Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Allgemeines:

Die vorgeschlagenen Änderungen im StGB dienen der materiellrechtlichen Umsetzung der Richtlinie 2011/93/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI, ABl. Nr. L 335 vom 17.12.2011 S. 1, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 18 vom 21.1.2012 S. 7, der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates, ABl. Nr. L 101 vom 15.4.2011 S. 1, und der Umsetzung von Empfehlungen der „GRETA“-Expertengruppe des Europarates betreffend die Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels sowie des VN-Kinderrechtskomitees in Bezug auf das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie. Die vorgeschlagene Änderung der StPO dient der prozessrechtlichen Umsetzung der Richtlinie 2011/93/EU.

Diese unionsrechtlichen und internationalen Vorgaben werden in Österreich im materiellen Strafrecht bereits in weiten Teilen erfüllt, weil durch die Änderungen des StGB in der jüngeren Vergangenheit bereits ein hohes Schutzniveau erreicht wurde. Änderungen sind daher nur mehr in Teilbereichen erforderlich.

Weiters soll auch der in der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 2012 betreffend sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (§ 205 StGB), E 265 XXIV. GP, zum Ausdruck gebrachten Forderung entsprochen werden, für die Tat des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person unter Ausnützung ihrer mangelnden Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit die gleichen Strafrahmen vorzusehen, wie diese auch für die Tatbestände der Vergewaltigung (§ 201 Abs. 1 StGB) und qualifizierten Vergewaltigung (§ 201 Abs. 2 StGB) gelten.

Die in den letzten Jahren wiederholt vorgenommenen, aber immer nur punktuellen Änderungen im Bereich des Sexualstrafrechts haben u.a. dazu geführt, dass (auch) bei den gewaltbestimmten Sexualdelikten derzeit zum Teil Strafdrohungen vorgesehen sind, die als systemwidrig und/oder nicht mehr angemessen angesehen werden können. Konkret betrifft dies die Strafuntergrenze der Grundstrafdrohung bei der Vergewaltigung sowie die Qualifikationsstrafdrohungen bei der geschlechtlichen Nötigung und beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen. Der Lauf der innerstaatlichen Rechtsentwicklung, internationale Tendenzen sowie nicht zuletzt die angesichts der im Zusammenhang mit den Anwendungsvoraussetzungen des elektronisch überwachten Hausarrests bei Sexualdelikten angestellten Überlegungen zu den Strafdrohungen in diesem Bereich lässt dabei eine Begradigung im verschärfenden Sinn angezeigt erscheinen. Als kurzfristig realisierbare Zeichen für die weiterhin gestiegene Sensibilität gegenüber Verletzungen der sexuellen Integrität und Selbstbestimmung sollen daher – abgesehen von den vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des sexuellen Missbrauchs wehrloser und psychisch beeinträchtigter Personen – sowohl die Strafuntergrenze bei der Vergewaltigung als auch die Qualifikationsstrafdrohungen bei der geschlechtlichen Nötigung angehoben und die Qualifikationen beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen erweitert werden. Auf die Änderungen der Anwendungsvoraussetzungen beim elektronisch überwachten Hausarrest mit der am 1.1.2013 in Kraft getretenen Strafvollzugsgesetznovelle 2012 (BGBl. I Nr. 2/2013) darf in diesem Zusammenhang hingewiesen werden

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

-       Ausdehnung der inländischen Gerichtsbarkeit gemäß § 64 Abs. 1 Z 4a StGB auf die Fälle der Vergewaltigung (§ 201 StGB) und geschlechtlichen Nötigung (§ 202 StGB)

-       Anpassung der Definition der Prostitution nach § 74 Abs. 1 Z 9 StGB

-       Ausdehnung des Tatbestandes und Anhebung der Strafdrohungen im Bereich des Menschenhandels nach § 104a StGB

-       Ausdehnung des Tatbestandes der Verbotenen Adoptionsvermittlung nach § 194 StGB

-       Anhebung der Strafuntergrenze bei der Vergewaltigung und der Strafdrohung für die qualifizierte geschlechtliche Nötigung (§§ 201 und 202 StGB)

-       Anpassungen im Bereich des Sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (§ 205 StGB) an den Tatbestand der Vergewaltigung (§ 201 StGB)

-       Inhaltliche Erweiterung der Qualifikationen beim Sexuellen Missbrauch von Unmündigen (§§ 206 und 207 StGB)

-       Ausdehnung der Altersgrenze in § 207b Abs. 2 StGB

-       Ausdehnung des Tatbestandes der Sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren (§ 208 Abs. 2 bis 4 StGB)

-       Ausdehnung des Tatbestandes der Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (§ 208a Abs. 1a und 2 StGB)

-       Anhebung der Strafdrohungen bei der Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a Abs. 1 und 2 StGB),

-       Anhebung der Strafdrohungen bei der Zuhälterei (§ 216 Abs. 1 bis 4 StGB),

-       Ausdehnung der Reichweite des Tätigkeitsverbots (§ 220b Abs. 1 StGB)

-       obligatorische Gewährung von psychosozialer Prozessbegleitung nach § 66 Abs. 2 StPO bei Unmündigen, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Strafrechtswesen).

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Z 1 (§ 64 Abs. 1 Z 4a StGB):

Zur Umsetzung der Regelungen über die extraterritoriale Gerichtsbarkeit unabhängig von der Strafbarkeit im Tatortstaat in Artikel 17 Abs. 1 lit. b und Abs. 4 der Richtlinie 2011/93/EU schlägt der Entwurf vor, die österreichische Gerichtsbarkeit nach § 64 Abs. 1 Z 4a StGB auch auf die Vergewaltigung nach § 201 StGB und die geschlechtliche Nötigung nach § 202 StGB auszudehnen.

Zu Z 2 (§ 74 Abs. 1 Z 9 StGB):

Gemäß Art. 2 lit. d der Richtlinie 2011/93/EU ist für die Zwecke der Richtlinie unter Kinderprostitution „das Einbeziehen eines Kindes in sexuelle Handlungen, wenn Geld oder sonstige Vergütungen oder Gegenleistungen dafür geboten oder versprochen werden, dass sich das Kind an sexuellen Handlungen beteiligt; unabhängig davon, ob das Geld, das Versprechen oder die Gegenleistung dem Kind oder einem Dritten zugute kommt“ zu verstehen.

Der Begriff der Prostitution nach § 74 Abs. 1 Z 9 StGB verlangt im Gegensatz zur Richtlinie zusätzlich die Absicht der betroffenen Person, sich oder einem Dritten aus wiederkehrend gegen Bezahlung vorzunehmenden oder zu duldenden Sexualkontakten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Zur Umsetzung der Richtlinie schlägt der Entwurf daher vor, dass es bei entgeltlichen Sexualkontakten Minderjähriger nicht länger auf die gewerbsmäßige Absicht der betroffenen Person ankommen soll (lit. a). Leistet hingegen eine volljährige Person eine sexuelle Dienstleistung gegen Entgelt (iSd Begriffsbestimmung nach § 74 Abs. 1 Z 6 StGB), soll wie bisher erst dann von Prostitution im Sinne des StGB ausgegangen werden, wenn dies zu dem Zweck erfolgt, sich oder einem Dritten durch die wiederkehrende Vornahme oder Duldung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (lit. b).

Zu Z 3 (§ 104a StGB):

Vorbemerkungen:

Die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates, ABl. Nr. L 101 vom 15.4.2011 S. 1, versucht, jüngsten Entwicklungen im Bereich des Menschenhandels Rechnung zu tragen. Daher sind auch die Bestimmungen zum materiellen Strafrecht in der Richtlinie 2011/36/EU zum Teil weiter als die bisherigen internationalen Vorgaben, nämlich das VN-Protokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, das Fakultativprotokoll zum VN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie, der Rahmenbeschluss 2002/629/JI des Rates, ABl. Nr. L 203 vom 1.8.2002, und das Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels, CETS Nr. 197. Dies erfordert einige Anpassungen des § 104a StGB.

Zur Struktur des § 104a StGB:

Der Tatbestand „Menschenhandel“ soll in fünf Absätze gegliedert werden:

Das Grunddelikt nach Abs. 1 stellt auf bestimmte Handlungen ab, die in Bezug auf eine volljährige Person unter Einsatz unlauterer Mittel mit dem Vorsatz gesetzt werden, dass sie ausgebeutet werde.

Abs. 2 umschreibt die unlauteren Mittel näher.

Abs. 3 enthält eine taxative Liste der Ausbeutungsformen.

Abs. 4 enthält inhaltlich unveränderte Qualifikationen.

Abs. 5 regelt die Tatbegehung gegenüber minderjährigen Personen, die kein unlauteres Mittel erfordert und überdies gegenüber jener des Abs. 1 mit einer höheren Strafdrohung sanktioniert werden soll.

Zu Abs. 1:

Strafbar nach Abs. 1 macht sich, wer die dort aufgezählten Tathandlungen in Bezug auf eine volljährige Person unter Einsatz unlauterer Mittel mit dem Vorsatz, dass diese ausgebeutet werde, vornimmt. Die Tathandlungen bleiben inhaltlich unverändert. Wie bisher muss es nicht zu einer tatsächlichen Ausbeutung des Opfers gekommen sein, sondern soll es für die Strafbarkeit ausreichen, wenn der Täter eine Tathandlung vornimmt und dabei die spätere Ausbeutung des Opfers in seinen Vorsatz aufnimmt.

Die Tatbegehung gegenüber minderjährigen Opfern soll nunmehr gesondert in Abs. 5 erfasst werden, weil bei dieser Personengruppe einerseits – wie bisher – der Einsatz eines unlauteren Mittels nicht verlangt wird und andererseits in Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU auch eine höhere Grundstrafdrohung als bei volljährigen Opfern vorzusehen ist.

Ein Umsetzungsbedarf ist bei § 104a Abs. 1 StGB hinsichtlich des Strafrahmens gegeben, weil Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2011/36/EU unabhängig von der Art des angewendeten unlauteren Mittels eine Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren vorsieht. Der Entwurf schlägt daher für § 104a Abs. 1 StGB eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Diese Strafdrohung galt bisher nur dann, wenn die Tat unter Einsatz von Gewalt oder gefährlicher Drohung begangen wurde, während bei Einsatz anderer unlauterer Mittel ein Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe zur Anwendung kam.

Soweit im Begutachtungsverfahren teils die Schaffung eines eigenen Straftatbestandes gegen Ausbeutung gefordert wurde, teils auf ein allfälliges Missverhältnis zwischen den (neuen) Strafdrohungen gegen Menschenhandel einerseits und den unveränderten Strafdrohungen gegen Zuhälterei nach § 216 StGB oder der Ausbeutung nach § 116 FPG hingewiesen wurde, sei dem zunächst Folgendes entgegengehalten:

Dem Menschenhändler, der sein Opfer auch selbst ausbeutet, kommen die niedrigeren Strafdrohungen des § 216 StGB und nunmehr auch des § 116 FPG jedenfalls nicht zugute. Schon bisher wurde dies im Hinblick auf die strengeren Strafdrohungen des § 104a im Verhältnis zu § 216 so gesehen und gilt dies künftig auch im Verhältnis zu § 116 FPG (siehe dazu auch am Ende dieser Erläuterungen). In einem solchen Fall hat derjenige, der etwa das Opfer selbst angeworben hat (bei Minderjährigen ohne unlauteres Mittel, bei Erwachsenen unter Anwendung eines solchen, also etwa unter Ausnützung einer Zwangslage) und dann auch selbst durch Prostitution ausbeutet, jedenfalls die höhere Strafdrohung des Menschenhandels zu gewärtigen, ebenso etwa derjenige, der einen Fremden im Sinne des § 116 FPG ausbeutet, nachdem er ihn zuvor selbst (schon unter Ausnützung der Zwangslage) dorthin befördert hat, wo er ausgebeutet wird.

Dann ist aber auch darauf hinzuweisen, dass die Tatbegehungsformen des § 104a StGB doch vielgestaltig und ziemlich umfassend sind, sodass – selbst unter Bedachtnahme auf häufig arbeitsteiliges Vorgehen gerade im Bereich der organisierten Kriminalität – diejenigen Fälle, in denen jemand das Opfer „nur“ ausbeutet, ohne es weder angeworben zu haben, noch zu beherbergen oder sonst aufzunehmen oder zu befördern, wohl keine allzu große praktische Bedeutung haben sollten. Dies gilt insbesondere für jene Fälle, in denen der Ausbeuter das Opfer zwar nicht beherbergt (wobei hiezu anzumerken ist, dass selbst kurzfristige Beherbergungen genügen), aber doch „sonst aufnimmt“. Schon die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Strafrechtsänderungsgesetzes 2004 haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Handlungsform insbesondere dann zum Tragen kommen wird, wenn der Täter das Opfer zwar nicht befördert oder weitergibt, dieses aber an einem bestimmten Ort zum Zweck der künftigen Ausbeutung durch ihn selbst oder einen Dritten in Empfang nimmt (294 BlgNR XXII. GP, 13). Nun verlangt aber der Wortlaut der Bestimmung nicht nur nicht, dass das Opfer von einem Dritten aufgenommen wird, sondern auch nicht, dass es an einem anderen Ort aufgenommen wird, als an dem, wo es auch ausgebeutet werden soll (vgl. auch List in SbgK § 216 Rz 19, die auch von der Aufnahme „am Zielort“ spricht). Wenn also der Bordellbetreiber, der das Opfer sexuell ausbeuten möchte, das Opfer in seinem Bordell aufnimmt, sei es nachdem es von einem (anderen) Menschenhändler dorthin befördert wurde, sei es nachdem es sich selbst dorthin begeben hat (etwa weil es sich in einer Zwangslage befindet), ist er nicht weniger Menschenhändler als derjenige, der das Opfer an einem anderen Ort und ohne den Vorsatz, es selbst auszubeuten, aufgenommen hat. Der Tatbegehungsform des (sonstigen) Aufnehmens steht es auch nicht entgegen, wenn es nicht bei einer einmaligen Aufnahme durch den Täter bleibt, sondern wenn der Täter das Opfer täglich aufnimmt, wenn es zu ihm zur Leistung seiner Dienste erscheint oder dorthin gebracht wird. Selbst wenn man mit Schwaighofer in WK2 StGB § 104a Rz 5 eine gewisse Betreuungstätigkeit verlangt, muss diese doch auch keineswegs positiv konnotiert sein, sondern kann sich auf Überwachung und/oder Zuweisen von Kunden bzw. Zuteilen von Arbeit uä beschränken. Zusammenfassend kann also davon ausgegangen werden, dass derjenige, der eine andere Person in seinem Betrieb ausbeutet – unabhängig davon, ob das Abverlangen der Tätigkeit oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung oder ein sonstiges Profitieren davon – per se strafbar ist, regelmäßig den Tatbestand des Menschenhandels verwirklichen wird, weil in einem solchen Fall die Ausbeutung regelmäßig mit einer Aufnahme einhergeht bzw. ohne eine solche kaum denkbar erscheint.

Schließlich ist zum Verständnis der Reichweite der einzelnen Tathandlungen auch auf die Ausführungen von List in SbgK § 104a Rz 32 f, zum „Befördern“ zu verweisen. Danach ist nicht zwingend ein Transport im herkömmlichen Wortsinn erforderlich. Die Beförderung kann auch durch bloße Organisation des Transports bzw. der Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel erfolgen, sofern dafür ein gewisser Organisationsaufwand erforderlich ist. Der Täter muss das Tatopfer demnach nicht zwingend (selbst) befördern, er kann auch für dessen Beförderung Sorge tragen, es also durch (auch gutgläubige) Dritte befördern lassen. Unter Beförderung ist nach diesem Begriffsverständnis also nicht nur eine faktische Überführung mit einem Fahrzeug, z.B. per Auto zu verstehen, sondern überhaupt jede Bewerkstelligung einer Reise, sei es durch persönliche Begleitung in Bahn oder Flugzeug, sei es durch Verschaffung oder Bezahlung des Bahn- oder Flugtickets, nicht aber schon durch die bloße Angabe von Adressen im Ankunftsland. Dieses Begriffsverständnis lässt sich – ohne Verstoß gegen das Analogieverbot – auch auf die anderen Tatbegehungsformen übertragen, sodass etwa auch beherbergt, wer für die Unterbringung bei einer dritten Person sorgt.

Ob es daneben noch eines eigenen Tatbestandes für Fälle von Ausbeutung bedarf, in denen der Ausbeuter keine einzige der in Frage kommenden Tatbegehungsformen des Menschenhandels verwirklicht bzw ob es daneben noch Strafschärfungen bei den bestehenden Ausbeutungstatbeständen bedarf, soll nicht aus Anlass der vorliegenden primär der Umsetzung internationaler Vorgaben dienenden Novelle entschieden werden, sondern kann dies der kürzlich im Bundesministerium für Justiz eingerichteten Expertengruppe „StGB 2015“ vorbehalten werden.

Zum Begriff der Ausbeutung siehe die Erläuterungen zu Abs. 3.

Zu Abs. 2:

Die Umschreibung der unlauteren Mittel soll inhaltlich unverändert bleiben. Der Einsatz von Gewalt oder gefährlicher Drohung war bisher in der Aufzählung der unlauteren Mittel nicht enthalten, da diese Fälle in Abs. 3 gesondert geregelt waren (mit höherer Strafdrohung). Da jedoch die Qualifikation der Tatbegehung unter Einsatz von Gewalt und gefährlicher Drohung im Hinblick auf die Anhebung der Strafdrohung des Abs. 1 zu entfallen hätte, wäre im Gegenzug die Liste der unlauteren Mittel um den Einsatz von Gewalt und gefährlicher Drohung zu ergänzen.

Zu Abs. 3:

Der Ministerialentwurf (462/ME) hat – nicht zuletzt wegen der Tendenz in den internationalen Vorgaben, die Ausbeutungsformen offener zu formulieren – vorgeschlagen, die bisher in § 104a Abs. 1 StGB enthaltene taxative Liste der Ausbeutungsformen durch eine demonstrative Aufzählung zu ersetzen. Im Begutachtungsverfahren wurde jedoch kritisiert, dass der Tatbestand dadurch die erforderliche Bestimmtheit verlieren könnte. Um dieser Kritik Rechnung zu tragen, soll an der taxativen Aufzählung der Ausbeutungszwecke festgehalten werden. Da zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU über die bestehenden Ausbeutungsformen (sexuelle Ausbeutung, Ausbeutung durch Organentnahme, Ausbeutung der Arbeitskraft) hinaus neue Formen der Ausbeutung gesetzlich zu verankern sind, soll die Liste der Ausbeutungsformen zur leichteren Lesbarkeit in einen eigenen Absatz aufgenommen werden. Der Begriff der Ausbeutung soll grundsätzlich keine inhaltliche Änderung erfahren. Die Erläuterungen zum Strafrechtsänderungsgesetz 2004 haben in diesem Zusammenhang Anleihe beim Begriff der Ausbeutung nach § 216 StGB genommen. Unter Ausbeutung im Sinne dieser Bestimmung ist ein rücksichtsloses Ausnützen des Opfers zu verstehen; krasses Schmarotzertum auf der einen und die Notwendigkeit, sich in der Lebensführung fühlbar einzuschränken, auf der anderen Seite stellen das Wesen der Ausbeutung dar (12 Os 24/07g; Philipp in WK StGB 2 § 216 Rz 9; List in SbgK § 216 Rz 19). Dabei ist jedoch zu beachten, dass Ausbeutung keineswegs nur finanziell konnotiert ist. So vertritt etwa Schwaighofer zur Ausbeutung durch Organentnahme die Auffassung, dass diese nicht nur dann vorliege, wenn er Organspender hiefür nicht angemessen entlohnt wird, sondern auch dann, wenn die Organentnahme ohne seine Einwilligung geschieht (WK StGB2, § 104a StGB Rz 10). Letzterer Gedanke liegt auch der in sämtlichen modernen internationalen Rechtsinstrumenten zu findenden Forderung nach der Kriminalisierung von Zwangsarbeit zugrunde. Schließlich ist aber auch im Rahmen der sexuellen Ausbeutung darauf Bedacht zu nehmen. Die Richtlinie 2011/36/EU verlangt nämlich als Mindeststandard hier nicht nur die Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution einer anderen Person, sondern auch die Kriminalisierung des Menschenhandels in Bezug auf andere Formen sexueller Ausbeutung.

Dass hier von Ausnutzung der Prostitution die Rede ist, ist eine Besonderheit der deutschen Sprachfassung der Richtlinie, während jedenfalls in der englischen und französischen Sprachfassung von Ausbeutung der Prostitution die Rede ist. Zumal die Richtlinie keine Definition von Ausbeutung der Prostitution enthält, wird man daher insofern weiterhin davon auszugehen haben, dass Verhaltensweisen, die ansonsten dem Tatbestand des Menschenhandels zu unterstellen wären, mit dem Ziel, dass das Opfer im Sinne des §216 Abs.1 StGB ausgenützt werde, noch nicht den Tatbestand des Menschenhandels erfüllen, sondern dass dies erst der Fall ist, wenn die Schwelle des § 216 Abs. 2 überschritten wurde.

Andere Formen der sexuellen Ausbeutung werden aber wohl alle sonstigen strafbewehrten Formen schwererer Eingriffe in die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung sein, also insbesondere wenn das Opfer vergewaltigt, sexuell genötigt oder im Sinne der §§ 205, 206, 207, 207b oder 212 StGB missbraucht werden soll, und zwar selbst dann, wenn dies völlig losgelöst von einem Prostitutionskontext geschieht (wenn das Opfer also völlig unhonoriert als „Sexsklave“ oder „Sexsklavin“ gehalten wird), aber auch dann, wenn das Opfer dafür in einer Weise honoriert wird, die im Kontext der Zuhälterei keine Ausbeutung im Sinne des § 216 Abs. 2 StGB darstellen würde.

Ganz allgemein wird bei Beurteilung der Frage, wann Ausbeutung vorliegt, auf die körperliche, geistige, seelische, moralische und soziale Entwicklung sowie auf die Ausbildung der betroffenen Person Bedacht zu nehmen sein. Bei Minderjährigen wird daher die Grenze, wann Ausbeutung vorliegt, regelmäßig früher zu ziehen sein.

Wie bisher kann sich die Ausbeutung nicht nur auf die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, sondern auch auf Organentnahme oder die Arbeitskraft beziehen. Während es zur Ausbeutung durch Prostitution bereits vor dem Inkrafttreten des § 104a StGB eine recht reichhaltige Judikatur gegeben hat, wurde mit der Ausbeutung der Arbeitskraft in § 104a StGB mehr oder weniger Neuland betreten. Mit Blick auf die seit dem Inkrafttreten der Bestimmung am 1.5.2004 erfolgten Entwicklungen im Bereich des Arbeitsrechts und in der Praxis aufgetauchte Fragen sollen zum Begriff der Ausbeutung der Arbeitskraft folgende Präzisierungen vorgenommen werden:

Ganz grundsätzlich sind unter Ausbeutung der Arbeitskraft Praktiken zu verstehen, die zwar noch nicht als Sklaverei oder sklavereiähnlich (vgl. § 104 StGB) anzusehen wären, die aber doch ein rücksichtsloses Ausnützen des Opfers darstellen, das gegen dessen lebenswichtige Interessen gerichtet ist. Dies liegt etwa dann jedenfalls vor, wenn dem Opfer für seine Arbeit oder Dienstleistung über längere Zeit hindurch keine oder nur völlig unzureichende Geldmittel überlassen werden sollen oder wenn die nach der Gesetzeslage erlaubte oder zumutbare Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum exzessiv ausgedehnt oder das Opfer unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen zur Erbringung der von ihm geforderten Leistung verhalten werden soll. Ganz allgemein geht der Entwurf davon aus, dass erhebliche und nachhaltige Unterschreitungen gesetzlicher bzw. kollektivvertraglicher Mindeststandards die vitalen Interessen des Opfers verletzen (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Strafrechtsänderungsgesetzes 2004, 294 BlgNR, 22. GP, 12f). Eine nicht übermäßige, wenn auch länger währende Unterschreitung des Kollektivvertragslohnes oder eine nicht übermäßige Überschreitung der Arbeitszeit werden noch nicht in Betracht kommen, wohl aber erhebliche und nachhaltige Unterschreitungen von gesetzlichen bzw. kollektivvertraglichen Mindeststandards. Eine die vitalen Interessen des Opfers verletzende Unterschreitung gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Mindeststandards kann auch im Fehlen der Dokumentation der Arbeitsleistung und Entlohnung erblickt werden.

Wird eine Person in Österreich tätig, so sind für die Beurteilung, ob Ausbeutung vorliegt, die österreichischen gesetzlichen bzw. kollektivvertraglichen Standards maßgeblich. Der Umstand, dass ein Opfer aus einem Land mit einem mitunter erheblich niedrigeren Lohnniveau als jenem in Österreich stammt und daher womöglich selbst seine Situation sogar als Verbesserung gegenüber seiner Lage im Heimatstaat ansieht, ist daher rechtlich unerheblich. Auch wenn Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist auf österreichische arbeitsrechtliche Standards abzustellen (vgl. die Schutzrichtung der §§ 8 Abs. 1, 14c Z 2 AuslBG, 7 bis 7b AVRAG, 10 bis 10a AÜG). Ausnahmen von diesem Prinzip sind arbeitsrechtlich nur in sehr engen Grenzen zulässig (vgl. das sog. Montageprivileg gemäß §§ 7a Abs. 4 und 7b Abs. 2 AVRAG). Ob das Opfer als selbständig oder unselbständig im Sinne der arbeitsrechtlichen Bestimmungen tätig wird, ist ohne Belang.

Um den jüngsten Entwicklungen des Menschenhandels Rechnung zu tragen, sieht Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2011/36/EU über die bisherigen internationalen Vorgaben hinaus zusätzliche Ausbeutungsformen vor, und zwar im Bereich der Bettelei und der Ausnutzung strafbarer Handlungen.

Zur Bettelei wurde bisher in Österreich die Meinung vertreten, dass es sich hierbei um einen – wenn auch nicht ausdrücklich genannten – Fall von Arbeitsausbeutung handeln könne. Auch die Formulierung der Richtlinie 2011/36 (arg. „einschließlich“) legt dies nahe. Aus Gründen der Klarheit schlägt der Entwurf vor, die Bettelei als Ausbeutungsform ausdrücklich zu erwähnen.

Unter Betteln ist das Erbitten einer materiellen Gabe, die ohne Erwartung einer Gegenleistung des Empfängers erfolgt, zu verstehen. Die Ausbeutung zur Bettelei erfasst nicht nur das aktive Betteln einer Person, sondern auch die bloße Anwesenheit z.B. von kleinen Kindern beim Betteln anderer Personen, wenn ihre Anwesenheit dazu dient, durch den erhöhten Mitleidseffekt bessere Erträge aus der Bettelei zu erzielen. Ausbeutung wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn dem Opfer das durch das Betteln erzielte Einkommen zur Gänze oder zu einem überwiegenden Teil vom Täter oder einem Dritten abgenommen wird. Wie bei der Arbeitsausbeutung schon seit 2004 soll sich die Umsetzung der Richtlinie auch bei der Ausbeutung bzw. Ausnutzung zur Bettelei nicht auf das absolute Mindestmaß, nämlich erzwungene Bettelei, beschränken. Gerade bei Personen mit einer herabgeminderten Willensfreiheit, sei es auf Grund ihres Alters, sei es auf Grund einer physischen oder psychischen Beeinträchtigung würde dies zu kurz greifen. Im Hinblick darauf, dass bei Minderjährigen keine unlauteren Mittel angewendet werden müssen, ist jedoch auch festzuhalten, dass Eltern, die sich aus Not selbst gezwungen sehen, betteln zu gehen und hiezu ihre Kinder mitnehmen, zwar ein Fall für die Jugendwohlfahrt und das Pflegschaftsgericht sein können, jedoch regelmäßig keine Menschenhändler sein werden. Zu berücksichtigen ist auch, inwieweit dem Opfer bestimmte, vitale Interessen gefährdende Bedingungen für die Ausübung der Betteltätigkeit vorgeschrieben werden (z.B. stundenlanges Ausharren bei jeder Wetterlage im Freien oder Verrichten der Bettelei auf den Knien).

Die Richtlinie erfasst ferner auch den Fall der Ausbeutung zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen. Eine typische Konstellation für diese Ausbeutungsform ist beispielsweise, dass ein Täter einer Person eine berufliche Tätigkeit im Ausland in Aussicht stellt und dieser Person, sobald sie am Zielort eingetroffen ist, vom Täter oder einem Dritten „freigestellt wird“, Reise- und/oder Visakosten mit meist horrenden Beträgen durch Begehung von Drogenhandel, Taschendiebstahl oder ähnlichen Delikten „abzuarbeiten“, indem der daraus lukrierte Ertrag dem Täter oder einem Dritten zufließt. Damit die Erträge aus den Straftaten dem Täter tatsächlich zukommen, unterliegen die betroffenen Personen meist einer engmaschigen Überwachung. Häufig wird auch Gewalt oder gefährliche Drohung eingesetzt. Nicht selten werden bei dieser Form des Menschenhandels gezielt strafunmündige Personen herangezogen, weil diese nicht Gefahr laufen, strafrechtlich verfolgt zu werden und dies daher für die Täter besonders lukrativ ist.

Auch bei dieser Konstellation könnte man die Meinung vertreten, dass es sich um einen nicht ausdrücklich genannten Fall der Ausbeutung der Arbeitskraft handeln könne. Zur Klarstellung schlägt der Entwurf jedoch vor, auch die Ausbeutung zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen als eigene Form der Ausbeutung im Gesetz zu verankern. Wie auch sonst im StGB ist unter einer „mit Strafe bedrohten Handlung“ eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung zu verstehen. Dieses Verständnis entspricht auch der Bedeutung von „criminal activities“ (Art. 2 Abs. 3 der RL 2011/36/EU). Ob das Delikt, das das Opfer begehen soll, zum Kernbereich des Strafrechts oder zum Nebenstrafrecht zählt, ist ohne Belang. Im Verwaltungsstrafrecht angesiedelte Verstöße bleiben hingegen von Vornherein außer Betracht. Praktisch wird es häufig um Vermögensdelikte und Drogenhandel gehen, deren Erträge dem Täter oder einem Dritten zufließen. Es kommen aber durchaus auch andere Delikte in Betracht.

Damit Ausbeutung vorliegt, muss der Täter oder ein Dritter die Situation des Opfers bewusst ausnützen. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn das Opfer keine andere Möglichkeit sieht, als die mit Strafe bedrohten Handlungen zu begehen, weil es beispielsweise ohne Geldmittel ist oder sich in einem fremden Land aufhält, dessen Sprache es nicht versteht, und der Täter seine einzige Bezugsperson ist.

Wenn das Opfer in der Folge die ihm abverlangten strafbaren Handlungen begeht, stellt sich die Frage seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Das Gleiche gilt für strafbare Handlungen, die als typische Begleittaten gesetzt werden (z.B. ein Opfer sexueller Ausbeutung weist sich bei einer Polizeikontrolle auf Geheiß des Täters mit einem falschen Reisepass aus): Gemäß Art. 8 der Richtlinie ist die Möglichkeit vorzusehen, Opfer für ihre Beteiligung an strafbaren Handlungen, zu der sie sich als unmittelbare Folge davon, dass sie dem Menschenhandel ausgesetzt waren, gezwungen sahen, straffrei zu lassen. Die Bestimmung bedarf insoweit keiner direkten legistischen Änderung, als § 10 StGB bereits jetzt eine Straffreiheit von Opfern ermöglicht. Begeht ein Menschenhandelsopfer eine mit Strafe bedrohte Tat, um einen unmittelbar drohenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, ist es entschuldigt, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll und in seiner Lage von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten ist (§ 10 StGB). Wenn die Voraussetzungen des § 10 StGB nicht vorliegen, wäre an die Anwendung der Bestimmungen über den Rücktritt von der Verfolgung (Diversion) gemäß §§ 198ff StPO zu denken.

Zu Abs. 4:

Dieser Absatz enthält die bisher in § 104a Abs. 4 StGB normierten Erschwerungsgründe, die keine inhaltliche Änderung erfahren sollen.

Zu Abs. 5:

Bei der Tatbegehung gegen Minderjährige ist im Sinne eines erhöhten Schutzes dieser Personengruppe wie bisher (vgl. § 104a Abs. 1 Z 1 StGB) vom Erfordernis des unlauteren Mittels Abstand zu nehmen, sodass für die Erfüllung des Tatbestandes lediglich die Vornahme einer Tathandlung mit dem Vorsatz, dass das Opfer ausgebeutet werde, erforderlich ist.

Anpassungsbedarf besteht aufgrund der Richtlinie 2011/36/EU hinsichtlich der Strafhöhe bei mündigen minderjährigen Opfern: Art. 4 Abs. 2 lit. a der Richtlinie sieht bei Tatbegehung gegen Opfer im Kindesalter – das sind gemäß Art. 2 Abs. 6 Personen unter 18 Jahren – eine Höchststrafe von mindestens zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Diese Strafdrohung ist im geltenden Recht nur bei unmündigen Opfern vorgesehen (§ 104a Abs. 4 StGB). Der Entwurf schlägt daher vor, den Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auf alle minderjährigen Opfer auszudehnen. Mit der Anhebung der Strafdrohung für mündige minderjährige Tatopfer wird auch einer Empfehlung der Expertengruppe des Europarates (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings - GRETA) in ihrem ersten Bericht betreffend die Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels durch Österreich (vgl. GRETA 2011 (10)) entsprochen.

 

Konkurrenzen:

Im Bereich der sexuellen Ausbeutung sind Überschneidungen mit § 217 StGB („Grenzüberschreitender Prostitutionshandel“) denkbar. Wenn Minderjährige betroffen sind, ist echte Konkurrenz von § 217 und § 104a möglich. Für den Fall überschneidender unlauterer Mittel nach § 217 Abs.  2 und Ausbeutungsvorsatz konsumiert bei Erwachsenen § 217 zufolge der höheren Strafdrohung den Grundtatbestand des § 104a (vgl. Philipp in WK2 § 217 Rz 34). Ist in diesem Fall aber überdies auch eine Qualifikation nach § 104a Abs. 4 StGB erfüllt, wird echte Konkurrenz zwischen § 217 Abs. 2 und § 104a Abs. 4 vorliegen, ebenso wenn der Grundtatbestand des § 104a StGB mit dem Grundtatbestand des § 217 zusammentrifft.

In krassen Fällen der Arbeitsausbeutung, die als Sklaverei bzw. sklavereiähnlich anzusehen sind, verdrängt § 104 den § 104a. Zum Verhältnis zwischen § 104a StGB und 116 FPG 2005 („Ausbeutung eines Fremden“) wurden zur bisherigen Rechtslage im Schrifttum verschiedene Ansichten vertreten. Während Nimmervoll im Falle einer tatplangemäßen Fortentwicklung des Menschenhandels mit dem Vorsatz auf Ausbeutung der Arbeitskraft echte Konkurrenz zwischen § 104a und § 116 FPG annahm (SbgK § 104a Rz 113), ging Schwaighofer davon aus, dass im Falle der Ausbeutung der Arbeitskraft § 104a Abs. 1 von § 116 FPG verdrängt wird. Soweit jedoch eine Tathandlung nach § 104a Abs. 1 (auch) auf eine andere Art von Ausbeutung gerichtet war (sexuelle Ausbeutung, Ausbeutung durch Organentnahme), wurde zur bisherigen Rechtslage einhellig echte Konkurrenz von § 104a Abs. 1 und § 116 FPG 2005 angenommen (WK2 § 104a Rz 21). Mit Blick auf die Anhebung der Strafdrohung in § 104a Abs. 1 StGB wird diese Bestimmung künftig nicht mehr hinter § 116 FPG zurücktreten.

Im Falle von Praktiken, die einem regelrechten „Kindeskauf“ entsprechen, ohne dass ein Vorsatz auf Ausbeutung des betroffenen Kindes gegeben ist, wäre eine Strafbarkeit des Vermittlers nach § 194 StGB („Verbotene Adoptionsvermittlung“) zu prüfen.

Zu Z 4 (§ 194 Abs. 1 StGB):

Gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. a (ii) des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie (BGBl. III Nr. 93/2004) haben die Vertragsstaaten das unstatthafte Herbeiführen der Zustimmung zur Adoption einer Person unter 18 Jahren unter Verstoß gegen die anwendbaren internationalen Übereinkommen betreffend die Adoption zu kriminalisieren. Wenngleich davon auszugehen ist, dass Österreich dieser internationalen Verpflichtung durch § 194 in der geltenden Fassung ausreichend nachkommt, sollen im Sinne einer Empfehlung des VN-Kinderrechtskomitees vom 22. Oktober 2008 (vgl. CRC/C/OPSC/AUT/CO/1) regelwidrige internationale Adoptionen verstärkt kriminalisiert werden.

Der Ministerialentwurf (462/ME) hat deshalb vorgeschlagen, die Strafbarkeit eines Vermittlers auf die Herbeiführung der Zustimmung einer zustimmungsberechtigten Person unter Verstoß gegen die anwendbaren internationalen Übereinkommen betreffend die Adoption auszudehnen. Im Begutachtungsverfahren wurde von mehreren Seiten kritisch angemerkt, dass bei der gewählten Gesetzestechnik der Unrechtsgehalt für die Normunterworfenen unklar sei. Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, schlägt der Entwurf die nachstehenden Präzisierungen vor, wobei zur besseren Übersichtlichkeit Abs. 1 in zwei Ziffern gegliedert werden soll:

Z 1 enthält den bisherigen Tatbestand des Abs. 1 (Zustimmung zur Adoption gegen Vermögensvorteil). In Z 2 soll künftig über die Z 1 hinaus das Herbeiführen der Zustimmung einer zustimmungsberechtigten Person zur Adoption einer minderjährigen Person durch einen Vermittler entgegen Art. 4 des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (BGBl. Nr. III 145/1999) erfasst sein.

Während es bei der Z 1 nicht darauf ankommt, aus welchem Staat adoptiert werden soll, soll die Z 2 im Einklang mit den Vorgaben des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie auf den Anwendungsbereich internationaler Übereinkommen beschränkt sein. Da derzeit nur das Haager Adoptionsübereinkommen, BGBl. III Nr. 145/1999, Verpflichtungen von Privatpersonen im gegenständlichen Bereich vorsieht, soll der Tatbestand nur Verhaltensweisen, die dem Haager Adoptionsübereinkommen widersprechen, erfassen. Bei Adoptionen aus einem Staat, der nicht Vertragsstaat des Haager Adoptionsübereinkommens ist, kommt die Z 2 daher von Vornherein nicht in Betracht. Da nur Art. 4 des Haager Übereinkommens für die Zwecke dieses Straftatbestandes maßgeblich ist, soll der Tatbestand nur auf die Herbeiführung der Zustimmung entgegen dieser Bestimmung anwendbar sein: Gemäß Art. 4 lit. c (1) darf eine internationale Adoption, durch die ein dauerhaftes Eltern-Kind-Verhältnis begründet werden soll, nur durchgeführt werden, wenn sich die zuständigen Behörden des Heimatstaates vergewissert haben, dass u.a. die Personen, deren Zustimmung zur Adoption notwendig ist, soweit erforderlich beraten und gebührend über die Wirkungen ihrer Zustimmung unterrichtet worden sind, insbesondere darüber, ob die Adoption dazu führen wird, dass das Rechtsverhältnis zwischen dem Kind und seiner Herkunftsfamilie erlischt oder weiterbesteht. Nach Art. 4 lit. c (2) ist die Zustimmung unbeeinflusst in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zu erteilen und muss entweder schriftlich gegeben oder bestätigt werden. Sofern die Zustimmung der Mutter erforderlich ist, darf diese erst nach der Geburt des Kindes erteilt werden (Art. 4 lit. c (4)).Wie bei der Z 1 soll auch die Strafbarkeit nach der Z 2 im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. a (ii) des Fakultativprotokolls („as an intermediary“) auf den Vermittler einer beabsichtigten Adoption beschränkt sein. Vermittler ist in diesem Zusammenhang jede Person, die faktisch eine Vermittlerrolle einnimmt, auf die Rechtmäßigkeit der Vermittlungstätigkeit im Hinblick auf die Vorschriften betreffend die Adoptionsvermittlung kommt es nicht an. Der Tatbestand bezieht sich nur auf die Herbeiführung der Zustimmung zustimmungsberechtigter natürlicher Personen, wobei hier vor allem an die leiblichen Eltern der minderjährigen Person zu denken ist. Die in Art. 4 des Haager Adoptionsübereinkommens ebenfalls vorgesehene Zustimmung von Behörden ist daher vom Tatbestand nicht erfasst. Die Bestimmung kommt überdies nur bei der Adoption einer minderjährigen Person zum Tragen. Z 2 bezieht sich nur auf Verstöße gegen die Regelungen betreffend die Zustimmung zur Adoption. Ungenauigkeiten in der Beratung allein werden, wenn sie nicht bewusst zur Täuschung eingesetzt worden sind, nicht strafbar sein. Sonstige Verstöße gegen Ordnungsvorschriften des Übereinkommens bleiben außer Betracht.

Welche Personen im Zusammenhang mit der Adoption eines Minderjährigen im Einzelfall zustimmungsberechtigt sind, ergibt sich aus dem bzw. den jeweils anwendbaren Adoptionsbestimmungen (anzuwenden ist bzw. sind gem. § 26 Abs. 1 IPRG das Personalstatut des/der Annehmenden und das Personalstatut des minderjährigen Kindes, allerdings nur hinsichtlich der Zustimmung von Personen, die mit dem Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis stehen. Sind alle Beteiligten Österreicher, so folgt die Beurteilung dem österreichischen Sachrecht, also § 195 ABGB).

Das Delikt ist vollendet, wenn die unstatthaft herbeigeführte Zustimmung (zivilrechtlich bindend) erteilt worden ist; die endgültige Abwicklung der beabsichtigten Adoption ist nicht erforderlich.


 

Zu Z 5 bis 9 (§§ 201 Abs. 1, 202 Abs. 2, 205, 206 Abs. 3 und 4 sowie 207 Abs. 3 und 4 StGB):

Vorbemerkung:

1. Im Begutachtungsverfahren wurde die Sorge geäußert, dass im Hinblick auf die vorgegebene Mindesthöhe der Strafobergrenzen bei manchen Tatbeständen der Richtlinie 2011/93/EU Umsetzungsdefizite bestehen könnten.

So wurde darauf hingewiesen, dass Art. 3 Abs. 5 und 6 der Richtlinie entgegen dem österreichischen Recht nicht zwischen „Beischlaf und dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlungen“ auf der einen Seite und „sonstigen sexuellen Handlungen“ auf der anderen Seite unterscheidet, sondern generell von „sexuellen Handlungen“ spricht. Dazu ist jedoch darauf zu verweisen, dass gemäß Erwägungsgrund 13 die in dieser Richtlinie vorgesehene Höchststrafe für darin erwähnte Straftaten zumindest für die schwersten Formen solcher Straftaten gelten soll. Daraus folgt, dass die im StGB getroffene Unterscheidung zwischen dem Beischlaf und diesem gleichzusetzenden Handlungen auf der einen Seite und sonstigen geschlechtlichen Handlungen auf der anderen Seite insofern nicht schadet, als die in der Richtlinie vorgesehene Strafobergrenze bei jenen Delikten, die den Beischlaf und diesem gleichzusetzende Handlungen sanktionieren, zur Verfügung steht.

2. Mit Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 2012 betreffend sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person, 265/E XXIV. GP, wurde die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des StGB vorzulegen, der für die Tat des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person unter Ausnützung ihrer mangelnden Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit die gleichen Strafrahmen vorsieht, wie diese auch für die Tatbestände der Vergewaltigung (§ 201 Abs. 1 StGB) und qualifizierten Vergewaltigung (§ 201 Abs. 2 StGB) gelten.

Hintergrund dieser Entschließung ist u.a., dass der sexuelle Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen teils schon in der Stammfassung begründet, teils im Zuge der mannigfaltigen Änderungen, die die Sexualdelikte im Laufe der jüngeren Strafrechtsentwicklung erfahren haben, gewachsen, zum Teil anders strukturiert und mit anderer Strafe bedroht ist, als die mit Nötigung verbundenen Sexualdelikte auf der einen Seite und der sexuelle Missbrauch Unmündiger auf der anderen Seite. Aber auch bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten gibt es gewisse Ungereimtheiten, auf die verbunden mit dem Anliegen einer angemessenen Verschärfung bei dieser Gelegenheit reagiert werden kann.

3. In der Stammfassung des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974, waren die schwereren Sexualdelikte so strukturiert, dass sowohl bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten als auch beim Missbrauch wehrloser oder psychisch beeinträchtigter Personen und beim Missbrauch von Unmündigen grundsätzlich zwischen dem Missbrauch zum (damals noch außerehelichen) Beischlaf auf der einen Seite und dem Missbrauch zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen auf der anderen Seite differenziert wurde, wobei der Missbrauch zum Beischlaf mit strengerer Strafe bedroht war als der sonstige sexuelle Missbrauch.

Bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten wurde überdies grundsätzlich weiter differenziert zwischen jenen Fällen, in denen der Täter das Opfer widerstandsunfähig machte, und jenen Fällen, in denen dies nicht der Fall war, wobei erstere einer strengeren Strafdrohung unterworfen waren. Eine Durchbrechung dieser Differenzierung war bei Einsatz von gefährlicher Drohung als Nötigungsmittel insofern gegeben, als der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass nur bei einer gegen das Opfer gerichteten Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben der Zustand der Widerstandsunfähigkeit herbeiführbar sei (und damit nur in diesen Fällen das jeweils strenger bestrafte Delikt in Frage kam), während bei sonstigen gefährlichen Drohungen nur die jeweils weniger streng bestrafte Variante in Frage kam (selbst wenn das Opfer im konkreten Einzelfall doch widerstandsunfähig gewesen sein sollte). Beim Einsatz von Gewalt als Nötigungsmittel wurde nicht in dieser Weise differenziert.

3.1. Im Querschnitt boten die Strafdrohungen der drei Deliktsgruppen folgendes Bild:

Am strengsten (d.h. mit einer Grundstrafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe) waren die Erzwingung des Beischlafs mittels Gewalt oder gegen das Opfer gerichteter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, wobei der Täter das Opfer widerstandsunfähig machen musste, sowie der Beischlaf mit Unmündigen bedroht.

Am zweitstrengsten (d.h. mit einer Grundstrafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) waren die sonstige Erzwingung des Beischlafs mittels Gewalt oder gefährlicher Drohung (d.h. ohne dass der Täter das Opfer widerstandsunfähig machte), die Erzwingung anderer geschlechtlicher Handlungen mittels Gewalt oder gegen das Opfer gerichteter Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, wobei der Täter das Opfer widerstandsunfähig machen musste, weiters der Missbrauch von wehrlosen und psychisch beeinträchtigten Personen zum Beischlaf sowie der Missbrauch von Unmündigen zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen bestraft.

Am wenigsten streng (d.h. mit einer Grundstrafdrohung bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe) wurden die Erzwingung sonstiger geschlechtlicher Handlungen durch Gewalt oder gefährliche Drohung, ohne dass der Täter das Opfer widerstandsunfähig machte, sowie der Missbrauch wehrloser oder psychisch beeinträchtigter Personen zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen bestraft.

Die jeweils zwei Qualifikationsstufen (1. Stufe: schwere Körperverletzung oder – bei den Beischlafsdelikten – Schwangerschaft des Opfers; 2. Stufe: Tod des Opfers) wiesen im Querschnitt gleichfalls drei Strafdrohungsniveaus auf.

4. Mit der Strafgesetznovelle 1989, BGBl. Nr. 242/1989, wurden die gewaltbestimmten Sexualdelikte neu strukturiert. Zum einen wurden die Delikte geschlechtsneutral gefasst und (daher auch) die Trennlinie zwischen den Formen des sexuellen Missbrauchs nicht mehr nur zwischen Beischlaf und sonstigen geschlechtlichen Handlungen gezogen, sondern dem Beischlaf die beischlafsähnlichen Handlungen gleichgestellt (sodass nunmehr grundsätzlich alle Formen der vaginalen, analen und oralen Penetration gleichbehandelt wurden). Es wurde auch nicht mehr auf die Außerehelichkeit des Beischlafs abgestellt (und daher die Vergewaltigung in der Ehe – abgesehen von gewissen Restprivilegien, die dafür gleich auf die bis dahin uneingeschränkt strafbare Vergewaltigung in der Lebensgemeinschaft ausgedehnt aber insgesamt mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004 beseitigt wurden – auch als solche bestraft).

Aufgegeben wurde schließlich auch die Differenzierung dahin, ob der Täter das Opfer widerstandsunfähig gemacht hat oder nicht. (An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass im Lichte des Urteils des EGMR in der Rechtssache M.C. gegen Bulgarien vom 4.12.2003, GZ. 39272/98, ein Abstellen auf den Widerstand des Opfers bei der Vergewaltigung nicht nur auf der Tatbestandsebene, sondern auch dann, wenn dieser Frage im Einzelfall als Indiz für die Gewaltausübung durch den Täter Relevanz zukommen sollte, eine Menschenrechtsverletzung darstellen würde.) Stattdessen wurde eine neue Differenzierung eingeführt: Für die Höhe der Strafdrohung war nunmehr zum einen entscheidend, ob der Täter schwere Gewalt gegen das Opfer ausübte oder nicht; ob er im Falle einer Drohung als Nötigungsmittel gegen das Opfer mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben drohte (was also schon dann nicht gegeben war, wenn sich die Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr Leib oder Leben nicht gegen das Opfer richtete oder wenn sich eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zwar gegen das Opfer richtete, aber diese Gefahr nicht als „schwer“ anzusehen war), ob er sonst mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben drohte, oder überhaupt nur eine sonstige gefährliche Drohung eingesetzt wurde. Schließlich wurde bei der Vergewaltigung (zur Klarstellung) die Freiheitsentziehung als Nötigungsmittel eingeführt. Insgesamt ergab sich danach folgendes Bild: Bei einem mit schwerer Gewalt gegen das Opfer oder mit einer gegen das Opfer gerichteten Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben erzwungenen Beischlaf oder einer auf diese Art und Weise erzwungenen beischlafsähnlichen Handlung drohte die strengste Strafdrohung. Bei einem durch Gewalt (wobei die Gewalt nicht gegen das Opfer und/oder nicht schwer sein musste), durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (wobei die Drohung aber nicht gegen das Opfer gerichtet und/oder die Gefahr für Leib oder Leben nicht schwer sein musste) oder durch Entziehung der persönlichen Freiheit erzwungenen Beischlaf oder einer auf diese Art und Weise erzwungenen beischlafsähnlichen Handlung drohte die nächst strengere Strafdrohung. Die geringste Strafdrohung drohte für einen mit einer gefährlichen Drohung, bei der das angedrohte Übel nicht in einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben bestand, erzwungenen Beischlaf oder für eine auf diese Art und Weise erzwungene beischlafsähnliche Handlung sowie für mit Gewalt oder gefährlicher Drohung jeglicher Schwere erzwungene sonstige geschlechtliche Handlungen.

Die (weiterhin zwei) Qualifikationsstufen wiesen im Querschnitt weiterhin drei Strafdrohungsniveaus auf. Allerdings wurde die erste Qualifikationsstufe inhaltlich geändert: Die Schwangerschaft des Opfers wurde als Qualifikation eliminiert, stattdessen wurde eine neue Qualifikation mit zwei Varianten geschaffen, nämlich dass die vergewaltigte oder geschlechtlich genötigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt wurde.

4.1. Der sexuelle Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen sowie der sexuelle Missbrauch von Unmündigen blieben von der Strafgesetznovelle 1989 unberührt. Weiterhin wurde dort zwischen Beischlaf auf der einen Seite und sonstigen geschlechtlichen Handlungen auf der anderen Seite unterschieden, sodass die beischlafsähnlichen Handlungen weiterhin nicht dem Beischlaf sondern den sonstigen geschlechtlichen Handlungen zugezählt wurden; weiterhin wurde dabei auch auf die Außerehelichkeit des Beischlafs abgestellt.

5. Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 153/1998, wurde beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen die bereits 1989 bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten vorgenommene Verschärfung durch Verschiebung der (grundsätzlichen) Grenzziehung zwischen strenger bestraften Formen des sexuellen Missbrauchs und weniger streng bestraften Formen des sexuellen Missbrauchs entlang der Linie Beischlaf und beischlafsähnliche geschlechtliche Handlungen auf der einen Seite sowie sonstige geschlechtliche Handlungen auf der anderen Seite nachvollzogen (und wurde beim Beischlaf auch nicht mehr auf die Außerehelichkeit abgestellt).

5.1. Beim sexuellen Missbrauch wehrloser oder psychisch beeinträchtigter Menschen erfolgte neuerlich keine Änderung.

6. Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 130/2001, wurde die Strafdrohung für durch schwere Gewalt gegen das Opfer oder durch Drohung mit gegen das Opfer gerichteter gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben erzwungenen Beischlaf sowie für auf diese Art und Weise herbeigeführte beischlafsähnliche Handlungen mit (fahrlässig herbeigeführter) Todesfolge ebenso wie für den sexuellen Missbrauch von Unmündigen durch Beischlaf oder eine beischlafsähnliche geschlechtliche Handlung mit dieser Folge auf bis zu lebenslängliche Freiheitsstrafe erhöht.

7. Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004, BGBl. I Nr. 15/2004, wurden bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten die Strafdrohungsniveaus von drei auf zwei reduziert, wobei dies dadurch erreicht wurde, dass die beiden strengeren Strafbestimmungen zu einer verschmolzen wurden. Auf der Tatbestandsebene wurde die Verschmelzung dadurch erreicht, dass nur mehr auf die Tatbestandselemente der bisherigen mittleren Strafbestimmung abgestellt wurde; auf der Strafdrohungsebene erfolgte die Verschmelzung dergestalt, dass in der Grundstrafdrohung als nunmehr einheitliche Untergrenze die bisher nur für die zweitstrengste Strafdrohung bestehende Untergrenze (6 Monate Freiheitsstrafe) und als nunmehr einheitliche Obergrenze die bisher nur für die strengste Strafdrohung bestehende Obergrenze (10 Jahre Freiheitsstrafe) herangezogen wurden. Dies bedeutete im Ergebnis, dass nunmehr auch bei schwerer gegen das Opfer gerichteter Gewalt die bis dahin nur bei nicht schwerer Gewalt oder nicht gegen das Opfer gerichteter schwerer Gewalt vorgesehene geringere Strafuntergrenze, umgekehrt aber die bis dahin nur bei gegen das Opfer gerichteter schwerer Gewalt vorgesehene höhere Strafobergrenze nunmehr auch bei nicht schwerer oder nicht gegen das Opfer gerichteter schwerer Gewalt vorgesehen war. (Für die gefährliche Drohung und die Freiheitsentziehung galt und gilt Entsprechendes).

Bei der am wenigsten strengen Strafbestimmung wurde die Strafobergrenze der Grundstrafdrohung von bisher drei auf fünf Jahre Freiheitsstrafe (also auf das Niveau der bis dahin mittleren Strafdrohung) angehoben; unverändert blieb vorläufig, dass hier keine Untergrenze vorgesehen war. Von den Tatbestandselementen her blieb diese Strafbestimmung unverändert.

Bei den Qualifikationen wurden für den verschmolzenen Tatbestand ohne Relativierung nach unten die bisherigen höchsten Strafdrohungen herangezogen (also anders als bei der Grundstrafdrohung nicht nur bei den Strafobergrenzen, sondern auch bei den Strafuntergrenzen); für die geringer bedrohte (nunmehr) zweite Tatbestandvariante wurden bei den Qualifikationen ohne Rücksicht auf die Untergrenze einheitlich die bisherigen mittleren Qualifikationsstrafdrohungen herangezogen. Inhaltlich erfuhren die Qualifikationsstrafdrohungen insofern eine Änderung, als die Schwangerschaft des Opfers wieder als Qualifikationstatbestand aufgenommen wurde (und zwar wie schon in der Stammfassung wieder in die erste Qualifikationsstufe, wobei die mit der Strafgesetznovelle 1989 geschaffenen zusätzlichen Qualifikationsvarianten unverändert beibehalten wurden).

7.1. Beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen erfolgte gleichfalls eine Verschmelzung, und zwar dahin, dass auf der Tatbestandsebene nicht mehr zwischen Missbrauch zum Beischlaf und Missbrauch zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen unterschieden wurde und wird und dass bei der Grundstrafdrohung die bisher nur für den Beischlaf vorgesehene (höhere) Obergrenze nunmehr auch für den sonstigen Missbrauch galt und gilt, während nunmehr auch für den Missbrauch zum Beischlaf wie bisher nur für den Missbrauch zu einer sonstigen geschlechtlichen Handlung keine Untergrenze vorgesehen war.

Bei den Qualifikationen wurden ohne Rücksicht auf den Unterschied bei der Untergrenze in der Grundstrafdrohung einheitlich die bisherigen höheren Strafsätze vorgesehen. Die bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten mit der Strafgesetznovelle 1989 neu geschaffenen Qualifikationstatbestände (qualvoller Zustand über eine längere Zeit, besondere Erniedrigung) wurden beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen nicht nachvollzogen.

7.2. Beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen erfolgten vorläufig keine weiteren Änderungen. Auch hier wurden die bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten mit der Strafgesetznovelle 1989 neu geschaffenen Qualifikationstatbestände nicht nachvollzogen.

7.3. Im Querschnitt ergab sich danach folgendes Bild:

Es gab nunmehr in der Grundstrafdrohung vier verschiedene Strafdrohungen.

Die strengste Strafdrohung (ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe) drohte und droht bei Missbrauch von Unmündigen zu Beischlaf oder einer beischlafsähnlichen Handlung.

Die zweitstrengste Strafdrohung (sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe) drohte und droht bei Erzwingung des Beischlafs oder einer beischlafsähnlichen geschlechtlichen Handlung durch Gewalt, Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder Entziehung der persönlichen Freiheit.

Die drittstrengste Strafdrohung (sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe) drohte und droht bei sonstigem sexuellem Missbrauch von Unmündigen.

Die niedrigste Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) drohte bei der Erzwingung des Beischlafs oder einer beischlafsähnlichen Handlung durch eine sonstige gefährliche Drohung, bei der Erzwingung sonstiger geschlechtlicher Handlungen durch (jegliche) Gewalt oder gefährliche Drohung sowie beim Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen zu (jeglichen) geschlechtlichen Handlungen.

Bei den Qualifikationen gab es nur noch zwei Strafenniveaus:

Am strengsten bestraft wurden die Erzwingung des Beischlafs oder einer beischlafsähnlichen Handlung durch Gewalt, Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder durch Freiheitsentziehung sowie der Missbrauch von Unmündigen durch Beischlaf oder eine beischlafsähnliche Handlung (bis zu lebenslang), alle übrigen qualifizierten Formen des sexuellen Missbrauchs (also die qualifizierte Nötigung zum Beischlaf oder zu einer beischlafsähnlichen geschlechtlichen Handlung durch sonstige gefährliche Drohung, die qualifizierte Nötigung zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen, der qualifizierte Missbrauch von wehrlosen und psychisch beeinträchtigten Personen zu jeglicher geschlechtlicher Handlung sowie der qualifizierte Missbrauch von Unmündigen zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen) wurden mit Freiheitsstrafe bis zu maximal fünfzehn Jahren bedroht.

8. Das Zweite Gewaltschutzgesetz, BGBl. I Nr. 40/2009, ließ zwar die Tatbestände der Sexualdelikte unverändert, nahm jedoch einige Änderungen bei den Strafdrohungen vor. So erhielten die Erzwingung des Beischlafs oder beischlafsähnlicher geschlechtlicher Handlungen durch sonstige gefährliche Drohung, die Erzwingung sonstiger geschlechtlicher Handlungen durch Gewalt oder gefährliche Drohung sowie der Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen eine Strafuntergrenze von sechs Monaten. Überdies wurden beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen sowie beim Missbrauch von Unmündigen zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen die Qualifikationsstrafdrohungen auf das Niveau der Strafdrohungen bei durch Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben erzwungenen Beischlaf oder beischlafsähnlichen Handlungen bzw. bei Missbrauch von Unmündigen zum Beischlaf oder zu beischlafsähnlichen Handlungen angehoben; inhaltlich blieben die Qualifikationsstrafdrohungen unverändert.

8.1. Im Querschnitt bietet sich seither folgendes Bild:

Es gibt nunmehr drei Grundstrafdrohungen: Wie bisher ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe für Missbrauch von Unmündigen zum Beischlaf oder zu einer beischlafsähnlichen Handlung sowie sechs Monate bis zehn Jahre für Nötigung zum Beischlaf oder zu einer beischlafsähnlichen geschlechtlichen Handlung durch Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben. Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren sind wie bisher der Missbrauch von Unmündigen zu einer sonstigen geschlechtlichen Handlung und nunmehr überdies auch die Nötigung zum Beischlaf oder zu einer beischlafsähnlichen Handlung durch eine sonstige gefährliche Drohung sowie der Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen zu jeglicher geschlechtlicher Handlung (einschließlich des Missbrauchs zum Beischlaf oder zu einer beischlafsähnlichen Handlung).

Was die Qualifikationen anlangt, ist festzuhalten, dass seit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz 2009 – mit einer Ausnahme – sämtliche Fälle qualifizierten sexuellen Missbrauchs, gleichgültig ob es sich um Beischlaf oder beischlafsähnliche Handlungen oder um sonstige geschlechtliche Handlungen handelt und auch gleichgültig, ob es sich um gewaltbestimmten Missbrauch, Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen oder um Missbrauch von Unmündigen handelt mit derselben Strafdrohung (bis lebenslang) versehen wurden. Die einzige Ausnahme bilden die Fälle des § 202, also die Nötigung zum Beischlaf oder einer beischlafsähnlichen Handlung durch sonstige gefährliche Drohung sowie die Nötigung zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen durch Gewalt oder gefährliche Drohung.

9. Zusammengefasst fällt - ausgehend von der Stammfassung des StGB im Lichte der Änderungen durch die Strafgesetznovelle 1989, durch das StRÄG 1998, das StRÄG 2004 sowie das zweite Gewaltschutzgesetz 2009 - auf,


 

                - dass die Grundstrafdrohung bei der Vergewaltigung (§ 201 Abs. 1 StGB) sowohl innerhalb der Sexualdelikte als auch sonst im Strafgesetzbuch atypisch ist;

                - dass die Qualifikationen der (sonstigen) geschlechtlichen Nötigung (§ 202 Abs. 2) anders als die Qualifikationen bei den §§ 205 und 207 und sohin als einziges vergleichbares Delikt nicht dasselbe Niveau aufweisen wie die Qualifikationen bei den §§ 201 und 206 (mögen auch die Qualifikationen der §§ 205 und 207 im Gesamtkontext des StGB für sich genommen atypisch sein);

                - dass es beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen (§ 205 Abs. 1) anders als bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten (grundsätzlich; § 201 Abs. 1) und beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen (ohne Ausnahme; § 206 Abs. 1) an einer eigenen Grundstrafdrohung für den Missbrauch zum Beischlaf oder einer beischlafsähnlichen geschlechtlichen Handlung mangelt;

                - dass zwar schwere Körperverletzung, Schwangerschaft und Tod des Opfers in allen Fällen als Qualifikationstatbestände vorgesehen sind, dass das Opfer durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt wird, hingegen nur bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten, jedoch weder beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen noch beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen.

Der vorliegende Entwurf soll hier Abhilfe schaffen, wobei nicht verkannt wird, dass insbesondere im Bereich der gewaltbestimmten Sexualdelikte weiterer Änderungsbedarf gesehen werden kann. Beispielsweise sei hier auf den unterschiedlichen Meinungsstand im Schrifttum zur Frage der gegen Dritte gerichteten Nötigungsmittel hingewiesen (vgl. dazu im Überblick Philipp in WK2 § 201 Rz 12, 15 und 16). Da jedoch im Zuge der Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, CETS 210, deren Ratifizierung durch Österreich derzeit vorbereitet wird, allenfalls noch weitergehende Änderungen notwendig werden könnten, was jedoch noch eingehender Prüfung und Erörterung bedarf, beschränkt sich der Entwurf zum jetzigen Zeitpunkt auf die vorgeschlagenen Änderungen.

Zu § 201 Abs. 1 StGB:

Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004 wurde die seit der Strafgesetznovelle 1989 bestehende Struktur des Vergewaltigungstatbestandes, wonach jene Fällen, in denen der Täter eine Person mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt oder durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung nötigt (Abs. 1), und jenen, in denen eine Person sonst mit Gewalt, durch Entziehung der persönlichen Freiheit oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt wird (Abs. 2), in zwei getrennten Absätzen und mit unterschiedlichen Strafdrohungen (1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe im Falle des Abs. 1, 6 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe im Falle des Abs. 2) aufgelöst. Stattdessen wurde ein einheitlicher Tatbestand in einem Absatz geschaffen, der nur mehr auf die Tatbestandselemente des bisherigen Abs. 2 abstellte und bei dem die bisherigen zwei Strafdrohungen dergestalt zu einer verschmolzen wurden, dass die bisherige Untergrenze des Abs. 2 die nunmehrige (Gesamt)Untergrenze und die bisherige Obergrenze des Abs. 1 die nunmehrige (Gesamt)Obergrenze markieren.

Durch diese Verschmelzung sollte zum einen der Eindruck vermieden werden, dass es (wie beim ähnlich strukturierten Tatbestand des Raubes, wo es zwar auch nicht nach den verba legalia, aber doch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch der beteiligten RechtsanwenderInnen und des Schrifttums einen „minder schweren“ Raub gibt) so etwas wie eine „minder schwere“ Vergewaltigung gebe (vgl. die EBRV 294 Blg. NR XXIV. GP). Zugleich war damit eine Verschärfung dahin verbunden, dass die bis dahin nur für den Fall der Anwendung schwerer Gewalt gegen das Opfer oder einer gegen das Opfer gerichteten Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gewalt für Leib oder Leben vorgesehene Strafobergrenze seither auch für die sonstigen Fälle der Vergewaltigung (d.h. unter Anwendung jeglicher Gewalt oder einer Drohung mit jeglicher gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Freiheitsentziehung) gilt. Überdies wurde die Qualifikationsstrafdrohung dahin angepasst, dass die bisher nur für die Fälle des bisherigen Abs. 1 geltenden strengeren Strafsätze (mit bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe) seither gleichfalls für alle Fälle von Vergewaltigung gelten.

Zugleich wurde durch die gewählte Form der Verschmelzung aber auch bewirkt, dass seither auch für die schwereren Fälle der (unqualifizierten) Vergewaltigung statt der bisherigen Strafuntergrenze von einem Jahr die Untergrenze von sechs Monaten Freiheitsstrafe gilt. Überdies wurde damit ein nicht nur für das Sexualstrafrecht, sondern für das StGB insgesamt atypischer Strafrahmen geschaffen.

Die jüngst entflammte Debatte um die Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrests bei Sexualstraftätern hat gezeigt, dass es neben gewisser Anpassungen im Bereich der Anwendungsvoraussetzungen für diese Strafvollzugsform (d.h. im StVG) auch im Bereich des Sexualstrafrechts selbst eines weiteren Zeichens bedarf, um den besonderen Unwertgehalt von gewaltsamen Eingriffen in die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung zu unterstreichen. Ein solches soll mit der – zudem für einen systemkonformen Strafrahmen sorgenden – Anhebung der Strafuntergrenze bei der Vergewaltigung von sechs Monaten auf ein Jahr Freiheitsstrafe gesetzt werden.

Zu § 202 Abs. 2 StGB:

Mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz 2009 wurden die Qualifikationsstrafdrohungen der §§ 205 und 207 StGB auf dasselbe Niveau angehoben wie bei den §§ 201 bzw. 206 StGB, wobei die Grundstrafdrohungen grundsätzlich unverändert blieben. § 202 StGB, der eine den §§ 205 und 207 StGB vergleichbare Grundstrafdrohung aufweist, blieb von dieser Änderung des Zweiten Gewaltschutzgesetzes unberührt. Im Sinne einer Vereinheitlichung der Strafdrohungen soll nunmehr auch beim § 202 StGB dieser Schritt des Zweiten Gewaltschutzgesetzes nachvollzogen werden.

Im Lichte der gleichfalls vorgeschlagenen Änderung im Bereich der Grundstrafdrohung des § 205 (siehe dazu unten) bieten die schweren Sexualdelikte nunmehr ein grundsätzlich einheitliches Bild: Der Missbrauch zu Beischlaf oder beischlafsähnlichen geschlechtlichen Handlungen ist in allen drei Fällen, sei es, dass es sich um eine Nötigung handelt (hier mit der einzigen Ausnahm, dass Nötigungsmittel eine gefährliche Drohung ist, die nicht in einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben besteht; § 201 Abs. 1 StGB), sei es, dass es sich um einen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person handelt (§ 205 Abs. 1 neue Fassung StGB) oder sei es, dass es sich um den sexuellen Missbrauch von Unmündigen handelt, in der Grundstrafdrohung mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht. Demgegenüber beträgt die Grundstrafdrohung beim Missbrauch durch eine andere geschlechtliche Handlung in allen drei Fällen nunmehr Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren (§§ 202 Abs. 1, § 205 Abs. 2 neue Fassung, § 207 Abs. 1 StGB). Die Qualifikation ist nunmehr für alle Fälle, d.h. für sämtliche Formen des Missbrauchs einheitlich gestaffelt Freiheitsstrafe von fünf bis zu 15 Jahren und Freiheitsstrafe von zehn bis zu 20 Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe. Dass in den Fällen der §§ 205 und 207 StGB kein Überschneidungsbereich zwischen der Grundstrafdrohung und der Qualifikation gegeben ist, entspricht bereits der Regelung seit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz 2009 und wird nunmehr für den Bereich des § 202 StGB lediglich nachvollzogen. Eine sachliche Rechtfertigung für den Umstand, dass unterschiedliche Grundstrafdrohungen dieselbe Qualifikation aufweisen, kann darin erblickt werden, dass die Bedeutung, um welche Form des Missbrauchs es sich gehandelt hat, in jenen Fällen, bei denen die Tat die in der Qualifikationsstrafdrohung umschriebenen schweren Folgen gezeitigt hat, zurücktritt.

Zu § 205 StGB:

1. Mit Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 2012 „betreffend sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person“, 265/E XXIV. GP, wurde „die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des StGB vorzulegen, der für die Tat des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person unter Ausnützung ihrer mangelnden Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit die gleichen Strafrahmen vorsieht, wie diese auch für die Tatbestände der Vergewaltigung (§ 201 Abs. 1 StGB) und qualifizierten Vergewaltigung (§ 201 Abs. 2 StGB) gelten.“

Der vorliegende Entwurf soll der Umsetzung dieser Entschließung dienen.

2. Der wesentliche Mangel des § 205 StGB besteht derzeit darin, dass – zum Unterschied von den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten und vom sexuellen Missbrauch von Unmündigen – bei der Grundstrafdrohung (Abs. 1) nicht zwischen dem Missbrauch zum Beischlaf oder beischlafsähnlichen Handlungen auf der einen Seite und dem Missbrauch zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen auf der anderen Seite differenziert wird, wobei diese einheitliche Strafdrohung der Strafdrohung für Missbrauch zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten und beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen entspricht (zur historischen Entwicklung darf auf die Vorbemerkung verwiesen werden).

Damit erscheint zwar der Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen im Vergleich angemessen sanktioniert, nicht aber der Missbrauch zum Beischlaf oder zu beischlafsähnlichen geschlechtlichen Handlungen.

Auch die Begründung des der Entschließung zugrundeliegenden Antrags (1704/A(E) XXIV. GP) hebt diesen Aspekt der (mangelnden) Differenzierung hervor.

In diesem Sinn geht der Entwurf davon aus, dass die Forderung der Entschließung, beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen den gleichen Strafrahmen wie bei der Vergewaltigung vorzusehen, dahin zu verstehen ist, dass dieser Strafrahmen künftig auch bei den Fällen des Missbrauchs von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen zum Beischlaf oder zu beischlafsähnlichen Handlungen zum Tragen kommen solle, während beim Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen zu sonstigen geschlechtlichen Handlungen wie bisher auch weiterhin dieselbe Strafdrohung gelten soll, wie bei der geschlechtlichen Nötigung, dem Pendant zu Vergewaltigung bei sonstigen geschlechtlichen Handlungen, weil ja eben insofern (schon) derzeit keine Ungleichbehandlung gegeben ist.

 

Es wird daher vorgeschlagen, die bis zum StRÄG 2004 bestehende Struktur des § 205 StGB wiederherzustellen – allerdings der Entschließung entsprechend - auf höherem Strafniveau als seinerzeit, indem eben von der Strafdrohung für Vergewaltigung ausgegangen werden soll.

2.1. Zumal die Begründung des Entschließungsantrags auch auf die deutsche Rechtslage hinweist, sei an dieser Stelle angemerkt, dass der Entwurf im Ergebnis über die in Deutschland getroffene Regelung hinausgeht. In Deutschland wurde zwar bereits durch die Neuerungen des 33. Strafrechtsänderungsgesetzes und des 6. Gesetzes zur Reform des Strafrechts 1997/98 eine vergleichbare Aufwertung vorgenommen. Dabei wurde allerdings nur ein Teil der Fälle des dem österreichischen § 205 entsprechenden Tatbestands des § 179 dStGB dem Tatbestand der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung (§ 177 dStGB) unterstellt, nämlich jene Fälle, in denen der Täter das Opfer unter Ausnutzen einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, zu sexuellen Handlungen nötigt. Daneben wurde der weniger streng bestrafte § 179 dStGB („Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen“) beibehalten. Dieses Nebeneinander führte in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen, die bis dato, also rund 15 Jahre nach der vorgenommenen Änderung immer noch nicht endgültig geklärt sind (Fischer, dStGB59, Rz 3 zu § 179). Soweit überblickbar wird in Deutschland – grob gesprochen – für eine Subsumtion unter geschlechtliche Nötigung oder Vergewaltigung jedenfalls verlangt, dass das Opfer noch in der Lage ist, einen dem Ansinnen des Täters entgegenstehenden Willen zu bilden, den der Täter eben unter Ausnützen der Schutzlosigkeit des Opfers, das entweder physisch wehrlos ist oder eine entsprechende Willensbetätigung aus Furcht unterlässt, überwindet. Wenn das Opfer hingegen schon zu einer solchen Willensbildung nicht (mehr) in der Lage ist oder eine dem Ansinnen des Täters entgegentretende Willensbetätigung aus anderen psychischen Gründen als der aus seiner Schutzlosigkeit resultierenden Furcht unterlässt, besteht in Deutschland weiterhin ein Anwendungsbereich für den weniger streng sanktionierten § 179 dStGB (Fischer, dStGB59, Rz 3 zu § 179).

Abgesehen von den damit verbundenen Abgrenzungsproblemen erscheint es sowohl unter Täter- als auch unter Opfergesichtspunkten wenig sachgerecht, in dieser Weise zu differenzieren. Der Entwurf schlägt daher vor, den gesamten Anwendungsbereich des § 205 StGB der Vergewaltigung bzw. geschlechtlichen Nötigung gleichzustellen.

3. Was die Qualifikationsstrafdrohungen anlangt, so kann der diesbezügliche Teil der Entschließung, nämlich die Anhebung der Qualifikationsstrafdrohungen, grundsätzlich bereits seit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz, BGBl. I Nr. 40/2009, als umgesetzt angesehen werden. Durch die am 1.6.2009 in Kraft getretenen Änderung hat § 205 Abs. 2 StGB nämlich bereits dieselben Strafdrohungen wie § 201 Abs. 2 StGB erhalten. Allerdings besteht darüber hinaus noch ein tatbestandlicher Unterschied:

Die mit der Strafgesetznovelle 1989 bei Vergewaltigung (und geschlechtlicher Nötigung) vorgenommene Erweiterung der Qualifikationstatbestände der ersten Qualifikationsstufe um die Fälle, dass das Opfer durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder auf besondere Weise erniedrigt wird, wurde bislang beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen (ebenso wenig wie beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen) nicht nachvollzogen.

Dass die beiden Qualifikationen mittelbar zum Tragen kommen können, wenn Idealkonkurrenz zwischen Vergewaltigung oder geschlechtlicher Nötigung und Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person gegeben ist, oder dass bei Zufügung von Qualen im Zuge des Missbrauchs auch echte Konkurrenz mit § 92 StGB denkbar ist, ist unter dem Gleichstellungsaspekt kein vollwertiger Ersatz für eine auch inhaltliche Anpassung der Qualifikationen des § 205 StGB an jene des § 201 StGB. Der Entwurf schlägt daher vor, über die bereits erfolgte Angleichung der Strafrahmen hinaus, § 205 Abs. 3 StGB auch inhaltlich gleichlautend wie § 201 Abs. 2 StGB zu formulieren.

Zum Unterschied von der schweren Körperverletzung und der Schwangerschaft sowie dem Tod des Opfers als Folgen der Tat, die Erfolgsqualifikationen darstellen, bei denen fahrlässige Herbeiführung genügt, handelt es sich bei den beiden neu vorgeschlagenen Qualifikationen um Deliktsqualifikationen, zu deren Verwirklichung Vorsatz erforderlich ist; bedingter Vorsatz genügt.

Im Übrigen geht der Entwurf davon aus, dass die von Schrifttum und Judikatur zur Vergewaltigung herausgearbeiteten Kriterien für die Auslegung der Begriffe „längere Zeit“, „qualvoller Zustand“ oder „besonders erniedrigend“ (s. dazu Philipp in WK2 § 201 Rz 33) mutatis mutandis auch für den sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen herangezogen werden können. Ein „qualvoller Zustand“ ist danach etwa gegeben, wenn das Opfer peinigende, schwere körperliche oder seelische Beeinträchtigungen erleidet (vgl. RIS-Justiz RS0106652).

Der Begriff „längere Zeit“ lässt sich nicht exakt zeitlich bestimmen, sondern ist grundsätzlich in Relation zum Ausmaß der Qual zu sehen (11 Os 132/02, 11 Os 23/07b). „Längere Zeit“ hindurch dauert der Zustand etwa an, wenn das Opfer z.B. zwei Stunden lang in einem Auto malträtiert wird (12 Os 166/89), während ein einige Minuten dauernder Missbrauch nicht als eine „längere Zeit“ dauernd anzusehen ist (11 Os 5/01).

In besonderer Weise erniedrigt“ wird die missbrauchte Person, wenn die Tat unter Begleitumständen verübt wird, die das mit einem Missbrauch notwendigerweise verbundene Maß der Demütigung des Opfers erheblich überschreiten (vgl. RIS-Justiz RS0095315 unter Bezugnahme auf Punkt 8 des Justizausschussberichtes zur Strafgesetznovelle 1989, 927 BlgNR XVII.GP). „Besonders erniedrigend“ können dabei auch die geschlechtlichen Handlungen selbst sein: z.B. das Ejakulieren ins Gesicht des Opfers oder in den Mund (14 Os 143/06w, 15 Os 14/07h) oder das Einführen von Gegenständen in Vagina oder After (12 Os 75/91, 15 Os 146/02). Im Verhältnis zueinander stellen die beiden Varianten ein alternatives Mischdelikt dar, im Verhältnis zu den ersten beiden Fällen der Qualifikation ein kumulatives Mischdelikt (13 Os 135/09s).

Zu den §§ 206 Abs. 3 und 4 sowie 207 Abs. 3 und 4 StGB:

Im Hinblick darauf, dass bereits mit der Strafgesetznovelle 1989, BGBl. Nr. 242/1989, bei den mit Nötigung verbundenen Sexualdelikten eine weitere Qualifikation für jene Fälle eingeführt wurde, in denen das Opfer längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt wird, und diese Änderung nunmehr, der Entschließung 265/E XXIV. GP folgend, auch beim sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen nachvollzogen werden soll, erscheint es angezeigt, beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen – als dritter vergleichbarer Deliktsgruppe – in gleicher Weise zu verfahren.

Die Einfügung der neuen Qualifikationen (§§ 206 Abs. 3, 207 Abs. 3 StGB) macht auch Anpassungen bei den so genannten Alterstoleranzklauseln erforderlich, weil auch die neuen Qualifikationen einer Straflosigkeit des Täters unter Heranziehung der Alterstoleranzklausel entgegenstehen sollen. Schon derzeit schließt ja § 206 Abs. 4 zweiter Halbsatz StGB eine solche Straflosigkeit in Fällen der Penetration mit einem Gegenstand aus. Da es sich hiebei jedoch lediglich um einen Unterfall der besonderen Erniedrigung handelt, kann dessen gesonderte Nennung angesichts des vorgeschlagenen Ausschlusses der Straflosigkeit bei jeglicher besonderer Erniedrigung entfallen.

Ergänzend darf auf die bezughabenden Erläuterungen zu § 205 StGB verwiesen werden.

Zu Z 10 (§ 207b Abs. 2 StGB):

Nach Art. 3 Abs. 5 (ii) der Richtlinie 2011/93/EU haben die Mitgliedstaaten u.a. sexuelle Handlungen an Minderjährigen unter Ausnutzung einer Abhängigkeitssituation unter Strafe zu stellen. Diese Konstellation wird im österreichischen Recht – soweit nicht bei einem unmündigen Tatopfer die §§ 206, 207 StGB zur Anwendung kommen – durch § 207b Abs. 2 StGB erfasst. Ein Umsetzungsbedarf ergibt sich jedoch daraus, dass Schutzobjekt nach § 207b Abs. 2 StGB nur eine Person unter sechzehn Jahren sein kann, während sich die in Rede stehende Bestimmung der Richtlinie auf alle Minderjährigen bezieht (vgl. Art. 3 Abs. 5 (ii) iVm Art. 2 lit. a). Zur Umsetzung der Verpflichtungen aus der Richtlinie wird daher vorgeschlagen, den Schutz des § 207b Abs. 2 StGB auf alle Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, auszudehnen.

 

Zu Z 11 und 12 (§ 208 Abs. 2 bis 4 StGB):

Vorbemerkungen:

Gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2011/93/EU ist mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens einem Jahr zu bestrafen, wer eine unmündige Person veranlasst, Zeuge sexueller Handlungen zu werden. Eine höhere Strafe, und zwar Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren, ist gemäß Art. 3 Abs. 3 für die Veranlassung der Beiwohnung einer unmündigen Person bei sexuellem Missbrauch vorzusehen. Aus dem Erläuternden Bericht zum Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, das in Art. 22 einen inhaltsgleichen Tatbestand enthält, ist abzuleiten, dass durch diese Bestimmung Unmündige vor psychischen Schäden, die durch solche Verhaltensweisen entstehen können, wie z.B. verzerrte Vorstellungen über Sexualität und zwischenmenschliche Beziehungen, bewahrt werden sollen (vgl. Abs. 151 bis 154 des Erläuternden Berichts). Das österreichische Strafgesetzbuch enthält mit § 208 StGB („Sittliche Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren“) eine Bestimmung, die denselben Schutzzweck wie die internationalen Vorgaben verfolgt und zum Teil darüber hinausgeht (Schutzobjekt sind auch 14- und 15-jährige Personen, keine Beschränkung auf geschlechtliche Handlungen), zum Teil aber auch dahinter zurückbleibt (z.B. durch das zusätzliche Erfordernis der Gefährdungseignung). Daher schlägt der Entwurf vor, § 208 Abs. 1 StGB in der geltenden Fassung beizubehalten und jene Fälle der Richtlinie, die davon nicht abgedeckt werden, in Abs. 2 und 3 gesondert zu erfassen. Abs. 4 sieht – entsprechend dem bisherigen Abs. 2 – eine Alterstoleranzklausel vor.

Zu Abs. 2:

Nach der vorgeschlagenen Bestimmung soll strafbar sein, wer, außer dem Fall des Abs. 1, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, bewirkt, dass eine unmündige Person eine geschlechtliche Handlung wahrnimmt.

Tatopfer soll entsprechend den Vorgaben der RL 2011/93/EU nur eine unmündige Person sein, eine Ausdehnung der Bestimmung auf die Personengruppe des Abs. 1 zweiter Fall wird nicht vorgeschlagen. Unter einer geschlechtlichen Handlung versteht der Entwurf im Sinne der herrschenden Lehre und Rechtsprechung nicht bloß flüchtige sexualbezogene Berührungen der zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen, somit dem männlichen oder weiblichen Körper spezifisch eigentümlichen Körperpartien des Opfers oder des Täters mit dem Körper der jeweils anderen Person (Philipp in WK2 §202 Rz 9; RIS-Justiz RS0095733; RS0095739).

Mit dem Tätigkeitswort „bewirkt“, das u.a. bereits in § 104 Abs. 2 StGB verwendet wird, wird ausgedrückt, dass zwischen der Tathandlung (im eigentlichen Sinn) und dem Erfolg eine Kausalität bestehen muss. Der vom Täter bewirkte Erfolg besteht darin, dass das Opfer eine geschlechtliche Handlung wahrnimmt. Der Begriff „wahrnehmen“ wird auch in der Definition des „Zeugen“ in § 154 Abs. 1 StPO verwendet. Dieses Verständnis entspricht auch der Bedeutung von „witness“ im englischen Originaltext. Unter „wahrnehmen“ im Sinne dieser Gesetzesstelle ist jede Form des unmittelbarenvisuellen oder auditiven Sinneseindrucks eines gegenwärtigen Geschehens zu verstehen. Handlungen vor Schlafenden oder sonst Wahrnehmungsunfähigen erfüllen den Tatbestand daher nicht. Aus dem Erfordernis der Gegenwärtigkeit folgt, dass das Vorführen von Filmen den Tatbestand nicht erfüllt. Ein gegenwärtiges Geschehen ist aber auch dann gegeben, wenn das Opfer durch technische Übertragungsvorgänge (z.B. Webcam) in die Lage versetzt wird, ein „live“ ablaufendes Geschehen wahrzunehmen. Die räumliche Distanz ist unbeachtlich (vgl. zu § 208 Abs. 1 Philipp in WK2 § 208 Rz 9). Zur Erfüllung des Tatbestands muss der Täter dabei die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) haben, durch die Tat sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen.

Die Formulierung „außer dem Fall des Abs. 1“ impliziert, dass eine Bestimmungs- und Beitragstäterschaft zum Delikt nach Abs. 1 nur unter diese Bestimmung fallen wird.

Zu Abs. 3:

Zur Umsetzung des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2011/93/EU sieht der Entwurf eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren vor, wenn der Täter in der Absicht, sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, die Wahrnehmung einer strafbaren Handlungen nach den §§ 201 bis 207 oder 207b durch eine unmündige Person bewirkt. Im Übrigen kann zu den Tatbestandsvoraussetzungen auf die Ausführungen zu Abs. 2 verwiesen werden.

Zu Abs. 4:

Abs. 4 enthält einen persönlichen Strafausschließungsgrund (sog. Alterstoleranzklausel), wie er bisher in § 208 Abs. 2 StGB enthalten war. Der Entwurf sieht vor, dass die Alterstoleranzklausel auch in den Fällen des vorgeschlagenen Abs. 2 zur Anwendung kommen soll. In den Fällen des Abs. 3 soll hingegen eine Straffreiheit mit Blick auf die Vorgabe des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/93/EU nicht in Betracht kommen.

Zu Z 13 und 14 (§ 208a Abs. 1a und Abs. 2 StGB):

Vorbemerkungen:

Art. 6 der Richtlinie 2011/93/EU sieht in Abs. 2 einen neuen Tatbestand vor, der bisher in keiner internationalen Vorgabe enthalten war. Demnach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Versuch eines Erwachsenen, mit Mitteln der Informations- und Kommunikationstechnologie eine Straftat nach Art. 5 Abs. 2 und 3 zu begehen (Anm: Erwerb, Besitz von und wissentlicher Zugriff auf Kinderpornografie), indem er Kontakt zu einer unmündigen Person aufnimmt, um kinderpornografische Darstellungen dieser Person zu erhalten, strafbar ist. Trotz der missverständlichen Diktion „Versuch einer Straftat nach den Art. 5 Abs. 2 und 3“, die den Eindruck erweckt, es könnte im österreichischen Recht mit der Strafbarkeit des Versuchs gemäß § 15 StGB iVm mit § 207a Abs. 3 oder 3a StGB das Auslangen gefunden werden, kann diese Vorgabe mit Blick auf den Titel der Bestimmung „Kontaktaufnahme zu Kindern für sexuelle Zwecke“ nur so verstanden werden, dass ein spezielles Vorbereitungsdelikt vorzusehen ist. Der Unionsgesetzgeber will damit jene Fälle erfassen, in denen Täter versuchen, das Vertrauen von Kindern zu gewinnen, um von ihnen kinderpornografisches Material zu bekommen. Zum Teil geht es den Tätern nur darum, sich an den Bildern sexuell zu erregen oder zu befriedigen, zum Teil setzen die Täter übermittelte Bilder aber auch als Druckmittel zur Erzwingung weiterer (sexueller) Handlungen ein, indem sie beispielsweise mit der Veröffentlichung des Materials drohen. Auch in der Praxis hat sich gezeigt, dass im Rahmen des Phänomens „Grooming“ verschiedene Tätergruppen zu unterscheiden sind. Ein Teil erschleicht sich im Internet das Vertrauen seiner Opfer und vereinbart ein Treffen, um sie dann zu missbrauchen (was durch § 208a Abs. 1 StGB bereits erfasst ist). Ein anderer Teil gibt sich damit zufrieden, wenn er zur geschlechtlichen Befriedigung Nacktfotos von Kindern bekommt. Gegen dieses Verhalten kann nach geltendem Recht erst strafrechtlich vorgegangen werden, wenn der Täter ins Versuchsstadium des § 207a StGB tritt.

Zu Abs. 1a:

Zur Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2011/93/EU soll künftig strafbar sein, wer zu einer unmündigen Person, in der Absicht, eine strafbare Handlung nach § 207a Abs. 3 oder 3a StGB in Bezug auf eine pornographische Darstellung (§ 207a Abs. 4 StGB) dieser Person zu begehen, im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems Kontakt herstellt.

Tatopfer kann wie bei § 208a Abs. 1 StGB nur eine unmündige Person sein. Die Tathandlung der Herstellung des Kontaktes zum Opfer muss wie bei § 208a Abs. 1 Z 1 StGB im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems erfolgen. Wenn der Täter den Kontakt zum Opfer herstellt, muss er die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) haben, eine strafbare Handlung nach § 207a Abs. 3 oder 3a StGB in Bezug auf eine pornografische Darstellung des Opfers zu begehen. Dadurch, dass es dem Täter um eine Darstellung der Person gehen muss, zu der er den Kontakt herstellt, werden jene Fälle ausgeschieden, in denen sich ein Täter der Computerkenntnisse einer unmündigen Person bedienen will, weil er selbst mit der modernen Technik nicht so gut umgehen kann, und die Person daher anspricht, für ihn einschlägiges Material im Internet zu suchen.

Die Strafbarkeit nach § 208a Abs. 2 StGB entfällt, wenn der Täter die beabsichtigte Tat nach § 207a StGB tatsächlich begangen oder zumindest versucht hat.

 

Zu Abs. 2:

Die bisher in Abs. 2 enthaltene Bestimmung über die tätige Reue wäre um den neuen Straftatbestand des Abs. 1a zu erweitern.

Zu Z 15 und 16 (§ 215a Abs. 1 und 2 StGB):

Durch die Erhöhung der Strafdrohung in § 215a Abs. 1 StGB soll den Vorgaben des Art. 4 Abs. 5 zweiter Fall der Richtlinie 2011/93/EU entsprochen werden, der – soweit sich die Tathandlung auf die Kinderprostitution bezieht – eine Strafobergrenze von mindestens fünf Jahren vorschreibt. Weiters soll im Hinblick auf die Erhöhung der Grundstrafdrohung nach Abs. 1 auch die Strafdrohung für die Qualifikationen nach Abs. 2 für alle Fälle einheitlich Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren betragen.

Zu Z 17 bis 19 (§ 216 Abs. 1 bis 4 StGB):

Die Untergruppe „Prostitution“ der Task Force Menschenhandel hat ausdrücklich eine Anhebung des Strafrahmens für das Delikt der Zuhälterei empfohlen. Auch im Begutachtungsverfahren wurde eine höhere Strafdrohung als flankierende Regelung für den Kampf gegen den Menschenhandel gefordert; eine Forderung, die zuletzt auch von der Vorsitzenden der Task Force Menschenhandel mit dem Hinweis auf die Empfehlung der Expertengruppe des Europarates (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings - GRETA) in ihrem ersten Bericht betreffend die Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels durch Österreich (vgl. GRETA 2011 (10)) unterstützt wurde (GRETA empfahl den österreichischen Behörden to „conduct a thorough and comprehensive assessment of the effectivness oft he criminal law provisions concerning Trafficking in Human Beings“ and „to readjust on the basis of such an assessment the content and/or the application of the relevant provisions with a view to addressing any shortcoming identified.“).

Eben unter Berücksichtigung der Empfehlungen der erwähnten Untergruppe der Task Force Menschenhandel kann sich der Entwurf dem Argument nicht entziehen, dass im Rahmen der Aufklärung und Verfolgung des Grundtatbestandes von bestimmten Ermittlungsmaßnahmen, so insbesondere von der Überwachung von Nachrichten (§§ 134 Z 3, 135 Abs. 3 StPO) nicht in vollem Umfang Gebrauch gemacht werden, wodurch wichtige Ermittlungsansätze in Richtung einer verbesserten Verfolgung des Menschenhandels verloren gehen können.

Aus diesem Grund wird eine Anhebung der Strafdrohung des Grundtatbestandes auf zwei Jahren und für die Qualifikationen der Abs. 2 bis 4 eine entsprechende Anhebung auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (Abs. 2) bzw. auf sechs Monaten bis zu fünf Jahre (Abs. 3 und 4, siehe dazu auch im Vergleich die Strafdrohung für den Tatbestand des § 106 Abs. 1 Z 3 StGB) vorgeschlagen.

Zu Z 20 (§ 220b Abs. 1 StGB):

Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2011/93/EU geht über die Vorgaben in Art. 5 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI hinaus, indem die Möglichkeit geschaffen werden muss, nicht nur eine die Beaufsichtigung von Kindern einschließende berufliche Tätigkeit, sondern jede – zumindest berufliche – Tätigkeit, die direkte und regelmäßige Kontakte mit Kindern mit sich bringt, zu untersagen. Der Begriff „direkte und regelmäßige Kontakte mit Kindern“ wird in der Richtlinie nicht definiert, seine Festlegung soll gemäß Erwägungsgrund 40 dem nationalen Recht vorbehalten bleiben. Zur Umsetzung dieser Vorgabe schlägt der Entwurf vor, dass das Tätigkeitsverbot nach § 220b StGB künftig nicht mehr nur Tätigkeiten, die die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließen, sondern auch sonstige Tätigkeiten, die intensive Kontakte zu Minderjährigen mit sich bringen, erfassen soll. Die Erweiterung der Reichweite des Tätigkeitsverbots betrifft berufliche und gewerbliche Tätigkeiten ebenso wie in einem Verein oder in einer anderen Einrichtung ehrenamtlich geleistete Tätigkeiten.

Die Formulierung intensive Kontakte entspricht der EU-Vorgabe, wonach es sich um „direkte und regelmäßige“ Kontakte handeln muss. Intensiv ist der Kontakt dann, wenn er entsprechend häufig erfolgt und sich nicht auf oberflächliche Interaktionen beschränkt. In Betracht werden daher typischerweise Tätigkeiten kommen, die von ihrer Art her Kontakte mit Minderjährigen implizieren und es dem Täter ermöglichen, nähere Kontakte zu Minderjährigen zu knüpfen. Zu denken wäre hier beispielsweise an Betreiber von Schulkantinen, Verkäufer in einem Spielwarengeschäft, Kinderärzte oder – selbst ohne Beaufsichtigungsfunktion – Animateure oder Personen mit ähnlicher Tätigkeit bei Veranstaltungen oder Einrichtungen mit Minderjährigen als überwiegendem Zielpublikum. Tätigkeiten, denen der Kontakt zu Minderjährigen nicht wesensimmanent ist und die nur oberflächliche Kontakte zu Minderjährigen erlauben, bleiben hingegen außer Betracht. So wird eine Verkaufstätigkeit in einem in der Nähe einer Schule gelegenen Supermarkt nicht ausreichend sein.

Das auszusprechende Verbot kann sich je nach Lage des Falles auf die ganze Tätigkeit oder nur auf Teilaspekte derselben erstrecken. So kann beispielsweise dem Betreiber eines Cateringunternehmens der Betrieb einer Schulkantine untersagt werden, während er weiterhin gefahrlos den Betrieb der Kantine eines Unternehmens ausüben kann.

Zu Artikel 2 (Änderung der Strafprozessordnung 1975)

Zu Z 1 (§ 66 Abs. 2):

Art. 18 bis 20 der RL „Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs“ sehen vor, dass Kindern, die Opfer einer der dort zitierten Sexualtaten geworden sind, Betreuung und Unterstützung zu gewähren ist (vgl. insbesondere Art. 18 und 19 Abs. 1 bis 3 der RL). Die vorgeschlagenen Änderungen in § 66 Abs. 2 sehen in diesem Sinne zwingend psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten und das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vor.

Die übrigen vor allem in Art. 19 Abs. 5 (Betreuung und Unterstützung für Angehörige solcher Opfer) und in Art. 20 vorgesehenen Maßnahmen, wie etwa juristische Prozessbegleitung, schonende Vernehmung des Opfers oder Aufzeichnung der Vernehmung des Opfers sind seit langem gängige Praxis und bedürfen keiner weiteren Umsetzung.