1980 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (1935 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Transplantation von menschlichen Organen (Organtransplantationsgesetz - OTPG) erlassen und das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheitsgesetz und das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH geändert werden

Dieses Bundesgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2010/53/EU über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe, Abl. Nr. L 207 vom 06.08.2010 S. 14, in der Fassung der Berichtigung Abl. Nr. L 243 vom 16.09.2010 S 68. Durch die Erlassung eines Bundesgesetzes über die Transplantation menschlicher Organe (Organtransplantationsgesetz – OTPG) sollen die der Richtlinienumsetzung dienenden Bestimmungen mit bereits bestehenden Regelungen auf diesem Gebiet in einem Bundesgesetz zusammengefasst werden.

An den bisherigen bewährten, ausdrücklich geregelten Grundsätzen der Organspende, wie insbesondere der Widerspruchslösung, wird festgehalten. Für die Lebendspende, die bisher explizit nicht geregelt war, wird nunmehr ein ausdrücklicher rechtlicher Rahmen vorgegeben. Der Lebendspende, welche derzeit bei Nieren- und Lebertransplantationen Anwendung findet, auch wenn sie zahlenmäßig in Österreich bisher nur eine relativ geringe Rolle spielt (im Jahr 2011 wurden in Österreich insgesamt 673 Organtransplantationen mit Organen verstorbener Organspender und weitere 57 Transplantationen mit Organen von Lebendspendern durchgeführt) kommt auch in der Praxis ein immer höherer Stellenwert zu.

Darüber hinaus ist vorgesehen, dass schwerwiegende Zwischenfälle und schwerwiegende unerwünschte Reaktionen unverzüglich der Stiftung Eurotransplant International, – sofern bekannt – dem jeweiligen Transplantationszentrum und binnen dreier Werktage der Gesundheit Österreich GmbH zu melden sind. Damit soll ein genauerer Überblick über die sich im Rahmen der Entnahme und Transplantation von menschlichen Organen ereignenden schwerwiegenden Zwischenfälle und schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen gewonnen werden. Zu diesem Zweck haben Entnahmeeinheiten und Transplantationszentren in quartalsweisen Abständen Berichte über die Anzahl der potentiellen und diagnostizierten verstorbenen Spenderinnen/Spender, Anzahl der Spenderinnen/Spender sowie Art und Menge der bereitgestellten und transplantierten oder entsorgten Organe der vorangegangenen Monate an die Gesundheit Österreich GmbH zu übermitteln. Diese hat folglich zur Information der Öffentlichkeit einen Jahresbericht herauszugeben.

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 24. Oktober 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger die Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Kurt Grünewald, Mag. Johann Maier, Josef A. Riemer, Dr. Andreas Karlsböck und Dr. Sabine Oberhauser, MAS sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS und Dr. Erwin Rasinger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu lit. a (§ 9 OTPG):

Lebendspender haben eine bedeutende Funktion im Gesundheits- und Transplantationswesen und verdienen schon auf Grund ihrer altruistischen Einstellung höchste Wertschätzung. Durch ihre Spende verringern sie auch die Zahl der für eine Transplantation vorgemerkten Personen auf der Warteliste und damit - etwa im Bereich der Nierenersatztherapie - über einen längeren Zeitraum schließlich auch die Kosten (Verhältnis Dialyse zur Nachsorge nach der Transplantation). Somit handelt es sich bei der Spende eines Organs um eine in höchstem Maß zu würdigende Tat, die nicht nur der/dem jeweiligen Empfängerin/Empfänger, sondern dem gesamten Gesundheitssystem zu Gute kommt. Zur Würdigung einer solchen selbstlosen Organspende zum Nutzen der/des Empfängerin/Empfängers sowie des gesamten Gesundheitssystems muss der qualitätsvollen und umfassenden Nachkontrolle von Lebendspenderinnen/Lebendspendern höchste Priorität zukommen. So enthält auch die Richtlinie 2010/53/EU eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, sich um die Nachsorge der Lebendspenderinnen/Lebendspender zu bemühen (Art. 15 Abs. 4). Zu diesem Zweck sieht bereits die Regierungsvorlage eine Verpflichtung für die Entnahmeeinheiten (es handelt sich dabei in der Praxis um die fünf in Österreich bestehenden Transplantationszentren) vor, die Spender/innen in regelmäßigen Abständen schriftlich zu medizinischen Nachkontrollen einzuladen. Zusätzlich soll für jede/jeden Lebendspenderin/Lebendspender in schriftlicher Form ein individueller, risikobasierter Nachsorgeplan erstellt werden und der/dem Spenderin/Spender ausgehändigt werden. Im Rahmen der konkreten Ausgestaltung dieses individuellen Nachsorgeplans werden insbesondere die Verfahrensanweisungen der Gesundheit Österreich GmbH gemäß § 10 Z 9 zu berücksichtigen sein. Die Verpflichtung zur Erstellung eines risikobasierten Nachsorgeplans soll eine auf die/den jeweilige/jeweiligen Spenderin/Spender individuell zurechtgeschnittene langfristige Nachsorge, unter Bedachtnahme auf den individuellen Gesundheitszustand sowie sämtliche für die Nachsorge relevanten Risikofaktoren der/des konkreten Spenderin/Spenders sicherstellen.

Neben einer qualitätsvollen und umfassenden Nachsorge der Lebendspenderinnen/Lebendspender erscheint auch die Gewinnung besserer Daten über die mit der Lebendspende verbundenen Risken als ein verfolgenswertes Ziel. Dieses Ziel kann in Österreich durch die bereits im Einsatz befindliche bundesweit einheitliche Ergebnisqualitätsmessung aus Routinedaten (Austrian Inpatient Quality Indicators – A-IQI) erfüllt werden. Daraus lassen sich die Sterblichkeit, die Dialysepflicht bei Entlassung aus dem stationären Aufenthalt, die intra- und postoperativen Komplikationen und die Aufnahmenotwendigkeit in eine Intensiveinheit auswerten.

Zu lit. b (§ 10 OTPG):

§ 10, wonach die Gesundheit Österreich GmbH unter Einbindung des bei ihr zur Beratung eingerichteten Transplantationsbeirats wissenschaftliche Empfehlungen für alle Phasen von der Spende bis zur Transplantation oder Entsorgung sowie für die Nachsorge der/des Spenderin/Spenders zu erarbeiten und im Internet zu veröffentlichen hat, wird durch die Schaffung der neuen Z 9 dahingehend ergänzt, dass diese jedenfalls auch Verfahrensanweisungen hinsichtlich des individuellen, risikobasierten Nachsorgeplans gemäß § 9 zu enthalten haben.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS und Dr. Erwin Rasinger einstimmig beschlossen.

Ein weiterer im Zuge der Debatte vom Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit (für den Antrag: F, G, B dagegen: S, V).

Ferner beschloss der Gesundheitsausschuss einstimmig folgende Feststellung:

„Feststellung des Gesundheitsausschusses

Der Gesundheitsausschuss geht davon aus, dass mit den im Organtransplantationsgesetz enthaltenen Instrumenten die individuelle Nachsorge von Lebendspendern/Lebendspenderinnen – wie es ihrer anerkennenswerten Haltung und Rolle im Transplantationsgeschehen entspricht –  bestmöglich gewährleistet ist. Im Rahmen der Nachsorgemaßnahmen sind die Spender/Spenderinnen in regelmäßigen Abständen schriftlich zu Nachuntersuchungen einzuladen (Recall-System) und für jeden Spender/jede Spenderin ein individueller risikobasierter Nachsorgeplan zu erstellen. Dadurch ist sichergestellt, dass eine auf die/den jeweilige/jeweiligen Spenderin/Spender individuell zurechtgeschnittene langfristige Nachsorge, unter Bedachtnahme auf den individuellen Gesundheitszustand sowie sämtliche für die Nachsorge relevanten Risikofaktoren der/des konkreten Spenderin/Spenders gewährleistet ist. Im Rahmen der ärztlichen Sorgfaltspflicht können auch bereits zurückliegende Spender/Spenderinnen vom Nachsorgeprogramm erfasst werden.

Der Ausschuss geht darüber hinaus davon aus, dass der Bundesminister für Gesundheit die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten von Datenauswertung im Rahmen der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen (Bundesweit einheitliche Ergebnisqualitätsmessung aus Routinedaten - A-IQI) auch in diesem Bereich laufend zur Evaluierung der Komplikationsrate bei Lebendspendern/Lebendspenderinnen einsetzt und allenfalls auch für wissenschaftliche Zwecke unter Wahrung des Datenschutzes zur Verfügung stellt.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 10 24

                              Dr. Erwin Rasinger                                            Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau