Vorblatt

1. Problem:

Derzeit gibt es für die Weiternutzung der bestehenden Infrastruktur der ehemaligen gemeinschaftlichen Grenzzollämter an der österreichisch-deutschen Binnengrenze keine geeignete staatsvertragliche Grundlage.

2. Ziel:

Ziel dieses Abkommens ist es, durch die Weiternutzung der bestehenden Infrastruktur der ehemaligen gemeinschaftlichen Grenzzollämter an der österreichisch-deutschen Binnengrenze weiterhin eine Zollabfertigung als Dienstleistungsangebot für die Wirtschaft zu gewährleisten, sofern durch die Nähe von Speditions- und Verteilerzentren der Bedarf, Zollförmlichkeiten durchführen zu können, nach wie vor gegeben ist.

3. Inhalt, Problemlösung:

Das Abkommen erlaubt dem Nachbarstaat, bestimmte Zollstellen, die sich auf dem Hoheitsgebiet des jeweiligen Gebietsstaates befinden, als Binnenzollstellen fortzuführen oder neu einzurichten. Dazu enthält es Regelungen über die anwendbaren Rechtsvorschriften für die Zollabfertigung und die Behandlung beschlagnahmter oder eingezogener Waren sowie über die Rechtsstellung der Bediensteten des Nachbarstaats im Gebietsstaat (strafrechtliche Bestimmungen, Amtshaftung, Dienstkleidung) und der im Gebietsstaat eingerichteten Zollstellen des Nachbarstaats (Diensträume, Postsendungen und Kommunikation).

4. Alternativen:

Keine, wenn eine solche Weiternutzung erfolgen soll.

5. Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

5.1. Finanzielle Auswirkungen

Negative finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sowie auf andere Gebietskörperschaften sind nicht zu erwarten. Die Übereinkunft hat keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes. Soweit Kosten für die Baulichkeiten anfallen, sind diese vom jeweiligen Nutznießer der selbigen zu tragen.

5.2. Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

5.2.1 Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

5.2.2 Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind keine Verwaltungskosten für Unternehmen zu erwarten.

5.2.3 Sonstige wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Keine.

5.3 Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant, weil der Warenverkehr mit und ohne Zollabfertigung erfolgt.

5.4 Auswirkungen in konsumentenpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

5.5 Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben, weil die Mitgliedstaaten im Bereich der Zollverwaltung weiterhin zum Abschluss solcher eigenständiger Abkommen zuständig sind.

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Nachnutzung der ehemaligen österreichisch-deutschen gemeinschaftlichen Grenzzollämter hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Ziel dieses Staatsvertrages ist es, durch die Weiternutzung der bestehende Infrastruktur der ehemaligen gemeinschaftlichen Grenzzollämter an der österreichisch-deutschen Binnengrenze weiterhin eine Zollabfertigung als Dienstleistungsangebot für die Wirtschaft zu gewährleisten, da durch die Nähe von Speditions- und Verteilerzentren der Bedarf, Zollförmlichkeiten durchführen zu können, nach wie vor gegeben ist.

Das zwischen Österreich und Deutschland bestehende Abkommen über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn-, Straßen- und Schiffsverkehr vom 14. September 1955, BGBl. Nr. 240/1957, zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 602/1993, konnte für die angestrebte Weiternutzung der ehemaligen gemeinschaftlichen Grenzzollämter nur bedingt herangezogen werden, weshalb ein neuer Staatsvertrag erforderlich wurde.

Das Abkommen erlaubt dem Nachbarstaat, bestimmte Zollstellen, die sich auf dem Hoheitsgebiet des jeweiligen Gebietsstaates befinden, als Binnenzollstellen fortzuführen oder neu einzurichten. Dazu enthält es Regelungen über die anwendbaren Rechtsvorschriften für die Zollabfertigung und die Behandlung beschlagnahmter oder eingezogener Waren sowie über die Rechtsstellung der Bediensteten des Nachbarstaats im Gebietsstaat (strafrechtliche Bestimmungen, Amtshaftung, Dienstkleidung) und der im Gebietsstaat eingerichteten Zollstellen des Nachbarstaats (Diensträume, Postsendungen und Kommunikation). Der örtliche Bereich, in dem die Bediensteten des Nachbarstaats ihre Tätigkeit im Gebietsstaat ausüben dürfen, und die Standorte der Zollstellen des Nachbarstaats werden durch Vereinbarung der zuständigen Behörden festgelegt.

Insbesondere die Regelungen zur Rechtsstellung der Bediensteten und der Zollstellen des Nachbarstaats im Gebietsstaat wurden in Anlehnung an das Abkommen von 1955 formuliert. Dabei wurden die notwendigen Anpassungen an die heutige Rechtslage vorgenommen. Daher wurde auch vorgesehen, dass dieses Abkommen gegenüber dem Abkommen von 1955 Anwendungsvorrang genießt, soweit Bestimmungen denselben Regelungsgegenstand haben.

Mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens werden keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.


Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Dieser Artikel enthält Begriffsdefinitionen, die zur Klärung des Vertragsinhalts geboten sind, wie beispielsweise Zollabfertigung, Zollstelle, Bedienstete, Gebietsstaat, Nachbarstaat oder örtlicher Bereich.

Zu Art. 2:

Österreich und Deutschland vereinbaren, dass Zollstellen, die sich auf dem Hoheitsgebiet des jeweils anderen Staates befinden, als Binnenzollstellen fortgeführt bzw. neu eingerichtet werden können. Es werden alle erforderlichen Maßnahmen getroffen, damit diese Zollstellen und die Bediensteten dieser Stellen die Zollabfertigung auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates vornehmen können.

Zu Art. 3:

Für die Zollabfertigung durch Bedienstete des Nachbarstaates finden die Vorschriften des Nachbarstaates Anwendung. Ansonsten gilt das Recht des Gebietsstaates. Die von den österreichischen bzw. deutschen Bediensteten durchgeführten Amtshandlungen im Nachbarstaat gelten als im eigenen Staat durchgeführt.

Zu Art. 4:

Die Bediensteten des Nachbarstaates dürfen, soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, alle Vorschriften ihres Staates über die Zollabfertigung, einschließlich der Regelungen über entsprechende Befugnisse, im Gebietsstaat in gleicher Weise, in gleichem Umfang und mit gleichen Folgen wie im eigenen Staat anwenden.

Zu Art. 5:

Die von den Bediensteten des Nachbarstaates im Gebietsstaat bei der Zollabfertigung amtlich eingenommenen Geldbeträge und die von ihnen beschlagnahmten oder eingezogenen Waren dürfen in den Nachbarstaat verbracht werden.

Zu Art. 6:

Die österreichischen strafrechtlichen Bestimmungen zum Schutz von Bediensteten und von Amtshandlungen gelten auch für strafbare Handlungen, die gegenüber deutschen Bediensteten begangen werden, und umgekehrt. Die beschäftigten Bediensteten sind den entsprechenden Dienststellen möglichst vor Entsendung zu benennen. Strafbaren Handlungen, die von deutschen Bediensteten in Österreich begangen werden, sind der vorgesetzte Dienststelle zu melden, und umgekehrt. Jeder Vertragsstaat wird seine Bediensteten auf Verlangen des anderen Vertragsstaates von der Verwendung in dessen Gebiet ausschließen oder abberufen.

Zu Art. 7:

Amtshaftungsansprüche für Schäden, die Bedienstete des Nachbarstaats in Ausübung ihres Dienstes im Gebietsstaat verursachen, unterliegen dem Recht und der Gerichtsbarkeit des Nachbarstaats.

Zu Art. 8:

Die Bediensteten des Nachbarstaats tragen keine Dienstkleidung und keine Dienstwaffen.

Zu Art. 9:

Die Vertragsstaaten erteilen ihren Zollstellen die zur Zollabfertigung notwendigen Befugnisse.

Zu Art. 10:

Die Diensträume der Zollstellen des Nachbarstaates können durch Amtsschilder und Hoheitszeichen des Nachbarstaates kenntlich gemacht werden.

Zu Art. 11:

Dienstbriefe und Dienstpakete sowie dienstliche Geld- und Wertsendungen, die für die Zollstellen des Nachbarstaats bestimmt sind, dürfen durch Bedienstete des Nachbarstaats ohne Vermittlung der Postverwaltung und frei von Postgebühren befördert werden. Zur Vermeidung von Missbräuchen ist ein Dienststempel der absendenden Dienststelle anzubringen.

Zu Art. 12:

Deutschland und Österreich werden die Errichtung und den Betrieb der notwendigen Fernmeldeanlagen, einschließlich elektronischer Datenverarbeitungsanlagen, (z. B. Fax, Telefon, Computer) sowie deren Verbindung mit den entsprechenden Anlagen des Nachbarstaates gebührenfrei bewilligen. Etwaige Kosten für die Errichtung der Anlagen und die Miete für ihre Benutzung trägt der jeweilige Staat selbst.

Der Gebietsstaat wird den Gewerbetreibenden des Nachbarstaates, die bei dessen Zollstellen im Gebietsstaat tätig sind, den Betrieb der notwendigen Fernmelde- und Datenverarbeitungsanlagen ermöglichen.

Zu Art. 13:

Gewerbetreibende des Nachbarstaates sowie ihr Personal dürfen bei den Zollstellen alle die Zollabfertigung betreffenden Tätigkeiten ausüben, die sie bei den entsprechenden Dienststellen im Nachbarstaat vorzunehmen berechtigt sind. Die zuständigen Behörden beider Staaten entscheiden in gegenseitiger Abstimmung, in welchen Fällen und in welchem Umfang den Gewerbetreibenden Büroräume oder Grundstücke zur Errichtung von Bürogebäuden bei den einzelnen Zollstellen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden.

Zu Art. 14:

Die Vertragsstaaten bestimmen durch Vereinbarung die Standorte der Zollstellen, der Diensträume, Unterkünfte und Anlagen. Vergütungen für Baukosten für die Errichtung neuer Zollstellen sind mit den Zollstellen unter Anwendung des Zivilrechtes des Gebietsstaates zu vereinbaren.

Zu Art. 15:

Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung dieses Abkommens werden von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten beigelegt. Deren Beilegung kann auch auf diplomatischem Weg erfolgen.

Zu Art. 16:

Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können im Rahmen dieses Abkommens die zu seiner Durchführung erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen unmittelbar miteinander abstimmen.

Zu Art. 17:

Dieser Artikel enthält die Inkrafttretens- und Kündigungsbestimmungen und sieht einen Anwendungsvorrang dieses Abkommens vor dem Abkommen vom 14. September 1955 über Erleichterungen der Grenzabfertigungen im Eisenbahn-, Straßen- und Schiffsverkehr vor, soweit Bestimmungen denselben Regelungsgegenstand haben.