Vorblatt

Problem:

Das aus dem Jahr 1983 stammende Entwicklungshelfergesetz war in einigen sozialrechtlichen und inhaltlichen Fragen nicht länger aktuell und daher novellierungsbedürftig.

Ziel:

Anpassung des Gesetzes an die aktuellen Gegebenheiten und Rechtsvorschriften und Verbesserung der sozial- und arbeitsrechtlichen Situation von EntwicklungshelferInnen.

Inhalt/Problemlösung:

Dem Unionsrecht soll Rechnung getragen und die Gleichstellung von EU-BürgerInnen verankert werden, der Anspruch auf Entschädigung für zusätzliche Aufwendungen auch während einer allfälligen Behandlung im Heimatland festgeschrieben und der Paragraf betreffend Familienbeihilfen und Kinderabsetzbetrag entsprechend der geltenden gesetzlichen Lage neu formuliert werden. Für Kinder soll im Falle einer Ausbildung im Einsatzland künftig von der Erfordernis des gemeinsamen Haushalts abgesehen werden. Es soll zwischen mitreisenden Ehegatten und eingetragenen Partnern mit mehr bzw. weniger als geringfügigem Einkommen unterschieden und der Reintegrationsmonat nur noch für Fachkräfte vorgesehen werden, die anschließend nicht in den Personalstand der Entsendeorganisation übernommen werden.

Da die Zuständigkeit vom Bundeskanzler zwischenzeitlich auf den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten übergegangen ist, soll auch dem Rechnung getragen werden.

Für Fachkräfte der Entwicklungshilfe, die in Entwicklungsländern aufgrund des Gehaltsniveaus vor Ort niedrig entlohnt werden, soll durch Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes eine Mindestbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung eingeführt werden.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

- Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Keine.

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für BürgerInnen und für Unternehmen:

Keine.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf ist im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Allgemeine Zielsetzungen

Anpassung des Entwicklungshelfergesetzes an die aktuelle sozial- und arbeitsrechtliche Situation der EntwicklungshelferInnen.

Das Entwicklungshelfergesetz wurde 1983 vom Nationalrat verabschiedet und 1997 bzw. 2009 novelliert. Es bildet die gesetzliche Grundlage für die Entsendung von Fachkräften durch österreichische Entwicklungshilfeorganisationen. Es regelt die rechtliche Stellung der EntwicklungshelferInnen auf den Gebieten der Anstellung, des Versicherungsschutzes, im Bereich der Reisekosten sowie bei sozialrechtlichen Fragen.

Eine Nachjustierung in Bezug auf Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit, Reiseversicherung, Reisekosten, Reintegration und staatliche Familienleistungen sowie eine Anpassung der Pensionsregelung hat sich erforderlich erwiesen.

2009 wurde von der NRO HORIZONT3000, der größten österreichischen Entsendeorganisation, ein konkreter Änderungsvorschlag zum Entwicklungshelfergesetz unterbreitet. Dieser ist in wesentlichen Zügen in die Novelle eingeflossen.

Mit der Novellierung soll aktuellen Familienleistungen und der Tatsache, dass auch mitausreisende Partner von EntwicklungshelferInnen ein eigenes Arbeitsverhältnis eingehen können, Rechnung getragen werden. Die Bezugnahme auf das Einkommensteuergesetz 1972 soll durch jene auf das derzeit gültige Einkommensteuergesetz 1988 ersetzt werden. Weitere wesentliche Änderungen sind die Zuständigkeit für den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, die vom Bundeskanzleramt an das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten übergegangen ist, sowie die rechtliche Gleichstellung der EU-/EWR- und Schweizer Staatsangehörigen durch Unionsrecht.

Finanzielle Auswirkungen

Auf Grund der derzeitigen Regelung in § 13 Entwicklungshelfergesetz erhielten EntwicklungshelferInnen schon bisher für ihre Kinder Familienleistungen und Kinderabsetzbetrag. Dadurch wird dem durch EntwicklungshelferInnen geleisteten Beitrag zum Wohle der Entwicklungsländer Rechnung getragen.

Kompetenzgrundlage

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Gesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 (äußere Angelegenheiten), 4 (Bundesfinanzen), 6 (Zivilrechtswesen), 11 (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen) und 17 (Bevölkerungspolitik) B-VG.

Besonderer Teil

Österreichern und Österreicherinnen durch das Recht der Europäischen Union gleich gestellte Personen sind grundsätzlich gleich zu behandeln. Dazu zählen Bürger der Europäischen Union, sonstige EWR-Staatsangehörige und Schweizer Staatsangehörige.

Kinder im Sinne dieses Gesetzes sind die leiblichen Nachkommen (also auch Enkelkinder), Wahlkinder und deren Nachkommen, Stiefkinder und Pflegekinder.

Zu Artikel 1 (Änderung des Entwicklungshelfergesetzes):

Zu Z 1 (§ 2):

Da es sich bei den jeweiligen Einsätzen nicht nur um reine Projektarbeit handelt, ist diese Definition in der Novelle nicht mehr enthalten. Darüber hinaus wird festgelegt, dass die Vorhaben den Grundsätzen des Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes zu entsprechen haben.

Zu Z 2 (§ 6a):

Durch die neugeschaffene Regelung wird der Fachkraft der Anspruch auf Entschädigung für zusätzliche Aufwendungen während des Einsatzes auch während einer Arbeitsunfähigkeit und allfälligen Behandlung in ihrem Heimatland eingeräumt. Als Heimatland sind das Land der Staatsangehörigkeit der Fachkraft sowie das Land des ständigen Wohnsitzes der Fachkraft zu verstehen.

Zu Z 3 (§ 7 Abs. 1 und 2):

Die Änderungen in Abs. 1 tragen dem Unionsrecht Rechnung und verankern die Gleichstellung von EU-BürgerInnen und nehmen auf den Zuständigkeitswechsel von Bundeskanzler auf den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Bezug.

Die Novelle des Abs. 2 unterscheidet zwischen mitreisenden Ehegatten und eingetragenen Partnern, die über ein eigenes Einkommen verfügen, das die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, und solche mit keinem oder nur geringfügigen Einkommen. Je nach Höhe des Einkommens sind unterschiedliche Versicherungssummen vorgesehen. Als geringfügiges Einkommen ist ein Einkommen zu verstehen, das die zweifache Höhe der in § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG festgelegten Obergrenze nicht überschreitet. Als Einkommen gilt ein Einkommen gem. § 2 Einkommensteuergesetz.

Zu Z 4 (§ 8 Abs. 2):

Durch die Neuformulierung wird die Lage von mitreisenden Ehegatten, eingetragenen Partnern und Kindern verbessert, denen künftig auch im Fall eines Arbeitsverhältnisses im Einsatzland die Reisekosten erstattet werden, sofern sie nicht mehr als ein geringfügiges Einkommen beziehen. Auch wurde präzisiert, dass Ehegatten, eingetragene Partner und Kinder keine Reisekosten bezahlt bekommen, sofern sie im Heimatland (der bisherige Gesetzestext nahm hier nur auf Österreich Bezug) bleiben und nur vorübergehend mit der Fachkraft zusammenleben. Als Heimatland sind das Land der Staatsangehörigkeit der Fachkraft sowie das Land des ständigen Wohnsitzes der Fachkraft zu verstehen.

Zu Z 5 (§ 8 Abs. 5):

Für Kinder, die aus Gründen einer Ausbildung im Einsatzland nicht im gemeinsamen Haushalt leben, wird von der Erfordernis eines solchen gemeinsamen Haushalts abgesehen. Reise- und Nebenkosten sind in diesem Fall zu ersetzen.

Zu Z 6 (§ 9 Abs. 1):

Der sogenannte „Reintegrationsmonat“, der den erforderlichen medizinischen Untersuchungen, der Wiedereingliederung sowie der vereinbarten Berichterstattung dient, ist nicht länger auf Österreich beschränkt, sondern kann auch im Land des nachfolgenden Wohnsitzes verbracht werden. Beginnt die Fachkraft unmittelbar nach dem Einsatz ein neues Beschäftigungsverhältnis, ist ein bezahlter Sondermonat nicht länger erforderlich und der Anspruch darauf erlischt.

Zu Z 7 (§ 13):

Durch die Neuformulierung im § 13 wird auf das geltende Europarecht auch im Gesetzestext ausdrücklich abgestellt.

Zu Z 8 bis 10 (§ 14, 16a und § 17):

Die Änderungen in den §§ 14 und 17 nehmen auf den Zuständigkeitswechsel von Bundeskanzler auf den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Bezug. Der neue § 16a Abs. 2 enthält die Inkrafttretensbestimmung.

Zu Artikel 2 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes):

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 1 Z 9):

Der Versicherungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z 9 ASVG wird terminologisch an das Entwicklungshelfergesetz, BGBl. I Nr. 574/1983, angepasst, wobei der versicherte Personenkreis nunmehr mit „Fachkräfte der Entwicklungshilfe nach § 2 des Entwicklungshelfergesetzes“ umschrieben wird.

Zu Z 2 (§ 48):

Die als EntwicklungshelferInnen tätigen Personen erhalten auf Grund dieser Tätigkeit ein dem Lohnniveau des jeweiligen Entwicklungslandes entsprechendes Entgelt, das sich in der Höhe von ca. 750 € bis 1 300 € monatlich bewegt. Dies bedingt in der gesetzlichen Pensionsversicherung eine niedrige Beitrags- sowie eine niedrige Bemessungsgrundlage, was sich insbesondere im neuen Pensionskonto (auf Grund der „Durchrechnung“ über die gesamte Erwerbskarriere) auf die Pensionshöhe dämpfend auswirkt.

Die Beschäftigung dieses Personenkreises erfolgt in einem Dienstverhältnis, das heißt es liegt eine Vollversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vor.

Zur Erhöhung der künftigen Pensionsleistung soll für Personen, die als EntwicklungshelferInnen tätig sind, eine fiktive (Mindest-)Beitragsgrundlage geschaffen werden, die jener für Präsenz- bzw. Zivil- oder Gedenkdienstleistende entspricht (Wert 2013: 1 614,32 €). Die Beiträge sind wie bisher von den Entwicklungshilfeorganisationen und den Entwicklungshelfern und Entwicklungshelferinnen selbst zu tragen. Somit wird das Budgetkapitel UG 22 dadurch nicht belastet.

Zu Z 3 (§ 53 Abs. 1):

Die von der versicherten Person zu entrichtenden Beitragsteile, die auf die Differenz zwischen der Mindestbeitragsgrundlage und dem Entgelt entfallen, sollen nicht auf die 20 %-Grenze für die Beitrags-Gesamtbelastung der versicherten Person nach § 53 Abs. 1 ASVG (wonach alle Beitragsteile, die 20 % des Entgelts der versicherten Person übersteigen, vom Dienstgeber zu tragen sind) angerechnet werden.

Zu Z 4 (§ 677):

Die sozialversicherungsrechtlichen Neuerungen sollen mit 1. Jänner 2014 in Kraft treten und sich nur auf Einsatzverträge beziehen, die ab diesem Zeitpunkt geschlossen werden.