Österreichisches

Stabilitätsprogramm

für die Jahre 2010 bis 2014

 

 

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

Bundesministerium für Finanzen (BMF)

Wien, 27. April 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses Programm kann auf der Homepage des BMF abgerufen werden (http://www.bmf.gv.at).


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung. 6

2. Österreichs Wirtschaftsentwicklung. 7

2.1. Wirtschaftliche Entwicklung 2010 bis 2014. 7

2.2. Finanzmarktentwicklung. 11

3. Finanzmarktmaßnahmen. 12

4. Budget 2010 und 2011. 14

5. Budget- und wirtschaftspolitische Zielsetzungen. 18

5.1. Nachhaltige Budgetpolitik für einen handlungsfähigen Staat 18

5.2. Fortsetzung des Konsolidierungskurses. 19

5.3. Konsolidieren und Gestalten. 23

5.4. Strukturelle Reformen. 24

5.5. Konjunkturelle Entwicklung und Budgetsalden. 24

6. Sensitivitätsanalyse. 26

7. Qualität der öffentlichen Finanzen. 27

7.1. Haushaltsrechtsreform... 27

7.2. Österreichische Stabilitätspakt (2011-2014) 28

7.3. Verwaltungsreform... 30

7.4. Better Regulation. 31

7.5. Entwicklung der Struktur der öffentlichen Ausgaben. 32

8. Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen. 34

9. Institutionelle Faktoren und Stellung des Stabilitätsprogramms im Budgetprozess. 37

10. Verfahren bei einem übermäßigen Defizit 38

 


Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Reales BIP-Wachstum... 8

Abbildung 2: Zusammensetzung des Wachstums. 8

Abbildung 3: Offenheit der österreichischen Volkswirtschaft 9

Abbildung 4: Inflation (HVPI) 9

Abbildung 5: Unselbständig Beschäftigte (insgesamt) 10

Abbildung 6: Arbeitslosenquote (laut Eurostat) 10

Abbildung 7: Langfristige Zinsen. 11

Abbildung 8: Finanzmarktperformance. 11

 


Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Makroökonomische Entwicklung. 8

Tabelle 2: Preise und Deflatoren. 9

Tabelle 3: Arbeitsmarkt 10

Tabelle 4: Sektorkonten. 10

Tabelle 5: Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung (in Mio. €) 16

Tabelle 6: Offensivmaßnahmen (in Mio. €) 17

Tabelle 7: Steuerliche Maßnahmen (in Mio. €) 17

Tabelle 8: Budgetäre Entwicklung 2010 bis 2014. 20

Tabelle 9: Entwicklung der öffentlichen Schulden 2010 bis 2014. 21

Tabelle 10: Vergleich mit der Fortschreibung vom Jänner 2010. 21

Tabelle 11: Konjunkturelle Entwicklung und Budgetsalden 2010 bis 2014. 25

Tabelle 12: Wirtschaftswachstum und öffentliche Haushalte in 3 Szenarien. 26

Tabelle 13: Funktionelle Gliederung der öffentlichen Ausgaben. 33

Tabelle 14: Langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen. 35

Tabelle 15: Schuldenaufnahme für Irland und Griechenland. 40

 


1. Einleitung

Die EU-Verordnung 1466/97 i.d.F.v. Verordnung 1055/2005 besagt, dass jeder Mitgliedstaat jährlich ein Stabilitätsprogramm (Teilnehmer an der Währungsunion) oder ein Konvergenzprogramm (Nicht-Teilnehmer) vorzulegen hat. Österreich legt hiermit sein Stabilitätsprogramm für die Jahre 2010 bis 2014 vor. Die Struktur des Programms entspricht den Vereinbarungen des ECOFIN-Rates vom 7. September 2010 (Code of Conduct).

Die österreichische Bundesregierung

·         verfolgt eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik, die auf konjunkturelle Schwächen in geeigneter Weise reagiert und über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen bilanziert,

·         achtet auf die gemeinsame Budgetverantwortung aller Gebietskörperschaften im Sinne des Art. 13 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und des Österreichischen Stabilitätspaktes (ÖStP) und

·         definiert als zentrale Aufgabe eine nachhaltige Budgetkonsolidierung und einen mittelfristigen Abbau der Staatsverschuldung (dabei soll jedoch auf Wachstums-, Beschäftigungs- und Verteilungseffekte Rücksicht genommen werden).

Die Strategie der Bundesregierung ist daher eine dreifache:

·         Rückführung des Budgetdefizits und dadurch mittelfristig eine Rückführung der Verschuldungsquote

·         Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung durch Stärkung der Zukunftsinvestitionen

·         Weiterführung der Strukturreformen (siehe Nationales Reformprogramm (NRP) 2011)

Die vorliegenden Zahlen für die öffentlichen Haushalte basieren auf einer Wachstumsprognose bis zum Jahr 2014, welche sich an der Einschätzung des mittelfristigen Wachstums durch das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und des BMF orientiert.


2. Österreichs Wirtschaftsentwicklung

Das diesem Stabilitätsprogramm zugrunde liegende Basisszenario basiert auf den Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) der Statistik Austria (STAT) bis 2010 sowie den Prognosen und Einschätzungen des WIFO und des BMF. 

Die mittelfristigen Konjunkturrisiken bestehen in erster Linie in den Unsicherheiten über die Erdöl-, Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise, die (Staatsschulden-)Krisen in einigen Peripherieländern der Eurozone und der weiterhin bestehenden Fragilität des internationalen Banken- und Finanzsystems.

2.1. Wirtschaftliche Entwicklung 2010 bis 2014

Mit etwas Verzögerung nahm im zweiten Quartal 2010 auch in den EU27 und der Eurozone der Konjunkturaufschwung an Fahrt auf. Wachstumstreiber in der Eurozone ist - dank der starken Nachfrage vor allem aus asiatischen Volkswirtschaften und dem dynamischen Welthandel - insbesondere die deutsche Exportindustrie. Die Konjunkturerholung fällt in der Eurozone jedoch überaus heterogen aus. Während vor allem exportorientierte Länder wie Deutschland, Österreich, aber auch die skandinavischen Länder kräftige Wachstumsraten vorweisen können (dank der preislichen Wettbewerbsfähigkeit), verharren Irland und einige südeuropäische Länder weiterhin in der Rezession.

Vom raschen Wirtschaftsaufschwung Deutschlands und somit indirekt von der starken asiatischen Importnachfrage profitierte auch Österreich, das im vierten Quartal 2010 mit real 0,8% (Q2/2010: 1%; Q3/2010: 1,1%; gegenüber dem Vorquartal, saison- und arbeitstägig bereinigt) ein höheres Wachstum als die EU27 und die Eurozone (+0,2% bzw. +0,3%) vorwies. Im Jahr 2010 betrug das nominelle BIP in Österreich demnach 284 Mrd. € (nominell +3,5%; real +2%; gegenüber dem Vorjahr).

Die Dynamik des Aufschwungs wird auch in Österreich primär von der Exportwirtschaft getragen, welche bereits zunehmend auf die Investitionen übergreift (nach einem Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen in den Jahren 2009 sowie 2010). Insbesondere im Bereich der Ausrüstungsinvestitionen gibt es deutliche Ausweitungen. Die Bauwirtschaft hingegen stagniert auf hohem Niveau. Derzeit deutet alles auf einen selbsttragenden Aufschwung hin.

Mit einem positiven Wachstumsbeitrag der privaten Konsumausgaben zum realen BIP wird ebenfalls weiterhin gerechnet. Diese stabilisierten die Konjunktur während der Wirtschafts- und Finanzkrise.

Abbildung 1: Reales BIP-Wachstum

 

Linke Skala: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %

Quellen: EUROSTAT, WIFO (*)

 

Abbildung 2: Zusammensetzung des Wachstums

Linke Skala: Wachstumsbeiträge der Nachfragekomponenten zum BIP (real) in Prozentpunkten

Quelle: STAT

 

 

Tabelle 1: Makroökonomische Entwicklung

Sowohl für 2011 als auch 2012 wird eine Inflationsrate (HVPI) über dem mittelfristigen Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet. Dies ist primär auf den Preisdruck bei Rohöl, Industrierohstoffen, Nahrungs- und Genussmitteln zurückzuführen. Danach sollte die Preisstabilität nach EZB Definition jedoch wieder erreicht werden.

Abbildung 3: Offenheit der österreichischen Volkswirtschaft

Rechte Skala: Offenheit der österreichischen Volkswirtschaft (Exporte und Importe in % des BIP)

Linke Skala: Exporte sowie Importe (in % des BIP)

Quelle: STAT

Abbildung 4: Inflation (HVPI)

 

 

Linke Skala: Monatswerte, in %

Quelle: Reuters EcoWin Pro

 

Tabelle 2: Preise und Deflatoren

Bereits im März 2010 setzte aufgrund der konjunkturellen Erholung im zweiten Halbjahr 2009 eine Trendumkehr am österreichischen Arbeitsmarkt ein. Seither sinkt die Zahl der beim Arbeitsmarktservice Österreich (AMS) vorgemerkten Arbeitslosen kontinuierlich. Aber auch ein stetiger Anstieg des Beschäftigungswachstums bei den unselbständig Beschäftigten ist seither zu beobachten (jeweils im Vorjahresvergleich). Bis 2014 wird mit einem kontinuierlichen Anstieg der Beschäftigten und einem weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote (nach EU-Definition) von 4,8% im Jahr 2009 auf 4,4% gerechnet.

Angesichts der dargestellten Entwicklung wird für 2011 ein reales BIP-Wachstum von 2,5% und für die Jahre 2012 bis 2014 ein durchschnittliches Wachstum von rund 2,1% erwartet, nach -3,9% im Jahr 2009.

 

Abbildung 5: Unselbständig Beschäftigte (insgesamt)

Linke Skala: Monatswerte, Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %

Quelle: WIFO

 

Abbildung 6: Arbeitslosenquote (laut Eurostat)

Linke Skala: Monatswerte, in %

Quelle: Reuters EcoWin Pro

 

Tabelle 3: Arbeitsmarkt

 

Tabelle 4: Sektorkonten

 

2.2. Finanzmarktentwicklung

Im Jahr 2010 hat sich die Verbesserung auf den internationalen Finanzmärkten weiter fortgesetzt, nachdem Erholungstendenzen ab März 2009 festzustellen waren. Die expansive Geldpolitik wurde global fortgesetzt und die wirtschaftliche Erholung verstärkte sich. Die Schuldenkrise in einigen Euroländern und die starken Interdependenzen zwischen Staats- und Bankensektor in der Eurozone erhöhen aber die Risiken für die weitere Entwicklung.

Auf den Anleihenmärkten der Eurozone war eine stärkere Differenzierung als bisher festzustellen. Länder mit höheren Defiziten bzw. Staatsschulden mussten deutlich gestiegene Risikoaufschläge gegenüber Deutschland in Kauf nehmen. Nachdem es im Frühjahr 2009 zu einer weiteren Erhöhung des österreichischen Spreads zu Deutschland kam, hat sich die Lage im Jahr 2010 - aus österreichischer Sicht - deutlich beruhigt. Der österreichische Spread zu Deutschland liegt aber immer noch über dem langjährigen Durchschnitt, welcher für 1999-2010 bei etwa 20 Basispunkten liegt. Der überdurchschnittlich hohe Spread ist auf die Liquiditätsprämie (anhaltende globale Unsicherheit) und mögliche Risiken österreichischer Banken in Osteuropa zurückzuführen.

Die Wiener Börse (ATX-Index) konnte im Jahr 2010 um +16% zulegen, nachdem bereits 2009 ein Anstieg von +43% verzeichnet worden war. Insbesondere ab Herbst 2010 war eine deutliche Aufwärtstendenz an der Wiener Börse festzustellen und im Februar 2011 konnte zeitweilig wieder der Stand vom Herbst 2008 erreicht werden.

Abbildung 7: Langfristige Zinsen

Rechte Skala: Langfristige Zinsen, in %

Linke Skala: Spread in Basispunkten

Quelle: Reuters EcoWin Pro

 

Abbildung 8: Finanzmarktperformance

 

Linke Skala: Index, 01.01.2001 = 100

Quelle: Reuters EcoWin Pro

 

 


3. Finanzmarktmaßnahmen

Trotz des anhaltend unsicheren internationalen Umfelds konnten die österreichischen Banken ihr operatives Ergebnis im Jahr 2010 steigern. Der Jahresüberschuss betrug 2010 rund 4,2 Mrd. €, was zu einer unkonsolidierten Gesamtkapitalrentabilität (RoA) von 0,4% führte. Die Risikokosten des österreichischen Bankensektors blieben 2010 deutlich unter dem Niveau der beiden vorangegangenen Jahre. Ende September 2010 betrug die konsolidierte Eigenmittelquote 13,2%. Des Weiteren reduzierte sich das Volumen an Fremdwährungskrediten (bereinigt um Wechselkurseffekte) im Jahresabstand um 3,8 Mrd. € bzw. 6,6%. Die CESEE-Auslandsforderungen[1] der österreichischen Banken gingen im dritten Quartal 2010, verglichen mit dem Vorquartal, leicht zurück.

Das österreichische Bankenhilfspaket wurde von den Finanzmärkten gut angenommen. Mit 31. Dezember 2010 wurden Garantien auf Wertpapieremissionen von Finanzinstitutionen in Höhe von insgesamt 21,2 Mrd. € in Anspruch genommen sowie Partizipationskapital in Höhe von rund 5,9 Mrd. € von fünf österreichischen Bankengruppen gezeichnet. Zudem hat der Bund neben der Übernahme von Haftungen für Forderungen von Banken (1,2 Mrd. €) Kapitalzuschüsse im Umfang von 384 Mio. € geleistet. Im Jahr 2010 wurden Dividendenzahlungen für das gezeichnete Partizipationskapital in Höhe von 236 Mio. € an den Bund geleistet, die Einnahmen für Haftungsentgelte betrugen in diesem Jahr 310 Mio. €. Für 2011 wird mit Dividendeneinnahmen in Höhe von 289 Mio. € sowie Einnahmen aus Haftungsentgelten in Höhe von 237 € gerechnet. Zudem wird 2011 mit Rückzahlungen von Partizipationskapital in Höhe von zumindest 900 Mio. € gerechnet, höhere Tilgungen sind nicht unwahrscheinlich. Dort, wo der Staat Eigentumsanteile erworben hat (Kommunalkredit und Hypo Alpe Adria), erfolgen im Einklang mit dem EU-Beihilfenrecht nachhaltige Umstrukturierungen bzw. eine Neuausrichtung der Geschäftspolitik. In Ergänzung zur Restrukturierung wird eine Strategie für die Veräußerung der erworbenen Eigentumsanteile erarbeitet.

Der Exit aus den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen erfolgt unter Bedachtnahme auf die EU-Entwicklungen sowie die Auswirkungen auf die Stabilität des österreichischen Finanzmarktes. In diesem Zusammenhang ist das Interbankmarktstärkungsgesetz, welches die Möglichkeit staatlich garantierter Wertpapieremissionen von Kreditinstituten sowie Haftungen für Ausleihungen der Clearingbank vorsah, mit 31. Dezember 2010 außer Kraft getreten. Das Instrument Clearingbank konnte mit Ende Februar 2011 plangemäß beendet werden.

In Hinblick auf das Engagement österreichischer Kreditinstitute in den CEE-Ländern[2] ist beabsichtigt, mit den Ländern Bulgarien, Slowenien, Slowakei, Tschechische Republik, Rumänien und Ungarn Cross Border Stability Groups zu etablieren, um so die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Krisensituationen zu verbessern. Die Unterzeichnung der entsprechenden Cross Border Stability Agreements soll Ende Juni 2011 erfolgen.

Die Stabilitätsabgabe (Bankenabgabe), die mit 1. Jänner 2011 in Kraft getreten ist, soll das Finanzsystem an den Kosten der Krise beteiligen. Durch Berücksichtigung des Risikos bei der Steuerbemessung soll ein Anreiz für risikobewusstes Agieren gegeben werden. Es wird ein jährliches Aufkommen von rund 500 Mio. € erwartet.


4. Budget 2010 und 2011

Der Bundesvoranschlag (BVA) für 2010 sah im Allgemeinen Haushalt Ausgaben von rund 70,8 Mrd. €, Einnahmen von rund 57,6 Mrd. € und ein administratives Defizit von rund 13,2 Mrd. € vor. Der vorläufige Gebarungserfolg weist im Allgemeinen Haushalt Ausgaben von rund 67,3 Mrd. €, Einnahmen von rund 59,4 Mrd. € und ein administratives Defizit von rund 7,9 Mrd. € aus. Im Vergleich zum Voranschlag wurden die Ausgaben um rund 3,5 Mrd. € unterschritten und die Einnahmen fielen um rund 1,8 Mrd. € höher aus als präliminiert. Das Defizit in administrativer Abgrenzung fiel somit um rund 5,3 Mrd. € niedriger aus als veranschlagt. Die Budgetverbesserung ist auf die günstige Konjunkturentwicklung, auf exogene Faktoren (Zinsen, Haftungsinanspruchnahmen) und auf den restriktiven Budgetvollzug zurückzuführen.

Die günstige Konjunkturentwicklung führte auf der Einnahmenseite zu Verbesserungen vor allem bei der veranlagten Einkommensteuer (+0,8 Mrd. €), bei der Kapitalertragsteuer (+0,25 Mrd. €), bei der Körperschaftsteuer (+0,1 Mrd. €) und bei der Umsatzsteuer (+0,4 Mrd. €). Auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung überstiegen mit rund 0,2 Mrd. € den Voranschlag. Gleichzeitig blieben die Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer auf Zinsen um rund 0,5 Mrd. € hinter dem Voranschlag zurück. Diese Abweichung ist auf die niedrigen Zinssätze zurückzuführen. Die Öffentlichen Abgaben (UG 16) fielen brutto um rund 1,4 Mrd. € und netto um rund 1,2 Mrd. € höher aus als veranschlagt. Auf der Ausgabenseite ergaben sich konjunkturbedingte Verbesserungen vor allem bei der Arbeitslosenversicherung (-0,2 Mrd. €). Die deutliche Erholung bei den Steuereinnahmen und die Minderausgaben im Bereich der Arbeitslosenversicherung sind ein Beleg für die erfolgreiche Strategie der Bundesregierung zur Bewältigung der Wirtschaftskrise.

Die größten Änderungen auf Grund exogener Faktoren ergaben sich bei den Zinsen. Infolge des gesunkenen Zinsniveaus und der erzielten Emissionsagios bei der Aufstockung von Bundesanleihen ergaben sich in der UG 58 (Finanzierungen, Währungstauschverträge) gegenüber dem BVA Minderausgaben in Höhe von rund 2,3 Mrd. €.

Der Budgetvollzug bei Personal- und Verwaltungssachausgaben war generell strikt. Die budgetierten Personalausgaben wurden eingehalten. Eine wesentliche Rolle bei den Ausgabenunterschreitungen spielte das neue Haushaltsrecht (siehe Kapitel 7.1.), das mit den erweiterten Rücklagenbildungsmöglichkeiten Anreize für einen sparsamen Umgang mit den Budgetmitteln gibt und die Fiskaldisziplin fördert.

In der Maastricht-Abgrenzung beträgt das Maastricht-Defizit des Bundes rund 3,7% des BIP. Darin sind die jüngsten EUROSTAT-Entscheidungen (wie z.B.: Einrechnung von Teilen der Schulden und des Defizits der ÖBB-Infrastruktur-AG, eines Teiles der KA-Finanz und der ausgegliederten Krankenanstalten) berücksichtigt. Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit beträgt nach Berechnungen von Statistik Austria 4,6% des BIP. Die Verschuldungsquote beträgt 2010 72,3% des BIP.

Der BVA für 2011 ist von der Budgetkonsolidierung geprägt. Im Herbst 2010 wurde ein umfangreiches mehrjähriges Konsolidierungsprogramm erstellt. Die Konsolidierungsmaßnahmen des Bundes für 2011 betragen rund 2,3 Mrd. € oder 0,8% des BIP und steigen bis 2014 auf rund 4,7 Mrd. € bzw. 1,4% des BIP. Die Konsolidierungsstrategie verfolgt einen ausgewogenen Mix aus ausgaben- und einnahmenseitigen Maßnahmen. Alle Ressorts wurden in den Konsolidierungsprozess einbezogen, gesetzlich festgelegte Ausgaben ebenso wie Ermessensausgaben, Personalausgaben ebenso wie Sachausgaben und Transferausgaben.  Die Einsparungen erstrecken sich über mehrere Jahre. Sondermittel gibt es für die Universitäten und Fachhochschulen (80 Mio. €), Schulen (Ausbau der Ganztagsbetreuung; 80 Mio. €), thermische Sanierung (100 Mio. €), Forschungsförderung (100 Mio. €) und für den Kassenstrukturfonds (40 Mio. €).

Der BVA für 2011 sieht im Allgemeinen Haushalt Gesamtausgaben von rund 70,2 Mrd. € und Gesamteinnahmen von rund  62,5 Mrd. € vor. Der veranschlagte Netto-Abgang (administratives Defizit) beträgt somit rund 7,6 Mrd. € oder 2,6% des BIP.  Der Budgetvollzug 2011 ist darauf ausgerichtet, das Ergebnis gegenüber dem Voranschlag zu verbessern. Unterstützt wird der Budgetvollzug durch die derzeit günstige konjunkturelle Entwicklung.

In der Abgrenzung der VGR wird für den Gesamtstaat (Bundesebene, Landesebene, Gemeindeebene und Sozialversicherung) ein Maastricht-Defizit von rund 3,9% erwartet. Die gesamtstaatliche Verschuldungsquote steigt auf 73,6% des BIP.


Tabelle 5: Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung (in Mio. €)

Tabelle 6: Offensivmaßnahmen (in Mio. €)

 

Tabelle 7: Steuerliche Maßnahmen (in Mio. €)

 

 


5. Budget- und wirtschaftspolitische Zielsetzungen

Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren erforderte rasche und entschlossene Maßnahmen. Ein dauernder Verlust an Produktionskapazität und Arbeitsplätzen konnte damit aus heutiger Sicht erfolgreich vermieden werden. Dennoch hat die Krise tiefe Spuren in den öffentlichen Haushalten hinterlassen. Im Jahr 2008 verzeichnete Österreich ein gesamtstaatliches Defizit von  0,9% des BIP.  2009 ist es auf 4,1% angestiegen. 2010 betrug es 4,6% des BIP.  Der Bund trug mit 3,7 Prozentpunkten (PP) die größte Last. Aber auch die Länder mit rund 0,7 PP und die Gemeinden mit rund 0,5 PP (jeweils in der Abgrenzung der VGR) verzeichneten hohe Defizite. Demgegenüber wies die Sozialversicherung bereits 2010 Überschüsse in Höhe von rund 0,2 PP auf.

5.1. Nachhaltige Budgetpolitik für einen handlungsfähigen Staat

Nach Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise sind die nachhaltige Budgetkonsolidierung und der mittelfristige Abbau der Staatsverschuldung die zentralen Aufgaben der Budgetpolitik. Durch eine erfolgreiche Konsolidierung der Staatsfinanzen wird die Dynamik der jährlichen staatlichen Zins- und Tilgungsverpflichtungen abgeschwächt. Zugleich können nur mit konsolidierten öffentlichen Haushalten die nötigen Handlungsspielräume für künftige Aufgaben gesichert werden. Eine strikte Budgetkonsolidierung ist zudem ein wichtiger Beitrag der Finanzpolitik zur Fortsetzung der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und der Bewältigung kommender Herausforderungen. Umgekehrt gilt, dass ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und ein Anstieg der Beschäftigung die beste Voraussetzung für gesunde und tragfähige öffentliche Finanzen sind. Daher ist es erforderlich, neben der Konsolidierung auch Schwerpunkte in zukunftsorientierte Politikbereiche zu setzen.

Die Strategie der Bundesregierung ist daher eine dreifache:

·         Rückführung des Budgetdefizits und dadurch mittelfristig eine Rückführung der Verschuldungsquote

·         Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung durch Stärkung der Zukunftsinvestitionen

·         Weiterführung von Strukturreformen (siehe NRP 2011)

5.2. Fortsetzung des Konsolidierungskurses

Mit dem Bundesfinanzrahmen 2012-2015 wird der mit dem Budget 2011 eingeleitete Konsolidierungskurs konsequent fortgesetzt. Ziel ist es, bis 2015 das gesamtstaatliche Defizit von  4,6% des BIP im Jahr 2010 auf 2% des BIP abzusenken. Das Maastricht-Defizit des Bundes wird dabei von 3,7% (2010) auf 1,6% des BIP (2015) gesenkt. Die öffentliche Verschuldungsquote wird bis 2013 auf 75,5% ansteigen und sollte dann wieder zurückgehen. Nach derzeitigen Schätzungen wird die öffentliche Verschuldungsquote 2015 rund 74,4% des BIP betragen.

Basis der Budgetkonsolidierung ist das von der Bundesregierung auf der Regierungsklausur am 22. und 23. Oktober 2010 beschlossene Konsolidierungskonzept, dessen Kernbestandteil jene Maßnahmen sind, die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 umgesetzt wurden (BGBl I Nr. 111/2010) und nun und in den Folgejahren ihre Wirkung entfalten (siehe Kapitel 4.). Dabei ist es gelungen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen erforderlicher Konsolidierung und gestalterischer Politik herzustellen. Auch bei einer restriktiven Ausgabenpolitik und neuen Einnahmen werden zusätzliche Mittel für wichtige Zukunftsaufgaben, vor allem im Bereich Bildung, Forschung, Gesundheit und Umwelt zur Verfügung gestellt.

Zur Rückführung des Defizits wurde mit dem Budget 2011 ein Bündel an Maßnahmen beschlossen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Ausgabenseite durch eine breit angelegte Dämpfung des Wachstums über alle Ausgabenbereiche bzw. Ressorts. Dabei wird so vorgegangen, dass wichtige sozial- und wirtschaftspolitische Zielsetzungen nicht gefährdet werden.

Wichtige Bereiche wie Bildung und Forschung, innere Sicherheit und aktive Arbeitsmarktpolitik  müssen weniger zur Konsolidierung beitragen als andere Bereiche. Bei der Verwaltung und beim Personal wird gespart, ohne die hohe Qualität der öffentlichen Verwaltung zu schmälern. Gleichzeitig werden Strukturreformen im Bereich der öffentlichen Verwaltung angegangen. Es erfolgen Einsparungen bei Förderausgaben und Projektvorhaben.

Im Bereich des Familienlastenausgleichsfonds wurden bei Beibehaltung eines international hohen Förderniveaus sozial verträgliche Anpassungen vorgenommen. Die Familienbeihilfe wird nur noch bis zum 24. Geburtstag (bisher 26.) ausgezahlt. Bei länger dauernden Studien, für Präsenz- und Zivildiener, für Mütter und Absolventen des freiwilligen Sozialjahres wird sie ein Jahr länger ausgezahlt. Für Bezieher von Stipendien wird der Verlust aus der wegfallenden

Tabelle 8: Budgetäre Entwicklung 2010 bis 2014

Tabelle 9: Entwicklung der öffentlichen Schulden 2010 bis 2014

 

Tabelle 10: Vergleich mit der Fortschreibung vom Jänner 2010

Familienbeihilfe durch eine höhere Studienbeihilfe ausgeglichen. Die 13. Familienbeihilfe wird nur noch als Fixbetrag von 100 € für 6- bis 15-jährige ausbezahlt. Der Mehrkinderzuschlag wurde gekürzt. Des Weiteren wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag für Ehepaare, die keine Kinder (mehr) zu betreuen haben gestrichen. Für Pensionistenehepaare, deren Bezüge unter 1.155 € liegen, bleibt er bestehen.

Ebenso wurden Schritte zur Dämpfung des Ausgabenwachstums im Bereich der Pensionsversicherung und der Pflegeleistungen gesetzt, die zur nachhaltigen Finanzierbarkeit des Sozialsystems beitragen. Im Bereich der Pensionsversicherung wurde die einjährige Wartefrist bis zur ersten Pensionsanpassung wieder eingeführt. Zusätzlich werden nun die Sonderzahlungen aliquotiert. Die Bundesbeiträge für Bauern und Gewerbetreibende wurden gesenkt, gleichzeitig aber die Mindestpension für Landwirte erhöht. Bei der „Hacklerregelung“ wurde der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten verteuert. Im Bereich der Pflegeleistungen wurde der Zugang für die Pflegestufen eins und zwei erschwert, gleichzeitig die Unterstützung für die Pflegestufe 6 erhöht. Für Stufe eins sind nunmehr 60 Stunden pro Monat Pflegebedarf statt bisher 50 und für die Stufe zwei nunmehr 85 statt 75 Stunden nötig.

Das Konsolidierungspaket der Bundesregierung sieht für 2011 auf Bundesebene Einsparungen von rund 1,5 Mrd. € vor. Bis 2014 steigen diese auf rund 3,2 Mrd. € an.

Auf der Einnahmenseite wurde der mittel- bis langfristigen Herausforderung der Erreichung der österreichischen Klimaziele Rechnung getragen. Eine Reihe von Maßnahmen zielt auf die Ökologisierung des österreichischen Steuer- und Abgabensystems ab. Zudem wurde eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die unerwünschte Effekte steuerlicher Regelungen beheben. Im Verbund mit dem Betrugsbekämpfungspaket werden diese Maßnahmen zu einer Erhöhung der Effizienz des Steuersystems führen.

Mit der Einführung der Bankenabgabe leistet dieser Sektor einen Beitrag zur Abdeckung der Krisenkosten. Die Bankenabgabe soll 500 Mio. € bringen. Die Höhe der Steuer ist nach der Größe der Bank gestaffelt. Zinsgewinne innerhalb von Stiftungen werden nunmehr mit der vollen Kapitalertragsteuer von 25% besteuert. Die einjährige Spekulationsfrist für Wertpapiere wie etwa Aktien wurde abgeschafft. Nunmehr fällt für solche Gewinne ohne Frist Kapitalertragsteuer an. Kursverluste werden gegengerechnet. Weitere Einnahmen sollen durch das Schließen von Steuerlücken und Betrugsbekämpfung erbracht werden.

Auf Passagierflüge wurde eine Sonderabgabe eingeführt. Auf Kurzstrecken fallen 8 €, auf Mittelstrecken 20 € und bei Langstrecken 35 € an. Die Mineralölsteuer wurde durch einen CO-Zuschlag in Höhe von umgerechnet 20 € pro Tonne erhöht. Das entspricht einer Anhebung von 5 Cent pro Liter Diesel und 4 Cent pro Liter Benzin. Der CO-Malus der Normverbrauchsabgabe wurde durch zwei neue Stufen für Neuwagen mit besonders hohem Schadstoffausstoß (über 180 bzw. 220 Gramm CO) verschärft. 2013 werden außerdem die Grenzwerte der einzelnen Stufen des Malus um je 10 Gramm gesenkt. Die Tabaksteuer wird in drei Schritten bis Ende 2011 um 25 bis 35 Cent je Packung angehoben. 

Die Mehreinnahmen bei den steuerlichen Maßnahmen betragen 2011 rund 1,2 Mrd. €. Diese steigen bis 2014 auf rund 2,2 Mrd. €. Von diesen Mehreinnahmen werden allerdings rund 1/3 an Länder und Gemeinden weitergegeben.

5.3. Konsolidieren und Gestalten

Trotz der erforderlichen Konsolidierungsschritte weisen der BVA 2011 und der Bundesfinanzrahmen 2012-2015 klare Akzente zur Bewältigung der anstehenden Zukunftsfragen auf. Die Offensivmaßnahmen (siehe Kapitel 4.), die auf der Regierungsklausur am 22. und 23. Oktober 2010 beschlossen wurden, sehen für Universitäten und Fachhochschulen sowie für Schulen (Ausbau der Ganztagsbetreuung) jährlich je 80 Mio. € vor. Für Maßnahmen der thermischen Sanierung werden jährlich 100 Mio. € zur Verfügung gestellt. Für die Erhöhung der Forschungsförderung stehen jährlich 100 Mio. € bereit und der Kassenstrukturfonds wird jährlich mit 40 Mio. € dotiert. Diese Offensivprogramme werden auch 2015 fortgeführt. Darüber hinaus werden für die „Neue Mittelschule“ bis 2015 216 Mio. € bereitgestellt. Des Weiteren wird ein Pflegefonds geschaffen. Dieser wird mit knapp 685 Mio. € bis 2014 dotiert, wovon der Bund zwei Drittel trägt, Länder und Gemeinden tragen zusammen ein Drittel.

Die Konsolidierungsstrategie wird durch das neue Haushaltsrecht des Bundes unterstützt (siehe Kapitel 7.1.). Das neue Rücklagenregime fördert die Fiskaldisziplin, denn unterjährig nicht ausgenutzte Mittel verbleiben bei den Ressorts und können zu einem späteren Zeitpunkt für Bereiche, in denen die Mittel zu knapp werden, verwendet werden. Damit wird einerseits die Flexibilität der Ressorts erhöht, gleichzeitig entsteht ein Anreiz zum sparsameren Umgang mit den Budgetmitteln. Dies zeigen auch die bisherigen Erfahrungen. Ab dem Jahr 2013 wird dieser positive Anreiz noch verstärkt, denn mit Beginn der zweiten Etappe des neuen Haushaltsrechts wird eine Rücklagenbildung auf Ebene der einzelnen Dienststellen ermöglicht.

Die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger leisten ihren Beitrag zur Sicherung nachhaltiger Staatsfinanzen. Zentrales Element der gesamtstaatlichen Konsolidierungsstrategie ist der ÖStP (siehe Kapitel 7.2.). Im ÖStP, der für die Jahre bis 2014 vereinbart wurde, verpflichten sich die Länder und Gemeinden zu einem strikten Sparkurs.

Der ÖStP sieht vor, dass die Länder (inklusive Wien) 2011 ein maximales Defizit von 0,75% des BIP aufweisen (nach rund 1,2% im Jahr 2010), 2012 von 0,6% und 2013 und 2014 jeweils von 0,5%. Die Gemeinden haben sich verpflichtet, in jedem Jahr ausgeglichene Budgets zu haben.

Darüber hinaus wurde auch der Sanktionsmechanismus im neuen ÖStP neu gestaltet und verschärft. Haushaltskoordinierung und mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung bei Ländern und Gemeinden werden verbessert, und durch die Einführung von verbindlichen Haftungsobergrenzen wird die Transparenz erhöht. 2015 soll das Defizit weiter zurückgeführt werden. Die Aufteilung des Defizits ab 2015 ist zwischen den Finanzausgleichspartnern noch zu verhandeln. Der ÖStP wird jeweils für die Finanzausgleichsperiode abgeschlossen.

5.4. Strukturelle Reformen

Weiterhin wird an strukturellen Reformen (Pflege, Bildung, öffentlichen Verwaltung, Pensionen, Gesundheit, Förderungen etc.) gearbeitet, an der sich auch die Länder und Gemeinden beteiligen. So z.B. wird die Gesetzgebung und Vollziehung des Landespflegegeldes 2012 an den Bund übertragen. Bis Ende 2011 sollen die im Regierungsprogramm vereinbarten Bildungsreformen beschlossen werden. Zentrale Punkte sind der Ausbau von Ganztagsangeboten und die Ausweitung der „Neuen Mittelschule“. Die Durchlässigkeit und Chancengleichheit des Bildungssystems sollen erhöht und die Unterrichtsqualität verbessert werden.

Neben der nachhaltigen Budgetkonsolidierung stehen Standortsicherung, Vollbeschäftigung und Verteilung im Vordergrund. Die Weiterentwicklung und Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes ist ein weiteres Ziel der Bundesregierung. Details  zu den einzelnen Reformen können dem NRP 2011 entnommen werden.

5.5. Konjunkturelle Entwicklung und Budgetsalden

Sowohl der deutliche Wachstumseinbruch 2009, als auch die umfangreichen Konjunkturstabilisierungs- und -stimulierungsmaßnahmen zur Abfederung der negativen Auswirkungen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise hinterließen tiefe Spuren in den öffentlichen Finanzen. Das strukturelle Defizit (konjunkturbereinigt und ohne Einmalmaßnahmen) verringert sich zwar kontinuierlich, das nationale mittelfristige Haushaltsziel (MTO) kann jedoch - über den gesamten Prognosezeitraum betrachtet - nicht erreicht werden. Österreich definiert sein MTO als einen „über den Konjunkturzyklus ausgeglichenen Haushalt“ (strukturell). Die Europäische Kommission (EK) zieht für Österreich als Benchmark 0% bis -0,5% des BIP heran.

 

Tabelle 11: Konjunkturelle Entwicklung und Budgetsalden 2010 bis 2014


6. Sensitivitätsanalyse

Ausgehend von dem zugrunde liegenden Stabilitätsprogramm (Basisszenario) sollen die Auswirkungen zweier Szenarien auf den Budgetsaldo sowie auf die Schuldenquote untersucht werden.

Im ersten (zweiten) Szenario wird von höheren (niedrigeren) Wachstumsraten der österreichischen Exportmärkte ausgegangen (ab 2011). Demnach würde im Szenario 1 das Budgetdefizit bereits 2012 und somit ein Jahr früher als vom ECOFIN-Rat verlangt unter dem Maastricht-Referenzwert von 3% des BIP liegen. Darüber hinaus würde der Anstieg der Schuldenquote deutlich schwächer ausfallen und ab 2013 wieder rückläufig sein.

Im Szenario 2 würde das gesamtstaatliche Defizit zwar ebenfalls sinken, 2014 jedoch immer noch deutlich über der 3%-Grenze liegen. Die Schuldenquote hingegen würde kontinuierlich ansteigen (auf knapp unter 80%).

Tabelle 12: Wirtschaftswachstum und öffentliche Haushalte in 3 Szenarien

 


7. Qualität der öffentlichen Finanzen

7.1. Haushaltsrechtsreform

Wie bereits im Stabilitätsprogramm für die Jahre 2008 bis 2013 ausgeführt, wurde die Haushaltsrechtsreform des Bundes 2007 verfassungsrechtlich verankert und umfasst zwei Etappen.

Die erste Etappe wird seit 2009 umgesetzt und verfolgt folgende Ziele:

·         Das Parlament beschließt verbindliche Ausgabenobergrenzen für die vier folgenden Jahre im Wege des Bundesfinanzrahmengesetzes (mehrjährige verbindliche Budgetplanung). Ein begleitender Strategiebericht der Bundesregierung enthält politische Absichtserklärungen und Erläuterungen (einschließlich der Einnahmen). Mit der jährlichen Vorlage soll der Finanzrahmen im Wesentlichen um das jeweils hinzukommende Jahr ergänzt werden.

·         Derzeit gilt das Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014. Dessen Ausgabenobergrenzen sind zu rund 74% fix und zu rund 26% variabel. Letztere betreffen vor allem von der Konjunktur bzw. vom Abgabenaufkommen abhängige Ausgabenbestandteile, deren Höhe anhand von separat festgelegten Parametern bestimmt wird. Dadurch steigen bzw. sinken die Mittel in diesen Bereichen bedarfsgerecht, um insgesamt zu einer antizyklischen Budgetpolitik und damit zur Stabilisierung der Wirtschaftslage beizutragen.

·         Am Jahresende nicht ausgenützte Mittel verfallen grundsätzlich nicht, sondern können einer Rücklage zugeführt werden, um zu einem späteren Zeitpunkt und ohne Zweckbindung vom betreffenden Ressort verausgabt zu werden. Insgesamt kann Steuergeld damit effizienter eingesetzt werden, weil zu Ende eines Finanzjahres nicht nötige Verausgabungen von Bundesmitteln („Dezemberfieber“) wegfallen sollten.

Die zweite Etappe, die 2013 in Kraft treten wird, verfolgt folgende Ziele:

·         Durch eine wirkungsorientierte Haushaltsführung („performance budgeting“) wird das Budget auf allen seinen Ebenen zu einem integrierten Steuerungsdokument, das sowohl Ressourcen als auch durch diese finanzierte Wirkungen und Maßnahmen umfasst. Davon ist auch das „gender budgeting“ als integrierter Bestandteil der Wirkungsorientierung umfasst.

·         Eine grundlegende Weiterentwicklung des Rechnungswesens des Bundes, das sich an kaufmännischen Gesichtspunkten („accrual budgeting and accounting“) orientiert, ohne die Besonderheiten eines öffentlichen Haushaltes aus den Augen zu verlieren.

·         Wirksame Anreize und Sanktionsmechanismen unterstützen die Einhaltung der Haushaltsvorschriften. Eine integrierte mehrjährige Ressourcen-, Ziel- und Leistungsplanung auf Ebene der Dienststellen unterstützt die integrierte Ressourcen- und Wirkungssteuerung des Budgets.

·         Eine verbindliche, regelmäßig durchzuführende, langfristige Budgetprognose (über mindestens 30 Jahre) wird eingeführt und damit der Budgetplanungsprozess erheblich verbessert.

·         Mit der wirkungsorientierten Folgenabschätzung für Regelungs- und sonstige Vorhaben wird die Gesetzesfolgenabschätzung von Grund auf und auf Basis der Erfahrungen mit der Abschätzung der finanziellen Auswirkungen und den Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und Unternehmen (siehe Kapitel 7.3.) neu konzipiert.

Die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen - das Bundeshaushaltsgesetz (BHG) 2013 - wurden vom Parlament im Dezember 2009 einstimmig beschlossen. Auf deren Grundlage werden seit 2010 umfassende Vorbereitungsmaßnahmen für den mit der Reform verbundenen weit reichenden Kulturwandel in der gesamten Bundesverwaltung getroffen. Im Jahr 2011 werden die Durchführungsvorschriften zum BHG 2013 finalisiert und die Vorbereitungen für die Erstellung des ersten - nach den Reformgrundsätzen ausgerichteten Budgets (Bundesfinanzgesetz 2013) - intensiviert. Nach der Übergangs- und Vorbereitungsphase während der ersten Etappe von 2009 bis 2012 wird der Bund mit der zweiten Etappe der Haushaltsrechtsreform ab 2013 ein modernes und nach internationaler „best practice“ ausgerichtetes Haushaltsrecht erhalten.

7.2. Österreichische Stabilitätspakt (2011-2014)

Der ÖStP setzt die unionsrechtlichen Regeln über die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten um und regelt die innerstaatliche Haushaltskoordinierung für die Sektoren Bund, Länder und Gemeinden. Hintergrund für den ÖStP ist die Verpflichtung Österreichs,  übermäßige öffentliche Defizite zu vermeiden.

Die zwischen den Gebietskörperschaften am 16. März 2011 erfolgte Einigung über einen neuen ÖStP sieht zur Erreichung dieses Ziels insbesondere folgende neuen Regelungen vor:

·         Neudefinition der notwendigen Stabilitätsbeiträge von Bund, Ländern und Gemeinden

·         Verschärfung der Sanktionsfolgen bei Zielverfehlungen:

o   Amtswegiges Gutachten des Rechnungshofes (Reputationssanktion) bei Zielverfehlungen

o   Darauf aufbauend gegebenenfalls automatische Einleitung eines Sanktionsverfahrens

o   Stärkung des über eine Sanktion entscheidenden Schlichtungsgremiums (Entscheidung kann durch Nichterscheinen nicht behindert werden)

o   Keine durchschnittliche Betrachtung der Zielerreichung sondern Fokussierung auf das jeweilige Haushaltsjahr

·         Verbesserungen der inhaltlichen Haushaltskoordinierung und mittelfristigen Ausrichtung der Haushaltsführung (Diskussion des Stabilitätsprogramm-Entwurfes im Koordinationsgremium zwischen Bund, Ländern und Gemeinden; unterjähriger Soll-Ist-Vergleich der Budgetentwicklung; Standardisierung der zur mittelfristigen Haushaltsplanung bekanntzugebenden Daten; Überleitungstabelle zwischen administrativem und ESVG-Ergebnis[3] inkl. außerbudgetärer Einheiten; Meldeverpflichtung für neue außerbudgetäre Einheiten an Statistik Austria)

·         Autonome Schaffung verbindlicher Haftungsobergrenzen für Bund und Länder (für Gemeinden durch Länder), inkl. Regelung des Verfahrens bei Haftungsübernahmen und  Regelung von Risikovorsorgen für den Fall von Ausfällen

·         Transparenz über die Haushaltsführung durch Publikation wesentlicher Informationen zur Haushaltskoordination auf der Homepage des BMF

·         „Rendez-vous-Klausel“ bei Änderung von EU-rechtlichen Vorgaben (Verhandlungen zur Anpassung)

Der ÖStP wird in Gesetzesrang von den Parlamenten des Bundes und der Länder beschlossen und rückwirkend in Kraft treten.

7.3. Verwaltungsreform

Ein besonderes Anliegen der österreichischen Bundesregierung ist eine schlanke, dynamische und leistungsfähige Verwaltung. Aus budgetärer Sicht haben die dafür notwendigen Verwaltungsreformen neben den Zielen wirkungsorientiertes Handeln und kostengünstige Bereitstellung hochqualitativer Leistungen, die Unterstützung der Budgetkonsolidierung zu verfolgen.

Die Bundesregierung hat daher eine eigene Arbeitsgruppe unter Einbindung der Länder eingerichtet, die derzeit Konsolidierungsvorschläge auf Basis der Arbeiten des Rechnungshofes und des Staatsschuldenausschusses zur Verwaltungsreform erarbeitet. Insgesamt 11 Arbeitspakete zu Themen wie Pensionen, Personal, Bildung, Wissenschaft und Forschung, Effizientes Förderwesen, Bürgerorientierung und Deregulierung, Effizienz der Verwaltung, Aufgabenreform und Strukturbereinigung, Finanzausgleich und Haushaltsrecht, Gesundheit und Pflege, Umwelt, Infrastruktur, öffentliche Unternehmen und Fonds werden sukzessive behandelt.

Die Arbeitsgruppe „Konsolidierung“ hat Expertengruppen beauftragt, Problemanalysen zu den einzelnen Arbeitspaketen vorzunehmen. Derzeit liegen 6 Problemanalysen zu den Bereichen Bildung, Effizienz der Verwaltung, Pensionen, Effizienz des Förderwesens, Gesundheit und Pflege und Aufgabenreform und Strukturbereinigung vor. Die Ergebnisse wurden der Arbeitsgruppe „Konsolidierung“ präsentiert.

In der Folge beauftragte die Arbeitsgruppe „Konsolidierung“ eigene Vorbereitungsgremien mit der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen zu den von der Arbeitsgruppe „Konsolidierung“ anerkannten Problemen. Konkrete Lösungsvorschläge liegen für die Bereiche Bildung, Effizienz der Verwaltung, Pensionen und Effizienz des Förderwesens vor. Weitere Lösungsvorschläge in den Bereichen Gesundheit und Pflege sowie Aufgabenreform und Strukturbereinigung sind in Arbeit.

Auf Basis der Lösungsvorschläge werden konkrete Maßnahmen definiert und umgesetzt. Dazu zählen:

·         Arbeitspaket „Effizienz der Verwaltung“: 45 konkrete Projekte aus den Bereichen „Shared Services“ und „eGovernment“ aber auch konkrete von den Ressorts selbst gemeldete Maßnahmen befinden sich derzeit in Umsetzung bzw. sind bereits abgeschlossen. Zu den weiteren Maßnahmen zählen die Verbesserung der Verwaltungssteuerung, die  Evaluierung von 40 ausgegliederten Rechtsträgern, die Erstellung einer möglichen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen Bund und Ländern über gemeinsame Grundsätze einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung und Lösungen zum Vergabewesen.

·         Arbeitspaket „Pensionen“: Die Bundesländer, die ihre Pensionsreformen nicht entsprechend der Pensionsreform des Bundes umgesetzt haben wurden aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zu setzen. Einige Länder haben bereits die entsprechenden notwendigen Schritte gesetzt. Aber auch Unternehmen wie die Österreichische Nationalbank (OeNB) oder die ÖBB wurden ersucht, entsprechende Maßnahmen zu setzen.

·         Arbeitspaket „Bildung“: Problemanalyse und Lösungsvorschläge sind Gegenstand der derzeitigen politischen Diskussion.

·         Arbeitspaket „Effizienz des Förderwesens“: Die bereits beschlossene Transparenzdatenbank wird ab 2012 die systematische Erfassung und Abstimmung der einzelnen öffentlichen Leistungen ermöglichen.

Unabhängig von der Arbeitsgruppe „Konsolidierung“ wurde eine gebietskörperschaftsübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet, die Ländervorschläge zum Thema Deregulierung aufgegriffen hat und die notwendigen Maßnahmen in die Wege leitet. Betreffend Gesundheitsreform sind Arbeiten im Gange. Hinsichtlich Maßnahmen in den Bereichen Finanzausgleich, Better Regulation und Haushaltsrechtsreform wird auf die entsprechenden Abschnitte verwiesen.

7.4. Better Regulation

Im Frühjahr 2006 startete die österreichische Bundesregierung eine Initiative mit dem Ziel, Verwaltungskosten für Unternehmen aus bundesrechtlichen Informationsverpflichtungen um 25% zu senken. Damit sollen österreichische Unternehmen um etwas mehr als 1 Mrd. € pro Jahr entlastet werden. Das Reduktionsziel soll in zwei Teilzielen erreicht werden. 2010 wurde der erste Teil des Einsparziels in Höhe von 564 Mio. € erfüllt. 2012 sollen weitere 512 Mio. € an Verwaltungslasten reduziert werden. Entbürokratisierung soll Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten helfen, ihre Ressourcen für produktivitätssteigernde Aktivitäten zu nutzen, ihre Behördenwege einfacher und zeitsparender zu erledigen, zusätzliche Investitionen leichter abzuwickeln und damit die Beschäftigung zu steigern.

Die Initiative ist derzeit in der Maßnahmenplanung und -umsetzung. Mit der Erstellung des Budgets 2011 wurde die Maßnahmenplanung aktualisiert und im Rahmen der Budgetmaterialien berichtet eine Beilage zum Thema „Verwaltungskosten senken für Bürger/innen und Unternehmen“ über den Fortschritt der Initiative. Aktuell sind 165 Vereinfachungsmaßnahmen mit einem Entlastungspotenzial für Unternehmen von knapp unter 1 Mrd.  € geplant bzw. umgesetzt oder in Umsetzung. Jetzt gilt es in Hinblick auf das zweite Teilziel 2012 die Umsetzung sicherzustellen.

Eine zentrale Maßnahme ist die Schaffung des Unternehmensserviceportals (USP), das seit 1. Jänner 2010 unter http://www.usp.gv.at als Informationsportal online verfügbar ist. In mehreren Ausbaustufen wird bis 2013 ein „One-Stop-Shop“ mit Informations- und Transaktionsfunktion errichtet. Derzeit findet ein Pilotbetrieb mit einigen ausgewählten Unternehmen statt, der als Vorbereitung für den Vollbetrieb dient.

Im April 2009 initiierte die Bundesregierung ein Programm zur Entlastung von Bürger/innen in Verwaltungsverfahren. Es wurde eine Erhebung der 100 zeitaufwendigsten Informationsverpflichtungen für Bürger/innen mit dem Standardkostenmodell durchgeführt. Auf Grundlage der Ergebnisse der Erhebung wurden Vereinfachungsmaßnahmen geplant und deren Umsetzung am 24. August 2010 im Ministerrat beschlossen. Bis zum zweiten Quartal 2011 soll die Maßnahmenplanung aktualisiert werden und die Vorbereitung für die Umsetzung der wichtigsten Vorhaben abgeschlossen sein. Kernmaßnahmen sind unter anderem die Einführung der mobilen Bürgerkarte („Handysignatur“) für Verwaltungsverfahren, die Umsetzung des Personenstandsregisters sowie Vereinfachungen im Bereich Schüler- und Lehrlingsfreifahrt. Alle geplanten Maßnahmen können auf der Homepage http://www.verwaltungskostensenken.at abgerufen werden.

7.5. Entwicklung der Struktur der öffentlichen Ausgaben

2010 lagen die Staatsausgaben (in % des BIP) um 4 PP über dem Wert von 2007. Dieser Anstieg ist u.a. auf Mehrausgaben in den Bereichen „Soziale Sicherung“ (+2 PP) sowie „Wirtschaftliche Angelegenheiten“ (+0,8 PP) im Zuge der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen. Aber auch im „Gesundheits-“ und im „Bildungswesen“ (jeweils +0,6 PP) stiegen die Ausgaben des Staates in % des BIP an.

Die Schwerpunktsetzung der öffentlichen Ausgaben lag wie bisher in den Bereichen „Soziale Sicherung“ (21,9% des BIP) und „Gesundheitswesen“ (8,2% des BIP).

Tabelle 13: Funktionelle Gliederung der öffentlichen Ausgaben


8. Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen

Die öffentlichen Finanzen geraten gegenwärtig durch mehrere Gründe unter Druck. Die im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise gesunkenen Steuereinnahmen und gestiegenen diskretionären Ausgaben sowie automatischen Stabilisatoren haben tiefe Spuren im Budget hinterlassen. Neben den Verbindlichkeiten vergangener Schuldenaufnahmen muss die öffentliche Ausgabenseite zusätzlich die Lasten einer fortschreitenden Bevölkerungsalterung tragen.

Den EU-Langfristprojektionen von 2009[4] zufolge steigen die öffentlichen altersabhängigen Ausgaben - vor allem für Pensionen, Gesundheit und Pflege - demographiebedingt bis 2060 stark an, wobei die Ausgaben zwischen 2040 und 2050 ihren Höhepunkt erreichen. Während der Wirtschaftsrückgang 2009 die Entwicklung dieser Ausgaben zwar beeinflusst, bleibt der primäre kostentreibende Faktor die Bevölkerungsalterung. In Relation zum BIP werden die altersabhängigen Ausgaben von etwa 27,6% des BIP im Jahr 2010 auf etwa 30,7% 2060 ansteigen (und danach leicht absinken), was ohne Gegenmaßnahmen zu budgetären Spannungen führen würde.

Beide Entwicklungen, die ungünstige budgetäre Ausgangslage durch die Krise und der demographiegetriebene Anstieg der Pensions-, Gesundheits- und Pflegeausgaben um etwa 3 bis 4 PP des BIP bis 2060, lassen in Österreich eine finanzielle Nachhaltigkeitslücke entstehen, wie im Nachhaltigkeitsbericht der EK von 2009[5] dargestellt. Mit den Konsolidierungsmaßnahmen im Budget 2011 werden jedoch erste Schritte gesetzt, um dieser ungünstigen budgetären Entwicklung entgegenzutreten.

Die Anspruchsvoraussetzungen für Invaliditätspensionen wurden verschärft. So müssen nun zwingend Rehabilitationsmaßnahmen beantragt werden, bevor um Invaliditätspension angesucht werden kann. Darüber hinaus wurde der Zugang zur Invaliditätspension durch die Lockerung des Berufsschutzes erschwert. Neben diesen Verschärfungen gibt es auch Anreize in Form einer besseren sozialen Absicherung, wenn Rehabilitationsmaßnahmen angenommen werden.

Das Antrittsalter für die Langzeitversichertenregelung („Hacklerregelung“, volle Pension bereits mit 40 statt 45 Beitragsjahren) wird ab 2014 um 2 Jahre angehoben, der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten wurde bereits verteuert und wird 2014 zur Gänze abgeschafft.

Weitere Kosten dämpfende Maßnahmen umfassen eine spätere Wertanpassung der Erstpension, Änderungen bei den Verzugszinsen für nicht fristgerecht entrichtete Beiträge, Maßnahmen zur Eindämmung von Sozialmissbrauch bei Bezieher/innen der Ausgleichszulage und die Reduktion der Partnerleistung des Bundes bei Gewerbetreibenden und Bauern.

Tabelle 14: Langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen

Im Gesundheitsbereich hat die Bundesregierung mit den Krankenversicherungsträgern ein Kostendämpfungsvolumen von insgesamt 1,725 Mrd. € in den Jahren 2010 bis Ende 2013 vereinbart. Für den Gesundheitsbereich wurden für 2011 mit 868,2 um 125,5 Mio. € weniger budgetiert als im Vorjahr. Minderausgaben sind auf den Entfall des Beitrags zu den Unfallversicherungsanstalten sowie eine Reduktion der Dotierung des Kassenstrukturfonds zurückzuführen. Die geringere Dotierung wurde möglich, da die Sozialversicherung (inkl. Pensions- und Unfallversicherung) 2010 einen vorläufigen Überschuss erwirtschaften konnte. Mehrausgaben ergeben sich durch Zuschüsse an die Kranken- und Kuranstalten sowie im Rahmen der bedarfsorientierten Mindestsicherung.

 

 


9. Institutionelle Faktoren und Stellung des Stabilitätsprogramms im Budgetprozess

Hinsichtlich der mittelfristigen Haushaltsplanung stehen in Österreich drei Instrumente zur Verfügung.

·         Das B-VG und das BHG sehen eine mehrjährige und verbindliche Budgetplanung des Bundes über das Bundesfinanzrahmengesetz samt Strategiebericht vor. Die Bundesregierung hat den Entwurf des Bundesfinanzrahmengesetztes jeweils bis 30. April vorzulegen. Diese Terminsetzung ist mit den für das Stabilitätsprogramm geltenden EU-Regelungen konsistent.

·         Vor dem Hintergrund einer stabilitätsorientierten Budgetpolitik haben sich Länder und Gemeinden verpflichtet, zur Haushaltsdisziplin beizutragen. Diese innerstaatliche, alle Gebietskörperschaften umfassende Haushaltskoordinierung wird im ÖStP geregelt.

·         Im Rahmen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts wird jährlich eine Fortschreibung des Österreichischen Stabilitätsprogramms vorgelegt. Dieses Programm ist zentraler Bestandteil des mit 1. Jänner 2011 in Kraft getretenen Europäischen Semesters, wird gemäß ÖStP von der Bundesregierung unter Bedachtnahme auf die innerstaatliche Haushaltskoordinierung beschlossen und zusammen mit dem NRP an den Rat der Europäischen Union, an die EK sowie an das Österreichische Parlament und die Österreichischen Finanzausgleichs- und Sozialpartner übermittelt. Der Bericht des Bundesministers für Finanzen über das Österreichische Stabilitätsprogramm für die Jahre 2009 bis 2013 wurde am 26. Jänner 2010 dem Nationalrat zur Behandlung vorgelegt und vom Budgetausschuss des Nationalrats in öffentlicher Sitzung am 10. Februar 2010 behandelt.

Im Rahmen des BHG 2013 ist zudem ab spätestens 2014 eine mindestens 30jährige Budgetplanung durchzuführen.


10. Verfahren bei einem übermäßigen Defizit

Am 2. Dezember 2009 stellte der ECOFIN-Rat nach Artikel 126(6) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ein übermäßiges Defizit (ÜD) in Österreich fest. Basierend auf seiner Empfehlung gemäß Artikel 126(7) AEUV konnte Österreich sein Budget für 2010 wie geplant umsetzen, was nur aufgrund der relativ guten Ausgangslage hinsichtlich der öffentlichen Finanzen möglich war.

Spätestens 2011 sollte jedoch mit der Budgetkonsolidierung begonnen werden, um das Defizit 2013 wieder unter den Referenzwert von 3% des BIP zu senken, was eine durchschnittliche, jährliche, fiskalische Anpassung von ¾ PP in den Jahren 2011 bis 2013 voraussetzt.

Die Empfehlung des Rates an Österreich im Wortlaut:

„(1)        Da sich die österreichische Haushaltslage 2009 aus Maßnahmen in Höhe von 1½ % des BIP, die eine angemessene Reaktion auf das Europäische Konjunkturprogramm waren, und dem ungehinderten Wirken der automatischen Stabilisatoren ergab, sollten die österreichi­schen Behörden die finanzpolitischen Maßnahmen 2010 wie geplant umsetzen und 2011 mit der Haushaltskonsolidierung beginnen, um das derzeitige übermäßige Defizit bis 2013 zu beenden.

(2)          Die österreichischen Behörden sollten das gesamtstaatliche Defizit auf glaubhafte und nachhaltige Weise unter 3 % des BIP senken, indem sie in einem mittelfristigen Rahmen Maßnahmen ergreifen. Zu diesem Zweck sollten die österreichischen Behörden insbesondere:

a)      im Zeitraum von 2011 bis 2013 eine jährliche fiskalpolitischen Anstrengung von durchschnittlich ¾ % des BIP gewährleisten, was durch eine Wiederherstellung eines adäquaten Primärüberschusses auch zu einem hinreichend rückläufigen staatlichen Bruttoschuldenstand, der sich rasch genug dem Referenzwert nähert, beitragen sollte,

b)      und, soweit es die konjunkturellen Bedingungen zulassen, die für eine Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2013 erforderlichen Maßnahmen festlegen und den Defizit­abbau beschleunigen, insbesondere wenn sich die wirtschaftliche und budgetäre Lage besser entwickelt als derzeit erwartet.

(3)          Außerdem sollten die österreichischen Behörden über die fiskalpolitische Anstrengung hinaus jede Gelegenheit, auch eine solche, die sich aus einer besseren wirtschaftlichen Lage ergibt, ergreifen, um die Verringerung des Bruttoschuldenstands in Richtung des Referenzwerts zu beschleunigen.

(4)          Der Rat setzt der österreichischen Regierung eine Frist bis zum 2. Juni 2010, um wie geplant wirksame Maßnahmen zur Durchführung der finanzpolitischen Maßnahmen im Jahr 2010 umzusetzen und darzulegen, welche Konsolidierungsstrategie notwendig ist, um bei der Korrektur des übermäßigen Defizits voranzukommen, wobei bis zu einem gewissen Grad in die Einzelheiten gegangen werden sollte. Bei der Beurteilung der wirksamen Schritte wird berücksichtigt, wie sich die Wirtschaftslage im Vergleich zur Herbst­prognose 2009 der Kommissionsdienststellen entwickelt hat.

Die österreichischen Behörden sollten über die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlun­gen in einem eigenen Kapitel in den zwischen 2010 und 2013 erstellten Aktualisierungen des Stabilitätsprogramms berichten.

Außerdem fordert der Rat die österreichischen Behörden auf, Reformen mit dem Ziel der Anhebung des BIP-Wachstumspotenzials umzusetzen. Dies umfasst Reformen, die der Verbesserung der Qualität der öffentlichen Finanzen förderlich sind, insbesondere durch eine Verbesserung des Haushaltsrahmens, um die Budgetdisziplin auf allen Ebenen des Staates durch mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht zu stärken, namentlich durch eine Angleichung der legislativen, administrativen und finanzpolitischen Zuständigkeitsbereiche zwischen den verschiedenen Regierungsebenen sowie Reformen, durch die die Anreize für ältere Arbeitnehmer für einen Verbleib im Arbeitsleben durch die Umsetzung einer umfassenden Strategie, einschließlich beruflicher Fortbildungsmaßnahmen, einer Anpassung der Arbeitsbedingungen und einer Verschärfung der Vorruhestandsregelungen, verstärkt werden.“

Die österreichische Bundesregierung nahm die oben genannten Empfehlungen des Rates zur Kenntnis und legte mit dem Stabilitätsprogramm für die Jahre 2009 bis 2013 als ersten Schritt neue Budgetziele bis zum Jahr 2013 vor. Des Weiteren wurde Österreich aufgefordert, bis 2. Juni 2010, in Form eines Programmzusatzes (Addendum) die notwendigen Konsolidierungsschritte darzulegen. Dies geschah fristgerecht am 1. Juni 2010. Übermittelt wurden die Regierungsvorlagen betreffend Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 (beschlossen am 19. Mai 2010 im Nationalrat) sowie der Budgetvollzug Jänner-April 2010.

Daraufhin kam die EK zu dem Schluss, dass der Ratsempfehlung gemäß Artikel 126(7) AEUV entsprochen wurde und im Moment keine weiteren Schritte im ÜD-Verfahren notwendig seien.

Trotz der Maastricht-Revision vom Frühjahr 2011 (das gesamtstaatliche Defizit für 2010 wurde um 1 PP auf 4,6% des BIP nach oben revidiert) wird Österreich 2013 - wie vom ECOFIN-Rat verlangt - sein Defizit unter den Referenzwert von 3% des BIP senken - dank der umfangreichen Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung (siehe Kapitel 4.).

Aber auch die Schuldenquote wurde im Zuge dieser Revision um 3,4 PP auf 72,3% nach oben korrigiert. Rechnet man hierbei jedoch die Schuldenaufnahme für Griechenland heraus, so würde die Schuldenquote 2010 um 0,3 PP geringer ausfallen.

Tabelle 15: Schuldenaufnahme für Irland und Griechenland

 


Quellen/Links

·         Arbeitsmarktservice Österreich (AMS)

http://www.ams.at/

·         Budget 2011

https://www.bmf.gv.at/Budget/Budgetsimberblick/Sonstiges/Budgetsimberblick/Budget2011/_start.htm

·         Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 (BGBl. I Nr. 33/2010)

https://www.bmf.gv.at/Budget/Budgetsimberblick/Sonstiges/Bundesfinanzrahmeni_11557/Bundesfinanzrahmen2_11567/
BFRG_2011-2014_BGBl_I_Nr._33.pdf

·         Bundeskanzleramt (BKA)

http://www.bundeskanzleramt.at/

·         Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK)
http://www.bmask.gv.at/

·         Bundesministerium für Finanzen (BMF)
https://www.bmf.gv.at/

·         ECOFIN Council: Specifications on the implementation of the Stability and Growth Pact and guidelines on the format and content of Stability and Convergence Programmes, Brussels, 7 September 2010

http://ec.europa.eu/economy_finance/sgp/pdf/coc/2010-09-07_code_of_conduct_(consolidated)_en.pdf

·         Europäische Kommission (EK)
http://ec.europa.eu/

·         European Commission, Economic Policy Committee: 2009 Ageing Report - Economic and budgetary projections for the EU-27 Member States (2008-2060), Brussels, European Economy 2/2009

 http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/publication14992_en.pdf

·         European Commission - Economic and Financial Affairs: Overview of ongoing excessive deficit procedures - Austria

http://ec.europa.eu/economy_finance/sgp/deficit/countries/austria_en.htm

·         European Commission: Sustainability Report 2009, Brussels, European Economy 9/2009

http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/publication15998_en.pdf

·         Eurostat (EUROSTAT)
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/

·         Finanzbeziehungen zu Ländern und Gemeinden

https://www.bmf.gv.at/Budget/BesondereBudgetthemen/Finanzbeziehungenzu_658/_start.htm

·         Kommuniqué des Budgetausschusses über den Bericht des Bundesministers für Finanzen über das Österreichische Stabilitätsprogramm für die Jahre 2009 bis 2013, Wien, 10. Februar 2010

http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/KOMM/KOMM_00058/fnameorig_179866.html

·         Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA)

http://www.oebfa.co.at/

·         Österreichische Nationalbank (OeNB)

http://www.oenb.at/

·         Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO)
http://www.wifo.at/

·         Österreichisches Stabilitätsprogramm für die Jahre 2009 bis 2013, Wien, 26. Jänner 2010

http://ec.europa.eu/economy_finance/sgp/pdf/20_scps/2009-10/01_programme/at_2010-01-26_sp_de.pdf

·         Parlament der Republik Österreich

http://www.parlament.gv.at/PD/HP/show.psp

·         Rechnungshof (RH)

http://www.rechnungshof.gv.at/

·         Regierungsprogramm für die XXIV Gesetzgebungsperiode (2008-2013)
http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32965

·         Reuters EcoWin Pro
http://thomsonreuters.com/products_services/financial/financial_products/a-z/ecowin_pro/

·         Staatsschuldenausschuss (STA)

http://www.staatsschuldenausschuss.at/

·         Statistik Austria (STAT)
 http://www.statistik.at/


·         Statistik Austria (STAT): Erforderliche Reklassifikationen führen zu deutlichen Anpassungen von Defizit- und Schuldenstand in Österreich, Wien, Pressemitteilung, 31. März 2011

http://www.statistik.at/web_de/presse/055883

·         Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz 2011 - 2014, Wien, 20. April 2010

https://www.bmf.gv.at/Budget/Budgetsimberblick/Sonstiges/Bundesfinanzrahmeni_11557/Bundesfinanzrahmen2_11567/Strategiebericht_2011_Internet.pdf

·         Unternehmensserviceportal

http://www.usp.gv.at

·         Verwaltungskosten senken für Bürger/innen und Unternehmen

http://www.verwaltungskostensenken.at

·         Wirtschaftspolitischer Ausschuss (WPA)
http://europa.eu/epc/index_en.htm

·         Wirtschafts- und Finanzausschuss (WFA)
http://europa.eu/efc/index_en.htm



[1] Central, Eastern and Southeastern Europe (CESEE)

[2] Central and Eastern Europe (CEE)

[3] Europäisches System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG)

[4] Für nähere Informationen siehe: European Commission, Economic Policy Committee: 2009 Ageing Report - Economic and budgetary projections for the EU-27 Member States (2008-2060), Brussels, European Economy 2/2009

[5] Für nähere Informationen siehe: European Commission: Sustainability Report 2009, Brussels, European Economy 9/2009