1888 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1806 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kapitalmarktgesetz, das Börsegesetz 1989, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden

Grundlagen des Gesetzesentwurfs:

1. Mit dem Gesetzesentwurf sollen folgende Instrumente des verbindlichen Unionsrechts umgesetzt werden:

– Richtlinie 2010/73/EU zur Änderung der Richtlinie 2003/71/EG betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, ABl. Nr. L 327 vom 11. 12. 2010, S. 1.

Die Richtlinie 2003/71/EG hat die Kommission verpflichtet, ihre Anwendung fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten zu überprüfen und gegebenenfalls Änderungen vorzuschlagen. Diese Überprüfung hat ergeben, dass einige Bestimmungen der Richtlinie 2003/71/EG geändert werden sollten, um ihre Anwendung zu vereinfachen und zu verbessern, ihre Wirksamkeit zu steigern, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Union zu erhöhen und dadurch zum Abbau von Verwaltungsaufwand beizutragen.

2. Im Interesse der Markttransparenz wird bei der Neuregelung der Beteiligungsschwellen für den Beteiligungserwerb insbesondere der Beteiligungsaufbau durch derivative Instrumente erfasst.

3. Hintergrund der Novelle für das Investmentfondsgesetz 2011 und das Immobilien-Investmentfondsgesetz sind Praxiserfahrungen der FMA, wonach eine dreimonatige Frist für den Wechsel der Depotbank, je nach Lage des Falles, zu lang sein kann und die Frist auch nicht benötigt wird.

4. Im Interesse einer effizienteren Wertpapieraufsicht soll die Möglichkeit geschaffen werden, durch Verordnung der FMA auf Grund des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 eine rein elektronische Datenübermittlung der Wertpapierdienstleister an die Aufsicht vorzusehen.

5. Durch die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 wurde in der Europäischen Union ein harmonisierter Rechtsrahmen für Vorschriften und Befugnisse im Zusammenhang mit Leerverkäufen und Credit Default Swaps geschaffen und im Hinblick auf Ausnahmesituationen, in denen Maßnahmen ergriffen werden müssen, ein höheres Maß an Koordinierung und Kohärenz zwischen den Mitgliedstaaten sichergestellt. Wesentliche Inhalte der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 sind dabei insbesondere:

-              Regelungen zur Erhöhung der Transparenz von Netto-Leerverkaufspositionen in Aktien oder öffentlichen Schuldtiteln sowie von ungedeckten Positionen in Credit Default Swaps durch die Einführung von Melde- und Offenlegungspflichten sowohl für juristische als auch natürliche Personen;

-              Einführung von Beschränkungen für ungedeckte Leerverkäufe in Aktien und öffentliche Schuldtitel sowie für ungedeckte Credit Default Swaps auf öffentliche Schuldtitel;

-              Festsetzung von Eingriffsbefugnissen der national zuständigen Behörden und der ESMA in bestimmten Ausnahmesituationen (zB Ausweitung der Meldepflichten oder der Leerverkaufsbeschränkungen).

Die vorliegenden Gesetzesänderungen im Börsegesetz 1989 sollen jene Bestimmungen in das österreichische Recht einfügen, die notwendig sind, damit die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 in Österreich wirksam vollzogen werden kann. Dementsprechend muss insbesondere eine zuständige Behörde, welche die in der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vorgesehenen Aufgaben und Befugnisse wahrnimmt, benannt werden. Überdies müssen gesetzliche Vorschriften betreffend Strafmaßnahmen für Verstöße gegen die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vorgesehen werden.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. - Die Senkung des Verwaltungsaufwandes für Unternehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken, insb. durch Reduktion der Offenlegungserfordernisse für Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung, Aufhebung doppelter Veröffentlichungspflichten

- Ausgleich inflationsbedingter Wertentwicklungen bei den diversen gesetzlich festgelegten Schwellenwerten als Auslöser für die Prospektpflicht

- Angleichung des Begriffs des „qualifizierten Anlegers“ an den parallelen Begriff in der MiFID

- Steigerung der Rechtssicherheit

- Präzisierung der Ausnahme bei der Prospektpflicht für Mitarbeiteraktien

- Wegfall der Pflicht zur Erstellung des jährlichen Dokuments nach § 75a BörseG

- Vorsehen delegierter Rechtsakte durch die Kommission

2. - Einbeziehung weiterer derivativer Finanzinstrumente in die Melde- bzw. Veröffentlichungspflicht beim Beteiligungserwerb

- Vorsehen einer zusätzlichen 4 %-Anteilsschwelle als Auslöser für die gesetzliche Meldepflicht

- Vorsehen einer freiwilligen zusätzlichen 3 %-Anteilsschwelle als Auslöser für die Meldepflicht

- Ruhen des Stimmrechts bei Verletzung der Meldepflichten

- Festsetzung von Strafsanktionen

3. Sofortige Wirksamkeit des Depotbankwechsels bei Kapitalanlage-/Immofonds im Krisenszenario

4. Verordnungsermächtigung an die FMA zur Anordnung einer rein elektronischen Datenübermittlung für den Wertpapieraufsichtsbereich

5. - Festsetzung der FMA als zuständige Behörde, welche die in der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vorgesehenen Aufgaben und Befugnisse wahrnimmt

- Festsetzung von Strafmaßnahmen für Verstöße gegen die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 236/2012

In-Kraft-Treten:

Ein In-Kraft-Treten der umzusetzenden Bestimmungen zum vorgegebenen Termin ist jedenfalls notwendig, um die von der EU-Prospektrichtlinie geforderte Vorgabe hinsichtlich des Zeitpunkts der Anwendung der Bestimmungen einhalten zu können. Darüber hinaus ist es aus Wettbewerbsgründen unerlässlich, den sowohl im Inland als auch grenzüberschreitend tätigen Normadressaten den neuen rechtlichen Rahmen möglichst rasch zur Verfügung zu stellen.

Die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 trat am 25. März 2012 in Kraft und gilt grundsätzlich ab dem 1. November 2012. Die in Art. 48 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 angeführten Bestimmungen betreffend die Erlassung von delegierten Rechtsakten durch die Europäische Kommission gelten bereits ab dem 25. März 2012. Nationale Strafbestimmungen für Verstöße gegen die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 sind bis 1. Juli 2012 der Europäischen Kommission und der ESMA mitzuteilen. Dementsprechend sind die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen auf nationaler Ebene unverzüglich zu schaffen.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 B–VG (Börse- und Bankwesen).

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Juli 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath die Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Dr. Ruperta Lichtenecker, Wolfgang Zanger und Kai Jan Krainer sowie die Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, G, dagegen: B) beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1806 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 07 03

                       Mag. Peter Michael Ikrath                                            Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann