Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Die gesetzlichen Vorgaben für die Veranlagung der Produkte der Prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge sollen an die volatiler gewordene Kapitalmarktsituation angepasst werden. Das betrifft einerseits die vorgeschriebene Mindestaktienquote, die durch eine Bandbreitenregelung flexibler ausgestaltet wird. Andererseits werden die Investitionsmöglichkeiten hinsichtlich der zugelassenen Börsen erweitert.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen), Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Börse- und Bankwesen), Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Vertragsversicherungswesen) sowie aus § 7 Abs. 1 F-VG.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988)

Zu Z 1 bis 4 (§ 108h und § 124b Z 246 EStG):

Die Veranlagungsgrenzen für prämienbegünstigte Zukunftsvorsorgeprodukte sollen flexibler gestaltbar sein als bisher. Durch die Einführung von Bandbreiten für die Mindestaktienquote kann auch die bisherige Dreiteilung des Lebenszyklusmodells durch ein zweistufiges Modell ersetzt werden: Für unter Fünfzigjährige soll eine Mindestaktienquote zwischen 15% und 60% festgelegt werden; für über Fünfzigjährige eine Mindestaktienquote zwischen 5% und 50%. Innerhalb dieser Bandbreite soll entsprechend der Marktsituation eine flexible Anpassung möglich sein. Durch die Einführung von Bandbreiten und die dadurch gesteigerte Veranlagungsflexibilität soll die Attraktivität der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorgeprodukte in schwierigen Kapitalmarktphasen erhöht werden.

Innerhalb der Mindestaktienquote war bisher vorgesehen, dass die Veranlagung zu 100% in Aktien zu erfolgen hat, die an bestimmten Börsen der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraumes erstzugelassen waren. Von den im Rahmen des zweistufigen Lebenszyklusmodells tatsächlich gehaltenen Aktien müssen künftig nur mehr mindestens 60% diese Voraussetzung erfüllen. Damit gewinnt das zweistufige Modell auch im Hinblick auf Veranlagungsmöglichkeiten an Flexibilität.

Für alle Vertragsabschlüsse ab dem 1. August 2013 ist das zweistufige und flexiblere Modell anzuwenden. Auf zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Vertragsabschlüsse hat die Neuregelung grundsätzlich keine Auswirkungen. Für diese Verträge wurden die Kapitalgarantie und das Veranlagungsportfolio nämlich auf die volle Vertragslaufzeit berechnet. Andererseits soll für Personen, die einen Zukunftsvorsorgevertrag bereits abgeschlossen haben, nach Ablauf der Mindestlaufzeit des laufenden Vertrages (§ 108g Abs. 1 Z 2) ein Umstieg möglich sein. Die Erklärung, von den bisherigen Veranlagungsvorschriften auf das zweistufige Modell umzusteigen, soll keine Auswirkungen auf das zivilrechtliche Vertragsverhältnis haben, insbesondere nicht zu einer Kündigung des bestehenden Zukunftsvorsorgevertrages führen und daher auch keine steuerlichen Konsequenzen zeitigen. Da die Abgabe einer Erklärung jedoch zu einer Änderung der für die Veranlagung maßgeblichen Vorschriften führt, sollen die Informationspflichten gemäß § 108h Abs. 3 Z 4 und 5 – soweit dies möglich ist – sinngemäß erfüllt werden.

Abs. 3 soll die Transparenz beim Abschluss von Verträgen mit Versicherungsunternehmen erhöhen. Da eine staatliche Förderung nur solchen Produkten zuteilwerden soll, die ein besonderes Maß an Transparenz für den Kunden bieten, sieht der Entwurf für nach dem 31. Juli 2013 geschlossene Verträge zusätzlich zu den bereits jetzt bestehenden Informationspflichten speziell auf die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge zugeschnittene Informationspflichten vor. Eine abschließende Regelung soll dadurch freilich nicht getroffen werden. Abs. 3. letzter Satz soll daher klarstellen, dass weitere gesetzliche Informationspflichten, d.h. sowohl ausdrücklich angeordnete als auch von der Rechtsprechung aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis abgeleitete Informationspflichten, unberührt bleiben.

Z 1 und 2 lehnen sich an § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 der deutschen Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) an und sollen ein hohes Maß an Kostentransparenz gewährleisten. Z 1 regelt die Offenlegung der in den Beiträgen (Versicherungsprämien) enthaltenen Kosten. Die Abschlusskosten (vgl. § 2 Abs. 5 Z 7.1. der Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde über Inhalt und Gliederung der versicherungsmathematischen Grundlagen, BGBl. II Nr. 110/2005) sind nach dem Entwurf als einheitlicher Gesamtbetrag auszuweisen. Die übrigen in der Prämie enthaltenen Kosten (insbesondere laufende Verwaltungskosten) sind ebenfalls als Gesamtbetrag, allerdings unter Angabe der jeweiligen Laufzeit offenzulegen. Da die Bestimmung den Zweck verfolgt, sämtliche aus der Prämie entnommene Kosten transparent zu machen, besteht die Offenlegungspflicht unabhängig davon, ob die Kosten unmittelbar, d.h. noch vor der Veranlagung oder mittelbar, d.h. erst danach, etwa aus der Deckungsrückstellung am Jahresende, entnommen werden.

Z 2 regelt die Offenlegung der nicht in der Prämie enthaltenen Kosten. Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Versicherer neben der Prämie Kosten (Nebengebühren) nur verlangen kann, wenn dafür – wie etwa für die Ausstellung einer Ersatzurkunde oder von Abschriften der Vertragserklärungen des Versicherungsnehmers (§ 3 Abs. 4 VersVG, BGBl. Nr. 2/1959) – eine eigene gesetzliche Grundlage besteht oder die Gebühren der Abgeltung von Mehraufwendungen dienen, die durch das Verhalten des Versicherungsnehmers veranlasst worden sind (§ 41b VersVG). Zur Verbesserung der Vergleichbarkeit einzelner Versicherungsprodukte soll die gesetzliche Beschränkung von Nebengebühren um eine Offenlegungspflicht ergänzt werden. Der Wortlaut der Bestimmung ist bewusst weit gefasst, weil die Herstellung voller Transparenz auch die Offenlegung der Höhe bzw. der Berechnungsgrundlagen jener Kosten verlangt, die bereits von Gesetzes wegen dem Grunde nach und im Zweifel in angemessener Höhe (vgl. § 354 Abs. 1 UGB) verlangt werden können. Die Pflicht zur Offenlegung der Kosten einer prämienfreien Vertragsführung nach dem letzten Halbsatz der Z 2 soll dem Umstand Rechnung tragen, dass Kosten auch während einer Prämienfreistellung anfallen können.

Da die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge dem langfristigen Vermögensaufbau dient, ist für Vorsorgende von besonderem Interesse, welcher Teil ihrer Prämie jedes Jahr nach Abzug der Kosten (Z 1 und 2) und der Risikoprämie tatsächlich veranlagt wird und – insbesondere bei der Entnahme der Kosten und Risikoprämie aus der Deckungsrückstellung am Jahresende – auch veranlagt bleibt. Für die bereits von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Transparenz in der Lebensversicherung anerkannte und auch in Punkt V.1. der FMA-Mindeststandards für die Informationspflichten in der Lebensversicherung vom 1. April 2011 enthaltene Verpflichtung zur Offenlegung der veranlagten Prämie soll nun in Z 3 eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Eine wesentliche Grundlage für eine informierte Vorsorgeentscheidung stellen auch die mit der Veranlagung verbundenen Chancen und Risiken dar. Z 4 und 5 sehen deshalb besondere Informationspflichten über die gesetzlichen Veranlagungsvorschriften, die konkrete Veranlagungsstrategie sowie die allfällige Möglichkeit zum Einsatz von Absicherungsinstrumenten und die damit verbundenen Vor- und Nachteile vor.

Wird die Höhe allfälliger Rentenzahlungen auf Basis der zum Rentenanfallszeitpunkt geltenden Rechnungsgrundlagen (Sterbetafel, Rechnungszins) berechnet, besteht die Möglichkeit, dass die Höhe der Rente aufgrund eines die Annahmen zu Vertragsabschluss übersteigenden (unterschreitenden) Anstiegs der durchschnittlichen Lebenserwartung geringer (höher) ist als im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses prognostiziert. Wird hingegen die Höhe der Rente aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung garantiert, verfügt der Steuerpflichtige zwar insoweit über Planungssicherheit; allerdings können sich die mit der Garantie verbundenen Kosten auf die Höhe der garantierten Rente auswirken. Z 6 soll unter Wahrung der schon bislang bestehenden Wahlfreiheit zwischen beiden Modellen für größtmögliche Transparenz beim Vertragsabschluss sorgen. Der Steuerpflichtige soll über die zur Berechnung der Rentenzahlungen maßgeblichen Rechnungsgrundlagen und die damit verbundenen Chancen und Risiken informiert werden; insbesondere soll er darüber informiert werden, ob die Höhe der Rentenzahlungen garantiert ist.

Die Verletzung der Informationspflichten nach Abs. 3 soll sowohl zivil- als auch aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Informationen nach Abs. 3 sollen daher als solche im Sinne des § 18b des Versicherungsaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 569/1978, gelten. Damit wird insbesondere gewährleistet, dass bei einer Verletzung der Informationspflichten das Rücktrittsrecht gemäß § 5b VersVG besteht und der Beginn der Frist zur Ausübung des Verbraucherrücktrittsrechts gemäß § 5c VersVG gehemmt wird. Im Übrigen werden allfällige Verletzungen der neuen Informationspflichten nach allgemeinen zivil- und aufsichtsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sein.

Abs. 4 soll das Schutzniveau bei der Veranlagung im Wege von Betrieblichen Vorsorgekassen jenem bei der Veranlagung im Wege von Versicherungsunternehmen angleichen. Die für Betriebliche Vorsorgekassen einschlägigen Abs. 3 Z 1 bis 5 sollen daher sinngemäß gelten.

Bei der Veranlagung im Wege von Pensionsinvestmentfonds besteht aufgrund der Verpflichtung zur Erstellung eines Kundeninformationsdokuments („KID“) gemäß §§ 134 und 135 InvFG 2011 (BGBl. I Nr. 77/2011) derzeit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

Zu Artikel 2 (Änderung des Investmentfondsgesetzes 2011):

§ 171 InvFG 2011 regelt die generelle Veranlagung von Pensionsinvestmentfonds. Kapitalanlagegesellschaften haben mit der nunmehrigen Änderung die Möglichkeit, Pensionsinvestmentfonds mit einer niedrigeren Aktienquote als derzeit aufzulegen. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Gewährung einer Prämie im Sinne des § 108g EStG 1988: Die Prämie ist nur dann zu gewähren, wenn die Veranlagungsvorschriften gemäß § 108h Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfüllt sind. Diese setzen aber gegebenenfalls eine höhere Mindestveranlagung in Aktien voraus.