Vorblatt

Problem:

Die Richtlinie 2010/40/EU zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern, ABl. Nr. L 207 vom 06.08.2010 S. 1 (in der Folge: IVS-Richtlinie), ist am 27. August 2010 in Kraft getreten. Nach ihrem Artikel 18 Abs. 1 sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, bis zum 27. Februar 2012 die Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen.

Ziel:

Mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag soll die IVS-Richtlinie umgesetzt werden und ein Rahmen zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme (IVS) in Österreich geschaffen werden.

Inhalt/Problemlösung:

Die gegenständliche Vorlage dient der Umsetzung der IVS-Richtlinie in nationales Recht.

Die IVS-Richtlinie stellt eine Rahmenrichtlinie dar, die sich in erster Linie an die Kommission wendet und sie ermächtigt, Spezifikationen als delegierte Rechtsakte zu erlassen. Die Mitgliedsstaaten sind nicht verpflichtet, in ihrem Hoheitsgebiet Anwendungen und Dienste intelligenter Verkehrssysteme einzuführen; wenn sie sich jedoch für eine Einführung entscheiden, so hat diese spezifikationskonform zu erfolgen. Mittels des vorliegenden Gesetzesvorschlags soll vor allem erreicht werden, dass von der Kommission erlassene Spezifikationen nationale Rechtswirkungen entfalten und so bei der Einführung von IVS-Maßnahmen verbindlich eingehalten werden müssen.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Die IVS-Richtlinie ist eine Rahmenrichtlinie, die keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung von IVS-Anwendungen und IVS-Diensten enthält und die den bei einer allfälligen Einführung einzuhaltenden Rahmen im Kern nicht selber vorgibt, sondern auf die künftig von der Kommission zu erlassenden Spezifikationen verweist. Aus diesem Grund entstehen durch die nationale Umsetzung der Richtlinie für Bund, Länder und Gemeinden vorderhand keine Kosten, sieht man von den Kosten für den Aufbau einer Monitoring-Stelle einmal ab, die beim Bund anfallen und für die bereits budgetäre Vorsorge getroffen ist.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen vorgesehen mit Ausnahme von Maßnahmen in Verordnungen gemäß § 5 Z 2, deren Einführung unionsrechtlich zwingend geboten ist.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Der Einsatz von IVS soll die Effizienz und die Umweltverträglichkeit des Verkehrssystems verbessern.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Mit dem vorgeschlagenen Gesetz wird die IVS-Richtlinie 2010/40/EU umgesetzt.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Vorschlages:

Im Dezember 2008 veröffentlichte die Kommission einen IVS-Aktionsplan (ITS Action Plan), der sechs vorrangige Aktionsbereiche zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit und zur Verbesserung der Effizienz des Verkehrssystems vorsah. Der Aktionsplan sollte dazu dienen, den europaweiten Einsatz intelligenter Verkehrstechnologien im Straßenverkehr einschließlich der Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern zu beschleunigen und zu koordinieren. Zeitgleich wurde der Entwurf einer Richtlinie zum Themengebiet veröffentlicht.

Nach Behandlung im Rat und im Europäischen Parlament wurde dieser Entwurf nach Änderungen und Ergänzungen am 7. Juli 2010 als Richtlinie 2010/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern erlassen und im Amtsblatt Nr. L 207 vom 6. August 2010 S. 1 kundgemacht. Im Gegensatz zum Erstentwurf der Kommission sieht die Richtlinie keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten mehr vor, Instrumente zur Anwendung intelligenter Verkehrssysteme einzuführen oder entsprechende Dienste anzubieten.

Die Richtlinie übernimmt teilweise die Vorgaben des Aktionsplans und definiert im Artikel 2 folgende vier vorrangige Bereiche (priority areas):

         —   I. Optimale Nutzung von Straßen-, Verkehrs- und Reisedaten;

         —   II. Kontinuität der IVS-Dienste in den Bereichen Verkehrs- und Frachtmanagement;

         —   III. IVS-Anwendungen für die Straßenverkehrssicherheit;

         —   IV. Verbindung zwischen Fahrzeug und Verkehrsinfrastruktur.

Daraus resultieren die sechs im Artikel 3 angeführten vorrangigen Maßnahmen (priority actions):

         a)    die Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reise-Informationsdienste;

         b)   die Bereitstellung EU-weiter Echtzeit-Verkehrsinformationsdienste;

         c)    Daten und Verfahren, um Straßennutzern, soweit möglich, ein Mindestniveau allgemeiner für         die Straßenverkehrssicherheit relevanter Verkehrsmeldungen unentgeltlich anzubieten;

         d)   harmonisierte Bereitstellung einer interoperablen EU-weiten eCall-Anwendung;

         e)    Bereitstellung von Informationsdiensten für sichere Parkplätze für Lastkraftwagen und andere       gewerbliche Fahrzeuge;

         f)    Bereitstellung von Reservierungsdiensten für sichere Parkplätze für Lastkraftwagen und andere    gewerbliche Fahrzeuge.

Für diese im Anhang I detaillierter angeführten Maßnahmen sollen einheitliche Spezifikationen und Normen erarbeitet werden, die von den Mitgliedstaaten bei der Einführung von IVS‑Anwendungen und IVS‑Diensten angewandt werden. Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie stellt klar, dass es Sache jedes Mitgliedstaates bleibt zu entscheiden, ob solche Anwendungen und Dienste auf seinem Hoheitsgebiet eingeführt werden. Erfolgt jedoch eine Einführung – und eine solche Einführung kann auch in der Zulassung entsprechender Initiativen von Seiten Privater bestehen –, dann muss der Mitgliedstaat sicherstellen, dass die von der Kommission gemäß Artikel 6 angenommenen Spezifikationen eingehalten werden. Liegen noch keine Spezifikationen für einen Bereich vor, so sind die Mitgliedstaaten nach Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie dazu angehalten, sich um Zusammenarbeit in den vorrangigen Bereichen zu bemühen.

Eine Spezifikation kann funktionale, technische oder organisatorische Vorschriften sowie Qualitätsvorgaben an IVS‑Anwendungen und Dienste beinhalten.

Neben der Erlassung von Spezifikationen sieht die Richtlinie auch die Ausarbeitung von Normen vor. Spezifikationen und Normen unterscheiden sich voneinander vor allem hinsichtlich der Zuständigkeit in der Erarbeitung. Normen werden nach Artikel 8 von den einschlägigen Standardisierungsgremien gemäß dem durch die Richtlinie 98/34/EG eingeführten Verfahren unter Beachtung des Anhangs II der Richtlinie ausgearbeitet und decken vor allem technische Detailaspekte ab. Spezifikationen werden gemäß Artikel 6 von der Kommission erlassen und, sofern nicht nach Artikel 6 Abs. 2 zweiter Unterabsatz der Weg des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens angezeigt ist, gemäß Artikel 7 in die Form eines delegierten Rechtsakts gekleidet.

Im Gegensatz zum Erstentwurf der Richtlinie wurde das IVS‑Komitee, welches ursprünglich für den Beschluss von Spezifikationen zuständig war, auf Grund der neuen Bestimmungen des Vertrages von Lissabon in seiner Bedeutung reduziert. Die Kommission erhält durch Artikel 12 Abs. 1 der Richtlinie ein auf sieben Jahre befristetes Mandat, um delegierte Rechtsakte nach Artikel 290 AEUV zu erlassen. Im Gegensatz zu Komiteebeschlüssen können delegierte Rechtsakte sowohl vom Rat als auch vom Europäischen Parlament ohne Angabe weiterer Gründe abgelehnt werden.

Die wesentlichen Maßgaben zur europaweiten harmonisierten Einführung von IVS‑Maßnahmen erwachsen daher nicht aus der Richtlinie selbst, sondern in erster Linie aus den noch zu erlassenden Spezifikationen und in zweiter Linie aus den noch auszuarbeitenden Normen. Dessen ungeachtet sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, die erforderlich sind, um der IVS-Richtlinie bis 27. Februar 2012 nachzukommen.

Der vorliegende Gesetzesvorschlag unternimmt es, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Angesichts der noch wenig konkretisierten Vorgaben der Richtlinie ist dies unter der Geltung des strikten Legalitätsprinzips des Art. 18 Abs. 1 B‑VG keine leichte Aufgabe. Der Vorschlag orientiert sich stark an die Richtlinie, soweit diese nicht der Kommission Aufgaben und Befugnisse überträgt, sondern an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Er übernimmt die Begriffsbestimmungen, die durch die Richtlinie verbindlich vorgegeben werden, und zielt im Kern darauf ab, die rechtliche Verbindlichkeit der Spezifikationen in Österreich zu gewährleisten, sobald diese von der Kommission erlassen und angenommen sind. Nachdem jedoch derzeit noch unabsehbar ist, für welche vorrangigen Maßnahmen die Kommission zuerst Spezifikationen erlassen wird und was diese Spezifikationen enthalten werden, muss mit der Notwendigkeit von Anpassungen dieses oder anderer Gesetze gerechnet werden.

Sodann werden – im Sinne der IVS‑Richtlinie – in Österreich bereits existierende Standards und Anwendungen für intelligente Verkehrssysteme in das Gesetz mit aufgenommen. Schließlich sieht das Gesetz den Aufbau eines Monitorings mit Berichtswesen sowie die Einrichtung eines IVS-Beirates zur Beratung und wissenschaftlichen Begleitung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vor.

Finanzielle Auswirkungen:

Mit der Umsetzung der Richtlinie sind keine erheblichen finanziellen Auswirkungen zu erwarten, da eine verbindliche operative Umsetzung der Spezifikationen nicht vorgesehen ist. Finanzielle Auswirkungen können erst dann auftreten, wenn auf Unionsebene Spezifikationen angenommen oder vorrangige Maßnahmen eingeführt wurden und wenn in weiterer Folge die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie eine Verordnung gemäß § 5 erlässt, die die angenommenen Spezifikationen für verbindlich erklärt oder in den vorrangigen Bereichen Maßnahmen einführt.

Im Rahmen des Gesetzes ist daher derzeit nur der finanzielle Aufwand für das Monitoring, für die Erstellung des IVS-Berichtes und für den IVS-Beirat abschätzbar und darstellbar.

Die Kosten des Aufbaus der Schlichtungsstelle („Trusted Third Party“) gemäß § 11 Abs. 1 werden mit EUR 1,5 Mio. veranschlagt  und bereits mit dem Bundesministerium für Finanzen abgestimmt (GZ: BMF-112700/0019-II/10/2011). Es entsteht daher durch den Vorschlag kein zusätzlicher Budgetbedarf in diesem Bereich.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz der Bundesgesetzgebung zur Erlassung der vorgeschlagenen Bestimmungen gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG (Kraftfahrwesen; Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt sowie der Schifffahrt, soweit diese nicht unter Art. 11 fällt), Art. 10 Abs. 1 Z 5 B‑VG (Normenwesen), Art. 11 Abs. 1 Z 4 (Straßenpolizei), Art. 10 Abs. 1 Z 6 (Zivilrechtswesen) und § 2 Abs. 1 DSG 2000 (Datenschutz).

Besonderer Teil

Zu § 1:

Die Bestimmung stellt in enger Anlehnung an Artikel 1 der IVS‑Richtlinie in Abs. 1 den Zweck des Gesetzes dar, informiert in Abs. 2 über seinen Anwendungsbereich und enthält in Abs. 3 den nach Artikel 18 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie gebotenen Umsetzungshinweis. Bei Umschreibung des Anwendungsbereichs wurden die Ausnahmen für Belange der nationalen Sicherheit und für Interessen der Verteidigung (Artikel 1 Abs. 3 der Richtlinie) in den Begriffen des österreichischen Verfassungsrecht (vgl. Art. 79 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 lit. a und b B‑VG) zum Ausdruck gebracht, ohne dass damit ein inhaltlicher Unterschied verbunden wäre.

Zu § 2:

Die Bestimmung übernimmt die Begriffsbestimmungen der IVS‑Richtlinie, soweit sie auch im vorliegenden Gesetzesvorschlag verwendet werden, samt ihren Unschärfen und ihren inhaltlichen Verschränkungen. Darüber hinaus finden sich Legaldefinitionen der im Gesetzesvorschlag mehrfach verwendeten Begriffe „Graphenintegrationsplattform“ und „AustriaTech“, die die Lesbarkeit verbessern sollen.

Zu § 3:

Die Bestimmung gibt in Abs. 1 die im Anhang II der IVS‑Richtlinie aufgezählten Grundsätze für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Wortlaut wieder. In Abs. 2 werden genuin österreichische Verkehrstelematikanwendungen und –projekte aufgezählt, auf die bei Einführung von IVS-Maßnahmen zur Wahrung der Rückwärtskompatibilität im Sinne der Richtlinie (vgl. Anhang II lit. f) zu achten sein wird.

Zu § 4:

Die Aufzählung der vorrangigen Bereiche folgt Artikel 2 Abs. 1 der IVS-Richtlinie, verzichtet aber auf die Wiedergabe der im Anhang I zur Richtlinie enthaltenen, primär an Kommission und Normungsgremien gerichteten Präzisierungen.

Zu § 5:

In Z 1 der vorgeschlagenen Bestimmung wird die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigt, von der Kommission erlassene Spezifikationen mit Verordnung für verbindlich zu erklären, um solche Spezifikationen rasch und mit geringem Aufwand mit Verbindlichkeit im innerstaatlichen Recht ausstatten zu können. Die Ermächtigung ist als Kann-Bestimmung konzipiert, um die nötige Flexibilität zu wahren: Mitunter wird die Verabschiedung von Spezifikationen durch die Kommission Anpassungen in den bestehenden Gesetzen bedingen, und mitunter wird infolge der nationalen Entscheidung, bestimmte IVS‑Anwendungen und IVS‑Dienste auf österreichischem Hoheitsgebiet nicht einzuführen, die Verbindlicherklärung der korrespondierenden Spezifikationen entbehrlich sein.

Die Verordnungsermächtigung in Z 2 dient der Einführung von Maßnahmen in den vorrangigen Bereichen, nachdem sie vom Europäischen Parlament und dem Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen worden sind. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass das IVS-Gesetz für die Einführung solcher Maßnahmen, die über das unionsrechtlich erforderliche Ausmaß nicht hinausgehen dürfen, eine hinreichende gesetzliche Grundlage darstellt. Doch auch diese Ermächtigung räumt der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Ermessen ein, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zur Umsetzung in österreichisches Recht der Erlassung oder Änderung von Gesetzen bedarf.

Sowohl für Verordnungen nach Z 1 als auch nach Z 2 ist vorgesehen, dass die in § 3 aufgezählten Grundsätze zu berücksichtigen sind und dass vor ihrer Erlassung der IVS-Beirat anzuhören ist.

Zu § 6:

Ein wesentliches Element der im Anhang I der IVS‑Richtlinie angeführten vorrangigen Bereiche und Maßnahmen betrifft die Bereitstellung öffentlicher Straßen‑ und Verkehrsdaten. In Österreich wurde mit dem Aufbau der sogenannten Graphenintegrationsplattform, kurz „GIP“, bereits ein Schritt gesetzt, um solche Daten der Allgemeinheit zur Verfügung stellen zu können. Der Mindeststandard der Grapheninformationsplattform, der von den Entwicklungspartnern gemeinsam erarbeitet wurde und gemeinsam umgesetzt werden soll, liegt bereits als Dokument vor. Mit einer Veröffentlichung als RVS-Merkblatt (RVS 05.01.14) wird in Kürze gerechnet. Die vorgeschlagene Bestimmung ermächtigt in Z 1 die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, die Anforderungen an die Graphenintegrationsplattform mit Verbindlichkeit auszustatten, insbesondere Lastenhefte für Erarbeitung, Bestandteile und Attributierung von Graphen sowie andere technische Standards festzulegen. Im Hinblick auf im Begutachtungsverfahren geäußerte Befürchtungen sei betont, dass solche Verordnungen nur Datenorganisation, Datenstruktur und technische Standards festlegen dürfen. § 6 Z 1 erlaubt es weder, die Länder, die Gemeinden oder andere Rechtsträger zur Sammlung und Eingabe von Verkehrsdaten zu verpflichten, noch eignet sich der Bund das Verfügungsrecht über die in der GIP enthaltenen Daten an. Wieweit die GIP-Partner zur datenmäßigen Befüllung der Plattform verpflichtet sind und wem an den eingespielten Daten Urheberrechte zustehen, wird deshalb auch in Zukunft nach den vertraglichen Einigungen zu beurteilen sein. § 6 Z 1 soll es jedoch erlauben, konsensual erarbeitete Standards mit Verbindlichkeit auszustatten und sie dadurch aufzuwerten.

Die in Z 2 vorgeschlagene Ermächtigung erlaubt es der Bundesministerin, durch Verordnung Bedingungen festzulegen, unter denen die Anbieter von IVS-Diensten Daten aus der Graphenintegrationsplattform nutzen können sollen. Dazu zählt insbesondere die Verpflichtung zur Beachtung des Durchfahrtsnetzes bei der Empfehlung von Routen und – sofern bei der öffentlichen Hand vorhanden und in die Graphenintegrationsplattform integriert – zur Angabe realistischer Wegzeiten, die das voraussichtliche Verkehrsaufkommen zur Reisezeit berücksichtigen. Die Verpflichtung, die von ihnen angebotenen Dienste der Graphenintegrationsplattform unentgeltlich zur Verfügung stellen, soll schließlich verhindern, dass die öffentliche Hand jene Daten, die sie privaten Anbietern unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat, von diesen um gutes Geld „zurückkaufen“ muss, damit sie ihrem Auftrag bestmöglich gerecht werden kann. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei betont, dass die nach § 6 Z 2 erlassenen Verordnungen nur bedingte Verpflichtungen enthalten. Den Anbietern von IVS-Diensten bleibt es unbenommen, ihre eigenen Durchfahrtsstraßen zu definieren, Wegprognosen ohne Berücksichtigung des Verkehraufkommens zu erteilen und ihre Dienste auch der öffentlichen Hand nur gegen Entgelt anzubieten, sofern sie auf die Verwendung von Daten aus der Graphenintegrationsplattform verzichten.

Zu § 7:

Die Bestimmung verpflichtet die Anbieter von IVS‑Diensten, beim Einsatz von IVS-Anwendungen die von der Kommission erlassenen Spezifikationen einzuhalten, sofern sie mit Verordnung für verbindlich erklärt worden sind, Verordnungen einzuhalten, mit denen in den vorrangigen Bereichen des § 4 Maßnahmen eingeführt werden, und den ebenfalls durch Verordnung festgelegten Bedingungen für die Nutzung von Daten aus der Graphenintegrationsplattform zu entsprechen. Die Verletzung dieser Pflichten stellt nach § 10 eine Verwaltungsübertretung dar.

Zu § 8:

Um den Anforderungen des Artikels 10 der Richtlinie zu entsprechen, stellt die vorgeschlagene Bestimmung zunächst in Abs. 1 klar, dass die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 auch bei der Einführung intelligenter Verkehrssysteme zu beachten sind, und verpflichtet die Anbieter von IVS-Diensten sodann in Abs. 2, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen über Einwilligungen zu beachten (Z 1), jeden Datenmissbrauch zu vermeiden (Z 2), die Verwendung anonymer Daten zu fördern, soweit dies angemessen ist (Z 3), und die Verwendung personenbezogener Daten auf das für den Betrieb von IVS-Anwendungen und –Diensten erforderliche Ausmaß zu beschränken (Z 4). Die Bestimmungen mögen überflüssig erscheinen, weil sie sich in einem Verweis auf das ohnedies anwendbare allgemeine Datenschutzrecht erschöpfen. Nachdem freilich die Richtlinie auf Initiative des Parlaments hin solche redundanten Verweise enthält, erschien es sinnvoll, sie in der nationalen Umsetzung ebenfalls vorzusehen.

Zu § 9:

So wie die Richtlinie in Artikel 11 die Mitgliedstaaten daran erinnert, dass Haftungsfragen im Einklang mit dem Unionsrecht – insbesondere der Richtlinie 85/374/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, ABl. Nr. L 210 vom 07.08.1985 S. 29, in der Fassung der Richtlinie 1993/34/EG, ABl. Nr. L 141 vom 04.06.1999 S. 20 – geregelt werden müssen, so stellt der Gesetzesvorschlag mit dem vorgeschlagenen § 9 die Anwendbarkeit der nationalen Umsetzung im Produkthaftungs­gesetz klar.

Zu § 10:

Für eine wirksame Umsetzung der Richtlinie ist es erforderlich, die Einhaltung der von der Kommission künftig erlassenen Spezifikationen zu gewährleisten. § 10 sieht deshalb eine Strafbestimmung vor, durch die die Nichteinhaltung der durch Verordnung für verbindlich erklärten Spezifikationen und der Verstoß gegen Verordnungen über die Einführung von vorrangigen Maßnahmen zur Verwaltungsübertretung erklärt und mit Strafe bedroht wird. Desgleichen wird die Verletzung der Bedingungen für die Verwendung von Daten aus der Graphenintegrationsplattform für strafbar erklärt.

Zu § 11 und 12:

Die Richtlinie sieht in Artikel 17 den Aufbau eines Berichtswesens gegenüber der Kommission vor. Der Begriff Monitoring wird zwar nicht explizit angeführt, er ergibt sich aber aus Artikel 17 Abs. 3. Des Weiteren werden die Richtlinien zur Berichterstattung erst vom Komitee festgelegt, wobei auf Basis der vorhandenen Informationen der Bereich Monitoring von IVS erfasst werden soll.

Die Austria Tech wird beauftragt, dem BMVIT jährlich bis zum 31. März einen Ergebnisbericht zum Monitoring zu erstatten, das BMVIT wird wiederum jährlich bis zum 30. Juni dem Nationalrat einen Verkehrstelematikbericht vorlegen.

Die Austria Tech wird neben Beobachtungs- und Dokumentationsaufgaben zusätzlich damit beauftragt, die Funktionen einer Schlichtungsstelle („Trusted Third Party“) für IVS-Anwendungen zu erfüllen, insbesondere im Bereich multimodaler Reiseinformationsdienste.

Im Rahmen des Calls 2009 des KliEn wird derzeit am Aufbau eines Österreich-weiten multimodalen Verkehrsinformationsdienstes – der so genannten „Verkehrsinformation Österreich (VAO) – gearbeitet.

Mit der Zunahme an neuen Anbietern, die Verkehrsleistungen erbringen, ist die Berücksichtigung und Wahrung der Interessen aller Stakeholder in diesem Bereich notwendig, um einen möglichst umfassenden und objektiven intermodalen Verkehrsinformationsdienst anbieten zu können.

Zur Unterstützung dieses Dienstes und für darüber hinausgehende Anforderungen soll eine Schlichtungsstelle „Trusted Third Party“ mit folgenden Hauptaufgaben eingerichtet werden:

         a)    Sie stellt als übergeordnete, neutrale Stelle den korrekten und diskriminierungsfreien Betrieb          der VAO vor dem europäischen Hintergrund (v.a. IVS-Richtlinie 2010/40/EU und IU-TAP-                260510-TSI) sicher,

         b)   Sie fungiert als Schlichtungsstelle bei Beschwerden über Unregelmäßigkeiten.

Die AustriaTech ist als gemeinwirtschaftlich orientiertes Unternehmen ein Steuerungsinstrument des Bundes bzw. der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zur Maximierung des gesellschaftlichen Nutzens neuer Technologien in Transport und Verkehr in Österreich. In Ergänzung zu betriebswirtschaftlich motivierten Tätigkeiten von Seiten der Industrie und der Verkehrsunternehmen liegt der Fokus der Aktivitäten der AustriaTech auf der Generierung volkswirtschaftlichen Nutzens durch Optimierung des künftigen Verkehrsgeschehens.

Zu § 13:

Zur Beratung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie sowie zur wissenschaftlichen Begleitung der Projekte in den vorrangigen Bereichen wird ein IVS-Beirat eingerichtet. Die Festlegung der Anzahl der Mitglieder und ihre Auswahl obliegt der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, die dabei darauf Bedacht zu nehmen hat, dass die Wissenschaft, die Verwaltung des Bundes und aller Länder, die IVS-Diensteanbieter und die IVS-Nutzer im Beirat repräsentativ vertreten sind und dass er über breite technische, rechtliche und wirtschaftliche Expertise verfügt.

Der IVS‑Beirat ist von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vor Erlassung von Verordnungen gemäß §§ 5 und 6 anzuhören. Die im Begutachtungsverfahren verschiedentlich gegebene Anregung, die Erlassung solcher Verordnungen an eine Zustimmung des IVS-Beirats bzw. der Länder zu binden, konnte schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht aufgegriffen werden.

Zu § 15:

Nach ihrem Artikel 18 Abs. 1 war die Richtlinie bis zum 27. Februar 2012 in nationales Recht umzusetzen. Um die Verzögerung in Grenzen zu halten, wird vorgeschlagen, das Gesetz mit 1. Juli 2012 in Kraft treten zu lassen.. Berichte der AustriaTech an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie nach § 11 Abs. 2 sowie Berichte der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie an den Nationalrat nach § 12 Abs. 1 werden somit erstmal im Jahre 2013 zu erstatten sein.