2028 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (2000 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 – SRÄG 2012)

Anlässlich der Behandlung des „Stabilitätspaketes 2012“ im Ministerrat vom 6. März 2012 hat die Bundesregierung in Protokollanmerkungen zu den Themen „Einheitliche Begutachtungsstelle“ und „Systemumstellung Invaliditätspension unter 50“ festgehalten, dass

- eine einheitliche Begutachtungsstelle und einheitliche Standards in der Begutachtung von gesundheitlich beeinträchtigten Menschen zu schaffen sind, wobei die Einrichtung dieser einheitlichen Begutachtungsstelle im Einvernehmen zwischen Sozial- und Wirtschaftsressort zu erfolgen hat;

- für Menschen unter 50 Jahren, die unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Entwicklung eine Chance auf Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt haben, Invaliditätspensionen durch Leistungen des Arbeitsmarktservice zu ersetzen sind, um diese wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern.

Um das Ziel der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu erreichen, ist der Leistungskatalog des Arbeitsmarktservice und der Sozialversicherungsträger in Hinblick auf die Gruppe der Unter-50-Jährigen neu zu definieren. Arbeits- und rehabilitationsfähige Menschen soll das Arbeitsmarktservice in Kooperation mit den Sozialversicherungsträgern umfassend rehabilitieren und beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt unterstützen. Soweit das Arbeitsmarktservice Leistungen der Pensionsversicherung übernimmt, sind auch die entsprechenden Mittel von der Pensionsversicherung zum Arbeitsmarktservice zu übertragen.

Mit dem vorliegenden Entwurf soll diese Übereinkunft legistisch umgesetzt werden, und zwar durch folgende Maßnahmen:

             - Einbeziehung der BezieherInnen von Rehabilitationsgeld in die Teilversicherung in der Krankenversicherung und in die Teilversicherung in der Pensionsversicherung;

             - Festschreibung der Erlassung eines Rehabilitationsplanes als Aufgabe des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger und Berücksichtigung dieses Planes bei der Aufstellung einschlägiger Richtlinien;

             - Normierung von Richtlinienkompetenzen des Hauptverbandes zur Festlegung der Grundsätze für die berufskundliche Begutachtung und das Zusammenwirken der Versicherungsträger (mit dem Arbeitsmarktservice) bei der Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen;

             - Schaffung einer Berichtspflicht betreffend die Entwicklung bzw. die Qualität und Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnahmen;

             - Einführung eines Rehabilitationsgeldes im Bereich der Krankenversicherung für vorübergehend invalide (berufsunfähige) Personen samt Case Management und Kostenersatz durch die Pensionsversicherungsträger;

             - Streichung des Rechtsanspruches auf berufliche Rehabilitation für Personen, die am 1. Jänner 2014 das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und diese Leistung künftig vom Arbeitsmarktservice erhalten;

             - Aufnahme der Zeiten des Rehabilitationsgeldbezuges in den Katalog der „neutralen Zeiten“;

             - Schaffung eines Rechtsanspruches auf medizinische Rehabilitation für Personen, deren Pensionsantrag mangels dauernder Invalidität (Berufsunfähigkeit) abgelehnt wurde;

             - Vorliegen von dauernder Invalidität (Berufsunfähigkeit) als Anspruchsvoraussetzung für die Invaliditäts(Berufsunfähigkeits)pension und Knappschaftsvollpension;

             - Anpassung der Voraussetzungen für die Invaliditäts(Berufsunfähigkeits)pension und Knappschaftsvollpension an den Entfall des Rechtsanspruches auf berufliche Rehabilitation in der gesetzlichen Pensionsversicherung;

             - Schaffung der Möglichkeit eines Feststellungsantrages zur Prüfung der Frage, ob Invalidität (Berufsunfähigkeit) mit oder ohne Berufsschutz bzw. ob dauernde Invalidität (Berufsunfähigkeit) vorliegt;

             - Aufhebung der Regelung über die Befristung der Invaliditäts(Berufsunfähigkeits)pension;

             - Übertragung der Regelung über die Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit von beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation auf die Bestimmung im Rahmen der Pflichtaufgaben (§ 303 ASVG);

             - Normierung, dass das Übergangsgeld nur mehr als subsidiäre Leistung gegenüber dem Umschulungs- und Rehabilitationsgeld gebührt;

             - Kostenersatz des Pensionsversicherungsträgers gegenüber dem Arbeitsmarktservice für erbrachte berufliche Maßnahmen der Rehabilitation in bestimmten Fällen;

             - Einrichtung je eines „Kompetenzzentrums Begutachtung“ im Bereich des ASVG sowie im Bereich des GSVG und BSVG;

             - Anordnung, dass vom Antrag auf Invaliditäts(Berufsunfähigkeits)pension auch der Antrag auf Rehabilitationsgeld umfasst ist;

             - Schaffung einer fristungebundenen Zulässigkeit von Neuanträgen auf Invaliditäts(Berufsunfähigkeits)pension bei wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit sowie bei Nichtrealisierbarkeit von beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation;

             - Normierung, dass zur Frage der Zumutbarkeit der beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation dem Pensionsbescheid erforderlichenfalls ein berufskundliches Gutachten zugrunde zu liegen hat, das unter persönlicher Mitwirkung und Anhörung der Betroffenen zu erstellen ist;

             - Statuierung der Pflicht zur Feststellung der Art und Dauer der Invalidität (Berufsunfähigkeit) sowie der Qualifikationsmöglichkeiten im Rahmen der beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen im Bescheid des Pensionsversicherungsträgers, wenn keine dauernde Invalidität (Berufsunfähigkeit) vorliegt;

             - Verpflichtung der Pensionsversicherungsträger zur Übermittlung jener Bescheide, die den Anspruch auf Rehabilitationsgeld auslösen, an die Krankenversicherungsträger;

             - Evaluierung der durch die Einführung des Rehabilitationsgeldes bis zum Jahresende 2015 entstandenen Aufwendungen;

             - Normierung, dass am 31. Dezember 2013 bestehende befristete Invaliditäts(Berufsunfähigkeits)pensionen bis zum Auslaufen der Befristung weiter bezogen werden können.

Darüber hinaus soll mit dem vorliegenden Entwurf die sozialrechtliche Stellung von Personen, die sich der Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes widmen oder gewidmet haben, sowohl im Bereich der Kranken- als auch der Pensionsversicherung verbessert werden.

Ferner sollen eine pensionsrechtliche Empfehlung des Rechnungshofes umgesetzt, einige redaktionelle Berichtigungen vorgenommen, beitragsrechtliche Klarstellungen im Bereich des BSVG getroffen sowie die Sperrfrist für Neuanträge auf Invaliditäts(Berufsunfähigkeits)pension bei Klagsrückziehung um drei Monate verlängert werden.

Schließlich sollen die nationale Langfristprognose zur Entwicklung und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Pensionsversicherung mit der einschlägigen Prognose der Europäischen Union harmonisiert sowie eine Überweisungsregelung für jene Fälle geschaffen werden, in denen ein Pensionsverhältnis beendet wird, das aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis resultiert.

Gesundheitlich beeinträchtigten Personen, die nicht auf einen geeigneten Arbeitsplatz vermittelt werden können, soll die regionale Geschäftsstelle des AMS tunlichst binnen acht Wochen geeignete Schulungs- oder Wiedereingliederungmaßnahmen anbieten.

Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen sollen nach Maßnahmen der medizinischen/beruflichen Rehabilitation und arbeitsmarktpolitischen Interventionen soweit integrationsfähig sein, dass sie in der Lage sind, zumindest eine Teilzeitbeschäftigung (gefördert/ungefördert) wieder aufzunehmen.

Für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt sind die arbeitsmarktpolitischen Interventionsmöglichkeiten auf die individuelle Integrationsfähigkeit der Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen abzustellen.

Die Qualifizierungsmaßnahmen umfassen Umschulungs- und Ausbildungsmaßnahmen, die individuell abgestimmt sind, auf den vorhandenen Arbeitsmarktbedarf abstellen und deren arbeitsmarktpolitischer Erfolg laufend evaluiert und angepasst wird.

Auf dem „zweiten“ Arbeitsmarkt sollen Ansätze forciert werden, die eine stufenweise Reintegration in den „ersten“ Arbeitsmarkt ermöglichen. Niederschwellige Projekte mit einem angst- und barrierefreien Zugang, die Möglichkeit bei mangelnden Arbeitsroutinen diese Fertigkeiten in Sozialökonomischen Betrieben (SÖB) und Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekten (GBP) wieder zu erlangen und letztendlich die Brückenfunktion der gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassung für eine Reintegration in den „ersten“ Arbeitsmarkt sollen für eine stufenweise Reintegration genutzt werden.

Bei einer Integration in den „ersten“ Arbeitsmarkt sollen begleitend entsprechende Maßnahmen der Nach- und Anschlussbetreuung implementiert werden, die eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration unterstützen.

Eine Weiterentwicklung der Kombilohnbeihilfe soll bei Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die nicht in der Lage sind Vollzeit zu arbeiten, deren materielle Existenz sichern.

Gesundheitlich beeinträchtige Personen sollen verstärkt in berufliche Rehabilitation und Beschäftigungsförderung des Arbeitsmarktservice einbezogen werden, dies gilt auch für diejenigen Personen, die kein Umschulungsgeld beziehen.

Im Bundespflegegeldgesetz sollen technische Anpassungen durchgeführt sowie eine besondere Auszahlungsvorschrift für das Pflegegeld bei teilstationärer Unterbringung von pflegebedürftigen Personen verankert werden. Überdies soll eine analoge Regelung zum ASVG betreffend die Ausbildung von Personen, die zur Erstellung von Gutachten in Angelegenheiten des Pflegegeldes herangezogen werden dürfen, in einer Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung aufgenommen werden.

Arbeitnehmer/innen der Feuerwehr sind derzeit nicht vom Geltungsbereich des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG) erfasst, was angesichts der hohen Belastungen, denen diese Beschäftigten im Laufe ihres Arbeitslebens ausgesetzt sind, als nicht gerechtfertigt erscheint.

Arbeitnehmer/innen der Feuerwehr sollen daher in den Geltungsbereich des NSchG aufgenommen werden. Neben diesem zentralen Punkt erfolgen noch legistische Aktualisierungen.

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG („Arbeitsrecht“, „Sozialversicherungswesen“). Im Bereich des Bundespflegegeldgesetzes stützt sich der Entwurf in kompetenzrechtlicher Hinsicht auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG („Pflegegeldwesen“) sowie hinsichtlich § 18 Abs. 1a BPGG auch auf die Kompetenzgrundlage „Zivilrechtswesen“ gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 6 B‑VG.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 20. November 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Franz Riepl die Abgeordneten Karl Öllinger, Herbert Kickl, August Wöginger, Sigisbert Dolinschek, Karl Donabauer, Wolfgang Katzian, Ing. Norbert Hofer, Erwin Spindelberger, Ulrike Königsberger-Ludwig und Johann Hechtl sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. 5 lit. a (§ 117 Z 3 ASVG):

Mit Hilfe des Wortes ‚oder‘ soll der (neue) Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit klar vom Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit abgegrenzt werden.

Zu Art. 5 lit. b, d und f (§§ 253f Abs. 1, 270b Abs. 1 und 276f Abs. 1 ASVG):

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird erreicht, dass auch ungelernten Arbeiter/inne/n und Angestellten ohne Berufsschutz der Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation zukommt.

Zu Art. 5 lit. c, e und g (§§ 255a, 273a und 280a ASVG):

Es soll klargestellt werden, dass der Feststellungsantrag nach § 255a ASVG und den Parallelbestimmungen nur dem Zweck dient, die Durchführbarkeit von medizinischen oder beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation zu prüfen.

Zu Art. 5 lit. h und i (§ 669 Abs. 1 Z 1 und 2 ASVG):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen sollen Zitierungen richtiggestellt werden.

Zu Art. 7 (§ 339 BSVG):

Die Paragraphenbezeichnung der Schlussbestimmung zum BSVG ist auf Grund weiterer, gleichzeitig laufender Novellenvorhaben zu ändern.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger mit Stimmenmehrheit (dafür: S,V dagegen: F,G,B ) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 11 20

                                     Franz Riepl                                                                     Renate Csörgits

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau