2221 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 1640/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung von Volontariaten im öffentlichen Dienst

Die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 8. Juli 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Alljährlich und vor allem in den Sommermonaten – in der Haupturlaubszeit – absolvieren junge Menschen Praktika und Volontariate, um das im Studium erworbene Wissen um Praxiserfahrungen zu ergänzen und in der Hoffnung, auf diesem Wege die Möglichkeit einer späteren Anstellung zu bekommen.

Auch ‚das Außenministerium bietet Studierenden ab dem 3. Semester und JungakademikerInnen im Alter zwischen 20 und 28 Jahren die Möglichkeit, unbezahlte Praktika, sogenannte Volontariate, in österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland für eine Dauer von grundsätzlich mindestens zwei bis höchstens vier Monaten zu absolvieren‘ (Zitat der Web-Seite: http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/aussenministerium/jobs/jobs-im-aussenministerium/volontariate.html, 30.06.2011). Was früher als Praktikum bezeichnet wurde, wird nun Volontariat genannt.

Dieser Euphemismus ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die meisten dieser jungen Menschen, wie Erfahrungsberichte belegen, dann in der Realität ganz einfach als Urlaubsvertretungen oder fürs Zuarbeiten verwendet werden. Mit vorgeschriebenen Arbeits- und Anwesenheitszeiten und auch mit der Verantwortung, die ihnen übertragenen Tätigkeiten ordnungsgemäß und zeitgerecht zu erledigen. Dies steht natürlich nicht in der korrekt formulierten ‚Vereinbarung über die Begründung eines Volontärsverhältnisses‘ des BMeiA, sondern wird bei Antritt des Volontariates mündlich erläutert.

Wie der Name schon nahelegt, ist ein Volontariat aber kein Arbeitsverhältnis. Der Begriff ist auch nicht im Arbeitsrecht definiert (mit Ausnahme der Erwähnung im Ausländerbeschäftigungsgesetz) - ganz im Gegenteil: Ein typischer Volontär/eine typische Volotärin darf mit Erlaubnis des Betriebsinhabers die Betriebseinrichtungen kennenlernen und sich gewisse Fertigkeiten aneignen. Es besteht aber weder eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung noch ein Entgeltanspruch. Das heißt, der/die Volontär/-in ist an keine Arbeitszeiten gebunden, es besteht kein Weisungsrecht des Betriebsinhabers und keine Eingliederung in den Betrieb.

Während Praktika im Rahmen von Arbeits- oder Ausbildungsverhältnissen stattfinden können (je nach Schwerpunktlegung) sind Volotariate jedenfalls außerhalb des Arbeitsrechts angesiedelt.

Wer ein Volontariat bei einer Dienststelle des BMeiA macht, muss nicht nur gratis arbeiten, sondern zahlt auch noch dafür! VolontärInnen haben für sämtliche Kosten (Reise, Aufenthalt und für eine im Empfangsstaat gültige Krankenversicherung spätestens ab Antritt des Volontariats) selbst aufzukommen. Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten trägt lediglich die Kosten einer lokalen Unfallversicherung. Volontariate bei österreichischen Vertretungsbehörden können sich daher auch nur finanziell bereits abgesicherte, privilegiertere StudentInnen bzw. AbsolventInnen leisten oder solche, die selbst für ihren Gratis-Arbeitseinsatz etwas ansparen konnten.

Der Begriff Volontariat hat auch nichts mit Freiwilligenarbeit zu tun, denn hier steht das ehrenamtliche Engagement für eine Organisation im Vordergrund, nicht die Ausbildung. Wie sowohl die FORBA-Studie Praktika und Praktikanten/Praktikantinnen in Österreich[1] als auch der Freiwilligenbericht des BMASK[2] belegen, fehlt es an Klarheit in der Abgrenzung zwischen Freiwilligenarbeit und einem Arbeitsverhältnis und damit an Rechtssicherheit für die Betroffenen – bis zur allfälligen Entscheidung eines Gerichtes oder einer Behörde im Einzelfall.

Dass VolontärInnen, die sich später einmal eine Anstellung beim Außenministerium erhoffen, nicht den Rechtsweg beschreiten um eine faire Entlohnung einzuklagen ist klar. Erwiesen ist aber auch, dass – auch bei bester Beurteilung durch die ‚Vorgesetzten‘ – die Chance auf eine Übernahme in ein reguläres Arbeitsverhältnis nur sehr gering ist.

Die Grünen kritisieren bereits seit Längerem das Ausnutzen von gesetzlichen Grauzonen sowohl bei Praktika als auch bei Volontariaten und insbesondere die Vorgehensweise im öffentlichen Dienst, der eigentlich eine Vorreiterrolle in Bezug auf faire Arbeitsbedingungen einnehmen sollte. Wir stehen Ausbildungsverhältnissen und der Ermöglichung von Praxiserfahrungen grundsätzlich positiv gegenüber, verurteilen aber die seit Jahren praktizierte Verwendung von gut ausgebildeten jungen Menschen als Gratis-Arbeitskräfte. Freiwilligenarbeit mag im karitativen Bereich ihre Berechtigung haben, im öffentlichen Dienst ist sie jedoch fehl am Platz.

Wir befürworten, dass öffentliche Stellen rechtlich abgesicherte, qualitativ hochwertige und adäquat entlohnte Praktika anbieten. Jedoch lehnen wir jede Form des Volontariates im öffentlichen Dienst ab, da in der Praxis unter diesem Titel von jungen, kompetenten Menschen eine unentgeltliche Arbeitserbringung erwartet wird.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 14. März 2013 in Verhandlung genommen. Gem. § 37 Abs. 2 GOG-NR beschloss der Ausschuss für Arbeit und Soziales einstimmig den Abgeordneten Stefan Markowitz zur Teilnahme an der Sitzung mit beratender Stimme beizuziehen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Birgit Schatz die Abgeordneten Wolfgang Katzian, August Wöginger, Sigisbert Dolinschek, Ursula Haubner, Franz Riepl, Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Stefan Markowitz, Werner Neubauer, Karl Öllinger, Ridi Maria Steibl, Mag. Christine Lapp und Bernhard Vock sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: G, dagegen: S,V,F,B).

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Ridi Maria Steibl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2013 03 14

                                Ridi Maria Steibl                                                                Renate Csörgits

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau



[1] Praktika und Praktikanten/Praktikantinnen in Österreich. Empirische Analyse von Praktika sowie der Situation von Praktikanten/Praktikantinnen. Endbericht Juni 2011. Erstellt von FORBA im Auftrag des BMASK.

[2] Freiwilliges Engagement in Österreich. 1. Freiwilligenbericht. Erstellt vom NPO-Institut für das BMASK, Juni 2009.