2095 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (2002 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Rechnungslegungs-Kontrollgesetz erlassen und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, geändert wird

Die Einrichtung eines Prüfverfahrens für die Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen hat als europarechtliche Grundlage des Gesetzesentwurfs insbesondere die VO 1606/2002/EG („IAS-VO“), die für die konsolidierte Finanzberichterstattung solcher Unternehmen die verpflichtende Anwendung der Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) vorschreibt sowie die CESR-Standards Nr. 1 und 2, die Grundsätze für die Ausgestaltung europäischer Rechnungslegungskontrollsysteme beinhalten.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Rechnungslegungs-Kontrollgesetz:

Das „Bundesgesetz über die Einrichtung eines Prüfverfahrens für die Finanzberichterstattung von Unternehmen, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind (Rechnungslegungs-Kontrollgesetz)“ sieht grundsätzlich die FMA als Prüfstelle für die Rechnungslegung solcher Unternehmen vor (§ 1 Abs. 1). Die FMA hat die Aufgabe, Jahresabschlüsse und Konzernabschlüsse sowie sonstige vorgeschriebene Informationen kapitalmarktorientierter Unternehmen auf ihre Rechtmäßigkeit, Richtigkeit und auf die Einhaltung von Rechnungslegungsstandards hin zu überprüfen (§ 2).

Die FMA hat Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit der Rechnungslegung begründen, bei der für die Verfolgung zuständigen Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Zudem hat sie Tatsachen, die auf das Vorliegen einer Berufspflichtverletzung durch den Wirtschaftsprüfer deuten, an die Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu berichten und solche Tatsachen, die auf die Verletzung börserechtlicher Vorschriften schließen lassen, als Börseaufsichtsbehörde von Amts wegen wahrzunehmen (§ 6). Eine gleich gelagerte Anzeigepflicht gegenüber den für die Verfolgung von Straftaten zuständigen Behörden und gegenüber der Kammer der Wirtschaftstreuhänder besteht für die private Prüfstelle (§ 10 Abs. 3).

Wird eine privatrechtsförmige Prüfstelle eingerichtet, führt grundsätzlich diese die Prüfung der Unternehmensabschlüsse oder –berichte durch.

Die Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Prüfstelle erfolgt auf freiwilliger Basis. Verweigert ein Unternehmen der Prüfstelle den Zutritt, gewährt es ihr keine Akteneinsicht und behindert es auf sonstige Weise die Prüfung, so berichtet die Prüfstelle der FMA darüber (§ 10 Abs. 1 Z 1). Die FMA kann die Prüfung und allenfalls die Veröffentlichung von Rechnungslegungsfehlern mit öffentlich-rechtlichen Mitteln durchsetzen (§ 5 Abs. 2). Die FMA kann sich bei ihrer Prüfung auch der Prüfstelle, externer Wirtschaftsprüfer oder Sachverständiger bedienen (§ 3 Abs. 3).

Kooperiert das zu überprüfende Unternehmen mit der Prüfstelle, so führt diese die Prüfung der Unternehmensabschlüsse oder -berichte durch. Sobald das Ergebnis der Prüfung feststeht, teilt die Prüfstelle das Ergebnis sowohl dem Unternehmen als auch der FMA mit (§ 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Z 2). Wurden bei der Überprüfung der Unternehmensabschlüsse und -berichte Unrichtigkeiten festgestellt, so erhält das Unternehmen Gelegenheit zur Äußerung, ob es mit dem Prüfungsergebnis der Prüfstelle einverstanden ist (§ 9 Abs. 2). Ist dies der Fall, soll die FMA die Veröffentlichung der Berichtigung anordnen.

Weigert sich das betroffene Unternehmen, mit der Prüfstelle zusammenzuarbeiten, oder ist es mit dem Prüfungsergebnis der Prüfstelle nicht einverstanden, wird die FMA tätig. Dies gilt auch, wenn erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Prüfungsergebnisses der Prüfstelle bestehen, oder wenn andere Gründe bestehen, die die FMA dazu veranlassen, die Prüfung selbst durchzuführen (§ 3 Abs. 1). Ergibt die von der FMA durchgeführte Prüfung, dass die Rechnungslegung des überprüften Unternehmens fehlerhaft ist, so verpflichtet die FMA nach Maßgabe des öffentlichen Interesses das Unternehmen mittels Bescheid, die festgestellten Fehler zu veröffentlichen, sofern das Unternehmens nicht berechtigte Interessen gegen eine Veröffentlichung ins Treffen führt (§ 5 Abs. 2).

Das überprüfte Unternehmen hat die Möglichkeit, gegen solche Bescheide der FMA Beschwerde an den Verfassungs- oder den Verwaltungsgerichtshof zu richten (vgl. § 22 Abs. 2 FMABG, nach dem eine Berufung gegen Bescheide der FMA, ausgenommen im Verwaltungsstrafverfahren, nicht zulässig ist).

Die Kosten der Prüfstelle (einschließlich der Kosten für konkrete Prüfungen) werden großteils durch die kapitalmarktorientierten Unternehmen selbst einerseits durch einen Fixbetrag, andererseits durch einen ihrer Börsekapitalisierung entsprechenden Betrag finanziert. Ein jährlicher Fixbetrag ist auch durch die Mitglieder der Prüfstelle aufzubringen (§ 12).

Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz:

Die Finanzierung der FMA erfolgt gemäß der Kostentragungsregel in § 19 FMABG, wobei hiervon auch die Kosten für geeignete dritte Personen erfasst werden, derer sich die FMA bei ihrer Prüftätigkeit bedient (§ 2 Abs. 3 FMABG). Die Kosten des Verfahrens sind dabei dem Rechnungskreis 3 (Wertpapieraufsicht) zuzuordnen, werden sich jedoch im 2stufigen Verfahren eher geringfügig auswirken.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. November 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Christine Lapp die Abgeordneten Elmar Podgorschek, Dr. Ruperta Lichtenecker, Ing. Peter Westenthaler und Kai Jan Krainer sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„ Zu § 6 Abs. 1:

Gemäß § 78 Abs. 2 StPO besteht keine unbedingte Anzeigepflicht von Behörden. Die Änderung stellt klar, dass die FMA anhängige Prüfverfahren (auf Ebene der Prüfstelle oder bei eigenen Prüfverfahren) nicht durch Strafanzeige unterbrechen muss und dass die ordnungsgemäße Fehlerveröffentlichung für Zwecke des Absehens von der Anzeige als schadensbereinigendes Ereignis gemäß § 78 Abs. 2 Z 2 StPO betrachtet werden kann. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass keine gravierenden Schäden zu befürchten sind.

Zu § 10 Abs. 3:

Die Prüfstelle ist keine Behörde, sie führt kein hoheitliches Verfahren durch und die Zusammenarbeit der geprüften Unternehmen mit der Prüfstelle erfolgt auf freiwilliger Basis. Es erscheint daher nicht angemessen oder sachlich geboten, für die Prüfstelle eine Anzeigepflicht zu konstruieren, die der für Behörden allgemein geltenden Anzeigepflicht gemäß § 78 StPO entspricht (bzw. sogar noch strenger ist als § 78 StPO), wie dies die Regierungsvorlage vorsieht. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass im Rahmen der Prüftätigkeit der Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit der Rechnungslegung aufkommt. In diesen Fällen erscheint es angemessen, darüber die FMA zu informieren, die beurteilen kann, ob sie ihrerseits gemäß § 78 Abs. 1 StPO vorgeht oder gemäß § 78 Abs. 2 StPO, allenfalls in Verbindung mit § 6 Abs. 2 in der Fassung des Abänderungsantrags von der Anzeige absieht. Da die Regierungsvorlage für die Anzeigepflicht der Prüfstelle keinen dem § 78 Abs. 2 StPO entsprechenden Ermessensspielraum vorsieht, wäre die Regelung sogar deutlich strenger als die für Behörden geltende; dies ist sachlich nicht gerechtfertigt.

Schließlich soll die Einrichtung eines Prüfverfahrens die Richtigkeit der Finanzberichterstattung fördern und damit zur Stärkung des Vertrauens in den Kapitalmarkt beitragen. Dieser Zielsetzung würde nicht entsprochen, wenn durch eine direkte Strafanzeigepflicht bereits auf Ebene der Prüfstelle der Eindruck erweckt würde, dass Fehler im Sinne objektiver Unrichtigkeiten automatisch mit strafbarem Verhalten gleichzusetzen wären. “

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einstimmig beschlossen.

Ferner beschloss der Finanzausschuss einstimmig folgende Feststellungen:

Der Finanzausschuss geht davon aus, dass die in § 271a UGB für Abschlussprüfer genannten Ausschlussgründe, soweit sinngemäß auf die Prüftätigkeit gemäß dem RLKG übertragbar, gemäß dem ersten Satz von § 8 Abs. 3 RLKG jedenfalls von der Befangenheitsregel und somit vom Mitwirkungsverbot an Prüfungen erfasst sind.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 11 29

                             Mag. Christine Lapp                                                 Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann