Vorblatt

Problem:

Das Regierungsprogramm und die Entschließung des Nationalrats vom 20. Oktober 2011 (206/E XXIV. GP) schlagen eine einheitliche Untersuchung durch ärztliche Sachverständige bei der Ausstellung des Ausweises für dauernd stark gehbehinderte Personen gemäß § 29b StVO bzw. des Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit“ vor.

Zusätzlich besteht Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Rahmenbedingungen für den Radverkehr und es wurde eine Reihe redaktioneller Anpassungen vorgenommen.

Ziel:

Durch die Änderung des Berechtigtenkreises in § 29b StVO entfällt das Kriterium der dauernd starken Gehbehinderung. Bei gleichzeitigem Verweis auf die Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen wird der Kreis der Anspruchsberechtigten vereinheitlicht und parallele Untersuchungen entfallen.

Weiters soll durch Anpassung der StVO an geänderte Rahmenbedingungen eine Förderung des Radverkehrs bzw. eine Gleichstellung verschiedener Verkehrsteilnehmer (Stichwort Begegnungszone) erreicht werden.

Inhalt/Problemlösung:

Diverse Umgestaltungen hinsichtlich der Bestimmungen über den Gehbehindertenausweis, Verankerung eines Verbots des Telefonierens während des Radfahrens sowie Schaffung einer Fahrradstraße, einer Begegnungszone sowie von nicht benützungspflichtigen Radwegen

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

- Finanzielle Auswirkungen:

Bei den Bezirksverwaltungsbehörden entfällt die Durchführung des Verfahrens für die Erteilung eines Parkausweises für dauernd stark gehbehinderte Personen; das bedeutet daher, dass damit eine Verwaltungsvereinfachung und Kostenersparnis verbunden ist.

Bei einer Zugrundelegung von 10743 beantragten Ausweisen jährlich (für das Jahr 2008 im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage eruierte Gesamtzahl) ergeben sich für ein Verfahren bei einem Zeitaufwand von 15 Minuten in administrativer Sicht für eine/n Bediensteten im Fachdienst (Verwendungsgruppe C) sowie bei einem zusätzlichen Zeitaufwand von 30 Minuten für eine/n Bedienstete/n im Höheren Dienst (Verwendungsgruppe A – für die amtsärztliche Untersuchung) Kosten von 52,40 €. In Summe bedeutet dies eine jährliche Gesamtersparnis von 562933 €.

Die bei den Bundessozialämtern zusätzlich anfallenden Kosten sind bei der entsprechenden Verordnungsänderung durch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gesondert auszuweisen.

Die übrigen Änderungen werden keine finanziellen Auswirkungen haben. Zwar werden neue Verkehrszeichen geschaffen, deren Verwendung ist jedoch nicht schlechthin obligatorisch, sondern sie kommen nur zum Einsatz, wenn überhaupt eine Verordnung erlassen wird, deren Inhalt sie kundmachen sollen.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Keine.

- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmer:

Es sind keine Verwaltungskosten für Bürger/innen vorgesehen. Die Verwaltungskosten für Unternehmen (zu Z 4) liegen mit gerundet 3000 € im Jahr deutlich unter der Bagatellgrenze (siehe Berechnung in Anlage 1).

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Die neuen Möglichkeiten, die die Fahrradstraße und die Begegnungszone bieten, werden zweifellos zu einer Attraktivierung des Fahrradverkehrs führen, was in umweltpolitischer Hinsicht jedenfalls positiv zu sehen ist; die Begegnungszonen, deren Schwerpunkt auf einem von der Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer geprägten Mischverkehr liegt, sollten darüber hinaus auch für Fußgänger ein attraktives Verkehrsumfeld schaffen. Jede Maßnahme, die zu einer Zunahme des Radverkehrs führt, ist im Hinblick auf den Klimaschutz als förderlich zu betrachten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen, die die Schaffung neuer Verkehrsflächen für den Radverkehr ermöglichen, können hinsichtlich ihrer Auswirkungen zwar nicht quantifiziert werden, stellen aber jedenfalls einen positiven Beitrag zum Klimaschutz dar.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Für Menschen mit Behinderungen bedeutet die Vereinheitlichung des Berechtigtenkreises für den Behindertenpass und den Parkausweis eine deutliche Vereinfachung im Antragsverfahren, da dieses nur mehr von einer Behörde (Bundessozialamt) durchgeführt wird.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten im Normerzeugungsverfahren:

Zweidrittelmehrheit im Nationalrat im Hinblick auf die in Z 8, 41 und 43 vorgesehenen Verfassungsbestimmungen und Zustimmung des Bundesrates mit Zweidrittelmehrheit gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG.

Kompetenzgrundlage:

Der Gesetzentwurf stützt sich in kompetenzrechtlicher Hinsicht auf Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG („Stra­ßenpolizei“).


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Durch die Änderung des Berechtigtenkreises in § 29b StVO entfällt das Kriterium der dauernd starken Gehbehinderung. Bei gleichzeitigem Verweis auf die Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen wird der Kreis der Anspruchsberechtigten vereinheitlicht und parallele Untersuchungen entfallen.

Bisher konnten zwei parallel berechtigte Personenkreise mit zwar ähnlichen aber nicht identen Anspruchsberechtigungen den Parkausweis bzw. den Behindertenpass beantragen. Dies führte für die Betroffenen mitunter zum unerwarteten Ergebnis, dass nur ein Ausweis erteilt wurde. Der Vorteil dieser Änderung liegt darin, dass nunmehr ein einheitlicher Zugang zu beiden Berechtigungen gewährt wird.

Weiters enthält die Novelle Bestimmungen, die es ermöglichen, neue Verkehrsflächen für Radfahrer zu schaffen. Je nachdem, in welchem Ausmaß seitens der Behörden von diesen neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird, werden diese Änderungen deutlich zu einer Förderung des Radverkehrs beitragen.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 1 Z 2a):

Im Hinblick auf den neu geschaffenen § 76c wird eine Definition der „Begegnungszone“ eingefügt. Die Bezeichnung „Begegnungszone“ ist am Besten geeignet, den Charakter des Verkehrsberuhigungsinstrumentes zu beschreiben, da die Begegnung der verschiedenen Verkehrsteilnehmer auf gleicher rechtlicher Ebene als Grundidee des Konzeptes anzusehen ist. Im Übrigen ist die Namensgleichheit mit dem Schweizer Modell der Begegnungszone von Vorteil, da sich die beiden Regelungsformen in wesentlichen Aspekten überschneiden.

Zu Z 2 (§ 8b Abs. 1):

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an die in § 53 neu eingefügten Z 9e und 9f.

Zu Z 3 (§ 23 Abs. 2a):

Wie in Wohnstraßen soll auch in Begegnungszonen das Parken nur an gekennzeichneten Stellen erlaubt sein.

Zu Z 4 (§ 24 Abs. 5c).

Entsprechend einem Anliegen des Österreichischen Hebammengremiums wurde die vorgeschlagene Parkerleichterung aufgenommen. Allerdings war zu berücksichtigen, dass derartige Ausnahmen auf Fälle beschränkt bleiben sollten, in denen es im Interesse der Schwangeren liegt, dass die Hebamme ohne zeitliche Verzögerungen zu ihr gelangen kann. Folgerichtig wurde die Ausnahme auf den Fall der Geburtshilfe beschränkt, eine vor- oder nachgeburtliche Betreuung der Schwangeren bzw. Wöchnerin rechtfertigt nicht die Inanspruchnahme der Ausnahme.

Zu Z 5 (§ 26a Abs. 1):

Gemäß der mit Art. 30 des 2. Stabilitätsgesetzes 2012 (2. StabG 2012), BGBl. I Nr. 35, erfolgten Änderung des Waffengesetzes 1996 wird der derzeit im BMI/S II beim Bundeskriminalamt angesiedelte Entminungsdienst (im Folgenden kurz EMD) mit Wirkung vom 1. Jänner 2013 in den Vollzugsbereich des BMLVS übergeführt. Dem EMD kommt gemäß § 42 Abs. 5 des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl. I Nr. 12/1997 idF BGBl. I Nr. 35/2012, die Aufgabe der Sicherung, des Transports, der Verwahrung und der allfälligen Vernichtung von aufgefundenem Kriegsmaterial zu.

Die Fahrzeuge des EMD sind derzeit als Fahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu qualifizieren, womit die Sonderrechte gemäß § 26a Abs. 1 StVO 1960 gegeben sind. Für den EMD ändern sich mit 1. 1. 2013 ausschließlich die organisatorische Zugehörigkeit, nicht aber die Aufgabenlage und die Verfahren zur Erfüllung dieser Aufgaben. Deshalb ist es notwendig, dass die bestehenden, für die konkrete Dienstverrichtung notwendigen, Sonderrechte erhalten bleiben.

Nach dem Auffinden von Kriegsmaterial in kleinerem Umfang wie etwa einzelnen Granaten ist es zur Panikvermeidung empfohlen, den letzten Teil des Anfahrtswegs in der unmittelbaren Nähe des Fundortes nicht als Einsatzfahrt durchzuführen; trotzdem ist es auch in solchen Fällen unabdingbar, dass dabei eine Ausnahme von Fahrverboten sowie Halte- und Parkverboten gegeben ist. Die Ausnahme von Halte- und Parkverboten ist auch notwendig, um ein Fahrzeug des EMD während der Sicherung von aufgefundenem Kriegsmaterial in Halte- und Parkverbotszonen abstellen zu können, ohne durchgehend das Blaulicht eingeschaltet zu lassen. Dabei tritt neben die Panikvermeidung auch die Vermeidung von Reizüberflutung bei anderen Verkehrsteilnehmern durch ein abgestelltes Einsatzfahrzeug, das in diesem Zeitpunkt jedoch keinerlei Bedeutung für den vorbei fließenden Verkehr hat.

Zu Z 6 (§ 29b Überschrift), Z 7 (§ 29b Abs. 1), Z 8 (§ 29b Abs. 1a), Z 9 (§ 29b Abs. 6), Z 11 (§ 43 Abs. 1 lit. d) und Z 30 (§ 94b Abs. 2 lit. a):

Das Kriterium der dauernd starken Gehbehinderung entfällt. Gleichzeitig wird auf die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit“ im Behindertenpass verwiesen, die nunmehr Kriterium für die Ausstellung des Parkausweises ist.

Der Parkausweis wird beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen beantragt und als Anlage zum Behindertenpass ausgestellt. Da die Ausstellung des Parkausweises inhaltlich als straßenpolizeiliche Tätigkeit zu qualifizieren ist, ist die Bestimmung als Verfassungsbestimmung zu beschließen. Die Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen ist zu adaptieren.

Die Bestimmung des Abs. 5 wird formell an die Neuregelung angepasst, bleibt inhaltlich aber unverändert.

Die Übergangsbestimmungen in Abs. 6 sehen vor, dass Parkausweise, die seit dem 1. Jänner 2001 ausgestellt wurden, weiterhin gültig bleiben. Davor ausgestellte Parkausweise, das sind jene, die noch nicht den EU-Vorgaben entsprechen, verlieren mit 31. Dezember 2015 ihre Gültigkeit. Dies entspricht einer Forderung der Behörden und der Behindertenorganisationen, um allfälligen Missbrauch mit alten Ausweisen zu verhindern.

Die Gehbehindertenausweisverordnung (BGBl. II Nr. 252/2000) wird mit Inkrafttreten dieser Bestimmungen obsolet und ist daher aufzuheben.

Gleichzeitig sind formelle Änderungen (Z 11 und 24) erforderlich.

Zu Z 10 (§ 42 Abs. 3):

Der Ausnahmekatalog wird um Fahrten zur Behebung von Kanalgebrechen sowie um humanitäre Hilfstransporte erweitert. Insbesondere Letztere werden oft mit Hilfe freiwilliger Helfer durchgeführt, die sich in ihrer Freizeit zur Verfügung stellen; das hat zur Folge, dass diese Transporte nur am Wochenende durchgeführt werden können, wobei angesichts des Zwecks dieser Fahrten eine gesetzliche Ausnahme (gegenüber der Alternative, für jede dieser Fahrten um eine Ausnahmebewilligung anzusuchen) gerechtfertigt erscheint.

Zu Z 12 (§ 43 Abs. 1a), Z 13 (§ 44 Abs. 4), Z 14 (§ 44b Abs. 3 und § 98 Abs. 1), Z 26 (§ 89a Abs. 5 erster Satz), Z 27 (§ 89a Abs. 5 zweiter Satz), Z 32 (§ 99 Abs. 1 bis 4), Z 35 (§ 100 Abs. 1 erster Satz erster Halbsatz und zweiter Satz), Z 36 (§ 100 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz), Z 37 (§ 100 Abs. 6), Z 39 (§ 101 Abs. 1) und Z 39 (§ 101 Abs. 3):

Hier werden Anpassungen der Zitierungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes und des Verwaltungsstrafgesetzes im Hinblick auf die im Jahr 1991 erfolgte Wiederverlautbarung dieser Bundesgesetze und Ersetzungen des Begriffes „Arrest“ durch den (seit der VStG-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516/1987) in § 11 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 bzw. 1991 verwendeten Begriff „Freiheitsstrafe“ vorgenommen.

Zu Z 15 (§ 48 Abs. 5):

In den letzten Jahren steigt der Einsatz beleuchteter Verkehrszeichen – insbesondere bei elektronischen Anzeigevorrichtungen – zusehends an. Bei dieser Art von Verkehrszeichen gilt es, insbesondere in der Nacht jegliche Blendung so weit wie möglich zu vermeiden; gleichzeitig sollten sie vor Verschmutzung durch salzhaltige Sprühnebel u.ä. geschützt werden. Beides ist durch eine Anbringung in größerer Höhe als die grundsätzlich vorgesehenen 5,50 m zu erreichen. Negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit sind dabei nicht zu befürchten, weil beleuchtete Verkehrszeichen auf größere Entfernung erkennbar und auch sichtbar sind, ohne dass sie vom Scheinwerferkegel eines Fahrzeuges erfasst und angestrahlt werden.

Zu Z 16 (§ 53 Abs. 1 Z 9e, 9f und 9g):

Die Einführung der Begegnungszone erfordert die Festlegung eines entsprechenden Hinweiszeichens. Aus systematischen Überlegungen wird das Verkehrszeichen unmittelbar nach den Hinweiszeichen für die Verkehrsberuhigungsinstrumente der Fußgängerzone und der Wohnstraße in die Auflistung des § 53 eingefügt. Das Verkehrszeichen ist jedenfalls als Hinweiszeichen für die Begegnungszone geeignet, da deren wichtigster Aspekt – die gemischte Nutzung der Straße durch alle Verkehrsteilnehmer – schon in der schematischen Darstellung der verschiedenen Nutzungsarten zum Ausdruck kommt. Die in der Begegnungszone ex lege geltende Geschwindigkeitsbeschränkung ist ebenfalls auf dem Verkehrszeichen ersichtlich, wodurch diese bedeutende Einschränkung des Fahrzeugverkehrs zusätzlich hervorgehoben wird.

Zu Z 17 (§ 53 Abs. 1 Z 26 bis 29):

Die Z 26 enthält ein neues Verkehrszeichen, das den Anfang einer Fahrradstraße anzeigt (zur Fahrradstraße s. die Erläuterungen zu Z 13).

Mit den Z 27 bis 29 wird einer langjährigen Forderung nach einer Modifizierung der grundsätzlichen Benützungspflicht von Radwegen bzw. Geh- und Radwegen durch Radfahrer Rechnung getragen. Während eine grundsätzliche Aufhebung der Benützungspflicht nicht adäquat erscheint (und auch zwingend zu einem Austausch sämtlicher einschlägiger Verkehrszeichen und damit zu hohen Kosten führen würde), ist die Schaffung der Möglichkeit, einen nicht benützungspflichtigen Radweg festzulegen, durchaus sinnvoll. Es musste hierfür allerdings ein neues Verkehrszeichen geschaffen werden, denn das Zeichen „Radweg“ bzw. „Geh- und Radweg“ hat eine durch das Wiener Übereinkommen über Straßenverkehrszeichen festgelegte, international einheitliche Bedeutung und weist immer auf einen Weg hin, der von den Radfahrern zwingend benützt werden muss.

In der Z 29 schließlich wird das Zeichen für das Ende einer Fahrradstraße sowie eines nicht benützungspflichtigen Radwegs bzw. Geh- und Radwegs festgelegt.

Zu Z 18 (§ 67):

Mit dieser Bestimmung wird nach dem Vorbild der deutschen Straßenverkehrsordnung die Fahrradstraße eingeführt; diese wird es – ähnlich einer Busstraße oder Busspur – in Zukunft ermöglichen, auch eine ganze Straße dem Fahrradverkehr vorzubehalten. Neben den positiven Auswirkungen auf den Verkehr kann eine Fahrradstraße auch angelegt werden, wenn dies entsprechend den lokalen Rahmenbedingungen im öffentlichen Interesse liegt; bei dieser Beurteilung wird insbesondere zu prüfen sein, ob die Qualität des Zusammenlebens der örtlichen Gemeinschaft positiv beeinflusst wird. Aus praktischen Gründen erscheint es erforderlich, in beschränktem Ausmaß auch anderen Fahrzeugverkehr zuzulassen; dies betrifft insb. Fahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes, aber z. B. auch Fahrzeuge der Müllabfuhr oder von Gebrechensdiensten. Darüber hinaus hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, weitere Verkehre zuzulassen, wenn die lokalen Gegebenheiten dies erfordern. Zur Vermeidung von Konflikten zwischen Radfahrern und anderen Fahrzeugverkehren gilt generell eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h sowie ein besonderes Rücksichtnahmegebot gegenüber Radfahrern.

Zu Z 19 (§ 68 Abs. 1a), Z 20 (§ 68 Abs. 2) und Z 21 (§ 68 Abs. 3 lit. d und e):

Mit dem neuen Abs. 1a wird zunächst der Einführung der nicht benützungspflichtigen Radwege bzw. Geh- und Radwege Rechnung getragen. Wird in Zukunft ein Radweg oder Geh- und Radweg geschaffen, so hat die Behörde die Möglichkeit festzulegen, dass keine Benützungspflicht im Sinne des Abs. 1 besteht; dabei ist zu prüfen, ob diese Maßnahme dem Radverkehr förderlich ist und die konkrete Verkehrssituation dies unter dem Blickpunkt der allgemeinen Verkehrssicherheit, aber auch der Leichtigkeit und Flüssigkeit des sonstigen Verkehrs zulässt. Ist einer der Aspekte zu verneinen, so ist nur eine benützungspflichtige Radfahranlage möglich. Hinsichtlich bestehender Anlagen hat die Behörde die Möglichkeit, zu prüfen, ob eine Aufhebung der Benützungspflicht in Frage kommt; gegebenenfalls ist die Beschilderung entsprechend zu ändern.

In Abs. 2 wird eine redaktionelle Anpassung an die neu geschaffenen Institute der Fahrradstraße und der Begegnungszone vorgenommen.

Die neue lit. e in Abs. 3 gleicht die Rechtslage im Hinblick auf das Telefonieren während des Fahrens an die bereits für Lenker von Kraftfahrzeugen geltenden Bestimmungen an. Ablenkung und gefährliche Fahrmanöver insb. beim Abbiegen – etwa der Verzicht auf Zeichengebung, weil eine Hand für das Lenken benötigt wird, während die andere durch das Telefon „besetzt“ ist – sollen unterbunden werden.

Zu Z 22 (§ 76c):

Die Einführung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, wie z. B. die Statuierung einer Wohnstraße oder einer Fußgängerzone, scheiterte in der Vergangenheit oftmals an den widerstreitenden Interessen der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer und an der mangelnden Kompromissgeneigtheit der zur Verfügung stehenden Instrumente.

So ermöglicht etwa eine Fußgängerzone die Nutzung der gesamten Straßenfläche für Fußgänger und Fußgängerinnen, schließt den Fahrzeugverkehr aber vollständig aus, sodass die Erreichbarkeit von Unternehmen, privaten Abstellflächen und Wohnungen nicht mehr voll gegeben ist. Auch die Wohnstraße erlaubt die Nutzung der Fahrbahn durch Fußgänger und Fußgängerinnen. Die Verordnung einer Wohnstraße führt aber dazu, dass die betreffende Straße für die Durchfahrt „verloren geht“, sodass vorhandener Verkehr schlicht auf andere Straßen in der Umgegend verlagert wird. Die Erlaubnis des Spielens auf der Fahrbahn trifft weiters oft auf Sicherheitsbedenken und verhindert so die Verordnung einer Wohnstraße.

Dementsprechend ist die Festsetzung einer Fußgängerzone bzw. einer Wohnstraße oftmals nicht möglich. Auf der anderen Seite des Spektrums steht die Verordnung einer 30 km/h – Zone oder anderer Geschwindigkeitsbeschränkungen, die zwar eine Verlangsamung des Fahrzeugverkehrs bewirken, die klassische Trennung der Verkehrsflächen aber beibehalten.

Die Begegnungszone schließt die bestehende Lücke zwischen den Fahrzeugverkehr stark einschränkenden Instrumenten, wie der Fußgängerzone und der Wohnstraße, und bloßen Geschwindigkeitsbeschränkungen. In der Begegnungszone ist es Fußgängern und Fußgängerinnen erlaubt, die Fahrbahn zu benützen, sodass die gesamte Straße als Ort der Begegnung etabliert wird. Die vorgesehene gemischte Nutzung der gesamten Straßenfläche ist nur möglich, wenn alle Verkehrsteilnehmer in erhöhtem Maße Rücksicht aufeinander nehmen. Dementsprechend werden gegenseitige Gefährdungs- und Behinderungsverbote festgelegt.

In der Begegnungszone gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h. Eine solche Beschränkung der Geschwindigkeit des Fahrzeugverkehrs ist aus Gründen der Verkehrssicherheit grundsätzlich erforderlich; lediglich wenn es im Einzelfall hilft, den Verkehr leichter und flüssiger zu machen ohne dabei die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen, darf diese Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h erhöht werden. Grundgedanke der Begegnungszone ist die gemeinsame und durchmischte Nutzung der Verkehrsfläche auf der Basis gegenseitiger Rücksichtnahme. Diese Nutzungsform setzt einen außergewöhnlichen Grad der Interaktion zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern voraus. Nur wenn eine solche Interaktion – beispielsweise durch die Herstellung von Augenkontakt oder die Beobachtung des Mobilitätsverhaltens anderer – stattfindet, können Lenker bzw. Lenkerinnen von Fahrzeugen die Bedürfnisse von Fußgängern und Fußgängerinnen überhaupt registrieren und in weiterer Folge darauf Rücksicht nehmen. Natürlich ist die erforderliche Kontaktaufnahme nur möglich, wenn kein allzu großer Unterschied zwischen den Geschwindigkeiten der beteiligten Nutzergruppen besteht. Die Festsetzung der Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h zwingt Fahrzeuglenker, ihre Geschwindigkeit an jene der anderen Verkehrsteilnehmer anzunähern, sodass der dargestellte Interaktionsprozess stattfinden kann. Der Fahrzeugverkehr in der Begegnungszone unterliegt ex lege ansonsten keinen besonderen Beschränkungen. Allfällig erwünschte weitere Ge- oder Verbote sind den allgemeinen Regeln der StVO 1960 entsprechend separat zu verordnen und kundzumachen.

Die Verpflichtung der Fahrzeuglenker und -lenkerinnen, von ortsgebundenen Gegenständen oder Einrichtungen einen der Verkehrssicherheit angepassten Abstand einzuhalten, entspricht der gleichlautenden in Wohnstraßen geltenden Verpflichtung des § 76b Abs. 3.

Mit der Anbringung von Schwellen, Rillen, Bordsteinen und dergleichen sowie von horizontalen baulichen Einrichtungen kann ein Umfeld geschaffen werden, das die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zusätzlich fördert; dementsprechend wird in Abs. 4 diese Möglichkeit ausdrücklich eingeräumt.

Zu Z 23 (§ 83 Abs. 2), Z 24 (§ 88a Abs. 1 Z 2), Z 25 (§ 88a Abs. 3) und Z 29 (§ 92 Abs. 2):

Es handelt sich um redaktionelle Anpassungen an die neue Begegnungszone. Diese wurde jeweils in die betroffenen Bestimmungen aufgenommen, weil die Sach- bzw. Interessenslage jeweils derjenigen in Wohnstraßen und Fußgängerzonen entspricht.

Zu Z 28 (§ 90 Abs. 4):

Immer wieder verzögert sich die Entscheidung über die Erteilung einer Bewilligung für Arbeiten auf oder neben der Straße, weil bei Einreichung des Antrags wichtige Unterlagen nicht vorgelegt werden. Durch die neue Bestimmung soll deutlich gemacht werden, dass es dem Antragsteller obliegt, von sich aus zugleich mit dem Antrag auch die notwendigen Unterlagen vorzulegen, damit ohne unnötige Verzögerungen über den Antrag entschieden werden kann. Dies ist in beiderseitigem Interesse.

Zu Z 31 (§ 94d Z 8b und 8c):

Die Verordnung von Fahrradstraßen und Begegnungszonen entspricht den Bestimmungen über Fußgängerzonen und Wohnstraßen und ist jedenfalls als Maßnahme anzusehen, die spezifisch eine Gemeinde betrifft bzw. auf deren örtliche Gegebenheiten abstellt. Sie gilt somit als Angelegenheit, die von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen ist.

Zu Z 33 (§ 99 Abs. 3 lit. c) und Z 34 (§ 99 Abs. 4a):

In § 99 Abs. 3 lit. c wurde den neu geschaffenen Ausnahmen für Hebammen in § 24 Abs. 5c Rechnung getragen und außerdem die bisher fehlende Anpassung an die bereits vor vielen Jahren geschaffenen Ausnahmen für mobile Hauskrankenpflege sowie Feuerwehrkommandanten in § 24 Abs. 5a und 5b vorgenommen. Mit dem neuen Abs. 4a wurde eine dem § 1 Abs.  KFG entsprechende Strafbestimmung für das neu eingeführte Verbot des Telefonierens während des Radfahrens aufgenommen.

Zu Z 40 (§ 103 Abs. 12 und 13) und Z 41 (§ 103 Abs. 14):

Hier wird als Inkrafttretensdatum der Novelle der 31.3.2013 festgelegt. Hnsichtlich der Änderungen in Bezug auf Personen mit Behinderung (§ 29b) wird der 1. Jänner 2014 als Inkrafttretensdatum festgelegt, um ausreichend Zeit für die erforderlichen Umstellungen beim Bundessozialamt und für die Erlassung der flankierenden Maßnahmen (Änderung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. Nr. 86/1991) zu schaffen.

Zu Z 42 (§ 105 Abs. 3) und Z 43 (§ 105 Abs. 5):

Entsprechend der Kompetenzverteilung und dem BMG werden entsprechende Vollzugsklauseln eingefügt bzw. die bestehenden i.S. der Novelle adaptiert.


Anlage 1: Darstellung der Verwaltungskosten für Unternehmen

Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung geändert wird

Art der Änderung

Novelle

Ressort

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

Berechnungs­datum

8. November 2012

Anzahl geänderter/neuer Informations­verpflichtungen

1

BELASTUNG GESAMT (gerundet auf 1.000er)

3.000

 

IVP 1 – BEANTRAGUNG EINER TAFEL MIT BERUFSBEZEICHUNG

Art

neue IVP

Kurzbeschreibung

Hebammen können, wenn sie von den Begünstigungen beim Halten und Parken Gebrauch machen wollen, bei ihrer Berufsvertretung eine Tafel mit Berufsbezeichnung beantragen

Ursprung:

NAT

Fundstelle

§ 24 Abs. 5c StVO

BELASTUNG (gerundet auf 1.000er)

3.000


BERECHNUNG LAUT SKM-METHODE FÜR INFORMATIONSVERPFLICHTUNG 1

Hebammen

Fallzahl

300

Quellenangabe

Bundesgremium der Hebammen

 

Verwaltungstätigkeit 1

Ausfüllen oder Eingabe von Anträgen, Meldungen, Nachweisen, Ansuchen oder Berichten bzw. Inspektion

Zeitaufwand

Erhöhung

Stunden

 

Minuten

15

Gehaltsgruppe

Handwerks- und verwandte Berufe

Stundensatz

34,00

 

Gesamtkosten pro Fall

(gerundet auf eine Kommastelle)

8,50

Verwaltungskosten

(ganzzahlig gerundet)

2.550

Sowieso-Kosten (%)

0

VERWALTUNGSLASTEN

(ganzzahlig gerundet)

2.550