Vorblatt

Problem:

Die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung, ABl. Nr. L 303 vom 18.11.2009 S. 1, die die Richtlinie 93/119/EG über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung und Tötung, ABl. Nr. L 340 vom 31.12.1993 S. 21, ersetzt, tritt mit 1. Jänner 2013 in Kraft. Die Verordnung (EG) ist unmittelbar anwendbar. Es bedarf jedoch der Festlegung nationaler Durchführungs- und Strafbestimmungen, für die eine gesetzliche Grundlage zu schaffen ist.

Ziele:

Unmittelbares Ziel ist die Festlegung von Durchführungs- bzw. Strafbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1099/2009. Gleichzeitig soll durch den gegenständlichen Gesetzesentwurf auch eine Basis geschaffen werden, durch die auch für eventuell in Zukunft zu erwartende unmittelbar anwendbare Rechtsakte der EU auf dem Gebiet des Tierschutzes Durchführungs- und Strafbestimmungen geregelt werden können.

Alternativen:

Keine.

Inhalt:

In Hinblick darauf, dass auch in Zukunft Richtlinien der Union durch Verordnungen der Union ersetzt werden oder weitere Bereiche auf dem Gebiet des Tierschutzes durch EU-Verordnungen unmittelbar geregelt werden, erscheint es sinnvoll, ein Gesetz, das generell zur Durchführung von unmittelbar anwendbaren Bestimmungen der EU dient, zu schaffen. Im 1. Hauptstück dieses Gesetzesentwurfes werden die Vollzugs- und Strafbestimmungen entsprechend den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes geregelt. In einem 2. Hauptstück sind besondere Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 geregelt. Das 3. Hauptstück enthält Bestimmungen zum Vollzug und In-Kraft-Treten. Im Anhang aufgelistet werden EG- bzw. EU-Verordnungen, zu welchen der gegenständliche Gesetzesentwurf Durchführungs- bzw. Strafbestimmungen enthält.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine. Für den gegenständlichen Bereich bestehen bereits unionsrechtliche Vorgaben durch die Richtlinie 93/119/EG, die durch das TSchG und die Tierschutzschlachtverordnung umgesetzt ist. Diese Richtlinie wird nun durch die unmittelbar anwendbare Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 ersetzt.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und Unternehmen:

Keine.

Eine Verpflichtung zur Ausbildung ist bereits jetzt in Richtlinie 93/119/EG vorgesehen. Schulungen werden bereits jetzt von den Interessensvertretungen durchgeführt, daher ergibt sich kein Mehraufwand.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf sieht die erforderlichen flankierenden Regelungen zu Verordnungen der Europäischen Union vor.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Die Verlautbarung dieses Bundesgesetzes erfordert hinsichtlich der Bestimmung des § 2 Abs. 2 die Zustimmung der Länder gemäß Art. 129a B-VG.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung ABl. Nr. L 303 vom 18.11.2009 S. 1, die die Richtlinie 93/119/EG über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung und Tötung, ABl. Nr. L 340 vom 31.12.1993 S. 21 ersetzt, tritt mit 1. Jänner 2013 in Kraft. Die Verordnung (EG) ist unmittelbar anwendbar. Es bedarf jedoch der Festlegung nationaler Durchführungs- und Strafbestimmungen, für die eine gesetzliche Grundlage zu schaffen ist.

In Hinblick darauf, dass auch in Zukunft Richtlinien der EU durch Verordnungen der EU ersetzt werden oder weitere Bereiche auf dem Gebiet des Tierschutzes durch EU-Verordnungen neu geregelt werden, erscheint ein eigenes Gesetz sinnvoll, das generell zur Durchführung von unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes dient. Im 1. Hauptstück des Gesetzesentwurfes werden die Vollzugs- und Strafbestimmungen entsprechend den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes geregelt. Im 2. Hauptstück sind besondere Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 geregelt. Das 3. Hauptstück enthält Bestimmungen zum In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen. Im Anhang aufgelistet werden EG- bzw. EU-Verordnungen, zu welchen im gegenständlichen Gesetzesentwurf Durchführungs- bzw. Strafbestimmungen festgehalten sind. Der Anhang kann bei Bedarf jederzeit von der zuständigen Bundesministerin bzw. vom zuständigen Bundesminister durch Verordnung aktualisiert bzw. ergänzt werden. Ein derartiges Vorgehen hat sich bereits beim Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), das ebenso zur Durchführung von mehreren unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Bestimmungen dient, als sinnvoll erwiesen. Sollten zur Durchführung zukünftiger Verordnungen der Europäischen Union weitere besondere Bestimmungen, die national einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, notwendig sein, kann das 2. Hauptstück des gegenständlichen Gesetzesentwurfes durch Einfügung einzelner gesetzlicher Bestimmungen ergänzt werden, ohne dass das gesamte Gesetz umfangreich zu ändern ist.

Festzuhalten ist, dass im Zusammenhang mit den Tieren, die in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 genannt sind (Tiere, die zur Herstellung von Lebensmitteln, Wolle, Häuten, Pelzen oder anderen Erzeugnissen gezüchtet oder gehalten werden), aufgrund des Vorrangs des Europarechts Anpassungen der Tierschutz-Schlachtverordnung vorzunehmen sind. Da es gemäß der EU-Verordnung den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, Regelungen für rituelle Schlachtungen ohne vorangehende Betäubung vorzusehen, bleiben die diesbezüglichen strengen österreichischen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes jedenfalls unverändert aufrecht. Dies wird der Kommission entsprechend mitgeteilt werden.

Kompetenzgrundlage:

Art. 11 Abs. 1 Z 8 B-VG „Tierschutz, soweit er nicht nach anderen Bestimmungen in Gesetzgebung Bundessache ist, jedoch mit Ausnahme der Ausübung der Jagd oder der Fischerei.“

Finanzielle Auswirkungen:

Keine. Für den gegenständlichen Bereich bestehen bereits unionsrechtliche Vorgaben durch die Richtlinie 93/119/EG, welche durch die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes umgesetzt sind. Diese werden nun durch die unmittelbar anwendbare Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 ersetzt.

Besonderer Teil

Zu § 1:

§ 1 stellt klar, dass der gegenständliche Gesetzesentwurf der Durchführung der in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Union auf dem Gebiet des Tierschutzes dient. In Abs. 2 wird festgelegt, dass die Anlage bei Bedarf jederzeit durch Verordnung der Bundesministerin bzw. des Bundeministers aktualisiert werden kann. Ein derartiges Vorgehen hat sich bereits im Zuge des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes bewährt.

Zu § 2:

Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird, die Bezirksverwaltungsbehörde. Gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde kann Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat im jeweiligen Bundesland erhoben werden. Diese Bestimmungen entsprechen § 33 Abs. 1 und 2 TSchG.

Zu § 3:

Nachdem es sich um Durchführungs- und Strafbestimmungen von Verordnungen auf dem Gebiet des Tierschutzes handelt, die bislang vom TSchG erfasst gewesen sind, ist klarzustellen, dass die in § 41 TSchG festgelegten Rechte und Pflichten des Tierschutzombudsmanns auch für den Anwendungsbereich dieses Gesetz gelten. Dabei werden die wesentlichen Aufgaben, Rechte und Pflichten des Tierschutzombudsmanns zur Klarstellung hier nochmals ausdrücklich im Normtext verankert. Die Weisungsfreistellung des Tierschutzombudsmanns gemäß Art. 20 Abs. 2 B-VG wird in Abs. 3 festgehalten.

Zu § 4:

Die Formulierung und die Höhe der Strafbestimmungen werden vom TSchG übernommen, wobei bei der Beurteilung der strafbaren Handlung auf den notwendigen Umstand des Tötens des Tieres zur Fleischgewinnung Rücksicht zu nehmen ist.

In Abs. 2 wird entsprechend dem TSchG eine Mindeststrafe von 2 000 Euro für schwere Fälle von Tierquälerei statuiert. Damit sieht diese Bestimmung eine Deliktsqualifikation vor, die den Strafrahmen des Abs. 1 hinsichtlich der Bestimmung einer Mindeststrafe ändert. Die in Abs. 1 festgelegte Höchststrafe von 7.500 Euro (im Wiederholungsfall 15.000 Euro) gilt auch im Falle des Abs. 2. Die Anordnung einer Mindeststrafe ist grundsätzlich zulässig. Das Gewicht der Mindeststrafdrohung darf aber nicht außer Verhältnis zum Gewicht der damit verfolgten Ziele stehen (VfSlg. 18.775/2009; VfGH 9.3.2011, G 53/10ua). Die im TSchG für schwere Fälle der Tierquälerei festgesetzte und für dieses Gesetz übernommene Mindeststrafe von 2 000 Euro erscheint sachlich gerechtfertigt, da „nach heutiger Auffassung im Tierschutz ein weithin anerkanntes und bedeutsames öffentliches Interesse verkörpert“ (VfGH 1.12.2011, G 74/11, V 63/11) wird.

Zu § 5:

Es wird auf die entsprechende Regelung im TSchG verwiesen. Der Verfall bezieht sich nur auf Gegenstände, da die geschlachteten Tiere als Fleisch verwertet werden oder bei Genussuntauglichkeit auf Kosten des Besitzers entsorgt werden.

Zu § 6:

In Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 ist vorgesehen, dass die Unternehmerorganisationen Leitfäden festlegen. In Österreich betrifft dies die Wirtschaftskammer Österreich und die Landwirtschaftskammer Österreich.

Leitlinien bzw. Leitfäden repräsentieren den state oft the art. Hierfür bedarf es nicht der förmlichen Normebene durch Regelung mittels Gesetz oder Verordnung, sondern es reicht die Veröffentlichung des Fachwissens aus. Hierzu ist die Bundesministerin bzw. der Bundesminister zuständig. Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Gesundheit hat die Leitfäden zu prüfen und im Zuge dessen gegebenenfalls zu überarbeiten bzw. zu ergänzen.

Da der Vollzug Landessache ist, wird festgelegt, dass der Vollzugsbeirat gemäß Art. 42a TSchG und in Hinblick auf Art. 13 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 der Tierschutzrat gem. Art. 42 TSchG zu hören sind.

Werden von der Wirtschaftskammer Österreich oder der Landwirtschaftskammer Österreich keine Leitfäden vorgelegt, obliegt die Ausarbeitung dieser der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Gesundheit. Diese bzw. dieser kann sich dabei selbstverständlich sachverständiger Personen, Institutionen bzw. Stellen bedienen.

Zu § 7:

In Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 wird festgehalten, dass die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass unabhängige Wissenschaftler zur Verfügung stehen, um die zuständige Behörde auf Verlangen mit wissenschaftlichen Gutachten zu unterstützen und dass zu diesem Zweck eine Kontaktstelle eingerichtet wird. In § 7 wird klargestellt, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Kontaktstelle ist und die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Gesundheit natürliche oder juristische Personen bzw. Institutionen mit der Erstellung von wissenschaftlichen Gutachten beauftragen kann.

Zu § 8:

Gemäß Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 sind Sachkundenachweise für das Personal auf Schlachthöfen vorgesehen.

Um die Einheitlichkeit und normative Wirkung der Bestimmungen über Programme für Schulungen, die Inhalte und Modalitäten der Prüfungen sicherzustellen, soll dies durch Verordnung der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Gesundheit festgelegt werden. Es ist vorgesehen, dass die betroffenen Unternehmerorganisationen (Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer) basierend auf den bereits bestehenden Schulungen bzw. Ausbildungen in diesem Bereich Vorschläge vorlegen.

Die Schulungen selbst werden ebenfalls durch die Wirtschaftkammern und Landwirtschaftskammern bzw. die diesbezüglichen Fortbildungsinstituten bzw. sonstige einschlägige Ausbildungsstätten (gemeint sind u.a. Berufsschulen, Fachschulen, Mittlere und Höhere Lehranstalten, Universitäten und Fachhochschulen) durchgeführt. Mit dem Zeugnis kann bei der Wohnsitzbehörde, bzw. wenn kein Wohnsitz in Österreich gegeben ist, bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel der Schlachthof liegt, auf dem die Tätigkeit ausgeübt werden soll, ein Sachkundenachweis beantragt werden. Obwohl in § 2 Abs. 1 die Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Behörde definiert wird, wird in Abs. 3 erster Satz zum besseren Verständnis die Bezirksverwaltungsbehörde nochmals ausdrücklich erwähnt. Nähere Bestimmungen über die Erlangung des Sachkundenachweises (Voraussetzungen wie Unbescholtenheit bzw. dass keine Entzugsgründe vorliegen oä.) sind durch Verordnung der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Gesundheit zu regeln. Ebenso von dieser bzw. diesem zu regeln ist, welche Ausbildungen ebenso anerkannt werden (schulische Ausbildungen die, die die geforderten Inhalte umfassen). Da die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 kein Formular für den Sachkundenachweis festlegt, wird zwecks Einheitlichkeit auch die Form durch Verordnung festzulegen sein.

Zur Erleichterung der Kontrollen haben Kopien der Sachkundenachweise des Personals auf Schlachthöfen aufzuliegen.

Abs. 9 enthält Regelungen zur Durchführung der Übergangsbestimmungen in Art. 29 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009. Anrechenbare Zeiten im Sinne dieser Übergangsregelungen sind Zeiten von einschlägigen Tätigkeiten in zugelassenen Schlachtbetrieben.

Zu § 9:

Es werden Regelungen zum Entzug von Sachkundenachweisen festgelegt, wenn gegen die tierschutzrechtlichen Bestimmungen verstoßen wird. Damit ist auch ein Beschäftigungsverbot für den Umgang mit Schlachttieren verbunden.

Zu Ziffer 1: Handelt es sich um Gründe gem. Art. 22 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 der Entzug nach einer Verwarnung.

Zu Ziffer 2: Diese Ziffer bezieht sich auf Verwaltungsstrafen aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen die angeführten Normen. Durch die Formulierung sind auch die aufgrund der angeführten Rechtsakte erlassenen Verordnungen und Bescheide miterfasst.

Zu Ziffer 3: Hier wird auf gerichtliche Strafen gemäß § 222 StGB Bezug genommen. Analog zu § 39 Abs. 1 letzter Satz TSchG wird in Z 3 festgehalten, dass Entzug auch erfolgt, wenn eine Bestrafung gem. § 222 StGB nur wegen Fehlens der Zurechnungsfähigkeit unterblieben ist, oder der Staatsanwalt aufgrund diversioneller Maßnahmen gem. § 198 StPO von der Strafverfolgung zurückgetreten ist.

Gemäß Abs. 3 kann im Falle eines Entzuges gemäß Abs. 1 Z 1 der Sachkundenachweis nach abermaliger positiver Absolvierung der Schulung mit Prüfung wiedererlangt werden. In Fällen des Entzuges gemäß Abs. 2 Z 1 ist die Wiedererlangung des Sachkundenachweises durch Wiederholung der Schulung mit Prüfung nur einmal möglich.

Zu § 10:

Es wird festgelegt, dass die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Gesundheit, wenn notwendig, unter Bedachtnahme auf die Zielsetzungen des § 2 TSchG sowie den anerkannten Stand der Wissenschaft und Technologie nähere Vorschriften zur Durchführung der im Anhang genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Union durch Verordnung erlassen kann.