2286 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (2199 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Ausbildungsinitiative–Gesetz 2013)

Der Fachkräftebedarf der österreichischen Unternehmen wird mittel- bis langfristig weiter zunehmen: einerseits besteht ein stärkerer Bedarf an Höher-Qualifizierten (von 1990 bis 2011 hat sich die Arbeitslosenrate von Personen mit lediglich Pflichtschule von rund 9 Prozent auf rund 18 Prozent verdoppelt, während die Arbeitslosenquote von Personen mit Abschluss auf der Sekundarstufe II konstant geblieben ist), andererseits wird sich die demographische Entwicklung auswirken (die Zahl der 15jährigen ist seit 2008 von rund 100.00 bis 2011 auf rund 94.000 gesunken und wird gemäß Statistik Austria bis 2016 auf rund 84.000 Jugendliche weiter abnehmen).

Mit der Einbeziehung bestehender, im Auftrag des AMS durchgeführter Maßnahmen in das Schema der überbetrieblichen Lehrausbildung wird das Nachholen von Bildungsabschlüssen unterstützt und damit zur Deckung des Fachkräftebedarfes der Unternehmen beigetragen.

Diese Maßnahme versteht sich auch als Beitrag zur Umsetzung der österreichische Strategie zum lebensbegleitenden Lernen (LLL:2020) - Aktionslinie 3 „Kostenloses Nachholen von grundlegenden Abschlüssen und Sicherstellung der Grundkompetenzen im Erwachsenenalter“ sowie Aktionslinie 4 „Ausbau von alternativen Übergangssystemen in Berufsleben für Jugendliche“.

§ 46 SchOG stellt derzeit auf den „klassischen“ Lehrling ab, der nach Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht in das Berufsleben einsteigt. Unbekannt sind dem § 46 SchOG neue Formen der betrieblichen Ausbildung, die nicht nur in Lehrbetrieben, sondern zunehmend auch in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen erfolgt. Dazu kommen die Auswirkungen der LLL-Strategie, die immer mehr (vornehmend junge) Erwachsene mit beruflichen Qualifikationen zu höherer Qualifikation streben lässt, was den erfolgreichen Abschluss der Basisbildung zur Grundvoraussetzung hat.

Die in § 46 SchOG postulierte „Aufgabe der Berufsschule“ ist daher hinsichtlich der angesprochenen Personengruppe im Sinne einer zeitgemäßen sowie qualifikations- und altersadäquaten Adaptierung neu festzuschreiben.

Das Schulpflichtgesetz 1985 kennt den Lehrling und Personen, die in einem Lehrberuf in besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen gemäß § 30 Berufsausbildungsgesetz (BAG) ausgebildet werden. Insofern ist eine Anpassung der die Schulpflicht regelnden Bestimmungen an die vergangene ebenso wie die aktuelle Weiterentwicklung im Berufsausbildungsrecht dringend geboten.

Was die primär angesprochene Personengruppe in verkürzten Intensivausbildungen gemäß § 30b Abs. 5 BAG in der Entwurfsfassung anlangt, so scheint eine „Lockerung“ der Berufsschulpflicht zweckmäßig. Die in Stiftungen oder in Facharbeiter-Intensivausbildungen ausgebildeten Personen verfügen über Berufserfahrung und werden zumeist auch aktuell berufstätig sein. Dazu kommt, dass auf Grund des im Regelfall doch höheren Lebensalters familiäre Verpflichtungen unterschiedlichen Ausmaßes zu berücksichtigen sind. Einerseits stellt der Berufsschulbesuch eine wichtige Grundlage und Unterstützung für die abzulegende Lehrabschlussprüfung dar, andererseits ist der eigenständigen Entscheidungs­verantwortung gegenüber der Pflicht zum Schulbesuch ein übergeordneter Stellenwert einzuräumen. Es sind daher Ausnahmetatbestände von der Schulpflicht zu normieren, die gerade diesen Umständen (Vorqualifikation, Berufstätigkeit, private bzw. familiäre Verpflichtungen) Rechnung tragen. Zugleich ist danach zu trachten, das Verfahren zur Befreiung vom Besuch der Berufsschule möglichst unbürokratisch zu gestalten.

Mit der Reglementierung der zeitlich verkürzten überbetrieblichen Ausbildung im Auftrag des Arbeitsmarktservice (AMS) in § 30b Abs. 5 BAG und den daran anknüpfenden schulpflichtrechtlichen Konsequenzen geht der Schülerstatus des „ordentlichen“ Schülers automatisch einher. § 3 des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) findet Anwendung („Aufnahme als ordentlicher Schüler“). Im Hinblick auf die beruflichen Vorqualifikationen, die die Aufnahme in eine verkürzt geführte berufliche Ausbildung rechtfertigen, ist auch in der Berufsschule die Aufnahme in eine entsprechend höhere Schulstufe anzustreben, sodass das Ende des Berufsschulbesuches mit dem Ende der betrieblichen Ausbildung zeitlich zusammenfällt. Das SchUG sieht für die Aufnahme in höhere Schulstufen die Ablegung einer Einstufungsprüfung vor, deren Durchführung in der Verordnung über die Einstufungsprüfung an Berufsschulen, BGBl. Nr. 478/1976 idF BGBl. Nr. 502/1992, näher geregelt wird. Diese Verordnung wird nach Beschlussfassung über den vorliegenden Entwurf zu adaptieren sein.

Das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz regelt ua. die Sprengelzugehörigkeit grundsätzlich nach dem Wohnort, bei Berufsschulpflichtigen jedoch nach dem Standort des Betriebes. Die berufliche Ausbildung in Ausbildungseinrichtungen, wie sie im BAG vorgesehen sind, kommen in § 13 Abs. 7 leg.cit. expressis verbis nicht vor und werden daher infolge Vorliegens einer ungewollten Gesetzeslücke im Analogieschluss gleich zu behandeln sein, wie die Ausbildung in Lehrbetrieben. Das kann in vielerlei Hinsicht zu einer ungleichen Verteilung der zu tragenden Lasten führen, sodass es zweckmäßig erscheint, das Festlegen der Sprengelzugehörigkeit von in Ausbildungseinrichtungen Ausgebildeten – so wie derzeit hinsichtlich des freiwilligen Besuches der Berufsschule – der Landesausführungsgesetzgebung zu übertragen. Diese kann je nach regionaler oder überregionaler Führung einer Ausbildungseinrichtung im Land den Wohnort oder den Sitz der Ausbildungseinrichtung als für die Sprengelzugehörigkeit maßgeblich erklären.

 

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 18. April 2013 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten außer dem Berichterstatter Franz Riepl die Abgeordneten Ursula Haubner, Anna Franz, Anneliese Kitzmüller und Dr. Harald Walser sowie die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Elmar Mayer und Christine Marek einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Im Zuge der neuen teilzentralen standardisierten Reifeprüfung ist vorgesehen, dass im Fall der Beurteilung einer Klausurprüfung mit ‚Nicht genügend‘ eine mündliche Kompensationsprüfung abgelegt werden kann. Dadurch soll eine auf ‚Befriedigend‘ oder ‚Genügend‘ lautende Beurteilung des schriftlichen Prüfungsgebietes erlangt werden können. Die grundsätzliche Trennung der Prüfungsgebiete (in schriftliche und mündliche anstatt – wie bisher – der Zusammenfassung von schriftlichen und mündlichen Teilprüfungen zu einem Prüfungsgebiet) ließ es erforderlich erscheinen, auf den allfälligen Umstand der Ablegung einer mündlichen Kompensationsprüfung zur schriftlichen Prüfung hinzuweisen. Dieser Hinweis soll noch vor dem erstmaligen Wirksamwerden der neuen teilzentralen standardisierten Reifeprüfung (Haupttermin 2015 bzw. 2016) entfallen und somit auch im Fall der Option der neuen Reifeprüfung gemäß § 82c SchUG gelten.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Elmar Mayer und Christine Marek einstimmig beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 04 18

                                     Franz Riepl                                                              Dr. Walter Rosenkranz

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann