Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Übereinkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Übereinkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder geregelt werden, bedarf es der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Zugleich mit der Ratifikation des Übereinkommens sollen gesetzliche Begleitregelungen erlassen werden, die vom Übereinkommen nicht erfasste Fragen des internationalen Erwachsenenschutzes, wie etwa das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren für Maßnahmen zum Schutz von Erwachsenen, regeln sollen.

Anlässlich ihrer siebzehnten Session im Mai 1993 beschloss die Haager Konferenz, das Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5.10.1961 (MSÜ) zu überarbeiten und dessen Anwendungsbereich auf den Schutz Erwachsener zu erweitern. Der bei der achtzehnten Tagung der Haager Konferenz beratene und beschlossene Entwurf beschränkte sich jedoch weiterhin auf den Schutz von Kindern (Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung, die Vollstreckung und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortlichkeit und des Schutzes von Kindern vom 18.10.1996, in der Folge: Haager KSÜ). Gleichzeitig setzte die achtzehnte Tagung der Haager Konferenz eine Spezialkommission zur Ausarbeitung und Beratung eines Übereinkommens für den Erwachsenenschutz ein. Auf der Grundlage des Entwurfs der Spezialkommission hat die außerordentliche Session das Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen (in der Folge: Übereinkommen) verabschiedet.

Prof. Lagarde hat einen erläuternden Bericht verfasst (in der Folge: Lagarde-Bericht), der auf der Homepage der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht abgerufen werden kann (www.hcch.net). Die vorliegenden Erläuterungen beschränken sich daher auf die Grundzüge und die spezifisch für die österreichische Rechtslage relevanten Punkte. Der Lagarde-Bericht ist keine verbindliche Auslegung des Übereinkommens, gibt aber die den Bestimmungen zugrundeliegenden Beratungen und Überlegungen wieder. Er kann daher als ergänzendes Auslegungsmittel (Art. 32 Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, BGBl. Nr. 40/1980) herangezogen werden und wird bei der praktischen Anwendung des Übereinkommens hilfreich sein.

Das Übereinkommen ist am 1.1.2009 in Kraft getreten. Vertragsstaaten sind Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien (nur Schottland), Schweiz und Tschechien.

Die steigende Lebenserwartung und Mobilität der Bürger erhöhten den praktischen Bedarf einheitlicher international-rechtlicher Rahmenbedingungen für den Erwachsenenschutz. Das Übereinkommen ist nicht nur in seinem Aufbau, sondern auch in seinem Regelungsinhalt an das Haager KSÜ angelehnt, weicht von diesem aber ab, wo spezifische Konstellationen des Erwachsenenschutzes anderer Lösungen bedürfen.

Das Übereinkommen legt die internationale Zuständigkeit für behördliche Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens von Erwachsenen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug fest, bestimmt, welches Recht solchen Maßnahmen zugrunde zu legen ist, und regelt die Anerkennung von Schutzmaßnahmen und die Koordination zwischen den Vertragsstaaten; es vereinheitlicht aber nicht das materielle Recht. Das Übereinkommen ist in sieben Kapitel gegliedert:

Kapitel I erklärt die Ziele des Übereinkommens und regelt den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich. Es soll Erwachsene schützen, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu wahren. Erwachsene sind Personen ab der Vollendung des 18. Lebensjahres. Der sachliche Anwendungsbereich wird durch eine taxative negative Liste und eine demonstrative positive Liste von Maßnahmen eingegrenzt.

Kapitel II regelt die internationale Zuständigkeit. Das Übereinkommen sieht eine Reihe alternativer Gerichtsstände vor. Grundsätzlich sind die Behörden des Staates, in dem der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zuständig, subsidiär auch die Behörden des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erwachsene hat oder in dessen Hoheitsgebiet sich Vermögen des Erwachsenen befindet. Behörden anderer Staaten können darüber hinaus zur Setzung dringender oder vorläufiger territorial begrenzter Maßnahmen tätig werden. Auch eine Übertragung der Zuständigkeit ist vorgesehen.

Kapitel III enthält internationales Privatrecht. Grundsätzlich wenden Behörden auf Schutzmaßnahmen ihr eigenes Recht an. In dem Kapitel ist auch geregelt, welches Recht auf Vorsorgevollmachten anzuwenden ist. Das Übereinkommen enthält – anders als das Haager KSÜ (Art. 16) - keine Kollisionsregel für allfällige ex lege bestehende Vertretungsverhältnisse.

Kapitel IV bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Schutzmaßnahmen, die in einem Vertragsstaat getroffen werden, in anderen Vertragsstaaten anzuerkennen und falls erforderlich zu vollstrecken sind. Auch wenn die Anerkennung der Schutzmaßnahmen keiner ausdrücklichen Feststellung bedarf, ist ein Verfahren zu einer solchen Feststellung vorgesehen. Die Vollstreckung richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaats.

Kapitel V sieht die Bildung von zentralen Stellen in den Vertragsstaaten vor, die die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden koordinieren und fördern sollen.

Kapitel VI behandelt den Datenschutz, das Verhältnis zu anderen Übereinkommen und zu faktisch vereinheitlichtem Recht sowie die Vorbehaltsmöglichkeiten der Vertragsstaaten.

Kapitel VII enthält die üblichen Schlussbestimmungen.

Besonderer Teil

Präambel:

Die Präambel nennt die Zwecke des Übereinkommens.

Kapitel I – Anwendungsbereich des Übereinkommens

Art. 1 (Persönlicher und räumlicher Anwendungsbereich / Gegenstand des Übereinkommens)

Abs. 1 definiert die Erwachsenen, auf die das Übereinkommen anzuwenden ist. Es müssen zwei faktische Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Übereinkommens erfüllt sein: Der Erwachsene muss in seinen persönlichen körperlichen oder geistigen Fähigkeiten faktisch beeinträchtigt sein, und er muss dadurch seine Rechte faktisch nicht ausreichend wahrnehmen können. Es werden daher weder Abwesenheits- noch Kollisionskuratelen (im Sinn der §§ 276 bzw. 271 f. ABGB) vom Übereinkommen erfasst.

Es fallen sowohl Maßnahmen zum Schutz der Person als auch des Vermögens des Erwachsenen (Art. 1 Abs. 2 lit. a) in den Anwendungsbereich des Übereinkommens.

Das Übereinkommen regelt nur grenzüberschreitende Sachverhalte (s. auch Art. 44). Ein Sachverhalt ist in diesem Sinn nicht nur dann grenzüberschreitend, wenn der Bezug zu einem anderen Vertragsstaat besteht, vielmehr genügt ein solcher zu einem Nichtvertragsstaat. Erfasst werden daher Fälle, in denen der Erwachsene weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Staat des Forums hat, noch ihm angehört.

Der räumliche Anwendungsbereich ist nicht für alle Kapitel gleich. Er ergibt sich jeweils aus den einzelnen Bestimmungen. So ist etwa auch das Recht eines Nichtvertragsstaates anzuwenden (Art. 13 Abs. 2, 15 und 18). Anzuerkennen und zu vollstrecken sind dagegen nur Maßnahmen aus Vertragsstaaten (Art. 22). Auch sind nur die Behörden von Vertragsstaaten zur Kooperation nach dem Kapitel V verpflichtet – mit Ausnahme des Art. 34. Wenn der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 5) oder Aufenthalt (Art. 6) in einem Vertragsstaat hat, werden die nationalen Zuständigkeitsregeln zur Gänze verdrängt. Hat der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Aufenthalt in einem Nichtvertragsstaat, so sind – neben den nationalen Zuständigkeitsregeln – grundsätzlich auch die Art. 9 (anders: Siehr, Das Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz Erwachsener, RabelZ 2000, 715 [734]), 10 und 11 anzuwenden (anders Siehr, a.a.O. 735).

Die Anwendung des Übereinkommens hängt grundsätzlich nicht davon ab, ob die Schutzmaßnahme nach nationalem Recht dem öffentlichen Recht (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. f und i) oder dem Privatrecht zugeordnet ist (s. Lagarde-Bericht Rz. 24).

Abs. 2 listet die Ziele und Regelungsgebiete des Übereinkommens auf. Das sind die internationale Zuständigkeit (nicht jedoch die sachliche oder örtliche) für Maßnahmen zum Schutz von Erwachsenen, das internationale Privatrecht, die Anerkennung und Vollstreckung der Schutzmaßnahmen in den Vertragsstaaten und schließlich die Einrichtung von Institutionen zur internationalen Zusammenarbeit im Bereich des Erwachsenenschutzes.

Art. 2 (Persönlicher Anwendungsbereich)

Abs. 1: Das Übereinkommen ist – vorbehaltlich des Abs. 2 - auf Erwachsene ab 18 Jahren anzuwenden. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist das Haager KSÜ (Art. 2 KSÜ) maßgebend.

Die Altersgrenze von 18 Jahren ist keine materielle Festlegung der Volljährigkeit oder der Geschäftsfähigkeit durch das Übereinkommen, sondern begrenzt nur dessen persönlichen Anwendungsbereich. Auch wenn das maßgebende Recht die Volljährigkeit bereits unter 18 Jahren eintreten lässt oder das Kind für volljährig erklärt worden ist, ist nicht dieses Übereinkommen, sondern allenfalls das Haager KSÜ einschlägig.

Abs. 2 sieht vor, dass auch vor dem 18. Geburtstag getroffene Entscheidungen, die erst nach diesem Zeitpunkt wirksam werden sollen (vgl. § 117 Abs. 2 Außerstreitgesetz) oder die zum Schutz eines geschäftsunfähigen Kindes mit der Absicht getroffen wurden, dass sie nach Eintritt seiner Volljährigkeit weiter gelten sollen, unter das Übereinkommen fallen, sobald die betroffene Person das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Art. 3 (Sachlicher Anwendungsbereich)

Die Maßnahmen, die in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, sind zwar möglichst umfassend, aber – anders als die Ausnahmen des Art. 4 – nicht taxativ aufgezählt. Damit soll einerseits möglichen künftigen Entwicklungen, andererseits der Vielfalt der betroffenen Rechtsordnungen Rechnung getragen werden.

Aus der Sicht der österreichischen Rechtsordnung erfasst der Anwendungsbereich insbesondere die Bestellung eines Sachwalters (s. Art. 3 lit. a bis d), teilweise Freiheitsbeschränkungen nach dem Heimaufenthaltsgesetz (Art. 3 lit. e), die Vorsorgevollmacht (Art. 3 lit. d, Art. 15; s. zur Patientenverfügung die Erläuterungen zu Art. 15) und teilweise die Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz (s. Art. 3 lit. e und Art. 4 Abs. 1 lit. i sowie die Erläuterungen dazu). Unter der Prämisse (Hopf in KBB³ § 284e Rz 1 mwN), dass die Vertretungsbefugnis naher Angehöriger (§§ 284b ff. ABGB) ex lege entsteht, fällt diese – mangels behördlicher Tätigkeit – weder in den Anwendungsbereich der Kapitel II und IV, noch – weil sie weder durch Vereinbarung noch durch einseitiges Rechtsgeschäft erteilt wird (s. die Erläuterungen zu Art. 15) – in den Anwendungsbereich des Kapitels III (s. auch die Erläuterungen zu Art. 4 lit. b).

Zu Art. 4 (Sachliche Ausnahmen vom Anwendungsbereich)

Abs. 1 bestimmt, auf welche Bereiche das Übereinkommen nicht anzuwenden ist. Die Aufzählung ist erschöpfend. Im Zusammenspiel mit der nur beispielhaften Aufzählung in Art. 3 werden Regelungslücken vermieden.

Lit. a: Das auf die Unterhaltspflichten anzuwendende Recht und die Anerkennung und Vollstreckung der einschlägigen Entscheidungen ist primär durch die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen, ABl. Nr. L 7 vom 10.1.2009, S. 1. und das Haager Unterhaltsprotokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 geregelt. (Das Haager Unterhaltsprotokoll ist völkerrechtlich zwar noch nicht in Kraft getreten, aufgrund des Ratsbeschlusses 2009/941/EG vom 30. November 2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23. November 2007 durch die Europäische Gemeinschaft sind die Bestimmungen des Protokolls aber ab 18. Juni 2011 innerhalb der EU anzuwenden). Weitere Rechtsgrundlagen sind das Haager Unterhaltsstatutübereinkommen vom 24.10.1956, BGBl. Nr. 293/1961, das das auf den Unterhalt für Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs (Art. 1) anzuwendende Recht bestimmt, und das Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen vom 15.4.1958, BGBl. Nr. 294/1961, (betrifft ebenfalls den Unterhalt für Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs).

Lit. b nimmt nur das Eingehen, die Ungültigerklärung und die Auflösung einer Ehe (oder einer ähnlichen Beziehung), nicht jedoch deren Wirkungen vom Anwendungsbereich aus. Eine Vertretungsbefugnis des Ehegatten zum Schutz des anderen Ehegatten außerhalb des Ehegüterrechts (vgl. dazu lit. c), die durch gerichtliche Entscheidung übertragen wird – dies sieht etwa Art. 219 des französischen CC vor –, fällt in den Anwendungsbereich des Übereinkommens (Lagarde-Bericht Rz. 35). Dies gilt grundsätzlich auch für die Vertretungsbefugnis naher Angehöriger (§§ 284b ff. ABGB); es sind jedoch – mangels behördlicher Tätigkeit – weder die Zuständigkeits- noch die Kollisionsregeln anzuwenden (s. die Erläuterungen zu Kapitel III).

Lit. d entspricht der korrespondierenden Bestimmung des Haager KSÜ. Die allfällige Notwendigkeit bestimmter Schutzmaßnahmen, wie etwa einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung, im Zusammenhang mit der Annahme oder der Ausschlagung einer Erbschaft sowie dem Abschluss eines Erbteilungsübereinkommens fällt nach dem Lagarde-Bericht (Rz. 38, 46) nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens. Ist nach diesem Recht, also etwa dem anzuwendenden Erbrecht, die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters vorgeschrieben, so bestimmt wiederum das vom Übereinkommen berufene Recht, wer der gesetzliche Vertreter ist.

Die Ausnahme von Trusts vom Anwendungsbereich vermeidet Überschneidungen mit dem Haager Übereinkommen über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung vom 1.7.1985, das von Österreich nicht ratifiziert wurde.

Zur lit. f ist auszuführen, dass das Übereinkommen auf Angelegenheiten der Gesundheit nur insoweit nicht anzuwenden ist, als die Maßnahmen allgemeiner Art sind, wie etwa verpflichtende Impfpläne. Entscheidungen über gesundheitliche Maßnahmen im Einzelfall, wie etwa die gerichtliche Genehmigung der medizinischen Behandlung einer Person, unterliegen dem Übereinkommen (vgl. Lagarde-Bericht Rz. 40 ff.; vgl. die Zuständigkeiten nach den Art. 10 und 11).

Maßnahmen, die hinsichtlich einer Person infolge ihrer Straftaten ergriffen wurden, fallen nicht unter das Übereinkommen (lit. g). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Person im Einzelfall, etwa wegen Unzurechnungsfähigkeit, nicht verurteilt wird. Aus Sicht der österreichischen Rechtsordnung sind somit insbesondere die Unterbringung nach den §§ 21 bis 23 StGB vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgenommen (vgl. Lagarde-Bericht Rz. 43).

Lit. i nimmt Maßnahmen, die allein auf die Wahrung der öffentlichen Sicherheit gerichtet sind, vom Anwendungsbereich des Übereinkommens aus. Daher sind jedenfalls ausschließlich auf § 3 Z 1 letzter Satz Unterbringungsgesetz oder § 4 Z 1 letzter Satz Heimaufenthaltsgesetz („die Gesundheit oder das Leben anderer ernstlich und erheblich gefährdet“) gestützte Unterbringungen oder Freiheitsbeschränkungen nicht Maßnahmen nach dem Übereinkommen (s. Lagarde-Bericht Rz. 45). Gleiches gilt für die Unterbringungen nach dem Tuberkulosegesetz, dem Epidemiegesetz 1950 (§ 7) und dem Geschlechtskrankheitengesetz (§ 5).

Abs. 2 stellt klar, dass die Bestimmung des Vertreters des schutzbedürftigen Erwachsenen, dessen Einschreiten das nach lit. a bis i maßgebende Recht verlangt, in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt. Die allfällige Notwendigkeit bestimmter Schutzmaßnahmen, wie etwa einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung, in Bereichen, die vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgenommenen sind, fällt hingegen nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens (Lagarde-Bericht Rz. 38, 46).

Kapitel II - Zuständigkeit

Vorbemerkung:

Das Übereinkommen regelt nur die internationale Zuständigkeit. Das Übereinkommen beruft die Behörden eines Staates zur Entscheidung über bestimmte Maßnahmen, die dem Schutz der Person oder des Vermögens des Erwachsenen dienen. Welche der Behörden dieses Staates konkret örtlich und sachlich zuständig ist, bestimmt sich nach dessen autonomen Vorschriften.

Das Kapitel II ist nur anzuwenden, soweit ihm nicht andere multi- oder bilaterale Verträge vorgehen (Art. 49). Einschlägig sind der Rechtshilfevertrag mit Liechtenstein, BGBl. Nr. 213/1956 in der Fassung BGBl. Nr. 99/1968, s. Art. 14 ff.) und der Konsularvertrag zwischen Österreich und der Föderativen Republik Jugoslawien BGBl. Nr. 378/1968, s. Art. 25 Abs. 1).

Die Art. 5 ff. des Übereinkommens gehen in ihrem Anwendungsbereich dem § 110 JN

vor, der autonom die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte in Pflegschaftssachen festlegt. Die Gerichtszuständigkeit kann daher nur dann auf § 110 JN gestützt werden, wenn für eine Maßnahme zum Schutz der Person oder des Vermögens eines Erwachsenen eine ausschließliche Zuständigkeit von Behörden eines Vertragsstaates fehlt (s. zum Verhältnis zwischen den Zuständigkeiten nach dem Übereinkommen und nationalem Recht die Erläuterungen zu Art. 5), also insbesondere dann, wenn der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Vertragsstaat hat.

Als zuständige Behörden für die Maßnahmen nach diesem Übereinkommen kommen die Gerichte und Verwaltungsbehörden in Betracht. Da es ganz überwiegend um privatrechtliche Angelegenheiten geht, werden in Österreich vor allem die Gerichte zur Entscheidung berufen sein.

Die Art. 5 und 6 weisen grundsätzlich die Zuständigkeit den Behörden am gewöhnlichen Aufenthalt oder – mangels eines solchen – am Aufenthaltsort des Erwachsenen zu. Die Art. 7 bis 10 normieren konkurrierende, gegenüber der Zuständigkeit nach den Art. 5 und 6 jedoch subsidiäre Zuständigkeiten. Im Gegensatz zum Haager KSÜ (Art. 13) kennt dieses Übereinkommen keine allgemeine Regelung zur Rechtsanhängigkeit. Die Folgen mehrfacher Rechtsanhängigkeit ergeben sich aus den einzelnen Bestimmungen, z. B. Art. 7 Abs. 2.

Art. 5 (gewöhnlicher Aufenthalt)

Art. 5 entspricht der korrespondierenden Bestimmung des Haager KSÜ.

Abs. 1 setzt voraus, dass der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat. Wenn das nicht der Fall ist, geht Art. 5 ins Leere. Die Vertragsstaaten können dann – wenn nicht Art. 6 zur Anwendung kommt – nach dem Übereinkommen lediglich auf Grund der Art. 9 (anders: Siehr, a.a.O., 715 [734]), 10 und 11 (auch zu Art. 11 anders: Siehr, a.a.O., 735) tätig werden. Daneben kann sich in diesem Fall die Zuständigkeit der Behörden eines Vertragsstaates aus nationalen Regeln (z. B. § 110 JN) ergeben.

Das Übereinkommen definiert den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nicht. Es handelt sich dabei – wie auch beim Haager KSÜ – um einen tatsächlichen, und nicht einen rechtlichen Begriff.

Abs. 2 regelt den Fall, dass der Erwachsene seinen bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat aufgibt und einen neuen in einem anderen Vertragsstaat erwirbt; ab diesem Zeitpunkt sind die Behörden des anderen Staates zuständig. Die Haager Konferenz hat sich hier, wie beim Haager KSÜ, gegen eine perpetuatio iurisdictionis entschieden; die Zuständigkeit des bisher zuständigen Gerichts geht – auch während eines anhängigen Verfahrens – verloren (s. Lagarde-Bericht Rz. 49 ff).

Die Frage, ob und wie lange im ersten Staat getroffene Maßnahmen in Kraft bleiben, behandelt Art. 12.

Wechselt ein Erwachsener in einen Nichtvertragsstaat, so kann die Zuständigkeit ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf Art. 5 gestützt werden; in diesem Fall kann der erste Staat durch autonome Bestimmungen eine perpetuatio fori vorsehen. Für Österreich sieht § 29 JN eine solche vor (s. RIS Justiz RS0119204). Andere Staaten sind jedoch nicht verpflichtet, auf Grund einer solchen Regelung getroffene Maßnahmen anzuerkennen (vgl. Art. 22 Abs. 2 lit. a).

Art. 6 (Flüchtlinge, unbekannter gewöhnlicher Aufenthalt)

Art. 6 entspricht der korrespondierenden Bestimmung des Haager KSÜ.

Unter Abs. 1 fallen Erwachsene, die ihr Heimatland als Flüchtlinge oder „infolge von Unruhen“ verlassen und – z. B. wegen der Unsicherheit ihrer Situation – noch keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet haben.

Abs. 2 sieht eine Notzuständigkeit vor, die endet, sobald sich herausstellt, dass der Erwachsene irgendwo einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Befindet dieser sich in einem Vertragsstaat, so ist dieser nach Art. 5 international zuständig, sonst kann ein Vertragsstaat nach den Art. 9, 10 und 11 (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 1) oder den innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften zuständig sein.

Hatte der Erwachsene seinen früheren gewöhnlichen Aufenthalt hingegen in einem Vertragsstaat und hat er noch keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, so bleibt die Zuständigkeit der Gerichte dieses Vertragsstaates solange aufrecht, als nicht sicher feststeht, dass der Erwachsene diesen früheren gewöhnlichen Aufenthalt endgültig aufgegeben hat (Art. 5 Abs. 2) (vgl. Lagarde-Bericht Rz. 55).

Art. 7 (Zuständigkeit des Heimatstaates)

Art. 7 räumt den Behörden des Heimatstaates eine gegenüber jener der Behörden des gewöhnlichen (Art. 5) oder schlichten Aufenthalts (Art. 6 Abs. 2) konkurrierende, aber subsidiäre Zuständigkeit ein. Bei Mehrfachstaatsbürgern kommt die Zuständigkeit nach Art. 7 allen Heimatstaaten gleichermaßen zu; auf die effektive Staatsangehörigkeit kommt es nicht an.

Die Zuständigkeit des Heimatstaates ist dadurch bedingt, dass er besser in der Lage ist, das Wohl des Erwachsenen zu beurteilen und er vorab die Behörden des nach Art. 5 oder 6 Abs. 2 zuständigen Vertragsstaates verständigt. Eine Pflicht zur Verständigung der Behörden des nach Art. 5 oder 6 Abs. 2 zuständigen Vertragsstaates von der letztlich getroffenen Maßnahme oder zur Übermittlung der Entscheidung sieht das Übereinkommen hingegen nicht vor.

Die Zuständigkeit nach Art. 7 ist an keine weiteren Voraussetzungen (wie z. B. die Belegenheit von Vermögenswerten im Heimatstaat) geknüpft und auch nicht territorial begrenzt. Hat der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Vertragsstaat, bestimmt sich die Zuständigkeit grundsätzlich nach nationalem Recht (s. § 110 Abs. 1 Z 1 JN), der die internationale Zuständigkeit Österreichs zur Führung der Pflegschaftssachen österreichischer Staatsbürger begründet; Art. 7 ist in diesem Fall nicht anzuwenden (s. Lagarde-Bericht Rz. 59).

Die Behörden des Heimatstaates sind nach Abs. 2 nicht (mehr) zuständig, wenn sie von den Behörden des nach Art. 5, 6 Abs. 2 oder 8 zuständigen Vertragsstaates unterrichtet wurden, dass dort ein Verfahren anhängig ist oder entschieden ist, dass eine oder keine Schutzmaßnahme angeordnet wird. Erlangen die Behörden des Heimatstaates auf andere Weise, etwa durch Mitteilung der Parteien, von einem dieser Umstände Kenntnis, führt dies nicht zum Verlust der Zuständigkeit. Es ist nicht erforderlich, dass die Verfahren im Heimatstaat und in dem nach Art. 5, Art. 6 Abs. 2 oder Art. 8 zuständigen Vertragsstaat den gleichen Streitgegenstand betreffen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die nach Art. 5, Art. 6 Abs. 2 oder Art. 8 zuständigen Behörden vor oder nach den Behörden des Heimatstaates angerufen wurden (s. Lagarde-Bericht Rz. 61).

Abs. 3 regelt das Außerkrafttreten der vom Heimatstaat getroffenen Schutzmaßnahmen. Vom Heimatstaat getroffene Maßnahmen treten automatisch außer Kraft, sobald die Behörde eines nach Art. 5, Art. 6 Abs. 2 oder Art. 8 zuständigen Vertragsstaates selbst Maßnahmen gesetzt oder entschieden hat, keine Maßnahme zu setzen. Anders als die Zuständigkeit des Heimatstaates (Abs. 2) hängt das Außerkrafttreten der Maßnahmen des Heimatstaates nicht davon ab, ob die Behörden des nach Art. 5, Art. 6 Abs. 2 oder Art. 8 zuständigen Vertragsstaates ihrer Pflicht zur Verständigung der Heimatbehörden nach Art. 7 Abs. 3 nachkommen.

Art. 8 (Zuständigkeitsübertragung)

Um den Zuständigkeitsregeln die nötige Flexibilität zu verleihen, sieht Art. 8 – ähnlich den Art. 8 und 9 Haager KSÜ – unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Zuständigkeitsübertragung auf die Behörden eines anderen Vertragsstaates (nicht auf die eines Nichtvertragsstaates) vor. Damit es zu keinen Kompetenzkonflikten kommt, muss einer solchen Zuständigkeitsübertragung eine Kooperation der in Betracht kommenden Behörden vorangehen. Die Initiative kann sowohl von der übertragenden Behörde als auch von jener, auf die die Zuständigkeit übertragen werden soll, ausgehen.

Art. 8 ermöglicht eine Übertragung der Zuständigkeit auch nur für Teilbereiche. Der Umfang der Zuständigkeitsübertragung richtet sich danach, welche Maßnahmen die Behörden des anderen Staates auf Grund ihrer Sachnähe zum Wohl des Erwachsenen besser setzen können.

Die Zuständigkeitsübertragung setzt nach Abs. 1 voraus, dass die nach den Art. 5 oder 6 zuständigen Behörden annehmen, sie diene dem Wohl des Erwachsenen. Das Übereinkommen sieht nach seinem Wortlaut hingegen nicht die Übertragung der Zuständigkeit von einer nach den Art. 7, 9, 10 oder 11 zuständigen Behörde vor.

Abs. 2 zählt die Staaten auf, die als Adressaten einer Zuständigkeitsübertragung in Betracht kommen.

Lit. a: Die Behörden des Staates, dessen Angehöriger der Erwachsene ist, sind unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Art. 7 zuständig. Anders als die Zuständigkeit nach Art. 7 ist die Zuständigkeit des Heimatstaates nach Art. 8 jedoch nicht subsidiär und konkurrierend mit jener des nach Art. 5 oder 6 zuständigen Vertragsstaates.

Lit. b: Nur die Behörden des letzten (vorherigen), und nicht jedes früheren, gewöhnlichen Aufenthalts des Erwachsenen können zuständig gemacht werden.

Lit. c: Im Unterschied zur Zuständigkeit des Belegenheitsstaates nach Art. 9 ist die nach Art. 8 begründete Zuständigkeit weder auf die Vermögenswerte beschränkt, die sich in dessen Hoheitsgebiet befinden, noch gegenüber der Zuständigkeit nach Art. 5 oder 6 subsidiär.

Lit. f sieht – wie auch die Art. 6, 10 und 11 – eine Zuständigkeit des Staates vor, in dem sich der Erwachsene befindet. Die Zuständigkeit nach Art. 8 ist jedoch weder auf territorial begrenzte noch auf dringende Maßnahmen beschränkt. Sie ist auch nicht subsidiär. Der Umfang der Zuständigkeit wird durch die übertragende Behörde bestimmt.

Abs. 3: Art. 8 enthält keine Bestimmung zur Zusammenarbeit der Behörden unterschiedlicher Vertragsstaaten im Zusammenhang mit der Übertragung der Zuständigkeit. Er unterscheidet sich darin von der korrespondierenden Bestimmung des Haager KSÜ (Art. 8 Abs. 3 und Art. 9 Abs. 2). Die Möglichkeit einer solchen Kooperation ergibt sich aber bereits aus den allgemeinen Bestimmungen zur Zusammenarbeit der Behörden in Kapitel V. Die Kommunikation zwischen den Behörden kann insbesondere notwendig sein, um zu beurteilen, welche Behörde besser in der Lage ist, die Interessen des Erwachsenen wahrzunehmen.

Ob die ersuchte Behörde die Zuständigkeit übernimmt, hat sie danach zu entscheiden, ob dadurch die Interessen des Erwachsenen bestmöglich gewahrt werden können. Für den Fall, dass die ersuchte Behörde nicht auf die Anfrage der ursprünglich zuständigen Behörde reagiert, trifft das Übereinkommen keine Vorsorge. Es wird dann am ehesten dem Wohl des Erwachsenen entsprechen, dass die ersuchende Behörde ihre Zuständigkeit selbst wahrnimmt (vgl. Lagarde-Bericht Rz. 74).

Ob die übertragende Behörde die Akten oder Teile davon der übernehmenden Behörde übermittelt, liegt mangels einer Verpflichtung durch das Übereinkommen nach Maßgabe des nationalen Rechts im Ermessen der beteiligten Behörden. Die Übertragung der Zuständigkeit entspricht nicht einer innerstaatlichen Überweisung an ein anderes österreichisches Gericht, z. B. nach § 111 JN. Vielmehr erklärt sich das ursprünglich zuständige Gericht für unzuständig. Die Übersendung des Aktes ist daher, anders als bei einer innerstaatlichen Überweisung nach § 111 JN, nicht vorgesehen (vgl. § 384 Geo; § 8 RHE Ziv 2004).

Im Übereinkommen nicht geregelte Fragen im Zusammenhang mit der Übertragung der Zuständigkeit, wie etwa die Anfechtbarkeit des Übernahmebeschlusses und die Bestimmung der Parteistellung, richten sich nach nationalem Recht.

Art. 9 (Zuständigkeit des Belegenheitsstaates)

Art. 9 räumt den Behörden des Staates, in dem sich Vermögen des Erwachsenen befindet, eine subsidiäre und mit jener nach den Art. 5 und 6 konkurrierende Zuständigkeit für Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit diesem Vermögen ein. Maßnahmen, welche die nach Art. 9 zuständigen Behörden treffen, dürfen nicht mit Maßnahmen unvereinbar sein, welche die nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörden bereits angeordnet haben; sie treten außer Kraft, sobald eine dieser Behörden (nachträglich) eine widersprechende Maßnahme erlässt. Im Gegensatz zu den Art. 7, 10 und 11 begründet Art. 9 keine Verpflichtung zur Verständigung der nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörden.

Art. 10 (Zuständigkeit in dringenden Fällen)

Die Bestimmung entspricht – mit Ausnahme des Abs. 4 – dem Art. 11 Haager KSÜ.

Abs. 1 begründet für dringende Schutzmaßnahmen eine – mit den Zuständigkeiten nach den Art. 5 bis 9 konkurrierende – Eilzuständigkeit der Behörden des Vertragsstaates, in dem sich der Erwachsene aufhält (nicht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat) oder in dem sich Vermögen des Erwachsenen befindet. Unter Vermögen ist jedes vermögenswerte Rechtsgut zu verstehen; die Eilzuständigkeit kommt auch in Betracht, wenn die entsprechende Rechtsposition des Erwachsenen nicht unbestritten, sondern Gegenstand eines Rechtsstreits ist. Die Zuständigkeit ist nicht auf das Vermögen in diesem Staat beschränkt.

Die Dringlichkeit im Sinn der Bestimmung definiert das Übereinkommen nicht. Die Zuständigkeit wird jedenfalls dann begründet sein, wenn durch die Einschaltung der nach den Art. 5 bis 9 zuständigen Behörden ein bedeutender und unwiederbringlicher Schaden für den Erwachsenen droht. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn sich der Erwachsene unverzüglich einer Krankenbehandlung unterziehen oder in seiner persönlichen Freiheit beschränkt werden muss (vgl. § 3 Z 1 erster Fall Unterbringungsgesetz, § 4 Z 1 erster Fall Heimaufenthaltsgesetz).

Abs. 2: Die Zuständigkeit nach dem Art. 10 Abs. 1 konkurriert zwar mit den Zuständigkeiten nach den Art. 5 bis 9, ist diesen aber nachgeordnet. Deshalb treten, sofern der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat, die auf Grund der Eilzuständigkeit getroffenen Maßnahmen außer Kraft, sobald die nach den Art. 5 bis 9 zuständigen Behörden in derselben Angelegenheit die notwendigen Maßnahmen getroffen haben. Auf diese Weise wird vermieden, dass divergierende Schutzmaßnahmen aufrecht sind.

Die Bestimmung geht davon aus, dass die auf der Basis der Dringlichkeit getroffenen Maßnahmen nach dem Art. 22 in den anderen Vertragsstaaten anerkannt werden.

Abs. 3: Auch wenn nach dem Übereinkommen (Art. 5 und 6) keine Zuständigkeit der Behörden eines Vertragsstaates begründet ist, können die Behörden von Vertragsstaaten die Eilzuständigkeit nach Abs. 1 wahrnehmen. Für diesen Fall regelt Abs. 3 das Außerkrafttreten der getroffenen Maßnahmen, sobald und soweit eine der dringlichen Situation angepasste Entscheidung eines Nichtvertragsstaates effektiv geworden ist: Gegenüber jedem Vertragsstaat, der die Entscheidung des Nichtvertragsstaates anerkennt, tritt die auf Grund der Eilzuständigkeit getroffene Maßnahme außer Kraft. Die Anerkennung hängt hier allein jeweils vom autonomen Recht des einzelnen Vertragsstaates ab (Lagarde-Bericht Rz. 81).

Abs. 4: Der Staat, der sich auf die Eilzuständigkeit beruft, soll „nach Möglichkeit“ die nach Art. 5 (aber nicht auch die nach Art. 6) zuständigen Behörden verständigen. Anders als nach den Art. 7 und 11 ist die Verständigung aber nicht Voraussetzung der Zuständigkeit.

Art. 11 (Zuständigkeit für provisorische Maßnahmen mit territorialem Effekt)

Abs. 1: Der Staat, in dem sich der Erwachsene befindet, ist für vorübergehende Maßnahmen zum Schutz der Person (und nicht auch des Vermögens wie nach Art. 12 Haager KSÜ) zuständig. Die auf diese Zuständigkeit gestützten Maßnahmen wirken nur in diesem Vertragsstaat. Die Zuständigkeit nach Art. 11 ist unabhängig von der Dringlichkeit des Falles und konkurriert mit den anderen Zuständigkeiten nach den Art. 5 bis 10.

Dieser Zuständigkeitsgrund lässt nur provisorische Maßnahmen mit territorial beschränkter Wirkung zu und setzt die Verständigung der nach Art. 5 zuständigen Behörden voraus. Anders als Maßnahmen nach Art. 10 dürfen die von der nach dieser Bestimmung zuständigen Behörde getroffenen Maßnahmen nicht mit denen der nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörden unvereinbar sein. Sie treten außer Kraft, sobald letztere eine Entscheidung über die Schutzmaßnahmen getroffen haben. Es bleibt daher dabei, dass sich die lokale Behörde nur in den dringenden Fällen des Art. 10 über die Entscheidungen der im Sinne der Art. 5 bis 9 zuständigen Behörden hinwegsetzen kann.

Für den Bereich der österreichischen Rechtsordnung ist etwa an eine Unterbringung nach § 3 Z 1 erster Fall Unterbringungsgesetz oder eine Freiheitsbeschränkung nach § 4 Z 1 erster Fall Heimaufenthaltsgesetz (vgl. Lagarde-Bericht Rz. 84) zu denken.

Abs. 2: Nach Abs. 1 getroffene Maßnahmen treten außer Kraft, sobald die nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörden eine Entscheidung getroffen haben. Die Formulierung des letztes Satzteiles differiert geringfügig von der in Art. 10 Abs. 2, weil sie auch gelten soll, wenn die Entscheidung der nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörden darin besteht, dass sie feststellt, dass keine Maßnahme (mehr) notwendig ist. Auch in diesem Fall tritt die nach Abs. 1 getroffene Maßnahme außer Kraft.

Art. 11 enthält keine dem Art. 10 Abs. 3 entsprechende Regelung für den Fall, dass der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Nichtvertragsstaat hat. Die Fragen der Anerkennung einer Entscheidung eines Nichtvertragsstaates (in dem der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat) und die Wirkung dieser Anerkennung in diesem Vertragsstaat stellen sich wegen der beschränkten territorialen Wirkung der nach Art. 11 getroffenen Maßnahmen nur in diesem Staat. Die Entscheidung darüber wird daher dem nationalen Recht überlassen (Lagarde-Bericht Rz. 85).

Art. 12 (Wechsel der Zuständigkeit, Aufrechtbleiben der Maßnahmen)

Art. 12 entspricht weitgehend dem Art. 14 Haager KSÜ. Bei einem Zuständigkeitswechsel bleiben bereits getroffene Maßnahmen bis zu einer Verfügung der neuzuständigen Behörden in Kraft. Art. 12 geht davon aus, dass das Verfahren über die getroffenen Maßnahmen schon abgeschlossen ist. Ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen, so fällt die internationale Zuständigkeit durch die Änderung der zuständigkeitsbegründenden Tatsachen hingegen weg (s. die Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 2).

Diese Bestimmung soll die Kontinuität des Erwachsenenschutzes, aber auch die Rechtssicherheit gewährleisten. Hat zum Beispiel die ursprünglich international zuständige Behörde eine bestimmte Person als Sachwalter bestellt, so bedarf es zu einem tatsächlichen Wechsel in der Person des Sachwalters einer Entscheidung der nunmehr zuständigen Behörden.

Art. 12 bezieht sich nur auf Maßnahmen, die die nach den Art. 5 bis 9 zuständige Behörden getroffen haben. Für das Außerkrafttreten von Maßnahmen, für die die Zuständigkeit auf den Art. 10 und 11 basiert, regeln die Abs. 2 bzw. 3 dieser Artikel, wie sich eine Maßnahme einer hauptzuständigen Behörde auswirkt.

In den Fällen der Art. 5 und 6 liegt die „Änderung der Umstände“ in einer Verlegung des (gewöhnlichen) Aufenthalts in einen anderen Vertragsstaat. Die Maßnahmen bleiben dann zwar in Kraft, aber die Bedingungen, unter denen sie angewendet werden, richten sich ab diesem Zeitpunkt gemäß Art. 14 nach dem Recht des neuen Aufenthaltsstaates.

Nach Art. 12 bleiben die Maßnahmen nur „innerhalb ihrer Reichweite“ in Kraft. Die Formulierung nimmt auf die Möglichkeit Rücksicht, Maßnahmen zu treffen, die nur aufrecht bleiben sollen, so lange der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt im selben Staat beibehält. Wurde zum Beispiel ein Erwachsener der Aufsicht einer sozialen Einrichtung unterstellt, so ist diese Aufsicht im Regelfall nur auszuüben, solange der Erwachsene sich in dem betreffenden Staat gewöhnlich aufhält.

Das Übereinkommen regelt nicht, ob und unter welchen Bedingungen im neuen Aufenthaltsstaat eine andere Schutzmaßnahme getroffen werden kann. Diese Entscheidung bleibt dem (nach dem Übereinkommen anzuwendenden) nationalen Recht überlassen (vgl. z. B. § 268 Abs. 2 ABGB).

Kapitel III – Anzuwendendes Recht

Das Übereinkommen enthält keine allgemeine Bestimmung zu seinem räumlichen Anwendungsbereich. Dieser ist daher jeweils aus den einzelnen Vorschriften des Übereinkommens zu ermitteln. Nach Art. 18 ist auch das Recht eines Nichtvertragsstaates anzuwenden.

Das Übereinkommen ist nur anzuwenden, soweit ihm nicht andere Verträge vorgehen (Art. 49). Eine einschlägige staatsvertragliche Regelung ist Art. 10 des österreichisch–iranischen Freundschafts- und Niederlassungsvertrags vom 9.9.1959, BGBl Nr. 45/1966.

Das Übereinkommen regelt – mit Ausnahme des Art. 15 – das anzuwendende Recht nur im Zusammenhang mit der Anordnung von Schutzmaßnahmen. Kollisionsbestimmungen zu ex lege eintretenden Vertretungsverhältnissen fehlen. Die Vertretungsbefugnis naher Angehöriger (§§ 284b ff. ABGB) fällt daher nicht in den Anwendungsbereich des Kapitels III (vgl. Lagarde-Bericht Rz. 90; s. auch die Erläuterungen zu den Art. 3 und 4 lit. b).

Art. 13 Abs. 1 stellt nach dem Wortlaut für seine Anwendung darauf ab, dass eine Behörde nach dem Übereinkommen zuständig ist und diese Zuständigkeit ausübt. Art. 13 ist also jedenfalls dann anzuwenden und verdrängt das nationale Kollisionsrecht, wenn die Behörde ihre Zuständigkeit nur auf das Übereinkommen stützen kann.

Nationales Kollisionsrecht bleibt bei der Anordnung von Schutzmaßnahmen hingegen jedenfalls dann maßgebend (und Art. 13 unanwendbar), wenn die Behörde ihre Zuständigkeit nur auf nationales Recht und nicht (auch) auf das Übereinkommen stützt bzw. stützen kann (dies setzt jedenfalls voraus, dass der betroffene Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Vertragsstaat hat).

Hingegen bedarf die Frage einer näheren Prüfung, ob Art. 13 auch gilt (und nationales Kollisionsrecht verdrängt), wenn die Behörde sowohl nach dem Übereinkommen als auch nach nationalem Recht zuständig ist und das Übereinkommen das nationale Recht nicht verdrängt. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Nichtvertragstaat hat. Dann können sich die Behörden eines Vertragsstaates nämlich sowohl auf einige der Zuständigkeitstatbestände des Übereinkommens stützen (auf welche, ist im Detail unklar, siehe die Erläuterungen zu Art. 5 Abs. 1) als auch auf nationale Zuständigkeitsregeln. Für den österreichischen Rechtsbereich überschneiden sich etwa Art. 9 mit § 110 Abs. 1 Z 3 JN, Art. 10 mit § 110 Abs. 1 Z 2 JN sowie Art. 11 mit § 110 Abs. 1 Z 2 JN). In diesen Fällen, wenn also eine Behörde sowohl nach nationalem Recht als auch nach dem Übereinkommen zuständig ist, stellt sich die Frage, wonach das maßgebende Recht zu bestimmen ist (nach nationalem IPR oder nach dem Übereinkommen). Dieser Fall könnte so gelöst werden, dass Art. 13 jedenfalls dann anzuwenden ist, wenn eine Behörde sowohl nach dem Übereinkommen als auch nationalem Recht zuständig wäre.

Art. 13 (für Maßnahmen maßgebliches Recht)

Abs. 1: Es gilt – wie beim Haager KSÜ – der Grundsatz, dass die Maßnahmen nach der lex fori, dem „eigenen Recht der zuständigen Behörden“, ergriffen werden. Dies führt dazu, dass nicht immer das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts maßgebend ist. Nach Art. 19 sind unter „eigenes Recht“ lediglich die betreffenden Sachnormen zu verstehen, nicht auch die Kollisionsnormen.

Abs. 2 erlaubt es, im Interesse des Erwachsenen ausnahmsweise das Recht eines anderen Staates „anzuwenden oder zu berücksichtigen“, zu dem der Sachverhalt eine enge Beziehung aufweist. Die Anwendung oder Berücksichtigung des fremden Rechts soll aber nur den Ausnahmefall bilden.

Art. 14 (Durchführung der Maßnahmen)

Wird eine in einem Vertragsstaat getroffene Maßnahme in einem anderen Vertragsstaat durchgeführt, so sind die Bedingungen ihrer Durchführung nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem sie durchgeführt wird. Nach dem Lagarde-Bericht Rz. 94 fällt etwa die allfällige Notwendigkeit einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung unter diese Bestimmung. Die Regelung geht über die entsprechende Bestimmung des Haager KSÜ (Art. 15 Abs. 3) hinaus, indem sie nicht allein bei einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts anzuwenden ist, sondern nur darauf abstellt, dass eine Maßnahme in einem anderen Vertragsstaat durchzuführen ist.

Auch die Bestimmungen zur Vermögensverwaltung, Rechnungslegung und Entlohnung des Vertreters können als solche zur Durchführung der Maßnahmen im Sinn des Art. 14 angesehen werden.

Die Durchführung der Maßnahmen in einem Nichtvertragsstaat regelt das Übereinkommen nicht. Daher sind sie nach dem Recht zu beurteilen, auf welches das jeweilige nationale IPR verweist, in Österreich nach dem § 15 IPRG.

Art. 15 (Vorsorgevollmacht)

Art. 15 bestimmt, welches Recht auf eine Vertretungsmacht anzuwenden ist, die der Erwachsene jemandem durch Vereinbarung oder einseitig eingeräumt hat, und die ausgeübt werden soll, wenn dieser Erwachsene nicht mehr in der Lage ist, seine Interessen zu schützen. Die Bestimmung erfasst die Vorsorgevollmacht (§§ 284f ff. ABGB), nicht jedoch Patientenverfügungen. Sie ist – jedenfalls ab dem Zeitpunkt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers – auch auf Vollmachten anzuwenden, die bereits unmittelbar bei Erteilung wirksam werden, ausdrücklich aber auch dann weiter gelten sollen, wenn dieser Erwachsene nicht mehr in der Lage ist, seine Interessen zu schützen (s. Lagarde-Bericht Rz. 97).

Für solche Vollmachten ist mangels abweichender Rechtswahl nach Abs. 2 das Recht des Staates (der nach Art. 19 auch ein Drittstaat sein kann) maßgebend, in dem der Erwachsene zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die spätere Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts führt weder zur Heilung noch zur Vernichtung einer im ursprünglichen Aufenthaltsstaat nichtigen bzw. wirksamen Vollmacht.

Die Verweisung des Art. 15 umfasst das Bestehen, die Änderung und die Beendigung der Vollmacht und – anders als nach Art. 16 Abs. 2 Haager KSÜ – auch den Umfang und damit die Ausübung der Vollmacht (z. B. ob eine gerichtliche Genehmigung erforderlich ist). Sie richtet sich nach dem nach Art. 15 maßgebenden Recht und nicht nach dem des Staates, in dem die Vollmacht ausgeübt wird (s. Lagarde-Bericht Rz. 99).

Abs. 2 erlaubt dem Vollmachtgeber, eines von drei bestimmten Rechten zu wählen. Eine solche Rechtswahl muss ausdrücklich und schriftlich geschehen. Der Vollmachtgeber kann für einzelne Aspekte der Vollmacht (z. B. für einzelne Vermögenswerte) von den bestimmten Rechten jeweils ein anderes wählen („depecage“ - s. Lagarde-Bericht Rz. 103). Das gewählte Recht ist auch dann maßgebend, wenn die Vollmacht nach diesem unwirksam ist, weil es dieses Institut nicht kennt.

Nach Abs. 3 bestimmt sich die „Art und Weise“ der Ausübung der Vollmacht – ähnlich wie nach Art. 14 die Durchführung einer Maßnahme – nach dem Recht des Staates in dem sie ausgeübt wird. Art. 15 Abs. 3 wählt bewusst eine schwächere Formulierung als Art. 14 („Durchführung der Maßnahme“).

Art. 16 (Aufhebung oder Abänderung von Vorsorgevollmachten)

Art. 16 stellt – ähnlich wie Art. 18 Haager KSÜ – klar, dass nach dem Art. 15 erteilte Vollmachten nötigenfalls durch von den nach dem Übereinkommen zuständigen Behörden erlassene Maßnahmen aufgehoben oder abgeändert werden können (vgl. für die österreichische Rechtsordnung § 284g ABGB). Diese wenden nach Art. 13 grundsätzlich ihr eigenes Recht an. Sie haben dabei aber das nach Art. 15 maßgebende Recht so weit wie möglich zu berücksichtigen.

Art. 17 (Schutz Dritter)

Abs. 1: Die Erfassung der Sach- und Rechtslage bei Vertretung Erwachsener mit Auslandsbezug kann schwierig sein. Es bedarf daher einer Regel zum Schutz des Vertrauens Dritter in die Vertretungsmacht des (vermeintlichen) Vertreters des Erwachsenen.

Diese materiell-rechtliche Bestimmung hat Art. 11 des Übereinkommens über vertragliche Schuldverhältnisse (EVÜ - der in Art. 13 der Rom I-Verordnung übergeführt wurde) zum Vorbild. Sie schützt eine gutgläubige Partei davor, dass die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts (der Begriff ist weit zu verstehen) mit dem Erwachsenen wegen der Maßgeblichkeit eines anderen Rechts als das des Ortes, in dem es zur vertraglichen Einigung kommt, wegen der mangelnden Vertretungsmacht bestritten werden kann. Den „Dritten“, also den Geschäftspartner, darf kein Verschulden an seiner Unkenntnis der mangelnden Vertretungsmacht treffen. Die Sorgfaltsanforderungen an den Dritten, sich der entsprechenden Vertretungsmacht zu versichern, sind dabei umso strenger anzusetzen, je bedeutender das ins Auge gefasste Geschäft ist.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt und ist dem Dritten keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen, so hindert die fehlende Vertretungsmacht nicht die Gültigkeit des Geschäfts zwischen dem Erwachsenen und dem Dritten.

Art. 17 erfasst nur Fälle, in denen der Dritte das Geschäft mit dem (vermeintlichen) Vertreter des Erwachsenen abschließt. Er gilt hingegen nicht, wenn er es mit dem geschäftsunfähigen Erwachsenen selbst abschließt (vgl. Lagarde-Bericht Rz. 110). Diesen Fall regelt Art. 13 der Rom I-Verordnung.

Abs. 2 schränkt Abs. 1 auf Rechtsgeschäfte unter Anwesenden im Hoheitsgebiet desselben Staates ein. Bei Geschäften unter Abwesenden trägt somit allein der Geschäftspartner des Erwachsenen das Risiko der ausreichenden Vertretungsmacht der Person, die für den Erwachsenen auftritt.

Art. 18 (Allseitigkeit der Verweisungen)

Das nach dem Übereinkommen berufene Recht ist – wenn das Übereinkommen im Einzelfall nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt (z. B. Art. 14) – auch dann anzuwenden, wenn es sich um das Recht eines Nichtvertragsstaates handelt.

Art. 19 (Rückverweisung)

Die Verweisungen des Übereinkommens sind grundsätzlich Sachnormverweisungen. Allfällige Weiterverweisungen nach nationalem Recht sind unbeachtlich.

Da das Übereinkommen im Gegensatz zum Haager KSÜ (Art. 16) keine Regelungen zu ex lege bestehenden Vertretungsverhältnissen beinhaltet, war eine dem Art. 21 Abs. 2 KSÜ entsprechende Regelung, die gegenüber Nichtvertragsstaaten teilweise vom Ausschluss der Rückverweisung abgeht, entbehrlich.

Art. 20 (Zwingende Regelungen)

Art. 20 ermöglicht es Staaten, unabhängig von dem nach den Art. 13 bis 19 maßgebenden Recht zwingende Bestimmungen des eigenen Rechts anzuwenden. Dabei ist insbesondere an medizin-rechtliche Regelungen gedacht. Da Behörden bei der Anordnung von Schutzmaßnahmen im Regelfall ihr eigenes Recht anwenden (vgl. Art. 13) und sich die Durchführung von Maßnahmen – unabhängig davon, welcher Staat die Maßnahme getroffen hat – nach dem Recht des Durchführungsortes bestimmt (Art. 14), wird Art. 22 vor allem im Zusammenhang mit Vollmachten im Sinn des Art. 15 von Bedeutung sein (s. auch Lagarde-Bericht Rz. 113).

Art. 21 (ordre public)

Die Bestimmung enthält die in Haager Konventionen übliche ordre public-Klausel.

IV. Kapitel – Anerkennung und Vollstreckung

Art. 22 (Anerkennung, Versagungsgründe)

Abs. 1: Maßnahmen – darunter fallen nicht nur Entscheidungen – der Behörden von Vertragsstaaten sind anzuerkennen, sofern nicht einer der Versagungsgründe des Abs. 2 vorliegt. Die Anerkennung von Maßnahmen der Behörden von Nichtvertragsstaaten, selbst wenn diese nach den Regeln des Übereinkommens zuständig gewesen wären, ist hier nicht geregelt, sie richtet sich nach nationalem Recht (s. die Erläuterungen zu Abs. 2 lit. d). Die Anerkennungspflicht besteht nur für Maßnahmen im sachlichen, zeitlichen und örtlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens. Wurde die Maßnahme zum Beispiel in einem Zeitpunkt ergriffen, in dem der Entscheidungsstaat das Übereinkommen noch nicht ratifiziert hatte, so kann die Anerkennung nicht auf Art. 22 gestützt werden (Art. 50 Abs. 2).

Die Anerkennung bedarf grundsätzlich keiner gerichtlichen Feststellung. Die Vollstreckung einer Maßnahme setzt aber ihre Vollstreckbarerklärung voraus. Das Übereinkommen erlaubt eine formelle Anerkennung oder Nichtanerkennung einer Maßnahme (Art. 23).

Das Übereinkommen regelt nicht, in welcher Form eine Maßnahme, die in einem anderen Staat getroffen wurde, nachzuweisen ist, um anerkannt werden zu können. Ausreichend ist jedenfalls die Vorlage der entsprechenden Entscheidungsausfertigung.

Abs. 2 zählt die Gründe auf, aus denen die Anerkennung einer Maßnahme der Behörden eines Vertragsstaates verweigert werden kann. Liegt keiner der Versagungsgründe vor, so ist sie anzuerkennen. Über die Versagungsgründe hinaus ist eine Nachprüfung der Maßnahme nicht zulässig.

Lit. a: Eine Maßnahme muss nicht ausdrücklich auf das Übereinkommen gestützt worden sein, wenn es nur tatsächlich eine Basis für die Zuständigkeit bietet.

Lit. b: Einer Schutzmaßnahme kann die Anerkennung versagt werden, wenn sie getroffen worden ist, ohne dass, außer in dringenden Fällen, der Erwachsene Gelegenheit hatte, gehört zu werden, und dadurch wesentliche Verfahrensgrundsätze des Staates verletzt sind, in dem die Maßnahme anerkannt werden soll. Aus Sicht des österreichischen Rechts wird die Verletzung des rechtlichen Gehörs des Erwachsenen im Regelfall der Anerkennung entgegenstehen (vgl. § 118 Außerstreitgesetz, § 19 Unterbringungsgesetz, § 12 Heimaufenthaltsgesetz).

Lit. c nennt den Verstoß gegen die öffentliche Ordnung sowie gegen zwingende Vorschriften als Versagungsgrund.

Lit. d: Die Anerkennung kann versagt werden, wenn die Maßnahme mit einer späteren Entscheidung eines Nichtvertragsstaates, der nach den Art. 5 bis 9 zuständig gewesen wäre, unvereinbar ist, und die spätere Entscheidung die für die Anerkennung im ersuchten Staate erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. So soll vermieden werden, dass einander widersprechende Maßnahmen Geltung beanspruchen. Im Konfliktfall geht die spätere Entscheidung des Nichtvertragsstaates, der nach den Art. 5 bis 9 zuständig gewesen wäre, vor. Andererseits darf ein Vertragsstaat keine Maßnahme eines Nichtvertragsstaates, der nicht nach den Art. 5 bis 9 zuständig gewesen wäre, anerkennen, die zu einer Maßnahme eines Vertragsstaates im Widerspruch steht, die nach dem Übereinkommen anzuerkennen ist. Ist der Vertragsstaat aber auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrags zu einer solchen Anerkennung verpflichtet, so liegt ein Konflikt zwischen zwei Staatsverträgen vor, der in Art. 49 geregelt ist.

Die Bestimmung erfasst nicht diejenigen Fälle, in denen Behörden von Vertragsstaaten widersprechende Maßnahmen treffen. Für diese Konstellationen gelten im Wesentlichen die Art. 7 Abs. 3, 10 Abs. 2, 11 und 12: Maßnahmen sind demnach solange in Kraft, bis sie von den nach dem Übereinkommen zuständigen Behörden geändert, ersetzt oder aufgehoben werden.

Für folgende Konstellationen wird die Praxis mangels ausdrücklicher Regelung Lösungen erarbeiten müssen:

- Die nach dem Art. 9 zuständige Behörde (Maßnahmen zum Schutz des Vermögens) trifft eine Maßnahme, die mit Maßnahmen der nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörden unvereinbar ist. Deren Anerkennung könnte unter Berufung auf lit. a verweigert werden, weil die Behörden zur Erlassung von Maßnahmen, die jenen der nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörden widersprechen, nicht zuständig sind.

- In einem Nichtvertragsstaat wird eine Maßnahme getroffen, die in dem nach dem Übereinkommen zuständigen Vertragsstaat anerkannt wird, sodass dessen Behörden von einer eigenen Entscheidung absehen; ein anderer Vertragsstaat, der die Maßnahme des Nichtvertragsstaates nicht anerkennt, aber nach dem Übereinkommen für Schutzmaßnahmen nicht zuständig ist, hat möglicherweise von einer früheren Entscheidung auszugehen.

- Bei einem Wechsel der Zuständigkeit hat die neu zuständige Behörde die Möglichkeit, eine Maßnahme zu treffen, die eine widersprechende Maßnahme der bisher zuständigen Behörde außer Kraft setzt (Art. 12). Fraglich ist, ob aus Sicht eines dritten Vertragsstaates die frühere Maßnahme auch außer Kraft gesetzt wird, wenn er die spätere aus einem der Gründe des Art. 22 Abs. 2 nicht anerkennt, die frühere aber schon. Unproblematisch ist es hingegen, wenn beide Maßnahmen in dem dritten Vertragsstaat die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen. In diesem Fall muss er die spätere Maßnahme anerkennen, weil die frühere nach Art. 12 außer Kraft getreten ist.

Art. 23 (Anerkennungsentscheidung)

„Betroffene Personen“ können die formelle Anerkennung oder Nichtanerkennung einer Maßnahme beantragen. Ein entsprechendes Verfahren ist im jeweiligen nationalen Recht vorzusehen. „Betroffener“ ist jedenfalls, wer ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung behauptet und bescheinigt.

Eine solche Anerkennungsentscheidung sieht das Übereinkommen nur für Maßnahmen von Behörden der Vertragsstaaten vor, nicht aber für gesetzlich bestehende Rechtsverhältnisse oder eine Vollmacht nach Art. 15.

Art. 24 (Bindung an die Feststellungen zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt)

Die Behörden des um Anerkennung ersuchten Staates sind an die Tatsachenfeststellungen gebunden, die die Behörden, die eine Maßnahme getroffen haben, der Entscheidung über ihre Zuständigkeit zugrunde gelegt haben.

Art. 25 (Vollstreckbarerklärung)

Abs. 1: Eine in einem Vertragsstaat getroffene Maßnahme kann in einem anderen Vertragsstaat Vollstreckungshandlungen erfordern. Ist das nicht der Fall, so genügt die Anerkennung nach Art. 22, damit die Maßnahme in anderen Vertragsstaaten ihre Wirksamkeit entfaltet, zum Beispiel der Sachwalter dort den Erwachsenen vertreten kann.

Die Vollstreckbarerklärung oder die Registrierung der Maßnahme kann jede „betroffene Partei“ in dem um Vollstreckungshandlungen ersuchten Staat verlangen; der Akt – Vollstreckbarerklärung oder Registrierung zur Vollstreckung – wird dann nach dem Verfahrensrecht dieses (des ersuchten) Staates gesetzt.

Abs. 2 verpflichtet die Vertragsstaaten, für solche Fälle ein einfaches und schnelles Verfahren vorzusehen.

Abs. 3: Die Vollstreckbarerklärung ist zu erteilen, wenn kein Versagungsgrund nach Art. 22 Abs. 2 besteht.

Art. 26 (Ausschluss der revision au fonds)

Die Sache darf im Rahmen des Anerkennungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht neu aufgerollt werden. Die Bestimmung entspricht der internationalen Praxis.

Art. 27 (Vollstreckung)

Sobald eine Maßnahme der Behörden eines Vertragsstaates in einem anderen Vertragsstaat nach dem Art. 25 vollstreckbar erklärt oder registriert worden ist, wird sie dort so wie eine von einer nationalen Behörde erlassene Maßnahme behandelt.

Die Vollstreckung selbst richtet sich nach dem Recht des ersuchten Staates, also desjenigen, der Zwangsmittel einsetzt.

Art. 27 erfasst nur die Vollstreckung in einem zivilrechtlichen Zusammenhang, nicht jedoch die Umsetzung von Maßnahmen des öffentlichen Rechts (s. Lagarde-Bericht Rz. 128).

Kapitel V – Zusammenarbeit

Vorbemerkung:

Dieses Kapitel folgt weitgehend dem entsprechenden Kapitel V des Haager KSÜ und übernimmt damit für die Behördenzusammenarbeit ein Modell, das sich bei anderen Übereinkommen (z. B. Haager Kindesentführungsübereinkommen, BGBl. Nr. 512/1988, Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, BGBl. III Nr. 145/1999) gut bewährt. Es sieht vor allem die Einrichtung einer Zentralen Behörde mit Koordinierungsaufgaben in jedem Vertragsstaat vor. Sie können von den Behörden anderer Mitgliedsstaaten kontaktiert werden und die Anfragen beantworten, sind aber grundsätzlich – außer nach Art. 33 – nicht verpflichtet, die Initiative zu ergreifen, Informationen zu erteilen oder im Voraus Maßnahmen zu koordinieren (Art. 29 bis 32). Die Zentrale Behörde hat keine Entscheidungsfunktion, mit der Ausnahme des Art. 33, wonach sie zu einer Unterbringungsmaßnahme entweder selbst Stellung nehmen oder das Ansuchen der zuständigen Behörde weiterleiten kann. Das Übereinkommen verlangt nicht, dass die Behörden für den Kontakt untereinander die Zentralen Behörden befassen müssen, sondern geht im Gegenteil von einem direkten Verkehr aus (Art. 31, 32 und 34) Die Vertragsstaaten können Vereinbarungen treffen, um die Zusammenarbeit zu erleichtern (Art. 37).

Es gelten die allgemeinen Regeln der Rechtshilfe. Diese erfolgt grundsätzlich im Rahmen und in den Grenzen der nationalen Gesetze (vgl. auch Bajons in Fasching, Rz 31 § 38 JN) sowie des Übereinkommens selbst (insbesondere Art. 35 und 40).

Das Kapitel V kommt im Wesentlichen (Ausnahme: Art. 34) nur zwischen Vertragsstaaten zur Anwendung.

Art. 28, 29 (Zentralstellen, Zusammenarbeit)

Zentrale Behörde ist, wie bereits für andere Übereinkommen, das Bundesministerium für Justiz.

Art. 30 (Mitteilungen, Ermittlung des Aufenthalts)

Wie nach Art. 31 lit. c Haager KSÜ und Art. 7 lit. a HKÜ ist auch hier eine Mitwirkung der Zentralen Behörden bei der Ermittlung des Aufenthalts des Erwachsenen vorgesehen; wenn nötig sind damit auch andere Behörden zu befassen.

Art. 31 (Vermittlung)

Die zuständigen Behörden können die Anwendung von Schlichtungs- oder Vermittlungsverfahren anregen. Die Erleichterung von gütlichen Einigungen durch solche Verfahren zählt aber - anders als nach Art. 31 lit. b Haager KSÜ - nicht ausdrücklich zu den Aufgaben der Zentralen Behörden.

Art. 32 (Informationsaustausch)

Abs. 1: Die zuständige Behörde ist befugt, bei den Behörden anderer Vertragsstaaten um Mitteilung „sachdienlicher Informationen für den Schutz des Erwachsenen“ zu ersuchen, sofern es die Lage des Erwachsenen erfordert. Die Formulierung zeigt, dass diese Informationsersuchen nur zulässig sein sollen, wenn es das Wohl des Erwachsenen erfordert; das Ansammeln von Daten ohne diese Rechtfertigung ist unerwünscht. Dem gleichen Gedanken folgt Art. 35, der das Ersuchen oder die Weitergabe von Informationen verbietet, wenn dadurch der Erwachsene oder seine Angehörigen gefährdet würden.

Die ersuchte Behörde ist nicht verpflichtet, die Informationen, um die sie gebeten wurde, zu übermitteln (s. Lagarde-Bericht Rz. 135). Die Informationsweitergabe wird aus österreichischer Sicht in vielen Fällen aus datenschutzrechtlichen Gründen (vgl. auch § 141 Außerstreitgesetz) unzulässig sein.

Abs. 2: Schon bisher sehen eine Reihe bilateraler Verträge sowie Rechtsakte der Europäischen Union den unmittelbaren Kontakt zwischen Behörden vor. Gerade im Bereich des Erwachsenenschutzes ist eine rasche Zusammenarbeit der beteiligten Behörden besonders wichtig. Aus diesem Grund soll von der Möglichkeit, durch Erklärung die direkte Zusammenarbeit zwischen den Behörden in diesem Zusammenhang auszuschließen, nicht Gebrauch gemacht werden. Um den österreichischen Behörden diese Zusammenarbeit zu erleichtern, soll der nach Art. 56 zulässige Vorbehalt gegen die subsidiäre Verwendung des Französischen erklärt werden.

Abs. 3 erlaubt den zuständigen Behörden allgemein, die Behörden eines anderen Staates um Hilfe bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen zu ersuchen.

Art. 33 (Verfahren zur Unterbringung)

Der Entscheidung der nach den Art. 5 bis 8 zuständigen Behörde, einen Erwachsenen in einer Einrichtung oder an einem anderen Ort in einem anderen Vertragsstaat unterzubringen, muss eine Konsultation mit den Behörden dieses anderen Vertragsstaaten vorangehen. Eine solche Unterbringung ist nur zulässig, wenn die Zentrale Behörde oder eine andere zuständige Behörde des anderen Staates dieser Unterbringung nicht binnen angemessener Frist widerspricht. Wird dieses Verfahren nicht eingehalten, so muss die Unterbringungsmaßnahme von den anderen Vertragsstaaten nicht anerkannt werden (Art. 22 Abs. 1 lit. e).

Art. 34 (Informationsaustausch bei besonderer Gefahr für den Erwachsenen)

Die zuständigen Behörden eines Vertragsstaates, die eine Schutzmaßnahme für einen Erwachsenen in einer ernsten Gefahr (zum Beispiel Krankheit, die behandelt werden muss, Drogen, Misshandlung) getroffen haben oder zu treffen im Begriff sind und von der Verlegung seines (gewöhnlichen oder schlichten) Aufenthalts in einen anderen Staat unterrichtet sind, sollen die Behörden des Aufenthaltsstaates über die Gefahr und die getroffenen oder in Betracht gezogenen Maßnahmen benachrichtigen. Diese Vorgehensweise ist natürlich nur dann möglich, wenn die Behörden des Ursprungsstaates den neuen Aufenthalt des Erwachsenen kennen; sie können zunächst versuchen, ihn auf der Grundlage von Art. 30 lit. b in einem Vertragsstaat auszuforschen.

Art. 35 (Informationsbeschränkung)

Die Weitergabe von Daten eines Erwachsenen kann seine Interessen oder die anderer Personen beeinträchtigen. Wenn durch einen solchen Informationsfluss die Person oder das Vermögen des Erwachsenen oder die Freiheit oder das Leben eines seiner Angehörigen gefährdet wären, ist nicht nur die Informationsweitergabe, sondern auch das Ersuchen darum verboten. Art. 39 lässt die Verwendung der nach dem Übereinkommen gesammelten oder übermittelten personenbezogenen Daten nur für die Zwecke zu, zu denen sie gesammelt oder übermittelt wurden. Österreichische Behörden sind bei einer Informationsweitergabe auch an das Datenschutzgesetz 2000 sowie an § 141 Außerstreitgesetz gebunden.

Art. 36 (Kosten)

Die Einhebung von angemessenen Gebühren für Leistungen im Rahmen des V. Kapitels ist gestattet und nicht weiter geregelt; die Möglichkeit der Vertragsstaaten, den Kostenersatz selbst zu regeln, wurde nur insoweit beschränkt, als die eigenen Kosten nicht einseitig auf die anderen Vertragsstaaten überwälzt werden dürfen.

Gerichtsgebühren und Verfahrenskosten sind von Art. 36 nicht erfasst (Lagarde-Bericht Rz. 142).

Nach Art. 49 Abs. 1 bleiben bestehende internationale Übereinkommen und somit auch die in diesen enthaltenen Bestimmungen über den Kostenersatz in Rechtshilfesachen unberührt. Das ist für Sachverständigen- oder Dolmetschgebühren bei Hilfestellungen der Gerichte nach Art. 32 Abs. 3 von Bedeutung (§ 1 Z 5 lit. c Gerichtliches Einbringungsgesetz). Weil das Übereinkommen den Ersatz solcher Kosten nicht regelt, sind mangels sonstiger vertraglicher Regelung die allgemeinen Regeln über die Rechtshilfe für ausländische Gerichte (§ 250 Abs. 4 Geo.; § 20 RHE) maßgebend.

Der Ersatz der Kosten der Zentralen Behörde oder anderer von dieser oder ausländischen Behörden direkt kontaktierten Behörden ist nicht eigens geregelt. Eine Vereinbarung über die Kostentragung mit einem anderen Vertragsstaat ist hingegen gestattet.

Art. 37 (Zusatzvereinbarungen)

Derzeit hat Österreich keine Zusatzvereinbarungen zur Erleichterung der Anwendung des Kapitels V getroffen.

Kapitel VI – Allgemeine Bestimmungen

Art. 38 (Internationale Bestätigung)

Die Bestimmung trägt dem praktischen Bedürfnis nach einer Bescheinigung über die Befugnisse des zum Schutz des Erwachsenen bestellten Vertreters (Sachwalters) Rechnung, die in allen Vertragsstaaten Wirkungen entfaltet. Vertragsstaaten sind aber nicht verpflichtet, derartige Urkunden auszustellen und müssen in ihren Verfahrensrechten nichts Entsprechendes vorsehen. Wenn aber eine Bestätigung erteilt wurde, entfaltet sie nach Abs. 2 eine Anscheinswirkung. Eine Anerkennung im Sinn des Art. 22 Abs. 1 kommt für solche Bescheinigungen nicht in Frage, weil es sich nicht um eine Maßnahme zum Schutz der Person oder des Vermögens des Erwachsenen handelt. Zuständig für die Ausstellung sind (anders als nach Art. 40 Haager KSÜ) nur die Behörden des Staates, der die Maßnahme getroffen hat oder in dem eine Vertretungsmacht bestätigt wurde.

Welche Behörden konkret zuständig sind, etwa die Gerichte oder die Notare als Gerichtskommissäre, ist autonom festzulegen (Abs. 3). Für die Praxis führt das zu Schwierigkeiten: Wird eine Bestätigung von einer Behörde ausgestellt, die dazu nach ihrem innerstaatlichen Recht nicht befugt ist, so ist die Urkunde wohl nicht rechtsgültig und kann in den Vertragsstaaten ihre Wirkung nach Abs. 2 nicht entfalten.

Aus der Urkunde muss hervorgehen, wer zum Handeln für den Erwachsenen berechtigt ist und welche Befugnisse er hat. Die Bescheinigung kann auch ausdrücklich auf bestimmte Beschränkungen der Befugnisse des Trägers hinweisen.

In Österreich können gemäß § 186 Außerstreitgesetz von den Gerichten Amtsbestätigungen über aktenmäßig bekannte Tatsachen ausgestellt werden.

Art. 39 (Datenschutz)

Personenbezogene Informationen dürfen nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie erteilt wurden. Der Text schränkt den Schutz aber nicht auf von Maßnahmen betroffene Erwachsene ein, sodass auch andere personenbezogene Daten gemeint sind, die zum Beispiel den Sachwalter betreffen.

Art. 40 (Vertraulichkeit der Information)

Von den Behörden eines anderen Vertragsstaates mitgeteilte Informationen sind grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Der Grad und die Art des Schutzes der Vertraulichkeit bestimmen sich nach dem Recht des Staates, dessen Behörden die Daten übermittelt wurden.

Art. 41 (Befreiung von Beglaubigungen)

Alle Dokumente, die nach dem Übereinkommen ausgestellt oder vorgelegt werden, sind vom Erfordernis der Beglaubigung befreit. Die Regelung nimmt den Behörden der Vertragsstaaten hingegen nicht die Möglichkeit, die Echtheit einer Urkunde in Frage zu stellen und in solchen Fällen eine Beglaubigung oder nähere Informationen zu verlangen.

Art. 42 (Bezeichnung der Behörden)

Jeder Vertragsstaat kann – ist dazu aber nicht verpflichtet – zur Erleichterung der Zusammenarbeit die Behörden bezeichnen und dem Ständigen Büro der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht mitteilen (Art. 43), an die Ersuchen nach Art. 8 (Übertragung der Zuständigkeit) und 33 (Unterbringung) gerichtet werden sollen. Da die Bestimmung nur der besseren Kooperation dienen soll, wird es genauso möglich sein, Ersuchen an die Zentralstelle mit dem Ersuchen um Weiterleitung an die zuständige Behörde zu adressieren. Österreich hat von dieser Möglichkeit dahin gehend Gebrauch gemacht, dass Ersuchen nach Art. 33 (Unterbringung eines Erwachsenen in Österreich) an die Zentrale Behörde zu richten sind.

Art. 44 bis 47 (Bundesstaatenklauseln)

Diese “Bundesstaatenklauseln” sind in Vertragsstaaten relevant, in denen – für bestimmte Gebietseinheiten oder Personengruppen – verschiedene Rechtssysteme gelten, nicht also für Österreich.

In Art. 44 wird – wie schon in Art. 1 – klargestellt, dass das Übereinkommen auf rein innerstaatliche Sachverhalte nicht angewendet werden muss.

Art. 49 (Entkoppelungsklausel)

Abs. 1: Im Verhältnis zu bereits bestehenden Vereinbarungen sieht Abs. 1 eine weitgehende Entkopplung vor. Diese Verträge sind weiterhin anzuwenden und gehen dem Übereinkommen vor. Die für Österreich relevanten Verträge sind in den allgemeinen Erläuterungen zu Kapitel II und III genannt.

Abs. 2: Künftige Vereinbarungen zwischen Vertragsstaaten dürfen nur für Fälle geschlossen werden, in denen der Erwachsene seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf deren Territorium hat. Die Bestimmung hindert Vertragsstaaten aber nicht, mit Nichtvertragsstaaten Übereinkommen zu schließen, die auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erwachsenen keine Rücksicht nehmen und zum Beispiel an seine Nationalität anknüpfen.

Abs. 3 stellt klar, dass Vertragsstaaten, die mit anderen Vertragsstaaten oder Nichtvertragsstaaten gesonderte Vereinbarungen auf dem Gebiet des Erwachsenenschutzes schließen, sich im Verhältnis zu anderen Vertragsstaaten nicht auf solche Sondervereinbarungen berufen können, sondern an dieses Übereinkommen gebunden bleiben.

Das bedeutet zum Beispiel, dass Vertragsstaaten, die nicht Parteien der Sondervereinbarung sind, keine Maßnahmen von Behörden anderer Vertragsstaaten anerkennen müssen, wenn diese ihre internationale Zuständigkeit nicht auf dieses Übereinkommen, sondern lediglich auf die Sondervereinbarung gestützt haben. Umgekehrt müssen Maßnahmen der nach diesem Übereinkommen international zuständigen Behörden eines Vertragsstaates, der nicht Partei eines Sonderabkommens ist, von den anderen Vertragsstaaten anerkannt werden, auch wenn sie mit anderen Vertragsstaaten ein Sonderabkommen getroffen haben, welches den entsprechenden Zuständigkeitstatbestand ausschließt.

Abs. 4 stellt Einheitsrecht, zum Beispiel der Europäischen Union, Übereinkommensrecht gleich.

Art. 50 (Zeitlicher Geltungsbereich)

Art. 50 enthält Übergangsvorschriften für die Zuständigkeitsregeln (Abs. 1), die Anerkennung und Vollstreckung (Abs. 2) und (teilweise) für das Kollisionsrecht (Abs. 1 und 3).

Abs. 1: Die Regeln des Übereinkommens (insbesondere zur Zuständigkeit sowie Art. 13) sind nur auf jene Maßnahmen anzuwenden, die die Behörden eines Vertragsstaates nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens in dem Vertragsstaat getroffen haben. Maßnahmen, für die sich die Zuständigkeit auf Bestimmungen stützt, die vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat gegolten haben, berührt das Übereinkommen nicht, auch wenn die handelnden Behörden nach dem Übereinkommen nicht mehr zuständig sind. Sobald das Übereinkommen aber in Kraft getreten ist, müssen sich nunmehr unzuständige Behörden einer Entscheidung enthalten. Die internationale Zuständigkeit kann daher auch während des Verfahrens wegfallen.

Nach dem Wortlaut bestimmt sich das für die Durchführung von Maßnahmen, die vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens angeordnet wurden, maßgebende Recht auch nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens nicht nach diesem (Art. 14), sondern nach nationalem Recht.

Abs. 2 betrifft nur Kapitel IV: Die Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung sind nur anzuwenden, wenn das Übereinkommen in dem Zeitpunkt, in dem die Maßnahme getroffen wurde, sowohl im ersuchenden als auch im ersuchten Staat in Kraft war.

Abs. 3: Das Übereinkommen ist unter den in Abs. 3 genannten Bedingungen auch auf Vollmachten (im Verständnis des Art. 15) anzuwenden, die vor Inkrafttreten des Übereinkommens erteilt wurden. Voraussetzung dafür ist, dass diese unter Bedingungen erteilt wurde, die denen des Art. 15 entsprechen. Die Vollmacht ist daher an den Voraussetzungen des Art. 15 sowie des demnach maßgebenden Rechts zu messen.

Art. 51 (Übersetzung von Mitteilungen an die Zentralstelle)

Abs. 1: Mitteilungen an die Zentralstellen anderer Vertragsstaaten müssen von einer Übersetzung in deren Amtssprache begleitet sein, außer eine solche Übersetzung ist schwer erhältlich. In diesem Fall genügt eine Übersetzung in die französische oder englische Sprache.

Abs. 2: Zu Abs. 1 ist ein Vorbehalt insoweit erlaubt, als sich jeder Vertragsstaat gegen die Verwendung entweder des Englischen oder des Französischen verwahren kann. Da Österreich von der Möglichkeit nach Art. 32 Abs. 2, die direkte Zusammenarbeit der Behörden auszuschließen, nicht Gebrauch gemacht hat und Kenntnisse der französischen Sprache weniger weit verbreitet sind als des Englischen, hat es gegen die Verwendung des Französischen einen Vorbehalt erklärt.

Kapitel VII - Schlussbestimmungen

Die Art. 53 bis 59 geben die in Haager Übereinkommen üblichen Schlussbestimmungen wieder.

Art. 56 (Vorbehalte)

Das Übereinkommen ermöglicht nur einen Vorbehalt, nämlich jenen nach Art. 51 Abs. 1 zum Gebrauch der englischen oder französischen Sprache. Österreich hat von letzterer Möglichkeit Gebrauch gemacht.

 

Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages zu beschließen, dass

 

die französische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen ist, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Justiz aufliegt.

 

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassung Abstand genommen. Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf. Überdies ist diese Regierungsvorlage mit allen Sprachfassungen auf der Homepage des Parlaments unter http://www.parlament.gv.at abrufbar.