2055 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 1705/A der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979) geändert wird

Die Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 19. Oktober 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Im § 109 Abs. 2 BDG 1979 wird die Vorgangsweise bei Belehrungen und Ermahnung von Beamten abgehandelt. Demnach ist von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde abzusehen, wenn nach Ansicht des Dienstvorgesetzten (Anstaltsleiterin/Anstaltsleiter) eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht. Bei einer Belehrung oder Ermahnung handelt es sich um eine Tatsachenentscheidung des Dienstvorgesetzten, welche nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

Die Belehrung oder Ermahnung ist dem Beamten formlos zu erteilen und diesem steht dagegen kein Rechtsmittel zur Verfügung.

Die Ermahnungen und Belehrungen können sich für den einzelnen Beamten negativ auswirken, wenn sie schriftlich festgehalten werden, das Schriftstück dem Personalakt beigelegt wird und dieses später bei allfälligen dienstrechtlichen Maßnahmen (z.B. disziplinäre Verfolgung, Beförderung) im Rahmen des Ermessensspielraums nachteilig berücksichtigt wird.

Besonders bei anstehenden Beförderungen können sich schriftliche Ermahnungen negativ auf die Laufbahn und die Zukunft des Beamten auswirken. Durch die durch den Anstaltsleiter ausgesprochene schriftliche Ermahnung, welche lediglich als Weisung des Dienstvorgesetzten anzusehen ist, und gegen die dem Beamten kein Rechtsmittel zur Verfügung steht, kann der Beamte willkürlich durch den Dienstvorgesetzten an seinem beruflichen Fortkommen behindert werden. Dem Dienstvorgesetzten wird somit die Möglichkeit eröffnet, unliebsame Beamte, durch seine schriftliche Ermahnung für drei Jahre bei der Besetzung von Planstellen auszuschließen und somit andere Beamte zu bevorzugen.

Einer politisch motivierten Planstellen- und Postenbesetzung sind durch das Mittel der schriftlichen Ermahnung ohne Rechtsmittel für den Beamten Tür und Tor geöffnet. Diese Situation ermöglicht eine willkürliche Schlechterstellung von einzelnen Beamten, ohne dass diese sich dagegen wehren können.

Eine Schlechterstellung des Beamten knüpft allein an den Umstand, ob nach Ansicht des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht und dieser von einer Disziplinaranzeige absieht. Während im § 121 Abs. 1 BDG 1979 geregelt ist, dass eine Dienstpflichtverletzung über eine Disziplinarstrafe hinaus zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen führen darf, sehen sich die Beamten nun damit konfrontiert, dass die abgestufte Variante von Disziplinarverfahren, nämlich eine schriftliche Ermahnung oder eine schriftliche Belehrung sehr wohl im Rahmen des Ermessensspielraums etwa bei Beförderungen nachteilig berücksichtigt werden können. Dieser Umstand wirft den Fehler auf, dass das rein subjektive Werturteil des Dienstvorgesetzten, welches sich einer objektiven Überprüfung entzieht, zu einer massiven Schlechterstellung des Beamten etwa im Falle einer Beförderung beitragen kann.

Der § 109 Abs. 2 BDG 1979 hält zwar fest, dass nach Ablauf von drei Jahren ab der Mitteilung an den Beamten die Belehrung oder Ermahnung zu keinen dienstlichen Nachteilen mehr führen darf, wenn der Beamte in diesem Zeitraum keine weitere Dienstpflichtverletzungen begangen hat. Es besteht jedoch keine Pflicht zur physischen Vernichtung der schriftlichen Ermahnung oder schriftlichen Belehrung im Personalakt und haftet somit bis zum Ausscheiden aus dem Bundesdienst am Beamten.

Der derzeitige rechtliche Zustand scheint deshalb besonders hinterfragungswürdig, weil sich durch den Ausschluss eines Rechtmittels gegen die schriftliche Belehrung oder Ermahnung, sowie durch die nicht geregelte physische Herausnahme derselben aus dem Personalakt nach Ablauf von drei Jahren, sich die Bediensteten gegen eine allfällige Willkür durch Vorgesetzte nicht wehren können und einem politisch motivierten Handeln von Einzelpersonen Tür und Tor geöffnet wird.“

 

Der gegenständliche Antrag wurde in der Sitzung des Nationalrates vom 19. Jänner 2012 in Erste Lesung genommen.

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 27. November 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Werner Herbert die Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Dr. Peter Fichtenbauer, Mag. Albert Steinhauser, Ernest Windholz, Mag. Judith Schwentner, Otto Pendl, Christian Lausch, Dr. Walter Rosenkranz und Fritz Neugebauer sowie die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F,B, dagegen: S,V,G).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Otto Pendl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2012 11 27

                                      Otto Pendl                                                                   Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann