2261 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie

über die Regierungsvorlage (2197 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

Mit der vorgeschlagenen Novelle soll das im Rahmen der Regierungsklausur vom 9. November 2012 beschlossene Maßnahmenpaket zur bürokratischen Vereinfachung des gewerblichen Betriebsanlagenrechts umgesetzt werden. Damit sollen Unternehmensgründungen und Betriebsübergaben erleichtert werden, was insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass in den nächsten Jahren rund 44% der KMUs von Übergabe oder Nachfolgefragen betroffen sein werden. Weiters werden mit dieser Novelle die Vorschläge der Bundesländer zur Deregulierung von Gewerberecht berücksichtigt. Mit legistischen Maßnahmen im Berufszugangsrecht sollen Lücken geschlossen und Inkonsistenzen bereinigt werden. Außerdem dient die Novelle dem Ziel, das neue System der umfassenden Verwaltungsgerichtsbarkeit auch in der GewO 1994 umzusetzen.

Die Novelle umfasst im Wesentlichen folgende Inhalte:

Bescheidanpassung für Betriebsinhaber: Das ist die Möglichkeit für Betriebsanlageninhaber, Abänderungen von Auflagen oder Abweichungen vom Genehmigungsbescheid auch dann zu beantragen, wenn sich die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat (rechtskraftdurchbrechende Wirkung); die geschützten Interessen müssen aber gewahrt bleiben.

Betriebsübernahmeverfahren: Bei Betriebsübernahmen wird für den übernehmenden Betriebsinhaber die Möglichkeit geschaffen, im Wege eines speziellen Bekanntgabe-Verfahrens konsolidiert einen Überblick über den Genehmigungsbestand und die dafür geltenden Vorkehrungen zu erhalten. Außerdem soll der übernehmende Betriebsinhaber darauffolgend im zeitlichen Naheverhältnis zur Betriebsübernahme die Möglichkeit erhalten, für die Einhaltung von Auflagen eine angemessene Übergangsfrist eingeräumt zu bekommen, wenn dagegen vom Standpunkt der geschützten Interessen keine Bedenken bestehen.

Die Parteistellung der Nachbarn soll an die neuen Möglichkeiten für den Betriebsinhaber angepasst werden. Auch Nachbarn, die im Genehmigungsverfahren keine Parteistellung hatten (zB weil sie erst nachträglich zugezogen sind oder aus sonstigen Gründen die Parteistellung im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht geblieben ist) sollen Parteistellung in den im Interesse der Betriebsinhabers geführten Verfahren haben, wenn damit neue oder größere nachteilige Wirkungen im Hinblick auf die Schutzinteressen verbunden sein können.

Anlagenänderungen vorübergehender Dauer genehmigungsfrei: Anlagenänderungen von vorübergehender Dauer, die keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen zB durch Lärmbelästigung bewirken, sollen genehmigungsfrei sein (zB Public Viewing von sportlichen Großereignissen). Für die vorübergehende Dauer soll eine Höchstgrenze von vier Wochen gelten.

Bereinigung der Behördenzuständigkeit bei grenzüberschreitenden Betriebsanlagen: Zur Vereinfachung der örtlichen Behördenzuständigkeit für Betriebsanlagen, die sich über mehrere Verwaltungssprengel erstrecken, soll in Zukunft jene Bezirksverwaltungsbehörde örtlich zuständig sein, in deren Sprengel sich der größere Anlagenteil befindet.

Verwaltungsgerichtsbarkeit: Soweit die Gewerbeordnung 1994 in der geltenden Fassung zum Teil selbst Instanzenzüge regelt oder aber Formalparteienrechte einräumt, folgen diese noch der Systematik der Instanzenzüge in mittelbarer Bundesverwaltung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012. Diese Regelungen sollen entweder angepasst oder - soweit sie nicht mehr erforderlich bzw. nicht mehr zulässig sind - aufgehoben werden.

Weiters erfolgt eine Anpassung der Haftpflichtversicherung für Immobilientreuhänder an die von § 117 GewO 1994 geforderte Deckung des Vermögensschadensrisikos und Aufnahme des Vermögensschadensrisikos in die Haftpflichtversicherung für Baugewerbetreibende.

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 10. April 2013 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Ing. Mag. Hubert Kuzdas die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Bernhard Themessl, Dr. Ruperta Lichtenecker, Ernest Windholz und Mag. Christiane Brunner sowie der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner und der Ausschussobmann Abgeordneter Konrad Steindl.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Konrad Steindl und Dr. Christoph Matznetter einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1, 2 und 3:

Die bereits bestehende Stufenregelung betreffend die Haftpflichtversicherung für Baugewerbe soll wirksamer ausdifferenziert werden. Die Stufengrenze wird unter Bezugnahme auf die in § 221 Abs. 2 Unternehmensgesetzbuch geregelte Umsatzsumme – derzeit 38,5 Mio. Euro – gestaltet, wobei bei Überschreiten dieser jährlichen Umsatzsumme die höhere Versicherungssumme abzudecken ist.

Ansprüche aus Garantie, Gewährleistung bzw. Vertragserfüllung sind nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung.

Gleichzeitig wird die in § 92 GewO 1994 geregelte Meldepflicht der Versicherungsunternehmen an die Behörden dazu genutzt, diese Meldungen als Nachweis für das Erfüllen der Stufenvoraussetzungen heranzuziehen. Damit wird sichergestellt, dass die Unternehmen jährlich den Umsatznachweis, den sie den Versicherungsunternehmen erbringen, nicht nochmals zusätzlich an die Behörden zu erbringen haben, womit zusätzliche Verwaltungslasten für Unternehmen und Behörden vermieden werden.

Zu Z 4 und 5:

Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten soll zusätzlich zur bestehenden Parteistellung, die vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 das Berufungsrecht automatisch eingeschlossen hat, den Landeskammern der gewerblichen Wirtschaft auch das Beschwerderecht an die Verwaltungsgerichte der Länder ausdrücklich zustehen.

Zu Z 6:

Die in § 335 GewO 1994 vorgesehene Bereinigung möglicher behördlicher Einvernehmenskonflikte bei Verfahren betreffend grenzüberschreitende Betriebsanlagen soll gemeinsam mit den durch die Anpassung an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erforderlichen Neuregelungen in Kraft treten. Diese Bereinigung wird nämlich auch bei Landesgrenzen überschreitenden Betriebsanlagen sicherstellen, dass keine Zuständigkeitskonkurrenzen von mehreren Verwaltungsgerichten der Länder auftreten. Eine verfahrensökonomische Nähe dieser beiden Regelungskomplexe ist somit gegeben; dieser Nähe soll auch durch gleichzeitiges Inkrafttreten Ausdruck verliehen werden.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die aktuell bestehende Zuständigkeit mehrerer Behörden, die einvernehmlich vorzugehen haben, in der Regel vollzugspraktisch so gelöst wurde, dass eine Behörde die federführende Tätigkeit im Verfahren übernommen und dafür auch entsprechende Sachkompetenz aufgebaut hat. Dies wird zwar meistens auch jene Behörde sein, der in Zukunft gemäß § 335 GewO 1994 die alleinige sachliche und örtliche Zuständigkeit übertragen wird. Es ist aber nicht auszuschließen, dass auch Einzelfälle vorkommen können, in denen Behörden die Federführung übernommen haben, die in Zukunft die sachliche und örtliche Zuständigkeit verlieren werden. Es wird daher durch ein Inkrafttreten des § 335 GewO 1994 mit 1. Jänner 2014 auch gleichzeitig sichergestellt, dass die Bezirksverwaltungsbehörden und die Landesverwaltungen für die Organisation eines allfällig notwendigen Ausgleichs der Ressourcen und der Sachkompetenz ausreichend Vorlaufzeit zur Verfügung haben.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages des mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, F, B, dagegen: G) beschlossen.

 

Ferner beschloss der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie einstimmig folgende Feststellungen:

„Zu §§ 99 Abs. 7 bis 10 und § 376 Z 13 GewO 1994:

Gemäß § 99 Abs. 7 GewO 1994 werden Baugewerbetreibende eine Haftpflichtversicherung abschließen müssen, die neben Personen- und Sachschäden auch Vermögensschäden abdeckt.

Ansprüche aus Garantie, Gewährleistung bzw. Vertragserfüllung sind nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung. Das versicherte Haftpflichtrisiko schließt daher solche Ansprüche nicht ein, da das unternehmerische Risiko abzudecken nicht Wesen einer Haftpflichtversicherung ist.“

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 04 10

                         Ing. Mag. Hubert Kuzdas                                                          Konrad Steindl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann