Vorblatt

Problem:

Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und der Republik Chile werden gegenwärtig noch durch kein Abkommen zur Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geschützt.

Ziel:

Durch das Abkommen soll die auf Grund der Überschneidung der nationalen Steuerrechte Österreichs und Chiles bewirkte Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen beseitigt und ein Informationsaustausch nach dem neuen OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft ermöglicht werden.

Inhalt/Problemlösung:

Das neue Doppelbesteuerungsabkommen orientiert sich inhaltlich an Grundsätzen, die vom Fiskalausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet wurden und mittlerweile internationale Anerkennung gefunden haben. Daneben haben aber – auf Wunsch Chiles – auch einige Bestimmungen aus dem Musterabkommen der Vereinten Nationen zwischen entwickelten Ländern und Entwicklungsländern Eingang gefunden.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Negative finanzielle Auswirkungen des Abkommens auf den Bundeshaushalt sowie auf andere Gebietskörperschaften sind nicht zu erwarten. Das Abkommen hat keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch das Abkommen wird einerseits die Attraktivität Österreichs als Zielland für Investitionen von Auslandsunternehmen erhöht, weil Auslandsunternehmen, die Österreich als Stützpunkt für ihre internationalen Geschäftsbeziehungen wählen, durch jedes neue Abkommen eine Erweiterung ihres internationalen Betätigungsfeldes erlangen. Andererseits werden hierdurch aber auch von österreichischen Unternehmen in Chile geplante Investitionen ermöglicht.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben, da die Mitgliedstaaten weiterhin grundsätzlich zum Abschluss solcher Abkommen zuständig sind. Ein den Gegenstand des Abkommens abdeckendes Übereinkommen der EU besteht nicht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Mit Chile besteht derzeit keine Regelung zur Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu diesem Staat erfordert den Abschluss eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Es soll damit auch der Standort Österreich für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu diesem Staat gestärkt werden.

Zudem soll durch das Abkommen ein Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten ermöglicht werden, der dem OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft entspricht.

Das Abkommen folgt in größtmöglichem Umfang, d.h. soweit dies mit den wesentlichen außensteuerlichen Positionen der beiden Staaten vereinbar ist, den Regeln des OECD-Musterabkommens. Daneben haben aber auch – auf Wunsch Chiles – einige Bestimmungen des Musterabkommens der Vereinten Nationen zwischen entwickelten Ländern und Entwicklungsländern Eingang in das Abkommen gefunden.

Mit dem Inkrafttreten des Abkommens werden im Wesentlichen keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.


Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Das Abkommen ist ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit auf natürliche und juristische Personen anzuwenden, die in einem der beiden Staaten gemäß Art. 4 ansässig sind.

Zu Art. 2:

In sachlicher Hinsicht gilt das Abkommen für die in beiden Vertragsstaaten in Geltung stehenden oder künftig erhobenen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Zu Art. 3:

Dieser Artikel enthält die in Doppelbesteuerungsabkommen üblichen OECD-konformen Begriffsumschreibungen. Abweichend davon wird in Abs. 1 lit. e bei der Definition des „internationalen Verkehrs“ auf den Ansässigkeitsstaat abgestellt.

Zu Art. 4:

Diese Bestimmungen enthalten in Abs. 1 die OECD-Grundsätze für die Umschreibung des Begriffs Ansässigkeit. Abs. 2 sieht die OECD-konformen Lösungen für Ansässigkeitskonflikte bei natürlichen Personen vor. In Abs. 3 erfolgt eine Abweichung vom OECD-Musterabkommen. Die Bestimmung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit bei doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften wird durch ein Verständigungsverfahren gelöst. Dabei wird auf den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung, den Hauptverwaltungssitz, den Ort der Gründung oder ähnliche Faktoren abgestellt.

Zu Art. 5:

Dieser Artikel beinhaltet die Definition des Begriffs „Betriebstätte“. In OECD-konformer Weise versteht man unter dem Begriff „Betriebstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung für die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit. Die in Abs. 4 lit. e enthaltene demonstrative Aufzählung von Hilfstätigkeiten weicht zwar vom Wortlaut des derzeitigen Musterabkommens ab, entspricht aber dem Grunde nach im Wesentlichen dem gängigen OECD-Konzept. Als Hilfstätigkeiten ausdrücklich genannt werden Werbetätigkeiten, die Bereitstellung von Informationen oder Forschungstätigkeiten. Abweichend vom OECD-Musterabkommen ist im Ausnahmekatalog des Abs. 4 die Kombination von mehreren Hilfstätigkeiten nicht enthalten.

Anders als nach dem OECD-Musterabkommen beträgt die Frist zur Begründung einer Betriebstätte bei Bauausführungen oder Montageleistungen lediglich sechs Monate. Zudem können Arbeitnehmer oder anderes Personal für ein Unternehmen eine Dienstleistungsbetriebstätte begründen, wenn sich diese zwecks Erbringung der Dienstleistung länger als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufhalten.

Zu Art. 6:

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen in dem Staat besteuert, in dem sich das betreffende Vermögen befindet. Die Definition des Ausdruckes „unbewegliches Vermögen“ in Abs. 2 erfolgt allgemein für das gesamte Abkommen. Ein Verweis in Art. 13 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 2 auf die Definition des Art. 6 ist daher nicht mehr erforderlich.

Zu Art. 7:

Für die Aufteilung der Besteuerungsrechte an gewerblichen Gewinnen gilt die allgemein anerkannte OECD-Regel, derzufolge Gewinne, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats aus dem anderen Vertragsstaat bezieht, dort nur insoweit besteuert werden dürfen, als sie einer in diesem Staat belegenen Betriebstätte zurechenbar sind. Hierfür sind der Betriebstätte jene Gewinne zuzurechnen, die sie unabhängig von dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, hätte erzielen können (Fremdverhaltensgrundsatz). Die vollständige Umsetzung des Authorized OECD Approach (AOA) nach dem OECD-Musterabkommen 2010 wurde nicht in Art. 7 übernommen, vielmehr entspricht Art. 7 dem OECD-Musterabkommen nach den vorhergehenden Fassungen (zuletzt 2008).

Zu Art. 8:

Diese Bestimmung sieht in Anlehnung an die international übliche Zuteilung der Besteuerungsrechte für Gewinne aus der internationalen See- und Luftfahrt – allerdings abweichend vom OECD-Konzept der Besteuerung im Geschäftsleitungsstaat – vor, dass Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen und Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr nur im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens besteuert werden dürfen. Zusätzlich sieht Abs. 2 eine Definition des Ausdrucks „Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen“ und dadurch die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Artikels auf die Vermietung von Containern vor.

Zu Art. 9:

Dieser Artikel befasst sich mit verbundenen Unternehmen (Mutter- und Tochtergesellschaften sowie Gesellschaften unter gemeinsamer Kontrolle). Er sieht in OECD-konformer Weise vor, dass in diesen Fällen die Steuerbehörden eines Vertragsstaats Gewinnberichtigungen vornehmen dürfen, wenn wegen der besonderen Beziehungen zwischen den Unternehmen nicht die tatsächlichen steuerlichen Gewinne ausgewiesen werden. Auf Wunsch Chiles wurde in Abs. 2 ergänzt, dass eine Gegenberichtigung nur dann zu erfolgen hat, wenn der andere Vertragsstaat der Auffassung ist, dass die Berichtigung dem Grunde nach als auch der Höhe nach gerechtfertigt ist, was dem OECD-Musterkommentar, Rz. 6 zu Art. 9, entspricht.

Zu Art. 10:

Das Besteuerungsrecht für Dividenden wird in Abs. 1 in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem der Dividendenempfänger ansässig ist (Ansässigkeitsstaat). Der Quellenstaat darf eine Steuer iHv 15% des Bruttobetrags der Dividenden erheben.

Zudem hat sich Chile ungeachtet des Abkommens die Einhebung der chilenischen „Additional Tax“ vorbehalten.

Die „Additional Tax“ beträgt derzeit 35 % und wird auf alle Auszahlungen von Unternehmensgewinnen an ausländische Gesellschafter erhoben. Auszahlungen an inländische Gesellschafter unterliegen einem progressiven Steuersatz. Darauf angerechnet wird die „First Category Tax“, die regulär 17 % beträgt und auf alle Unternehmensgewinne bei deren Entstehung erhoben wird. Chile betrachtet im Bereich der Unternehmensbesteuerung nicht die Gesellschaft als Steuersubjekt, knüpft aber an die Gewinne der Gesellschaft als Bemessungsgrundlage an. Die solcher Art ermittelte und in Form der „First Category Tax“ vorweg festgesetzte Steuerbelastung wird an den ausländischen Gesellschafter durchgereicht. Auf die aus Anlass der Auszahlung mit 35 % des Bruttobetrags der Auszahlung (also die um die „First Category Tax“ iHv 17 % erhöhte Nettoauszahlung) erhobene „Additional Tax“ wird die bei Entstehung des Gewinns erhobene „First Category Tax“ (17 %) angerechnet und der Differenzbetrag vorgeschrieben.

Beispiel: Auszahlung der Gewinne eines chilenischen Unternehmens an eine in Österreich ansässige Person

Chilenisches Unternehmen

 

Gewinn vor Steuer

1.000

First Category Tax (17 %)

170

Auszahlbarer Gewinn

830

 

 

Auszahlung an in Ö Ansässigen

830

Hinzurechnung der First Category Tax (gross-up)

170

Bruttobesteuerungsbasis

1.000

Additional Tax (35 %)

350

Anrechnung der First Category Tax

170

Auf die Auszahlung zu entrichtende Steuer

180

Auszahlung nach Steuer

650

Die in Abs. 3 vorgesehene Definition des Begriffs Dividenden entspricht im Wesentlichen dem OECD-Musterabkommen. Der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen. Abs. 5 schließt die so genannte „extraterritoriale Dividendenbesteuerung“ aus.

Zu Art. 11:

Das Besteuerungsrecht für Zinsen wird in Übereinstimmung mit dem OECD-Musterabkommen dem Ansässigkeitsstaat zugeteilt. Dem Quellenstaat kommt ein Besteuerungsrecht iHv 5% bei Zinsen im Zusammenhang mit Darlehen von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen, mit an einer Börse gehandelten Anleihen oder Obligationen und mit dem Kauf auf Raten von Maschinen und Ausrüstungen zu; in sonstigen Fällen darf eine Quellensteuer iHv 15% erhoben werden.

Die in Abs. 3 vorgesehene Definition des Begriffs „Zinsen“ orientiert sich im Wesentlichen am OECD-Musterabkommen; darüber hinaus wird klargestellt, dass bei Einkünften aus öffentlichen Anleihen und Obligationen auch damit verbundene Aufgelder mitumfasst sind. Der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich ebenfalls im OECD-Musterabkommen, wie auch die Quellenregel in Abs. 5 sowie Abs. 6, der den Fremdverhaltensgrundsatz bei Zinszahlungen zwischen nahestehenden Personen (bzw. verbundenen Unternehmen) vorsieht.

Zu Art. 12:

Das Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren wird dem Ansässigkeitsstaat zugeteilt. Dem Quellenstaat kommt in Abweichung vom OECD-Musterabkommen ein Besteuerungsrecht iHv 5% (bei Lizenzgebühren für Ausrüstungen) bzw. 10% in allen anderen Fällen zu.

Der in Abs. 3 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-Musterabkommen, wie auch die Quellenregel in Abs. 5 sowie Abs. 6, der einen Fremdverhaltensgrundsatz bei Zinszahlungen zwischen nahestehenden Personen (bzw. verbundenen Unternehmen) vorsieht.

Zu Art. 13:

Dieser Artikel enthält in Übereinstimmung mit dem OECD-Musterabkommen die üblichen Regelungen für die Besteuerung der Gewinne aus Vermögensveräußerungen. Abweichungen erfolgen in Abs. 3 und 4. Abs. 3 gewährt das ausschließliche Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers. In Abs. 4 ist neben einem Besteuerungsrecht des Quellenstaats für Anteile an Immobiliengesellschaften vorgesehen, dass im Falle der Veräußerung qualifizierter Beteiligungen dem Quellenstaat ein unbeschränktes, bei sonstigen Beteiligungen ein beschränktes Besteuerungsrecht zukommt.

Zu Art. 14:

In Übereinstimmung mit dem aktuellen UN-Musterabkommen wird im Abkommen noch zwischen der gewerblichen Betätigung, die unter Art. 7 fällt, und der freiberuflichen Betätigung, die unter Art. 14 fällt, unterschieden. Diese Unterscheidung findet sich auch in allen österreichischen Abkommen, die noch auf dem OECD-Muster vor dem Update 2000 beruhen.

Das Abkommen weicht allerdings insoweit von der OECD-Konzeption ab, als auch ohne Begründung einer festen Einrichtung ein Quellenbesteuerungsrecht entsteht, sobald die freiberufliche Tätigkeit im Quellenstaat eine bestimmte zeitliche Dauer im jeweiligen Steuerjahr überschreitet.

Zu Art. 15:

Nach Art. 15 werden private Aktivbezüge, das sind Aktivbezüge, die nicht unter Art. 19 fallen, im Allgemeinen in jenem Staat besteuert, in dem die betreffende Tätigkeit ausgeübt wird. Art. 15 Abs. 2 enthält hierbei die Ausnahmebestimmung für kurzfristige Auslandstätigkeiten. In Abs. 3 wurde Einigung erzielt, dass Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffes oder Luftfahrzeuges ausgeübt wird, nur im Ansässigkeitsstaat des unselbständig Tätigen besteuert werden.

Zu Art. 16:

Das Besteuerungsrecht für Aufsichtsratsbezüge und ähnliche Organe wird entsprechend dem OECD-Musterabkommen dem Vertragsstaat zugeteilt, in dem die Gesellschaft, die die Aufsichtsratsbezüge auszahlt, ansässig ist.

Zu Art. 17:

Für die Besteuerung der Künstler und Sportler werden die OECD-Grundsätze übernommen. Darnach steht jenem Staat das Besteuerungsrecht zu, in dem der Künstler oder Sportler persönlich auftritt (Abs. 1).

Dieses Quellenbesteuerungsrecht geht auch dadurch nicht verloren, dass die Einkünfte nicht unmittelbar dem Künstler oder Sportler, sondern einem zwischengeschalteten Rechtsträger zufließen (Abs. 2).

Zu Art. 18:

Diese Bestimmung sieht ein ausschließliches Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates für Ruhegehälter vor.

Zu Art. 19:

Aktivbezüge, die aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, dürfen gemäß den in Art. 19 übernommenen OECD-Grundsätzen im Allgemeinen nur in jenem Staat besteuert werden, in dem sich die auszahlende öffentliche Kasse befindet. Dies gilt auch für Mitglieder der österreichischen Wirtschaftsdelegation in Chile (Abs. 2). Diese Regelung steht unter Ortskräftevorbehalt (Abs. 1 lit. b) und unter dem Vorbehalt erwerbswirtschaftlicher Betätigungen der öffentlichen Hand (Abs. 3).

Zu Art. 20:

Durch diese Bestimmung werden auf OECD-Basis die den Auslandsstudenten, Praktikanten oder Lehrlingen aus dem Ausland zufließenden Zuwendungen steuerfrei gestellt.

Zu Art. 21:

Dieser Artikel, sieht zunächst in OECD-konformer Weise vor, dass dem Ansässigkeitsstaat des Einkommensempfängers das Besteuerungsrecht an allen Einkünften zugewiesen wird, für die im Abkommen keine besondere Zuteilungsregel vorgesehen ist. Abs. 2 sieht einen Betriebsstättenvorbehalt vor. Abweichend vom OECD-Musterabkommen sieht Abs. 3 vor, dass Einkünfte, die aus dem anderen Staat stammen, auch im Quellenstaat besteuert werden dürfen.

Zu Art. 22:

Dieser Artikel sieht zunächst vor, dass unbewegliches Vermögen (Abs. 1) und bewegliches Betriebsvermögen (Abs. 2) in dem Vertragsstaat besteuert werden darf, in dem dieses Vermögen liegt bzw. in dem sich die Betriebstätte oder feste Einrichtung befindet, der das Vermögen zugehört.

Abs. 3 stellt eine korrespondierende Bestimmung zu Art. 8 dar, demzufolge Seeschiffe und Luftfahrzeuge, die im internationalen Verkehr eingesetzt sind, sowie zugehörige bewegliche Vermögenswerte nur in dem Staat besteuert werden dürfen, in dem das Unternehmen ansässig ist.

Alle übrigen Vermögensteile (Abs. 4) einer Person sind ausschließlich in dem Vertragsstaat zu besteuern, in dem diese Person ansässig ist.

Zu Art. 23:

In diesem Artikel werden die Methoden festgelegt, nach denen die Doppelbesteuerung vermieden wird:

Chile wendet grundsätzlich die Anrechnungsmethode an. Sind auf Grund der Verteilungsnormen Einkünfte oder Vermögen freizustellen, wird der Progressionsvorbehalt geltend gemacht.

Österreich wendet grundsätzlich die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt an. Die Anrechnungsmethode ist bei Zinseinkünften, Lizenzgebühren, Gewinnen aus der Veräußerung qualifizierter Beteiligungen und anderen Einkünften vorgesehen. Der dafür vorgesehene Anrechnungshöchstbetrag entspricht dem OECD-Musterabkommen.

Für Dividenden sieht Österreich ebenfalls die Anrechnungsmethode vor. Aufgrund der Besonderheiten des in Chile bestehenden Besteuerungssystems, das keine Dividendenbesteuerung im Sinne des Art. 10 vorsieht, rechnet Österreich auf die zu erhebende Steuer den niedrigeren der beiden folgenden Beträge an:

                i) den Nettobetrag der in Chile für diese Dividenden zu leistenden „Additional Tax“,                         welcher sich folgendermaßen berechnet:

                               Beispiel: Berechnung des Nettobetrags der „Additional Tax“

Chilenisches Unternehmen

 

Gewinn vor Steuer

1.000

chilenische „First Category Tax“ (17 %)

170

Bruttobetrag vor „Additional Tax“

830

 

 

Auszahlung an in Ö Ansässigen

830

Hinzurechnung der „First Category Tax“ („gross-up“)

170

Bruttobesteuerungsbasis

1.000

„Additional Tax“ (35 %)

350

Anrechnung der „First Category Tax“

170

Nettobetrag der „Additional Tax“

180

                ii) 15 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividende vor Berechnung der „Additional Tax“:

                               Beispiel: Berechnung von 15 vH des Bruttobetrags vor „Additional Tax“

Chilenisches Unternehmen

 

Gewinn vor Steuer

1.000

chilenische „First Category Tax“ (17 %)

170

Bruttobetrag vor „Additional Tax“

830

davon 15%

124,5

 

Beispiel: Anrechnung in Österreich

 

Ausschüttung nach Ö

650

Hinzurechnung für Dividendenbesteuerung

180

Bemessungsgrundlage in Ö

830

 

 

KESt in Ö (25 %)

207,5

Anrechnung: 15 % von 830

124,5

Steuer in Ö nach Anrechnung

83

 

 

 

 

Da 15 vom Hundert des Bruttobetrags der Dividende vor Berechnung der „Additional Tax“ (124,5) niedriger ist als der Nettobetrag der in Chile für diese Dividenden zu leistenden „Additional Tax“ (180), wird dieser Betrag in Österreich angerechnet.

Zu Art. 24:

Dieser Artikel enthält die OECD-konformen Regelungen über das Verbot von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Abs. 1) oder der Kapitalbeteiligung (Abs. 5).

Desgleichen ist eine Diskriminierung von Betriebstätten ausländischer Unternehmen gegenüber inländischen Unternehmen (Abs. 2) sowie – vorbehaltlich einer fremdüblichen Gestaltung – eine Diskriminierung beim steuerlichen Abzug von Zinsen, Lizenzgebühren und anderen Entgelten, die ein Unternehmen an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt (Abs. 4), untersagt.

Ein Diskriminierungsverbot für Staatenlose wird nicht aufgenommen. Weiters gilt der Artikel abweichend vom OECD-Musterabkommen nur für Steuern, die unter das Abkommen fallen.

Zu Art. 25:

Die Vorschriften dieses Artikels enthalten die üblichen Grundsätze über das in Streit- oder Zweifelsfällen durchzuführende Verständigungsverfahren. Abweichend vom OECD-Musterabkommen kann ein Schiedsverfahren jedoch nicht über Ersuchen der betroffenen Person, sondern nur bei Zustimmung der zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten eingeleitet werden (Abs. 5).

Zu Art. 26:

Durch diesen Artikel verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten dem OECD-Musterabkommen folgend zum umfassenden Informationsaustausch. Davon sind entsprechend dem neuen OECD-Standard betreffend Transparenz und Amtshilfebereitschaft auch Bankinformationen erfasst.

Zu Art. 27:

Dieser Artikel regelt in klarstellender Weise das Verhältnis des Doppelbesteuerungsabkommens zu den völkerrechtlich privilegierten Personen.

Zu Art. 28:

Auf Wunsch Chiles hin wurde dieser Artikel in das Abkommen aufgenommen, der sonstige Bestimmungen hinsichtlich der Besteuerung chilenischer Investmentkonten und -fonds sowie über die Anwendung des chilenischen Statuts über Auslandsinvestitionen enthält. Zudem wurde festgelegt, dass das Abkommen nicht die Erhebung der chilenischen „First Category Tax“ und der „Additional Tax“ hinsichtlich chilenischer Betriebstätten von in Österreich ansässigen Personen einschränkt, sofern die „First Category Tax“ auf die „Additional Tax“ angerechnet werden kann.

Zu Art. 29 und 30:

Diese Bestimmungen betreffen den zeitlichen Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens.


Zum Protokoll:

1. Zu Art. 5 Abs. 5:

In dieser Bestimmung wird klargestellt, dass ein Vertreter auch dann eine Betriebstätte für ein Unternehmen begründen kann, wenn er nicht im Namen des Unternehmens tätig wird, sondern im eigenen Namen, unter der Voraussetzung, dass Verträge mit rechtsverbindlicher Wirkung für das Unternehmen abgeschlossen werden, was der Aussage des OECD-Kommentars in Rz. 32.1 zu Art. 5 entspricht.

2. Zu Art. 5 Abs. 6:

Zur Beurteilung, ob ein Makler oder Vertreter unabhängig ist oder nicht und somit eine Betriebstätte für das Unternehmen, für das er tätig ist, begründen kann, wird klargestellt, dass dieser nicht als unabhängig iSd Abs. 6 betrachtet werden kann, wenn die Beziehungen zwischen dem Makler oder Vertreter und dem Unternehmen fremdunüblich gestaltet werden.

3. Zu Art. 7:

In dieser Bestimmung wird klargestellt, was im Falle von Personengesellschaften und stillen Gesellschaften vom Begriff „Gewinn“ umfasst ist.

4. Zu Art. 7 Abs. 3:

Es wird klargestellt, dass nur jene Aufwendungen bei der Gewinnermittlung der Betriebstätte abzuziehen sind, die nach dem innerstaatlichen Recht des Betriebstättenstaats der Betriebstätte zuzurechnen sind.

5. Zu Art. 7:

Entgegen dem Wunsch Chiles wurde in das Abkommen keine Sonderbestimmung für Versicherungsunternehmen aufgenommen, wonach diese selbst dann im Quellenstaat besteuert werden dürfen, wenn dort keine Betriebstätte vorhanden ist, sofern das Unternehmen Prämien für die Versicherung von Risken bezieht, die im anderen Staat liegen.

Als Kompromiss sieht diese Bestimmung ein begrenztes Quellenbesteuerungsrecht für Bruttoversicherungsprämien vor, wenn und sobald eine ähnliche Bestimmung in allen bestehenden Abkommen zwischen Chile und den EU-Staaten sowie der Schweiz in Kraft tritt.

6. Zu Art. 10, 11 und 12:

Es wird klargestellt, dass die Artikel 10, 11 und 12 bei Missbrauch dieser Abkommensbestimmungen nicht zur Anwendung gelangen.

7. Zu Art. 11 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 2:

Diese Bestimmung sieht eine Meistbegünstigungsregelung hinsichtlich der Quellenbesteuerungsrechte von Zinsen- und Lizenzzahlungen vor.

8. Zu Art. 18:

Es wird klargestellt, dass auch Einmalzahlungen statt regelmäßiger Pensionszahlungen vom Artikel 18 des Abkommens umfasst sein können.

9. Zu Art. 26:

Diese Protokollbestimmung dient zur genaueren Festlegung der Vorgangsweise bei Auskunftsverfahren. In der Bestimmung erfolgt eine ausdrückliche Feststellung, dass ein spontaner oder automatischer Informationsaustausch nicht verpflichtend vorgesehen ist.

10. Zu Art. 28:

Diese Bestimmung sieht ein Verständigungsverfahren vor, um Änderungen des Abkommens vorzuschlagen, wenn das Abkommen derart genutzt wird, dass es zu nicht in Erwägung gezogenen oder nicht beabsichtigten Vorteilen führt.

11. Auslegung des Abkommens

Durch diese Bestimmung wird das Einvernehmen über die Anwendung des OECD- sowie des UN-Kommentars als Auslegungshilfe hergestellt.

12. Verhinderung von Missbrauch

Diese Bestimmung enthält eine spezielle Bestimmung zur Verhinderung von Missbrauch betreffend Betriebstätten, die sich in einem Drittstaat befinden und von Unternehmen eines Vertragsstaates betrieben werden.

Darüber hinaus wird klargestellt, dass diese Missbrauchsklausel nicht der Anwendung nationaler Bestimmungen zur Verhinderung von Missbrauch entgegensteht.