Vorblatt

1. Problem:

Zu Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Bestände aus der Esterházy‘schen Büchersammlung von österreichischem Territorium von der sowjetischen Armee ins Gebiet des heutigen Russland verbracht. Auf österreichischer Seite besteht großes Interesse an der Rückgabe der kulturell wertvollen Bücher.

2. Ziel:

Rückführung der verbrachten Bücher nach Österreich.

3. Inhalt, Problemlösung:

Mit dem vorliegenden Abkommen verpflichtet sich die Russische Föderation, innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens die Bücher zurückzugeben.

4. Alternativen:

Keine.

5. Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

5.1 Finanzielle Auswirkungen:

Aus dem Abkommen werden für die Republik Österreich keine Kosten entstehen, da durch eine privatrechtliche Vereinbarung geregelt wird, dass die mit der Abwicklung der Rückgabe verbundenen Kosten und Risiken von der Esterházy Privatstiftung getragen werden.

5.2 Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

5.2.1 Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

5.2.2 Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

5.3 Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

5.4 Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

5.5 Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die zollfreie Einfuhr der Esterházy-Bücher nach Österreich ist von Art. 185 des EU Zollkodex (Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom 19.10.1992, S. 1 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1) gedeckt.

Die sonstigen vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation betreffend die Übergabe der Büchersammlung Esterházy an die Republik Österreich hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrats gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Zu Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Bestände aus der Esterházy‘schen Büchersammlung von österreichischem Territorium von der sowjetischen Armee ins Gebiet des heutigen Russland verbracht. Bereits 2003 hat die Österreichische Bundesregierung einen Antrag auf Rückgabe der Esterházy-Bücher gestellt (vgl. Beschluss der Bundesregierung vom 1. April 2003, sh. Pkt. 16 des Beschl.Prot. Nr. 4). Von russischer Seite ist seit 2011 der politische Wille signalisiert worden, die Esterházy-Bücher zurückzugeben. Auf österreichischer Seite besteht großes Interesse an der Rückgabe der kulturell wertvollen Bücher.

Aufgrund des Beschlusses der Bundesregierung vom 10. Jänner 2012 (sh. Pkt. 26 des Beschl.Prot. Nr. 126) wurde daher das vorliegende Abkommen mit der Russischen Föderation verhandelt. Das Abkommen beinhaltet die Verpflichtung der Russischen Föderation, die in der Anlage zum Abkommen aufgelisteten Bücher aus der Büchersammlung Esterházy innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens im Sinne einer Rückstellung zu übergeben (Art. 2). Art. 3 regelt die Modalitäten der Übergabe der Bücher, einschließlich ihrer Verpackung und ihres Transports. Mit der Übernahme der Bücher gelten alle Ansprüche der österreichischen Seite an die russische Seite im Zusammenhang mit den Esterházy-Büchern als vollumfänglich geregelt. Österreich verpflichtet sich, keine weiteren Ansprüche an die russische Seite betreffend Esterházy-Bücher zu stellen und die Regelung von allfälligen künftigen Ansprüchen Dritter zu übernehmen (Art. 4 Abs. 2 - 4). Art. 5 regelt die Befreiung von Steuern und Abgaben bei der Aus- und Einfuhr der Bücher sowie die Erteilung der Ausfuhrbewilligungen. Gemäß Art. 7 bedarf das Abkommen der Ratifikation und tritt es am ersten Tag des dritten Monats nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Das Abkommen wurde am 21. September 2012 aufgrund des Beschlusses der Bundesregierung vom 18. September 2012 (sh. Pkt. 11 des Beschl.Prot. Nr. 156) in Moskau unterzeichnet.

Im österreichischen Innenverhältnis ist vereinbart, dass die Bücher an die Esterházy Privatstiftung ausgefolgt werden. Aus dem Abkommen werden für die Republik Österreich keine Kosten entstehen, da durch eine privatrechtliche Vereinbarung geregelt wird, dass die mit der Abwicklung der Rückgabe verbundenen Kosten und Risiken von der Esterházy Privatstiftung getragen werden.

Besonderer Teil

Zu Art. 1

In Art. 1 werden die Begriffe „russische Bibliotheken“ und „Büchersammlung Esterházy“ definiert. Der Großteil der zu übergebenen Bücher befindet sich zu Zeit in der Russischen Staatsbibliothek für ausländische Literatur „M.I.Rudomino“. 23 Bände befinden sich in der Öffentlichen Historischen Staatsbibliothek Russlands. Welche Bücher aus der Büchersammlung Esterházy vom Abkommen umfasst sind, ist letztlich in der Anlage zum Abkommen festgelegt (vgl. Art. 2 Abs. 1).

Zu Art. 2

Art. 2 Abs. 1 erster Satz enthält die Verpflichtung der Russischen Föderation, die in der Anlage aufgeführten Esterházy-Bücher zu übergeben. Auf russischen Wunsch ist im Abkommen vorgesehen, dass die Bücher an die Republik Österreich ausgefolgt werden. Im österreichischen Innenverhältnis ist vereinbart, dass die Bücher an die Esterházy Privatstiftung ausgefolgt werden. Das Abkommen lässt die privatrechtliche Frage des Eigentums an den Büchern unberührt.

Art. 2 Abs. 1 zweiter Satz wurde auf russischen Wunsch aufgenommen und bezieht sich darauf, dass die Bücher in der Anlage in etlichen verschiedenen Sprachen beschrieben werden. Er soll sicherstellen, dass diese Angaben nicht die Abkommenssprachen Deutsch und Russisch übersetzt werden müssen.

Art. 2 Abs. 2 und 3 legen die Verpflichtung zur Übergabe innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Abkommens fest und stellen die Beurkundung der (Teil-)übergaben und des Abschlusses der Übergaben sicher.

Zu Art. 3

Art. 3 regelt die Modalitäten der Übergabe der Bücher, einschließlich ihrer Versicherung, ihrer Verpackung und ihres Transports. Im österreichischen Innenverhältnis ist vereinbart, dass die der österreichischen Seite zufallenden tatsächlichen Vorbereitungs- und Durchführungsmaßnahmen von der Esterházy Privatstiftung gesetzt werden, sowie die Kosten und Risiken von der Esterházy Privatstiftung getragen werden.

Zu Art. 4

Gemäß Art. 4 Abs. 1 trägt die Österreichische Seite nach Unterzeichnung des Übergabe-Übernahme-Protokolls die Verantwortung für die übergebenen Bücher sowie alle mit deren Unversehrtheit verbunden Risiken. Im österreichischen Innenverhältnis wurde vereinbart, dass Gefahr und Risiken von der Esterházy Privatstiftung getragen werden.

Gemäß Art. 4 Abs. 2 gelten mit der Unterzeichnung des Abschlussprotokolls alle Ansprüche der Österreichischen Seite an die Russische Seite im Zusammenhang mit den Esterházy-Büchern als vollumfänglich und endgültig geregelt. Dies bezieht sich insbesondere auf allfällige künftig auf russischem Staatsgebiet aufgefundene Bücher, die aus der Büchersammlung Esterházy stammen. Die Wortfolge „Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 5“ soll klarstellen, dass die Russische Seite nach der Unterzeichnung des Abschlussprotokolls noch verpflichtet ist, die Bücher abgaben- und zollfrei ausführen zu lassen und die erforderlichen Ausfuhrgenehmigungen zu erteilen.

Gemäß Art. 4 Abs. 3 erhebt die Österreichische Seite nach der Unterzeichnung des Abschlussprotokolls keine Ansprüche an die Russische Föderation, ihre natürlichen oder juristischen Personen im Zusammenhang mit den Esterházy-Büchern.

Gemäß Art. 4 Abs. 4 übernimmt die Österreichische Seite mit der Unterzeichnung des Abschlussprotokolls die Regelung von Ansprüchen jeglicher Art in Zusammenhang mit den Esterházy-Büchern, die an die Russische Föderation, ihre natürlichen oder juristischen Personen seitens Dritter erhoben werden. Im österreichischen Innenverhältnis ist diese Verpflichtung auf die Esterházy Privatstiftung überbunden worden. Bei der Formulierung „erhoben werden können“ handelt es sich um eine wörtliche Übersetzung aus dem russischen Text. Die Russische Seite wollte damit sicherstellen, dass nicht nur allfällige in der Gegenwart erhobene Ansprüche umfasst sind, sondern auch die, die möglicherweise in Zukunft erhoben werden. Vgl. auch die Formulierung des Art. 6.

Zu Art. 5

Art. 5 erster Satz regelt die zoll-, steuer- und abgabenfreie Aus- und Einfuhr der Esterházy-Bücher. Für die Österreichische Seite war es wichtig klarzustellen, dass die Russische Seite nicht auf dem Umweg von Zoll-, Steuer- oder Abgabenforderungen finanzielle Beiträge für die Ausfuhr der Esterházy-Bücher fordern wird. Die Russische Seite hat wiederum auf eine reziproke Formulierung des Satzes bestanden.

Die nach Österreich rücktransportierten Bücher sind als sog. „Rückwaren“ nach Art. 185 des EU Zollkodex (Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom 19.10.1992, S. 1 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1) einzustufen. In dieser Bestimmung ist vorgesehen, dass Gemeinschaftswaren, die aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt worden sind und innerhalb von drei Jahren wieder in dieses Zollgebiet eingeführt und dort in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden, auf Antrag des Beteiligten von den Einfuhrabgaben befreit werden. Die Frist von drei Jahren kann überschritten werden, um besonderen Umständen Rechnung zu tragen. In einem Kommentar zum Zollkodex, Witte, Zollkodex, 4. Auflage, wird auf die Überschreitung der Wiedereinfuhrfrist eingegangen und explizit die Rückgabe sogenannten Beutegutes aus dem 2. Weltkrieg (nach Russland verbrachte Kunstschätze) erwähnt. Daher kann die Überschreitung der Frist im gegenständlichen Fall toleriert werden.

Die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 6 Abs. 4 Z 8 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994 idF BGBl. I Nr. 194/1999, knüpft an das Vorliegen der Voraussetzungen für die zollrechtliche Rückwarenregelung an.

Zu Art. 6

Es handelt sich um die Streitbeilegungsklausel.

Zu Art. 7

Es handelt sich um die Inkrafttretensklausel.

Zur Anlage

Die Anlage enthält 977 Bücher, die in den russischen Bibliotheken als aus der Büchersammlung Esterházy stammend identifiziert wurden und auf die sich die Bibliotheksexperten beider Seiten geeinigt haben.