wurde am 16. Mai 2012 unterzeichnet und ist nunmehr von allen Vertragsparteien und, sofern das Protokoll zum Zeitpunkt des kroatischen Beitritts noch nicht in Kraft getreten ist, auch von Kroatien zu ratifizieren. Das Protokoll soll möglichst am 30. Juni 2013, sofern alle Ratifikationsurkunden hinterlegt worden sind, in Kraft treten, oder andernfalls am ersten Tag des auf die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch den letzten Mitgliedstaat folgenden Monats.

Ziel:

Ratifikation des Protokolls zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon zur Einlösung der beim ER am 18./19. Juni 2009 in Zusammenhang mit dem negativen Ausgang des ersten irischen Referendums zum Vertrag von Lissabon an Irland gegebenen politischen Zusage.

Inhalt und Problemlösung:

Das Protokoll trägt den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon Rechnung, und dient der Klärung einzelner primärrechtlicher Bestimmungen. Es stellt klar, dass der Geltungsbereich und die Anwendbarkeit der Bestimmungen der irischen Verfassung betreffend den Schutz des Rechts auf Leben, den Schutz der Familie und den Schutz der Rechte in Bezug auf Bildung weder von den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon, die der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Rechtsstatus verleihen, noch von den Bestimmungen des Vertrags von Lissabon im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in irgendeiner Weise berührt werden und dass durch den Vertrag von Lissabon für keinen Mitgliedstaat irgendeine Änderung in Bezug auf den Umfang und die Ausübung der Zuständigkeiten der EU im Bereich der Steuerpolitik erfolgt. Weiters enthält das Protokoll eine klarstellende Bestimmung in Hinblick auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU und der Mitgliedstaaten, inklusive der traditionellen Neutralitätspolitik Irlands.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Änderung des Primärrechts der EU gemäß Art. 48 Abs. 2-5 EUV (Ordentliches Änderungsverfahren).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Genehmigung des Nationalrats und Zustimmung des Bundesrats jeweils mit erhöhten Quoren gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 B-VG.

Sonderkundmachung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Protokoll zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon ist ein Staatsvertrag, durch den die vertraglichen Grundlagen der EU geändert werden, und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats und der Zustimmung des Bundesrats jeweils in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit zwei Drittel der abgegebenen Stimmen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4 B-VG. Hinsichtlich aller anderen Sprachfassungen des Protokolls als der deutschen ist eine Sonderkundmachung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG vorgesehen.

Damit der am 13. Dezember 2007 von den Staats- und Regierungschefs der EU unterzeichnete VvL in Kraft treten konnte, war eine Ratifikation durch alle 27 Mitgliedstaaten erforderlich. Im Zuge des irischen Referendums am 12. Juni 2008 sprach sich jedoch die Mehrheit der Abstimmenden gegen die Ratifikation des Vertrags durch Irland aus. Der ER nahm dies auf seiner Tagung am 19./20. Juni 2008 zur Kenntnis. Im Rahmen der Tagung des ER am 11./12. Dezember 2008 informierte der irische Premierminister über die Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des VvL in Zusammenhang mit der Steuerpolitik, Fragen der Familien- und Sozialpolitik und der Ethik sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik hinsichtlich der traditionellen Neutralitätspolitik Irlands (Ausführungen des irischen Premierministers in Anlage 1 zu den Schlussfolgerungen vom 12. Dezember 2008). Weiters brachte er den Staats- und Regierungschefs die irischen Bedenken in Hinblick auf eine Reihe von sozialen Fragen, einschließlich der ArbeitnehmerInnenrechte zur Kenntnis. Der ER kam schließlich – gegen Zusage der irischen Regierung, die Ratifizierung des VvL bis zum Ende der Amtszeit der damaligen Kommission anzustreben – überein, den genannten Anliegen Rechnung zu tragen. Dementsprechend nahm der ER die Gewährung rechtlicher Garantien zu den drei folgenden Punkten in Aussicht:

• Durch den VvL erfolgt für keinen Mitgliedstaat irgendeine Änderung in Bezug auf den Umfang und die Ausübung der Zuständigkeiten der Union im Bereich der Steuerpolitik.

• Der VvL berührt nicht die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Mitgliedstaaten und somit weder die traditionelle Neutralitätspolitik Irlands noch die Verpflichtungen der meisten anderen Mitgliedstaaten.

• Es wird gewährleistet, dass die Bestimmungen der irischen Verfassung betreffend das Recht auf Leben, die Bildung und die Familie weder von dem Umstand, dass der VvL der Charta der Grundrechte der EU einen Rechtsstatus zuweist, noch von den Bestimmungen dieses Vertrags zum Bereich Justiz und Inneres in irgendeiner Weise berührt werden.

Auf der Tagung des ER am 18./19. Juni 2009 wurden ein „Beschluss der im Europäischen Rat vereinigten Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon“ (Anlage 1 zu den Schlussfolgerungen vom 19. Juni 2009) und eine „Feierliche Erklärung zu den Rechten der Arbeitnehmer, zur Sozialpolitik und zu anderen Angelegenheiten“ (Anlage 2 zu den genannten Schlussfolgerungen) angenommen. Der ER nahm ferner von der „Nationalen Erklärung Irlands“ (Anlage 3 zu den erwähnten Schlussfolgerungen) Kenntnis. Der Beschluss legt Garantien in den vom ER am 11./12. Dezember 2008 umschriebenen Bereichen fest. Unter Bezugnahme auf den Beschluss erklärten die Staats- und Regierungschefs, dass

         i)     die rechtliche Garantie gegeben wird, dass bestimmte Angelegenheiten, die der irischen Bevölkerung Anlass zur Sorge geben, durch das Inkrafttreten des VvL nicht berührt werden;

         ii)    dessen Inhalt mit dem VvL voll und ganz vereinbar ist und keine erneute Ratifikation des VvL        erforderlich macht;

         iii)   er rechtlich bindend ist und am Tag des Inkrafttretens des VvL wirksam wird;

         iv)  die Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Abschlusses des nächsten Beitrittsvertrags die    Bestimmungen des Beschlusses in ein Protokoll aufnehmen werden, das nach Maßgabe ihrer     jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften dem EUV und dem AEUV beigefügt wird;

         v)   das Protokoll in keiner Weise die Beziehungen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten             verändert. Mit dem Protokoll wird allein darauf abgezielt, den im Beschluss enthaltenen        Klärungen uneingeschränkten Vertragsstatus zu verleihen, damit den Anliegen der irischen Bevölkerung entsprochen wird. Sein Status wird dem ähnlicher Klärungen in Protokollen                entsprechen, die andere Mitgliedstaaten erwirkt haben. Das Protokoll dient der Klärung, ändert        jedoch weder den Inhalt noch die Anwendung des VvL.

Die Zustimmung der irischen Bevölkerung zum Vertrag von Lissabon im Zuge des am 2. Oktober 2009 abgehaltenen zweiten irischen Referendums ermöglichte schließlich die Ratifikation des Vertrags auch durch Irland und ein Inkrafttreten am 1. Dezember 2009.

Aufgrund der politischen Vereinbarung der im ER vereinigten Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten der EU vom 18./19. Juni 2009 hat Irland mit Schreiben vom 20. Juli 2011 dem Rat gem. Art. 48 Abs. 2 EUV einen Vorschlag zur Änderung der Verträge unterbreitet, wonach den Gründungsverträgen der EU das oben erwähnte Protokoll beigefügt werden soll. Der Rat hat den Vorschlag mit Schreiben vom 14. Oktober den nationalen Parlamenten übermittelt. Der ER hat anlässlich seiner Tagung am 23. Oktober 2011 gem. Art. 48 Abs. 3 EUV beschlossen, das EP und die EK zu hören und das EP zu ersuchen, seine Zustimmung zum Absehen von der Einberufung eines Konvents zu erteilen, da in Hinblick auf den Umfang der geplanten Vertragsänderung dessen Einberufung nicht gerechtfertigt sei.

Der ER hat daher mit Schreiben vom 25. Oktober 2011 gemäß Art. 48 Abs. 3 UAbs. 1 EUV das EP und die EK in Hinblick auf einen Beschluss des ER zugunsten einer Prüfung der zu den Verträgen vorgeschlagenen Änderungen konsultiert. Darüber hinaus hat er das EP gemäß Art. 48 Abs. 3 UAbs. 2 EUV um Zustimmung ersucht, von der Einberufung eines Konvents abzusehen, da dessen Einberufung aufgrund des Umfangs der geplanten Vertragsänderung nicht gerechtfertigt sei.

Das EP hat am 18. April 2012 seine Zustimmung zum Verzicht auf die Einberufung eines Konvents und eine befürwortende Stellungnahme in Hinblick auf einen Beschluss des ER zugunsten einer Prüfung der zu den Verträgen vorgeschlagenen Änderungen abgegeben. Die EK hat am 4. Mai 2012 ebenfalls eine befürwortende Stellungnahme abgegeben. In Folge hat der ER am 11. Mai 2012 das Mandat für eine Regierungskonferenz zur Prüfung der Vertragsänderung festgelegt, welche vom Präsidenten des Rates noch am selben Tag für den 16. Mai 2012 einberufen wurde. Die Regierungskonferenz hat sich auf die an den Verträgen vorzunehmenden Änderungen geeinigt. Die Vertragsänderung wurde unter Einem von der Mehrheit der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten zur EU unterzeichnet. Die Unterzeichnung ist bis 30. Juni 2012 möglich.

Wesentlicher Inhalt des Protokolls zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon:

Das Protokoll mit klarstellendem Charakter hält fest, dass weder die Bestimmungen des VvL, die der Charta der Grundrechte der EU Rechtsstatus verleihen, noch die Bestimmungen dieses Vertrags im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts den Geltungsbereich und die Anwendbarkeit des Schutzes des Rechts auf Leben, des Schutzes der Familie und des Schutzes der Rechte in Bezug auf Bildung der Verfassung Irlands berühren und dass durch den VvL für keinen Mitgliedstaat irgendeine Änderung in Bezug auf den Umfang und die Ausübung der Zuständigkeiten der EU im Bereich der Steuerpolitik erfolgt. Weiters enthält das Protokoll klarstellende Bestimmungen in Hinblick auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU und der Mitgliedstaaten, inklusive der traditionellen Neutralitätspolitik Irlands.

Unionsrechtliche Grundlagen:

Ordentliches Vertragsänderungsverfahren.

Gemäß Art. 48 Abs. 2 EUV kann u.a. die Regierung jedes Mitgliedstaats dem Rat Entwürfe zur Änderung der Verträge vorlegen, die vom Rat an den ER weitergeleitet und den nationalen Parlamenten zur Kenntnis gebracht werden müssen. Beschließt der ER nach Anhörung des EP und der EK gemäß Art. 48 Abs. 3 EUV mit einfacher Mehrheit die Prüfung der vorgeschlagenen Änderungen, so beruft der Präsident des ER einen Konvent von Vertretern der nationalen Parlamente, der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des EP und der EK ein. Der ER kann jedoch mit einfacher Mehrheit mit Zustimmung des EP beschließen, keinen Konvent einzuberufen, wenn dies aufgrund des Umfangs der geplanten Änderung nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall legt er das Mandat für eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten fest. Gemäß Art. 48 Abs. 4 erfolgt die Einberufung der Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten durch den Präsidenten des Rates, um die an den Verträgen vorzunehmenden Änderungen zu vereinbaren. Die Änderungen treten in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind.


Besonderer Teil

Zur Präambel:

Die Erwägungsgründe verweisen auf den „Beschluss der im Europäischen Rat vereinigten Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon“ vom 18./19. Juni 2009 und deren Erklärung, dass sie die Bestimmungen des genannten Beschlusses zum Zeitpunkt des Abschlusses des nächsten Beitrittsvertrags in ein Protokoll aufnehmen werden, das dem EUV und dem AEUV beigefügt wird. Weiters wird auf die Unterzeichnung des kroatischen Beitrittsvertrags hingewiesen.

Titel I – Recht auf Leben, Familie und Bildung

Zu Art. 1:

Art. 1 verweist auf die in der irischen Verfassung enthaltenen Bestimmungen zum Schutz des Rechts auf Leben in den Art. 40.3.1, 40.3.2 und 40.3.3, zum Schutz der Familie in Art. 41 und zum Schutz der Rechte in Bezug auf Bildung in den Art. 42, 44.2.4 und 44.2.5 und stellt klar, dass die Bestimmungen des VvL, die der Charta der Grundrechte der EU Rechtsstatus verleihen und die Bestimmungen im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts keinen Einfluss auf Geltungsbereich und Anwendbarkeit der genannten irischen Verfassungsbestimmungen haben.

Titel II – Steuerwesen

Zu Art. 2:

In Art. 2 wird festgehalten, dass der Umfang und die Ausübung der Zuständigkeiten der EU im Bereich der Steuerpolitik durch den VvL nicht geändert werden.

Rechtsgrundlage für den Erlass von Bestimmungen über indirekte Steuern ist Art. 113 AEUV (ex. Art. 93 EG), wonach der Rat nach Anhörung des EP und des Wirtschafts- und Sozialausschusses Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern erlässt, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist. Richtlinien zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu anderen Steuern können gemäß Art. 115 AEUV (ex Art. 94 EG) erlassen werden, wonach der Rat Richtlinien zur Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken, annimmt. Beide Regelungen sehen, auch nach Inkrafttreten des VvL, das Einstimmigkeitsprinzip vor.

Titel III – Sicherheit und Verteidigung

Zu Art. 3:

UAbs. 1 gibt die in Art. 21 Abs. 1 EUV festgelegten Grundsätze für das auswärtige Handeln der EU – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Achtung der Menschenwürde, Grundsatz der Gleichheit und Grundsatz der Solidarität sowie Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts – wieder.

UAbs. 2 ist an die Bestimmungen über die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Art. 42 Abs. 1 EUV angelehnt.

In UAbs. 3 wird festgestellt, dass die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten, einschließlich Irlands, nicht berührt, noch die Verpflichtungen irgendeines Mitgliedstaats.

UAbs. 4 stellt klar, dass der Vertrag von Lissabon nicht Irlands traditionelle Politik der militärischen Neutralität berührt oder beeinträchtigt.

Bereits in Art. 42 Abs. 2 UAbs. 2 EUV ist festgehalten, dass die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten nicht berührt. Die in Art. 42 Abs. 7 vorgesehene Hilfeleistungspflicht lässt „den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt“. In Hinblick auf Österreich ist dadurch gewährleistet, dass die Verpflichtung aus dem Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs (BGBl Nr. 1955/211) respektiert wird und die österreichische Neutralität auch durch den VvL gewahrt bleibt.

UAbs. 5 sieht vor, dass es Sache der Mitgliedstaaten bleibt – einschließlich Irlands, das im Geiste der Solidarität und unbeschadet seiner traditionellen militärischen Neutralitätspolitik handelt – zu bestimmen, welche Art von Hilfe oder Unterstützung an einen von einem Terroranschlag oder bewaffneten Angriff betroffenen Mitgliedstaat geleistet wird.

In Hinblick auf Terroranschläge ist in der Erklärung (Nr. 37) zu Art. 222 AEUV ausdrücklich vorgesehen, dass keine der Bestimmungen des Art. 222 darauf abzielt, das Recht eines anderen Mitgliedstaats zu beeinträchtigen, die am besten geeigneten Mittel zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Solidarität gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat zu wählen. Für bewaffnete Angriffe auf einen Mitgliedstaat sieht Art. 42 Abs. 7 EUV vor, dass in diesem Fall „die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung im Einklang mit Art. 51 der UN-Charta schulden.“ Die neutralen Mitgliedstaaten können sich jedoch darauf berufen, dass die Hilfeleistungspflicht gemäß Art. 42 Abs. 7, 2. Satz EUV „den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt lässt“, um militärische Hilfeleistung zu verweigern (Calliess/Ruffert, Kommentar EUV/AEUV, 4. Aufl., 2011, Art. 42, Rn 16).

UAbs. 6 sieht vor, dass ein Beschluss über den Übergang zu einer gemeinsamen Verteidigung einen einstimmigen Beschluss des ER erfordert und es somit Sache der Mitgliedstaaten, einschließlich Irlands, ist, nach Maßgabe des VvL und ihrer jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zu entscheiden, ob der Beschluss zu einer gemeinsamen Verteidigung gefasst wird. Dies entspricht den Festlegungen des Art. 42 Abs. 2 EUV.

Nach UAbs. 7 präjudiziert oder berührt der Abschnitt des gegenständlichen Protokolls die Haltung oder Politik anderer Mitgliedstaaten im Bereich Sicherheit und Verteidigung nicht.

Gemäß UAbs. 8 ist es Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, nach Maßgabe des VvL und etwaiger innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu entscheiden, ob er an einer ständigen strukturierten Zusammenarbeit teilnimmt. Art. 42 Abs. 6 EUV iVm Art. 46 EUV ermächtigt die Mitgliedstaaten, deren militärische Kapazitäten höheren Standards entsprechen, eine Art verstärkte Zusammenarbeit einzugehen. Nach dem Wortlaut von Art. 46 Abs. 1 EUV („beteiligen möchten“) erwächst daraus jedoch keine Teilnahmeverpflichtung.

Weiters sieht UAbs. 8 vor, dass auch die Teilnahme an einer Europäischen Verteidigungsagentur Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats ist. Auch Art. 45 EUV sieht keine zwingende Teilnahme an der Arbeit der Europäischen Verteidigungsagentur vor.

Wie in UAbs. 9 klargestellt wird, sieht der Vertrag von Lissabon keine Schaffung einer europäischen Armee oder Einberufung zu irgendeinem militärischen Verband vor.

UAbs. 10 führt aus, dass der Vertrag von Lissabon nicht das Recht Irlands oder eines anderen Mitgliedstaats berührt, Art und Umfang seiner Verteidigungs- und Sicherheitsausgaben zu bestimmen. Nach Art. 42 Abs. 3 UAbs. 2 1. Satz EUV verpflichten sich die Mitgliedstaaten nämlich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Gemäß Art. 41 Abs. 2 EUV sind Mitgliedstaaten, deren Vertreter im Rat eine förmliche Erklärung nach Art. 31 Abs. 1 UAbs. 2 EUV abgegeben haben, nicht verpflichtet, zur Finanzierung von Ausgaben für Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen beizutragen.

Nach UAbs. 11 ist es Irland und jedem anderen Mitgliedstaat unbenommen, nach Maßgabe innerstaatlichen Rechts einen Beschluss über eine Teilnahme an Militäroperationen zu fassen. Nach Art.43 iVm Art. 44 EUV kann der Rat die Durchführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedstaaten übertragen, die dies wünschen und die über die für eine derartige Mission erforderlichen Fähigkeiten verfügen.

Titel IV – Schlussbestimmungen

Zu Art. 4:

Art. 4 bestimmt, dass das Protokoll der Ratifikation durch alle Vertragsparteien und durch die Republik Kroatien, sofern es zum Zeitpunkt des kroatischen Beitritts zur EU noch nicht in Kraft getreten ist, entsprechend ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften bedarf und die Ratifikationsurkunden bei der Regierung der Italienischen Republik zu hinterlegen sind.

Weiters enthält Art. 4 eine Inkrafttretensbestimmung. Demnach tritt das Protokoll, wenn möglich, am 30. Juni 2013 in Kraft, sofern alle Ratifikationsurkunden bis dahin hinterlegt worden sind. Andernfalls tritt das Protokoll am ersten Tag des auf die Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde folgenden Monats in Kraft.

Zu Art. 5:

Art. 5 UAbs. 1 listet die 23 Amtssprachen der EU auf, in denen das Protokoll urschriftlich abgefasst ist und stellt fest, dass jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist. Die Urschriften werden im Archiv der Regierung der Italienischen Republik hinterlegt, wobei diese verpflichtet ist, jedem anderen Mitgliedstaat eine beglaubigte Abschrift zukommen zu lassen.

Gemäß Art. 5 UAbs. 2 hinterlegt die Republik Kroatien die gleichermaßen verbindliche kroatische Sprachfassung des Protokolls bei der italienischen Regierung, sobald sie gemäß Art. 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien daran gebunden ist. Die Italienische Republik übermittelt eine beglaubigte Kopie an die Regierungen aller Mitgliedstaaten.

 

Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages zu beschließen, dass die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, irische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

 

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen. Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf. Über­dies ist diese Regierungsvorlage mit allen Sprachfassungen auf der Homepage des Parlaments unter http://www.parlament.gv.at abrufbar.