Vorblatt

 

Ziel(e)

 

- Unionsweite Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen durch den Heimatstaat des Betroffenen

- Unionsweite Überwachung von gelinderen Mitteln als Alternative zur Untersuchungshaft (Anordnungen, Weisungen) durch den Heimatstaat des Betroffenen

- Vermeidung von Strafverfahren gegen dieselbe Person wegen derselben Tat (parallele Verfahren) und aufgrund dessen Vermeidung des Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot

- Steigerung der operativen Tätigkeit von Eurojust und Harmonisierung der Kompetenzen der nationalen Mitglieder in den Verfahrensordnungen der Mitgliedstaaten

- Verpflichtung zur schriftlichen Belehrung von Betroffenen, die aufgrund des europäischen Haftbefehls festgenommen wurden, in einer für sie verständlichen Sprache

- Gleichstellung aufenthaltsverfestigter Unionsbürger mit eigenen Staatangehörigen bei der Übergabe zur Strafvollstreckung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls

 

Inhalt

 

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

 

- Ersuchen um Überwachung angeordneter Bewährungsmaßnahmen und alternativer Sanktionen (Weisungen, Bewährungshilfe, und [medizinische] Behandlung) durch den Heimatstaat des Verurteilten

- Ersuchen um Überwachung gelinderer Mittel als Alternative zur Untersuchungshaft (Anordnungen, Weisungen) durch den Heimatstaat des Betroffenen

- Einführung eines Verständigungs- und Konsultationsmechanismus

- Änderung der Befugnisse des nationalen Mitgliedes von Eurojust und Einführung von Verständigungspflichten für nationale Strafverfolgungsbehörden

- Einführung einer Verpflichtung zur schriftlichen Belehrung über die Rechte im Übergabeverfahren in einer für den Betroffenen verständlichen Sprache

- Gleichstellung aufenthaltsverfestigter Unionsbürger mit österreichischen Staatsbürgern bei der Übergabe zur Strafvollstreckung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls

 

Wesentliche Auswirkungen

Insgesamt zielen die vorgeschlagenen Maßnahmen ab auf

- Vermeidung von Haft in grenzüberschreitenden Situationen (Strafhaft soll durch Bewährungsmaßnahmen, Untersuchungshaft durch gelindere Mittel ersetzt werden),

- verbesserte Effizienz und Beschleunigung der justiziellen Zusammenarbeit sowie

- verbesserten Rechtsschutz.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Aufgrund des Übersetzungsaufwandes für die Rechtsbelehrung im Fall der Festnahme einer nicht der deutschen Sprache mächtigen Person, werden im ersten Jahr die angeführten Kosten entstehen.

 

Gesamt für die ersten fünf Jahre

in Tsd. €

2013

2014

2015

2016

2017

Auszahlungen

5

0

0

0

0

Nettofinanzierung

‑5

0

0

0

0

 

Finanzielle Auswirkungen

 

Maßnahme

2013

2014

2015

2016

2017

Übersetzung der Rechtsbelehrung in verschiedene Sprachen

5.000

0

0

0

0

 

In den Wirkungsdimensionen gemäß § 17 Abs. 1 BHG 2013 treten keine wesentlichen Auswirkungen auf.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Artikel 1 Z 2 und 16 des Entwurfs dienen der Umsetzung der Richtlinie 2012/13/EU vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren ABl. L 2012/142, 1.

Artikel 1 Z 3 und 39 des Entwurfs dienen der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2009/948/JI vom 30. November 2009 zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren ABl. L 2009/138, 42;

Artikel 1 Z 4, 40 bis 47 des Entwurfs dienen der Umsetzung des Beschlusses 2009/426/JI vom 16. Dezember 2008 zur Stärkung von Eurojust und zur Änderung des Beschlusses 2002/426/JI über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität, ABl. L 2009/138, 14.

Artikel 1 Z 5, 6, 9, 13 und 51 des Entwurfs dienen der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/947/JI vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternative Sanktionen, ABl. L 2008/388, 102.

Artikel 1 Z 5, 6, 10, 13 und 51 des Entwurfs dienen der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI vom 23. Oktober 2009 über die Anwendung - zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - des Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft, ABl. L 2009/294, 20.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine

 

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

EU-JZG-Änderungsgesetz 2013

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Justiz

Laufendes Finanzjahr:

2013

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2013

 

 

Problemanalyse

 

Problemdefinition

Der Rahmenbeschluss 2008/947/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen sieht die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen (Weisungen, Bewährungshilfe, und [medizinische] Behandlung), durch denjenigen Mitgliedstaat vor, in dem die betroffene natürliche Person ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat, sofern sie bereits freiwillig dorthin zurückgekehrt ist oder zurückkehren will. Eine derartige Übernahme der Überwachung ist bereits im Europaratsübereinkommen über die Überwachung bedingt verurteilter oder bedingt entlassener Personen, BGBl. Nr. 248/1980, vorgesehen, das allerdings keinen großen Ratifikationsstand aufweist und daher in der Praxis kaum zur Anwendung gelangt. Der erwähnte Rahmenbeschluss ist umsetzungspflichtig, wobei es nahezu keinen Gestaltungsspielraum gibt.

Der Rahmenbeschluss 2009/829/JI über die Anwendung - zwischen den Mitgliedstaaten der EU - des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft sieht die Überwachung gelinderer Mittel (Anordnungen, Weisungen) durch denjenigen Mitgliedstaat vor, in dem die betroffene natürliche Person ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hat, sofern sie dorthin bereits freiwillig zurückgekehrt ist oder zurückkehren will. Diesbezüglich gibt es bisher kein Präzedenz. Der erwähnte Rahmenbeschluss ist umsetzungspflichtig, wobei es nahezu keinen Gestaltungsspielraum gibt.

Am 16. Dezember 2008 hat der Rat den Beschluss 2009/426/JI zur Stärkung von Eurojust und zur Änderung des Beschlusses 2002/187/JI über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (in der Folge: Eurojust-Beschluss) gefasst, der zum Ziel hat, Eurojust - dessen Aufgabe es ist, Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen, die in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten wegen bestimmter schwerer (insbesondere organisierter) Kriminalitätsformen geführt werden, zu erleichtern, und zwar insb durch deren Koordinierung und durch Unterstützung bei Rechtshilfe, Auslieferung und gegenseitiger Anerkennung -, insbesondere die nationalen Mitglieder, operativer zu machen und die verfahrensrechtlichen Kompetenzen der nationalen Mitglieder in den Strafverfahrensordnungen der Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Im nationalen Recht hat das nationale Mitglied bis dato nicht alle Kompetenzen, die es nach dem Beschluss haben sollte. Bei der Umsetzung gibt es quasi keinen Gestaltungsspielraum.

Der Rahmenbeschluss 2009/948/JÍ zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren sieht einen Mechanismus von Mitteilung und Beantwortung derartiger Mitteilungen durch Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten vor sowie gegebenenfalls ein Konsultationsverfahren, um Verfahren gegen dieselbe Person wegen derselben Tat zu vermeiden. Derartige Mitteilungen über Verfahren im Inland sind dem österreichischen Recht bis dato fremd. Bei der nun vorgeschlagenen Umsetzung des Rahmenbeschlusses besteht weitgehend kein Gestaltungsspielraum.

Mit Urteil vom 5.9.2012 in der Rechtssache C-42/11 (Lopes da Silva Jorge) hat der EuGH eine Verletzung des Unionsrechts durch Frankreich im Hinblick auf die Nichtgleichstellung aufenthaltsverfestigter Unionsbürger mit eigenen Staatsangehörigen bei der Regelung der Übergabe zur Strafvollstreckung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls festgestellt. Eine derartige Ungleichbehandlung besteht auch nach österreichischem Recht (§ 5 EU-JZG), weshalb dieses entsprechend zu ändern ist, wobei weitestgehend kein Gestaltungsspielraum besteht.

 

 

Nullszenario und allfällige Alternativen

Bei der Nicht-Umsetzung von Rahmenbeschlüssen und Richtlinien droht ein Vertragsverletzungsverfahren.

Im Hinblick auf den Eurojust-Beschluss wären europarechtliche Vorgaben nicht erfüllt.

Im Zusammenhang mit dem EuGH-Urteil vom 5.9.2012 (C-42/11; Lopes da Silva Jorge) bestünde im Falle der Nichtumsetzung die Gefahr einer Verurteilung von Österreich durch den Gerichtshof.

 

Interne Evaluierung

 

Zeitpunkt der internen Evaluierung: 2018

Evaluierungsunterlagen und -methode: In der Verfahrensautomation Justiz werden die neu geschaffenen Instrumente möglichst erfassbar gemacht werden, sodass eine statistische Auswertung möglich sein sollte. Dies gilt insbesondere für:

- die Übernahme und die Erwirkung der Überwachung von Bewährungsmaßnahmen,

- die Übernahme und die Erwirkung der Überwachung von gelinderen Mitteln,

- Fälle von Konsultationen bei parallelen Verfahren,

- Verständigungen Eurojusts.

Daten Eurojust betreffend können auch aus dem Jahresbericht des nationalen Mitglieds entnommen werden.

 

Ziele

 

Ziel 1: Unionsweite Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen durch den Heimatstaat des Betroffenen

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Derzeit kommt eine Überwachung von Bewährungsmaßnahmen durch den Heimatstaat des Betroffenen nur auf der Grundlage des Europäischen Übereinkommens über die Überwachung bedingt verurteilter oder bedingt entlassener Personen, BGBl. Nr. 248/1980, in Betracht, das allerdings aufgrund seines geringen Ratifikationsstands und der Kompliziertheit der enthaltenen Regelungen in der Praxis kaum zur Anwendung gelangt. Im Hinblick darauf wird in Bezug auf Unionsbürger, die im Urteilsstaat keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, in vielen Fällen nicht mit bedingter Strafnachsicht bzw. bedingter Entlassung vorgegangen oder werden die angeordneten Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen nicht überwacht.

Unionsweite Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen durch den Heimatstaat des Betroffenen, was dazu führen soll, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen von der Möglichkeit der bedingten Strafnachsicht bzw. der bedingten Entlassung Gebrauch gemacht wird und damit die verbüßte Haftzeit reduziert wird. Die Überwachung durch den Heimatstaat trägt überdies zur Resozialisierung des Betroffenen bei.

 

Ziel 2: Unionsweite Überwachung von gelinderen Mitteln als Alternative zur Untersuchungshaft (Anordnungen, Weisungen) durch den Heimatstaat des Betroffenen

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Die Überwachung von gelinderen Mitteln als Alternative zur Untersuchungshaft (Anordnungen, Weisungen) durch den Heimatstaat des Betroffenen kommt derzeit nicht in Betracht. In jenen Fällen, in denen dieser nicht im Verfahrensstaat wohnhaft oder aufhältig ist, wird daher oft von der Anwendung derartiger gelinderer Mittel kein Gebrauch gemacht, und der Betroffene muss in U-Haft bleiben.

Unionsweite Überwachung gelinderer Mittel als Alternative zur Untersuchunghaft durch den Heimatstaat des Betroffenen mit der Konsequenz, dass im Verfahrensstaat bei Vorliegen der Voraussetzungen derartige gelindere Mittel angewandt und der Betroffene nicht in U-Haft genommen wird. Die Überwachung gelinderer Mittel durch den Heimatstaat trägt überdies zur Resozialisierung des Betroffenen bei.

 

Ziel 3: Vermeidung von Strafverfahren gegen dieselbe Person wegen derselben Tat (parallele Verfahren) und aufgrund dessen Vermeidung des Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Derzeit bestehen im Rahmen von Rechtshilfeersuchen und der Einschaltung von Eurojust Möglichkeiten Kompetenzkonflikte zu eruieren und zu vermeiden. Dies wird jedoch zumeist nur dann der Fall sein, wenn der Beschuldigte den Einwand erhebt, bereits in einem anderen Staat wegen derselben Tat verfolgt zu werden bzw. verurteilt worden zu sein. Es ist jedoch im Vorfeld kein verpflichtendes Verfahren vorgesehen, um Kompetenzkonflikte zu erfassen bzw. beizulegen.

Die Justizbehörden betroffener Mitgliedstaaten konsultieren einander und vermeiden doppelte Verfolgung. Dadurch werden für den für den Beschuldigten ungünstige, dem Verbot der Doppelverfolgung und -bestrafung zuwiderlaufende und unökonomische Verfahrensverläufe (doppelter Ermittlungsaufwand) vermieden.

 

Ziel 4: Steigerung der operativen Tätigkeit von Eurojust und Harmonisierung der Kompetenzen der nationalen Mitglieder in den Verfahrensordnungen der Mitgliedstaaten

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Das nationale Mitglied ist derzeit auf einfache Unterstützungshandlungen aufgrund der im EU-JZG geregelten Kompetenzen beschränkt und auf die Information von nationalen Strafverfolgungsbehörden im Fall von Rechtshilfe und der gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen. Es bestehen kaum Möglichkeiten, aus eigener Initiative Unterstützung anzubieten oder Vorschläge an nationale Strafverfolgungsbehörden zu erstatten.

Das nationale Mitglied soll eine aktivere Rolle in nationalen Strafverfahren spielen können, ohne jedoch die Leitungsfunktion der nationalen Strafverfolgungsbehörden zu beeinflussen. Die Möglichkeiten von Eurojust werden besser genützt: Grenzüberschreitende Zusammenhänge können in das Strafverfahren einfließen, gemeinsame Ermittlungsgruppen finden vermehrt statt.

 

Ziel 5: Verpflichtung zur schriftlichen Belehrung von Betroffenen, die aufgrund des europäischen Haftbefehls festgenommen wurden, in einer für sie verständlichen Sprache

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Nach der derzeitigen Rechtslage sieht die Strafprozessordnung bereits bestimmte Rechte und eine Belehrung von Betroffenen vor, die auch für das Übergabeverfahren gelten. Die Richtlinie Rechtsbelehrung sieht jedoch erweiterte Belehrungspflichten bereits für das Strafverfahren im Allgemeinen und im Besonderen auch für das Übergabeverfahren vor.

Mit der vorgeschlagenen Umsetzung sollen in Hinkunft auch Betroffene, die aufgrund des europäischen Haftbefehls festgenommen wurden, nicht nur über ihre allgemeinen Rechte nach der StPO belehrt werden, sondern auch über die Besonderheiten im Übergabeverfahren.

 

Ziel 6: Gleichstellung aufenthaltsverfestigter Unionsbürger mit eigenen Staatangehörigen bei der Übergabe zur Strafvollstreckung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Nach derzeitiger Rechtslage können Freiheitsstrafen, die in einem anderen Mitgliedstaat über einen Unionsbürger, der in Österreich aufenthaltsverfestigt ist, verhängt wurden, in Österreich nicht vollzogen werden; solche Personen sind, wenn ein diesbezüglicher Europäischer Haftbefehl vorliegt, zum Strafvollzug an den Urteilsstaat zu überstellen (während bei österreichischen Staatsbürgern der Strafvollzug im Inland stattfindet). Nach einem Urteil des EuGH verstößt diese Rechtslage gegen das Diskriminierungsverbot.

Gleichstellung aufenthaltsverfestigter Unionsbürger, gegen die ein anderer Mitgliedstaat einen Europäischen Haftbefehl zur Vollstreckung einer bereits ausgesprochenen Freiheitsstrafe ausgestellt hat, mit österreichischen Staatsbürgern, indem die Strafe im Inland vollzogen wird.

 

Maßnahmen

 

Maßnahme 1: Ersuchen um Überwachung angeordneter Bewährungsmaßnahmen und alternativer Sanktionen (Weisungen, Bewährungshilfe, und [medizinische] Behandlung) durch den Heimatstaat des Verurteilten

Beschreibung der Maßnahme:

Wenn einer natürliche Person im Urteil eine bedingte Strafnachsicht erteilt wurde oder ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe erfolgt ist bzw. wenn ein Rechtsbrecher aus der verhängten Freiheitsstrafe bedingt entlassen wurde, so kann der Heimatstaat des Verurteilten um Übername der Überwachung der angeordneten Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen ersucht werden. Letzterer ist grundsätzlich auch für alle Folgemaßnahmen im Falle eines Verstoßes gegen die Bewährungmaßnahme oder alternative Sanktion (z.B. Änderung der Bewährungsmaßnahme oder alternativen Sanktion, Widerruf der bedingten Strafnachsicht oder der bedingten Entlassung) zuständig.

Umgekehrt ist entsprechenden Ersuchen der übrigen Mitgliedstaaten um Übernahme der Überwachung zu entsprechen.

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Derzeit kommt eine Übernahme der Überwachung von Bewährungsmaßnahmen nur auf der Grundlage des Europäischen Übereinkommens über die Überwachung bedingt verurteilter oder bedingt entlassener Personen, BGBl. Nr. 248/1980, in Betracht. Dieses weist allerdings nur einen geringen Ratifiktationsstand auf und wird deshalb sowie aufgrund der enthaltenen komplizierten Regelungen in der Praxis kaum angewandt.

Die im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten geschaffene Möglichkeit der Übernahme der Überwachung durch den Heimatstaat des Verurteilten sollte dazu führen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen auch in Bezug auf nicht im Inland wohnhafte oder ständig aufhältige Personen von der Verhängung einer unbedingten Freiheitsstrafe abgesehen wird und stattdessen eine bedingte Strafnachsicht gewährt wird oder ein Schuldspruch ohne Strafe erfolgt bzw. der Rechtsbrecher aus der Strafhaft bedingt entlassen wird, wodurch eine gewisse Entlastung des inländischen Strafvollzugs bewirkt wird. Die Überwachung der angeordneten Bewährungsmaßnahmen oder alternativen Sanktionen durch den Heimatstaat trägt darüber hinaus zur Resozialisierung des Verurteilten bei.

 

Maßnahme 2: Ersuchen um Überwachung gelinderer Mittel als Alternative zur Untersuchungshaft (Anordnungen, Weisungen) durch den Heimatstaat des Betroffenen

Beschreibung der Maßnahme:

Wenn von der Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft unter Anwendung gelinderer Mittel abgesehen wurde, kann der Heimatstaat des Betroffenen um Übernahme der Überwachung der angeordneten gelinderen Mittel ersucht werden. Der Verfahrensstaat bleibt allerdings "Herr des Verfahrens" und ist daher für alle Folgemaßnahmen infolge Verstoßes gegen das angeordnete gelindere Mittel (z.B. Änderung des angeordneten gelinderen Mittels, Erlassung eines Haftbefehls) zuständig.

Umgekehrt ist entsprechenden Ersuchen anderer Mitgliedstaaten um Übernahme der Überwachung zu entsprechen.

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Derzeit kommt die Überwachung gelinderer Mittel durch den Heimatstaat des Betroffenen nicht in Betracht, was dazu führen kann, was dazu führen kann, dass Personen, die im Inland keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, in Untersuchungshaft genommen werden.

Die im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten geschaffene Möglichkeit der Übernahme der Überwachung gelinderer Mittel sollte dazu führen, dass im Verhältnis von Personen, die im Inland keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, bei Vorliegen der Voraussetzungen gelindere Mittel als Alternative zur U-Haft angeordnet werden, wodurch es zu einer gewissen Entlastung des inländischen Strafvollzugs kommen sollte. Darüber hinaus trägt diese Möglichkeit zur Resozialisierung des Betroffenen bei.

 

Maßnahme 3: Einführung eines Verständigungs- und Konsultationsmechanismus

Beschreibung der Maßnahme:

Wenn eine Strafverfolgungsbehörde in einem Mitgliedstaat Grund zur Annahme hat, dass in einem anderen Mitgliedstaat ein Verfahren gegen denselben Beschuldigten wegen derselben Tat (paralleles Verfahren) anhängig ist, hat sie in Form einer Mitteilung Kontakt aufzunehmen. Die kontaktierte Behörde wiederum ist verpflichtet, zu antworten, ob und in welchem Umfang sie ein paralleles Verfahren führt. Wird aufgrund dessen festgestellt, dass (zum Teil) ein paralleles Verfahren geführt wird, sind die betroffenen Behörden verpflichtet, Konsultationen mit dem Ziel aufzunehmen, die negativen Folgen von parallelen Verfahren zu vermeiden.

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Derzeit besteht im Vorfeld keine Pflicht zur Kontaktaufnahme mit einer Behörde eines anderen Mitgliedstaates, wenn Grund zur Annahme besteht, dass dort ein paralleles Verfahren geführt wird.

Negative Auswirkungen von parallelen Verfahren insbesondere der Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot sollen vermieden werden. Kompetenzkonflikte im transnationalen Bereich kommen aufgrund der Tatumstände und der unterschiedlichen Zuständigkeitsregelungen der Strafverfahrensordnungen der Mitgliedstaaten, die wenig Überschneidungen ermöglichen, sehr selten vor.

 

Maßnahme 4: Änderung der Befugnisse des nationalen Mitgliedes von Eurojust und Einführung von Verständigungspflichten für nationale Strafverfolgungsbehörden

Beschreibung der Maßnahme:

Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll der Eurojust-Beschluss umgesetzt werden. Konkret werden zunächst die Kompetenzen des nationalen Mitgliedes geregelt, die stufenweise nach Einflussmöglichkeit des nationalen Mitgliedes auf das nationale Strafverfahren aufgebaut sind. Im Weiteren sollen die im Beschluss vorgesehenen Verständigungspflichten umgesetzt werden, die zum Ziel haben Eurojust möglich frühzeitig von einem möglichen Koordinierungsbedürfnis von Strafverfahren in unterschiedlichen Mitgliedstaaten in Kenntnis zu setzen, um ein aktives Herantreten von Eurojust an nationale Strafverfolgungsbehörden und damit dessen aktive Teilnahme zu ermöglichen. Zur Unterstützung von Eurojust bzw. dem nationalen Mitglied ist auch im Hinblick auf die zahlreichen bereits eingerichteten Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten, die den unterschiedlichsten Zwecken dienen, ein nationales Eurojust Koordinierungssystem vorgesehen

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Nach der derzeitigen Rechtslage hat das nationale Mitglied kaum Möglichkeiten, sich aktiv in ein nationales Strafverfahren einzubringen oder aus Eigeninitiative Unterstützung anzubieten.

Aufgrund der vorgesehenen Verständigungspflichten durch die nationalen Strafverfolgungsbehörden und die für das nationale Mitglied vorgeschlagenen Kompetenzen, soll dem nationalen Mitglied die Möglichkeit gegeben werden, sich aktiv und eigeninitiativ in nationale Strafverfahren einzubringen.

 

Maßnahme 5: Einführung einer Verpflichtung zur schriftlichen Belehrung über die Rechte im Übergabeverfahren in einer für den Betroffenen verständlichen Sprache

Beschreibung der Maßnahme:

In Umsetzung der Richtlinie Rechtsbelehrung wird vorgeschlagen, dass dem Betroffenen, der aufgrund eines europäischen Haftbefehls festgenommen wurde, eine schriftliche über die nach den allgemeinen Vorschriften der StPO bestehenden Rechte hinausgehende Belehrung über die Spezifika des Übergabeverfahrens in einer für ihn verständlichen Sprache ausgefolgt werden soll.

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Derzeit besteht keine Verpflichtung, an den Betroffenen eine schriftliche Belehrung über seine speziellen Rechte im Übergabeverfahren auszufolgen.

Aufgrund der gesetzlich eingeführten Verpflichtung sollen verständliche Rechtsbelehrungen ausgearbeitet werden, die in diverse Sprachen übersetzt und der Kriminalpolizei zur Ausfolgung an die Betroffenen zur Verfügung gestellt werden.

 

Maßnahme 6: Gleichstellung aufenthaltsverfestigter Unionsbürger mit österreichischen Staatsbürgern bei der Übergabe zur Strafvollstreckung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls

Beschreibung der Maßnahme:

Wenn ein anderer Mitgliedstaat auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls um Übergabe eines im Inland aufenthaltsverfestigten Unionsbürgers zur Strafvollstreckung ersucht, so ist die Übergabe analog der Regelung in Bezug auf inländische Staatsangehörige (s. § 5 Abs. 4 EU-JZG) entsprechend Art. 4 Z 6 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl abzulehnen und die im EU-Ausland verhängte Freiheitsstrafe im Inland zu vollstrecken. Diese Verpflichtung folgt aus dem Urteil des EuGH vom 5.9.2012 in der Rechtssache C-42/11 (Lopes da Silva).

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Derzeit kommt eine Ablehnung der Übergabe zur Strafvollstreckung auf Grund eines Europäischen Haftbefehls gegen Vollstreckung der im EU-Ausland verhängten Freiheitsstrafe nur in Bezug auf österreichische Staatsbürger in Betracht (s. § 5 Abs. 4 EU-JZG), was mit dem Unionsrecht nicht im Einklang steht.

Nach der vorgeschlagenen Einfügung eines § 5a in das EU-JZG wird nicht nur die Übergabe eigener Staatsbürger zur Strafvollstreckung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls sondern auch jene von im Inland aufenthaltsverfestigten Unionsbürgern abzulehnen und die im EU-Ausland verhängte Freiheitsstrafe im Inland zu vollstrecken sein.

 

Abschätzung der Auswirkungen

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte

 

Hinweis: Aufgrund von Rundungsdifferenzen kann es zu geringfügigen Abweichungen zwischen Ergebnis- und Finanzierungshaushalt kommen.

 

Finanzielle Auswirkungen für den Bund

 

in Tsd. €

2013

2014

2015

2016

2017

Aufwendungen

5

0

0

0

0

Nettoergebnis

‑5

0

0

0

0

 

Erläuterung:

Die Übersetzungskosten im Jahr 2013 entstehen für das Formblatt, das Personen durch die Kriminalpolizei im Fall einer Festnahme aufgrund eines Europäischen Haftbefehls auszuhändigen ist. Es ist beabsichtigt, die Rechtsbelehrung in zahlreiche Sprachen übersetzen zu lassen. Es kann angenommen werden, dass das Formblatt zumindest für fünf Jahre Gültigkeit haben wird und keine Änderungen erforderlich sein werden, die einen neuerlichen Übersetzungsaufwand generieren.

Zur Umsetzung des RB Bewährungsaufsicht ist eine auch nur ansatzweise Abschätzung der finanziellen Auswirkungen nicht möglich, weil zunächst nicht feststeht, in wie vielen Fällen ö Justizbehörden andere EU-MS um Übernahme der Überwachung von Auflagen und Weisungen in Bezug auf in diesen wohnhafte oder ständig aufhältige Unionsbürger, hinsichtlich derer in Ö ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe erfolgt ist, denen im Inland eine bedingte Strafnachsicht gewährt oder die hier bedingt entlassen wurden, ersuchen werden.

Ebenso wenig steht fest, wie viele derartige Ersuchen von anderen MS in Bezug auf in Ö wohnhafte oder ständig aufhältige Personen an Ö gestellt werden.

Das Europarats-Übereinkommen betreffend die Übernahme der Überwachung derartiger Auflagen und Weisungen (Überwachungsübereinkommen) wird in der Praxis sehr selten angewendet (etwa ein ein- bzw. ausgehendes Ersuchen/Jahr).

Im Hinblick auf diesen Präzedenzfall kann davon ausgegangen werden, dass Ersuchen auf der Grundlage der §§ 81 ff EU-JZG nicht häufig vorkommen werden, wobei sich aus- und eingehende Ersuchen wohl die Waage halten werden, sodass von Kostenneutralität auszugehen ist.

Zur Umsetzung des RB Überwachungsanordnung: Zum Stichtag 1.3.2013 befanden sich 492 Unionsbürger in Ö in U-Haft. Allerdings gibt es hier keine Erfahrungen aus einem Europarats-Übereinkommen; aus ähnlichen Gründen wie soeben ausgeführt ist auch hier keine Abschätzung möglich.

 

Erläuterung der Bedeckung:

Die Kosten für die Übersetzung der Rechtsbelehrung, für Personen, die aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Österreich festgenommen werden und die deutsche Sprache nicht sprechen, werden aus dem Budget des Bundesministeriums für Justiz getragen werden.

 

Finanzielle Auswirkungen für die Länder

 

Aus dem Vorhaben ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen für Länder/Gemeinden.

 

Finanzielle Auswirkungen für die Gemeinden

 

Aus dem Vorhaben ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen für Länder/Gemeinden.