Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport

zum Jahresbericht 2010 der

Parlamentarischen Bundesheerkommission für Beschwerdewesen

 

 

 

 

 

I . EINLEITUNG   2

 

II . ENTWICKLUNG DES BESCHWERDEAUFKOMMENS  2

A . Gesamtaufkommen. 2

B . Übersicht 3

 

 

III . MASSNAHMEN ZU KONKRETEN BESCHWERDEFÄLLEN   4

A . Allgemeines. 4

B . Beispiele für Beschwerdefälle. 4

 

1 . Unangebrachte Ausdrucksweisen. 4

2 . Schikanen. 5

3 . Unzureichende militärärztliche Betreuung. 6

4 . Nicht einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen. 7

5 . Mangelnde Fürsorge. 8

6 . Organisatorische Mängel 9

7 . Nichtbeachtung von Vorschriften. 9

 

 

IV . AMTSWEGIGE PRÜFVERFAHREN   10

 

A . Allgemeines. 10

B . Beispiele für amtswegige Prüfverfahren. 10

 

1 . „Chargenweitwurf“ (GZ 10/018-2010) 10

2 . Abwertende Aussagen gegen zivildienstinteressierten Stellungspflichtigen (GZ 10/034-2010) 11

3 . „Höllenspind“ (GZ 10/113-2010) 12

4 . Konfliktreiche Zusammenarbeit unter Offizieren (GZ 10/236-2010) 13

 


 

MAG. NORBERT DARABOS

BUNDESMINISTER FÜR LANDESVERTEIDIGUNG UND SPORT

 
S91147/1-PMVD/2012                                                                                          20. März 2012

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1011 WIEN

 

Gemäß § 4 Abs. 5 des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146, beehre ich mich, zu dem von der beim Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) einge­richteten Beschwerdekommission in militärischen Angelegenheiten (Parlamentarischen Bun­desheerkommission für Beschwerdewesen – PBHK) verfassten Jahresbericht für das Berichtsjahr 2010 Stellung zu beziehen:

 

 

I. EINLEITUNG

 

Im Kalenderjahr 2010 sind die Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) erneut in eindrucksvoller Weise den verfassungsmäßigen „Kernaufgaben“, wie zum Beispiel dem Schutz und wirkungsvollen Beistand der österreichischen Bevölkerung in Notlagen und Katastrophenfällen, nachgekommen. Es wurden aber auch durch das Bundesheer die friedenssichernden und friedenserhaltenden Einsätze, die nunmehr vor mehr als 50 Jahren ihren Anfang fanden, fortgesetzt. Die Professionalität der Durchführung dieser Einsätze trägt maßgeblich dazu bei, das Ansehen Österreichs im internationalen Geschehen zu steigern bzw. zu festigen. Besonders hervorzuheben ist, dass Soldaten aller Ränge derartige Leistungen durch hohe Motivation und Professionalität erbrachten, obwohl die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel streng begrenzt sind.

Ungeachtet der aktuell verfügbaren budgetären Mittel wurden zur Verbesserung des Lebensalltages der Soldaten sowie zur Verbesserung des infrastrukturellen Arbeitsumfeldes der Bediensteten im Jahr 2010 annähernd 61,2 Mio. Euro investiert. Auch für die Zukunft ist beabsichtigt, entsprechende Budgetmittel für die Verbesserung der Unterkunftssituation, Optimierung des Betriebes sowie Erhöhung der Qualität der Ausbildung bzw. der Erhöhung der Attraktivität des Dienstes zur Verfügung zu stellen.

 

 

II. ENTWICKLUNG DES BESCHWERDEAUFKOMMENS

 

A. Gesamtaufkommen

 

Durch die Parlamentarische Bundesheerkommission für Beschwerdewesen (PBHK) werden die unmittelbar oder mittelbar eingebrachten außerordentlichen Beschwerden sowie amtswegigen Prüfungen (gem. § 4 Abs. 4 WG 2001) im Rahmen von – im Regelfall – monatlichen Sitzungen einer Beschlussfassung zugeführt. Die dabei beschlossenen Empfehlungen werden anhand von Tagesordnungen dem Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) zur Erledigung der Beschwerden übermittelt.

Im Rahmen kontinuierlicher Evaluierungsprozesse werden diese Beschwerdeverfahren einer interministeriellen Überprüfung unterzogen. Die dazu erforderliche Auswertung bzw. Analyse der Beschwerdeverfahren erfolgt auf Basis der – wie oben dargestellt – dem BMLVS übermittelten Unterlagen/Empfehlungen der PBHK. Für eine aussagekräftige Auswertung ist es für das BMLVS unter anderem notwendig zu bestimmen, wie viele Beschwerdeführer einerseits Beschwerde führen, und andererseits – bezogen auf den konkreten Beschwerdeinhalt – wie viele Beschwerdeführer sich über denselben Grund beschweren (Sammelbeschwerden) oder sich die Beschwerdevorbringen auf unterschiedliche Gründe beziehen. Diese Auswertung hat den Zweck, eine Differenzierung nach der Anzahl der Beschwerdeführer (Beschwerdeverfahren) und der tatsächlichen Anzahl an Beschwerdefällen (Anlässe für Erhebungen, somit Anzahl der möglichen bzw. vermuteten Missstände) zu treffen, um so gezielt entsprechende Maßnahmen bzw. Konsequenzen setzen bzw. treffen zu können.

Darüber hinaus ist Zweck der Auswertung festzustellen, wie vielen dieser Beschwerdefälle bzw. wie vielen Beschwerdeführern Berechtigung oder Nichtberechtigung zuerkannt worden ist; ebenfalls ist festzustellen, wie viele dieser Beschwerdefälle zurückzuweisen (Unzuständigkeit, mangelnde Beschwerdelegitimation) waren.

 

B. Übersicht

 

Im Zeitraum 1.1.2010 bis 31.12.2010 wurden durch das BMLVS (gemäß § 14 Abs. 3 ADV) 141 Beschwerden bei einer Gesamtzahl von 419 Beschwerdeführern einer Erledigung zugeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Gesamtanzahl Erledigungen von außerordentlichen Beschwerden, die noch aus den Jahren 2008 und 2009 datierten, mitumfasst.

 

Über die Beschwerden wurden folgende Erledigungen beschlossen:

 

2010

Berechtigung

Keine Berechtigung

Teilweise Berechtigung*

Zurückweisung

 

 

 

 

 

Fälle (141)

26,95%

36,17%

6,38%

30,50%

 

 

 

 

 

BF (419)

61,58%

17,90%

2,15%

18,37%

 

*Die teilweise Berechtigung ergibt sich aus Beschwerden, wenn inhaltlich über mehrere Beschwerdepunkte abzusprechen war (z.B. beinhaltete eine Beschwerde das Fehlverhalten eines Vorgesetzten und mangelhafte Verpflegung, wobei bei den diesbezüglichen Erhebungen das Fehlverhalten verifiziert werden konnte [= Berechtigung], jedoch kein Verpflegsmangel vorgelegen war [=keine Berechtigung]; somit ergibt sich eine teilweise Berechtigung).

 

Darüber hinaus wurden im o.a. Zeitraum acht Empfehlungen zu amtswegigen Prüfungen durch die PBHK an das BMLVS übermittelt und erledigt (vgl. Abschnitt IV). Angemerkt wird, dass das Zahlenmaterial auf den durch die PBHK an das BMLVS übermittelten Unterlagen/Tagesordnungen basiert.

Zu den im Jahresbericht angeführten Beispielen für Beschwerdefälle wird angemerkt, dass vom ho. Ressort grundsätzlich bei jeder Missstandfeststellung die als erforderlich erachteten Maßnahmen unverzüglich veranlasst werden. Maßnahmensetzungen im Zusammenhang mit ao. Beschwerdeverfahren werden der PBHK – soweit dies möglich ist – bereits im Rahmen der Beschwerdeerledigung mitgeteilt bzw. wird dies umgehend veranlasst.

 

Die nachstehende Tabelle zeigt die im Jahr 2010 eingebrachten 167 Beschwerdegründe aufgeteilt in sechs Hauptsachgruppen:

 

I

II

III

IV

V

VI

38,92%

8,38%

30,54%

5,39%

1,80%

14,97%

 

(I) Personalangelegenheiten

(II) mil. Sicherheit, Disz- & Beschwerdewesen, Dienste vom Tag

(III) Ausbildung, Dienstbetrieb, Verhalten Ranghöherer

(IV) Versorgungs- und Sanitätsangelegenheiten

(V) Bauangelegenheiten, Unterbringung, Infrastruktur

(VI) sonstige Angelegenheiten

 

III. MASSNAHMEN ZU KONKRETEN BESCHWERDEFÄLLEN

 

A. Allgemeines

 

Sämtliche Beschwerdefälle wurden jeweils einer intensiven Überprüfung zugeführt, wobei im Rahmen der Dienstaufsicht selbstverständlich die als erforderlich erachteten Maßnahmen, entweder bereits im Erhebungsstadium, oder im Rahmen einer umfassenden Aufarbeitung gesetzt wurden. Die Palette dieser – anlassbezogenen – Maßnahmen reicht von einer aufklärenden Information über personalrechtliche Veranlassungen bis hin zu disziplinärer Ahndung. In erfreulicherweise immer weniger Fällen eines festgestellten groben Missstandes waren auch strafrechtliche Konsequenzen erforderlich. Es ist jedoch auch festzuhalten, dass sich vereinzelt – auch als berechtigt angesehene – Beschwerdevorbringen auf Angelegen­heiten bezogen, die nicht meinem Ressort zuzurechnen sind und deshalb keiner unmittelbaren Lösung zugeführt werden konnten. Zum besseren Verständnis wird der jeweiligen Maßnahmensetzung der bezughabende Anlassfall im Wortlaut der Jahresberichte der PBHK in kursiver Schrift vorangesetzt.

 

B. Beispiele für Beschwerdefälle

 

1. Unangebrachte Ausdrucksweisen:

 

„Siachst die fünf Finger? Die hat der Nächste, der mir a geschüttelte Flasch´n umebringt, im G´sicht picken!“ Mit diesen Worten wurde ein Grundwehrdienst leistender Soldat im Assistenzeinsatz/Schengen von einem vorgesetzten Unteroffizier zurechtgewiesen, dem er eine Flasche Mineralwasser zu bringen hatte, die aber dann beim Öffnen übergegangen war. Diszipliniertes Verhalten von Grundwehrdienst leistender Soldat forderten Unteroffiziere regelmäßig mit folgenden „Äußerungen“ ein: „I reiß euch alle miteinander den Oarsch auf!“, „Depp“, „Dodl“, „I zah´ eam persönlich auf den Eiern durch den Ort!“, „Es seid´s solche Hurenkinda!“ Wisst´s des?“, „Rekrut Dämlich“, „Spüt´s euch net mit mir!“ (GZ 10/330-2010).

Gegen den Beschwerdebezogenen wurde ein Disziplinarverfahren durchgeführt, wobei dieses im Instanzenzug derzeit noch anhängig ist.

 

Während eines Marsches wurde ein Rekrut, der aufgrund von Rückenschmerzen Probleme hatte die geforderte Marschleistung zu erbringen, vom Zugskommandanten mit der Frage, wieso er überhaupt beim Bundesheer wäre und nicht die Möglichkeit des Zivildienstes genutzt habe, wenn er so eine Memme sei, zum Weitermarschieren „motiviert“. Nach Beendigung des Marsches fragte der Zugskommandant den Rekruten, ob dessen Eltern geschieden wären. Die bejahende Antwort kommentierte der Zugskommandant so: „Dann is eh ka Wunder, wenn nix G´scheits aus dir wird!“ (GZ 10/001-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde eindringlich belehrt und ermahnt. Darüber hinaus entschuldigte sich der Brigadekommandant bei der Mutter des Rekruten für den beschwerderelevanten Vorfall.

 

 

Auf Kritik an seinem Führungsverhalten reagierte ein Gruppenkommandant im Assistenzeinsatz/Schengen gegenüber Untergebenen mit verbalen Attacken: „Querulant“, „Befehlsverweigerer“, „Besserwisser“, „Jugo“, „inkompetent“. Er drohte den Soldaten weiters mit disziplinären Maßnahmen durch „einen Oberstleutnant aus dem Ministerium“ (GZ 10/122-2010).

Der beschwerdebezogene Gruppenkommandant wurde belehrt und ermahnt.

 

 

Ein stellvertretender Gruppenkommandant im Assistenzeinsatz/Schengen wurde vom stellvertretenden Zugskommandanten bei der Meldung über sein verspätetes Eintreffen am Zugsgefechtsstand gefragt, „ob er nicht ganz dicht sei“ und in Anwesenheit von Grundwehrdienst leistenden Soldaten als „Rotzpipp´n“ bezeichnet (GZ 10/093-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 ADV sowie der Vorgaben des Erlasses/BMLV vom 22.11.1999, VBl. Nr. 48/2000 Pkt. III/8 (Verhaltensregeln für Soldaten; Neufassung), belehrt.

 

 

Gegenüber einem Rekruten mit ägyptischem Migrationshintergrund, der als Schreiber in der Kompaniekanzlei tätig war, gebrauchte der Zugskommandant häufig den Ausdruck „Kameltreiber“ und betrat die Kanzlei mit der Begrüßungsformel: „In dieser Kanzlei stinkt´s wie in einem arabischen Puff!“ Die Meldung des Rekruten über die zu Hause vergessenen Feldschuhe kommentierte der Unteroffizier mit den Worten: „Jetzt haben Sie wenigstens einen geschlossenen Schuh zu Hause!“ (GZ 10/187-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 ADV sowie der Vorgaben des Erlasses/BMLV vom 22.11.1999, VBl. Nr. 48/2000 Pkt. III/8 (Verhaltensregeln für Soldaten; Neufassung), belehrt.

 

 

Ein Unteroffizier, der einen wartenden Rekruten mit fehlender Kopfbedeckung am Haupttor bemerkte, forderte diesen mit den Worten „Haun S` ab!“ zum Verlassen des Bereiches auf (GZ 10/289-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 ADV sowie der Vorgaben des Erlasses/BMLV vom 22.11.1999, VBl. Nr. 48/2000 Pkt. III/8 (Verhaltensregeln für Soldaten; Neufassung), belehrt.

 

 

2. Schikanen:

 

Bei der Ausbildung mit dem Sturmgewehr 77 mussten im Falle einer Fehlbedienung durch einen Soldaten alle Mitglieder der Gruppe zehn Liegestütze mit der Waffe über den Handrücken absolvieren (GZ 10/003-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des Erlasses VBl. I Nr. 97/2008 (Erzieherische Maßnahmen – Neuverlautbarung) belehrt.

 

 

Als ein Rekrut im Rahmen der Tagwache nicht gleich aufstand, „schupfte“ ein Gruppenkommandant einen Feldschuh in Richtung des Bettes und traf den liegenden Rekruten damit am Kopf (GZ 10/330-2010).

Gegen den Beschwerdebezogenen wurde ein Disziplinarverfahren durchgeführt, wobei dieses im Instanzenzug derzeit noch anhängig ist.

 

 

Die Belegschaft eines Mannschaftszimmers wurde vom Kompaniekommandanten über Tage hinweg außerhalb der Normdienstzeit, ohne vorab festgelegte zeitliche Limitierung, mit einer Grundinstandsetzung des Zimmers (Boden polieren, wachsen, Wände spachteln, ausmalen) beauftragt. Eine in weiterer Folge angeordnete Kompletträumung des Mannschaftszimmers für ergänzende Arbeiten erschwerte sogar das Nächtigen der Rekruten in der Kaserne (GZ 10/159-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde über die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen ausdrücklich belehrt.

 

 

3. Unzureichende militärärztliche Betreuung:

 

Aufgrund der Fehleinschätzung eines Truppenarztes hinsichtlich des Schweregrades einer Unterarmverletzung unterblieb die sofortige Zuführung zu einer Röntgenuntersuchung, obwohl der Soldat starke Schmerzen verspürte und um eine Röntgenaufnahme gebeten hatte. Fünf Tage später meldete sich der Soldat neuerlich wegen starker Schmerzen beim Truppenarzt. Erst daraufhin wurde eine unfallchirurgische Untersuchung im Heeresspital veranlasst und der Bruch des Speichenknochens rechts festgestellt (GZ 10/184-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde auf seine besondere Fürsorgepflicht gegenüber den Patienten im Rahmen der Ausübung des Arztberufes beim ÖBH hingewiesen.

 

 

Im Rahmen der medizinischen Zulassungsuntersuchung zur Teilnahme an militärischen Kursen von acht Berufsoffiziersanwärtern unterließ der durchführende Truppenarzt das Arzt-Patienten-Gespräch bzw. die ausreichende Information über das Ergebnis der Untersuchung. Bei den Beschwerdeführern entstand zu Recht der Eindruck, dass die Vorgangsweise des Truppenarztes einem vertrauensvollen Arzt-Patienten-Verhältnis abträglich war (GZ 10/193-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde im Rahmen der Fachaufsicht auf seine besondere Fürsorgepflicht gegenüber den Patienten im Rahmen der Ausübung des Arztberufes beim ÖBH hingewiesen.

 

 

Trotz einer Wirbelsäulenverkrümmung in Verbindung mit einer überdurchschnittlichen Körpergröße eines Rekruten wurde zunächst aus militärischen Gründen und mangels Ersatzgestellung ein Versetzungsantrag in eine heimatnahe Garnison verwehrt. Um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Rekruten zu vermeiden, wurde die Versetzung später bewilligt, damit der Rekrut sein Spezialbett im Zuge einer Heimschläferbewilligung nutzen kann (GZ 10/227-2010).

Unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer unverzüglich (nachdem dies die dienstlichen Erfordernisse zuließen) versetzt worden ist, wurden die Verantwortlichen aus gegebenem Anlass auf die besondere Sensibilität hingewiesen.

 

 

Während Instandhaltungsarbeiten an einem Heereskraftfahrzeug zog sich ein Grundwehrdienst leistender Soldat am 1. Februar 2010 eine massive Zahnverletzung zu. Der Kostenvoranschlag eines Zahnarztes machte 870 Euro aus, die Kostenübernahme durch das Bundesheer ist aber nur bis zu einem Betrag von 600 Euro pro Zahn für einen festsitzenden Zahnersatz gedeckelt. Der Beginn der Heilbehandlung verzögerte sich zwar bis Juni 2010, konnte aber nach Einschreiten der Parlamentarischen Bundesheerkommission im Einver­nehmen mit dem Heerespersonalamt im Interesse des Grundwehrdienst leistenden Soldaten zufriedenstellend gelöst werden. (GZ 10/052-2010).

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich die Höhe der Kostenübernahme/Zahnersatz an den BVA-Tarifen orientiert, wobei maximal eine Gesamtsumme von 600 Euro pro Zahn gebührt. Die tatsächliche Rechnungslegung der Zahnärzte variiert jedoch beträchtlich, weshalb die Patienten auf die Option eines „billigeren“ Zahnarztes hingewiesen werden.

Aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (§§ 18 ff des Heeresgebühren­gesetzes - HGG 2001) musste der vom Beschwerdeführer vorgelegte Kostenvoranschlag seines Zahnarztes (in der Höhe von 870 Euro) zurückgewiesen werden, weil die gem. BVA vorgegebene Höchstgrenze von 600 Euro überschritten worden wäre. Im Interesse und zur Unterstützung des Beschwerdeführers wurde letztendlich behördlicherseits eine Zahnarztpraxis ausfindig gemacht, die eine adäquate Heilbehandlung im vorgegebenen finanziellen Rahmen zu übernehmen bereit war.

 

 

Ein Rekrut erlitt im Rahmen einer Gefechtsübung einen Schwächeanfall und wurde durch das vor Ort anwesende Sanitätspersonal erstversorgt. Nach dem Abtransport in die Kaserne verweigerte jedoch der diensthabende Sanitätsunteroffizier um 21:30 Uhr die stationäre Aufnahme des Soldaten im Krankenrevier, weil er dessen Zustand als medizinisch nicht behandlungswürdig beurteilte. Der Kompaniekommandant traf danach spät nachts von sich aus die Entscheidung, den Rekruten ins nächstgelegene Krankenhaus zur ärztlichen Untersuchung zu überstellen. Der ärztliche Leiter des Krankenreviers bezweifelte die Notwendigkeit der Untersuchung und Behandlung und verwehrte irrigerweise die Bezahlung der anfallenden Spitalskosten (GZ 10/226-2010).

Zwischen den verantwortlichen Personen wurden vermittelnde Gespräche geführt, um die Kommunikation im Sinne der Patienten und des Dienstbetriebs zu verbessern.

 

 

4. Nicht einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen:

 

Die negative Leistungsbeurteilung eines Unteroffiziers im Assistenzeinsatz/Schengen wurde mit angeblichen Pflichtverletzungen und möglichen gesundheitlichen Einschränkungen begründet, obwohl weder disziplinäre Maßnahmen getroffen wurden, noch eine Überprüfung des Gesundheitszustandes erfolgte. Der Berufung gegen die negative Leistungsbeurteilung wurde erst aufgrund des Beschwerdeverfahrens Rechnung getragen (GZ 10/176-2010).

Das Verhalten des beschwerdebezogenen Offiziers wurde disziplinär gewürdigt. Eine Korrektur der Personaleintragungen wurde noch im Rahmen der Erhebungen vorgenommen. Die Einheitskommandanten werden bei jeder Befehlsausgabe auf die Einhaltung der Bestimmungen für die Leistungsbeurteilung hingewiesen.

 

 

Ein Grundwehrdienst leistender Soldat war vom 19. August bis zum 17. September 2010 im Assistenzeinsatz/Schengen eingeteilt. Durch die in diesem Zeitraum ebenfalls befohlene Teilnahme an der Fliegertauglichkeitsuntersuchung im Heeresspital in der Dauer von einem Tag lag die für die Verleihung der Einsatzmedaille geforderte durchgehende Einsatzdauer von vier Wochen nicht vor. Die Verleihung wurde nicht durchgeführt (GZ 10/221-2010).

Nach § 12 des Militärauszeichnungsgesetzes 2002 (MAG 2002) ist die Einsatzmedaille an Personen zu verleihen, die während einer Wehrdienstleistung zu einem Einsatz des Bundesheeres nach § 2 Abs. 1 des Wehrgesetzes 2001 herangezogen wurden. Dabei gebührt die Einsatzmedaille bei Einsätzen nach § 2 Abs.1 lit. b WG 2001 bei einer Mindestdauer der Heranziehung zum Einsatz von vier Wochen.

In den Durchführungsbestimmungen wurde der Wille des Gesetzgebers, die Auszeichnung erst ab einer gewissen durchgehenden zeitlichen Leistung im Einsatz zu verleihen, lediglich präzisiert, um bei allen im Assistenzeinsatz befindlichen Truppenteilen eine einheitliche Vollziehung dieser Bestimmung des MAG 2002 sicherzustellen.

Der Beschwerdeführer hatte keinen Assistenzeinsatz in der gesetzlich geforderten Dauer geleistet, weshalb ihm die Einsatzmedaille nicht verliehen werden durfte.

 

 

Über Jahre hinweg hatte ein Unteroffizier zusätzlich zu seiner Aufgabe als Leiter der Zahlstelle den dienstlichen Auftrag, die arbeitsplatzfremde Nebenaufgabe der Kosten- und Leistungsrechnung durchzuführen. Seitens der Vorgesetzten wurden nach Jahren keine bzw. nur unzureichende Veranlassungen getroffen, einen dafür vorgesehenen und eingeteilten Unteroffizier als Kosten- und Leistungsrechner – seinem Aufgabenbereich entsprechend – adäquat einzusetzen (GZ 10/022-2010).

Die Beschwerdebezogenen wurden auf die Einhaltung der Bestimmungen über die Pflichten des Vorgesetzten, einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen (§ 4 Abs. 5 und 6 sowie § 5 ADV) hingewiesen.

 

 

5. Mangelnde Fürsorge:

 

Trotz erhaltener Meldung über das Nichteintreffen und vorliegender Unklarheit über den Verbleib eines Wettkampfteilnehmers im Ziel, unterließ der zuständige Verantwortliche die zeitgerechte und zielgerichtete Organisation von Hilfsmaßnahmen im Zusammenhang mit einem möglichen Unfall während eines Orientierungslaufes. Daher musste ein verunfallter und schwer verletzter Wettkampfteilnehmer länger als erforderlich auf die Einleitung der gebotenen ärztlichen Versorgung warten (GZ 10/173-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde rechtskräftig disziplinär bestraft. Darüber hinaus wurde bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet, welche mittlerweile zurückgelegt worden ist.


6. Organisatorische Mängel:

 

Aufgrund vorliegender Kommunikationsmängel zwischen Kommanden zweier Bundesländer konnten Kadersoldaten eines Verbandes nicht an Sport-Bereichsmeisterschaften ihres Stationierungsortes teilnehmen (GZ 10/017-2010).

Durch das vorgesetzte Kommando wurde die kontinuierliche Beteilung mit Ausschreibungen sichergestellt.

 

 

Ein Truppenkommandant einer Kaderpräsenzeinheit im Auslandseinsatz wurde vorwiegend als Gruppenkommandant verwendet. Der vorgesehene höhere Funktionszuschlag wurde ihm vorenthalten (GZ 10/172-2010).

Der beschwerderelevante besoldungsrechtliche Anspruch wurde bescheidmäßig festgestellt.

 

 

Ein Grundwehrdienst leistender Soldat musste ohne hinreichende Klärung des Sachverhaltes einen Schadenersatz für eine im Kadersoldaten-Ausbildungsbetrieb abhanden gekommene Videokamera leisten (GZ 10/031-2010).

Nach umfassender Überprüfung konnte ein eindeutiges schuldhaftes Verhalten des als Gehilfen einer Mediendienststelle eingeteilten Rekruten nicht festgestellt werden, weshalb der einbezahlte Schadenersatzbetrag refundiert wurde.

 

 

7. Nichtbeachtung von Vorschriften:

 

Ein Grundwehrdienst leistender Soldat, eingeteilt als Kraftfahrer einer Stellungskommission, wurde damit beauftragt, wöchentlich ca. fünf bis sechs Kisten Bier für den nur für das Kaderpersonal zugänglichen Sozialraum zuzustellen (GZ 10/054-2010).

Im Sozialraum dürfen ausschließlich nur mehr antialkoholische Getränke vertrieben und konsumiert werden. Darüber hinaus wird die kontinuierliche/periodische Dienstaufsicht weitergeführt.

 

 

Obwohl in den Bezug nehmenden Vorschriften nicht gefordert, erfolgte gegenüber einem Kursteilnehmer die zusätzliche Auferlegung der Leistungsprüfung „Allgemeine Kondition“ als Bedingung für den Behalt bzw. die Ausfolgung einer Heereslenkerberechtigung für das Fahren mit Wasserfahrzeugen (GZ 10/042-2010).

Die Beschwerdebezogenen wurden auf die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen (§ 5 ADV – Einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen) ausdrücklich hingewiesen.

 

 

Durch die Fehlinterpretation eines vorliegenden Formblattes hinsichtlich der Zuerkennung einer „Geldbelohnung-Ausbilderprämie“ an einen Kadersoldaten unterblieb die Auszahlung, obwohl die Voraussetzung dafür vorlag (GZ 10/014-2010).

Der Beschwerdebezogene wurde auf die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen hingewiesen. Darüber hinaus erhielt der Beschwerdeführer eine Belohnung.

 


IV. AMTSWEGIGE PRÜFVERFAHREN

 

C. Allgemeines

Die PBHK ist gem. § 4 Abs. 4 WG 2001 berechtigt, von ihr vermutete Mängel und Übelstände im militärischen Dienstbereich von Amts wegen – d.h. auch ohne konkret vorliegendes Beschwerdevorbringen – zu prüfen. Die Kenntnis über diese vermuteten Missstände wird seitens der PBHK z.B. über Medienberichte erlangt.

 

D. Beispiele für amtswegige Prüfverfahren

 

1. „Chargenweitwurf“ (GZ 10/018-2010):

 

Im Speisesaal einer Kaserne fand eine Kursabschlussfeier statt. Darüber hinaus wurde von Kaderangehörigen und Grundwehrdienst leistenden Soldaten auch im Unterkunftsbereich und in einem Aufenthaltsraum einer Kompanie gefeiert. Um 22:00 Uhr wurde die Kursabschlussfeier vom Kompaniekommandanten beendet, um ca. 23:00 Uhr forderte der Offizier vom Tag die in einem Zimmer gemeinsam mit einigen Grundwehrdienst leistenden Soldaten feiernden Korporale eines Lehrganges auf, die Feier zu beenden und zur Nachtruhe überzugehen.

 

Kurz danach lud ein Unteroffizier einer benachbarten Kompanie alle Korporale und Grundwehrdienst leistenden Soldaten, sie trugen Zivilkleidung, in den Aufenthaltsraum seiner Kompanie ein, um das gemütliche Beisammensein fortzusetzen. Aus Sicht des Unteroffiziers war die Einladung – ohne explizit ausgesprochen worden zu sein – ausschließlich an das Kaderpersonal gerichtet.

 

Die Feier dauerte bis 03:00 Uhr früh, wobei die teilnehmenden Offiziere, Unteroffiziere, Chargen und Rekruten reichlich Alkohol konsumierten, der in Form von Bier, Wein und Cola-Rum zur freien Entnahme verfügbar war.

 

Nach Mitternacht stellte der Unteroffizier den angeblich bei seiner Kompanie üblichen Brauch des „Chargenweitwurfs“ vor. Beim „Chargenweitwurf“ wird ein Teilnehmer auf ein Fensterbrett gehoben und anschließend aus dem Fenster – ca. 160 cm über dem Außengrund – gestoßen. Ziel ist es, „möglichst weit zu springen“ und danach wieder durch das Fenster in den Aufenthaltsraum zurückzuklettern.

 

Dieser „Prüfung“ unterzog sich zuerst eine Soldatin. Sie wurde von einem Offizier und Unteroffizier an den Händen und Füßen gefasst, behutsam aus dem Fenster gehoben und anschließend wieder in den Aufenthaltsraum gezogen. Jetzt wollte sich ein Offizier dem „Chargenweitwurf“ unterziehen. Zu diesem Zwecke „musste“ er sich entsprechende Dienstgrade ausborgen, was ihm bei einem weiblichen Korporal gelang, um die „Voraussetzungen“ für den „Chargenweitwurf“ zu erfüllen. Da kein Anwesender wagte, den Offizier aus dem Fenster zu stoßen, befahl der Offizier einem befreundeten Unteroffizier, ihm den „symbolischen Stoß“ zu versetzen. Zuletzt führte ein Korporal den „Chargenweitwurf“ freiwillig durch, um die Höchstweite zu erzielen, was ihm auch gelang. „Offiziell“ hatte dennoch der Offizier als Dienstgradhöchster den „Chargenweitwurf“ gewonnen.

 

Um ca. 02:00 Uhr erfolgte angeblich eine Äußerung, wonach Rekruten den Aufenthaltsraum durch das Fenster zu verlassen hätten. Zu diesem Zeitpunkt war nur noch ein Rekrut anwesend. Er trug einen Trainingsanzug, sodass sein Dienstgrad bloß den Kameraden seiner Kompanie bekannt sein konnte. Der Rekrut wurde blitzartig an der Rückseite gefasst, hochgehoben und in einem Schwung aus dem Fenster geworfen. Überrascht von der Situation, versuchte der Rekrut verzweifelt, sich an der Fensterbank festzuhalten, stürzte jedoch mit dem Kopf voraus aus dem Fenster. Der Boden im Freien war mit einer geringen Schneedecke bedeckt, die Temperatur lag knapp unter 0°Grad Celsius. Vermutlich verlor der Rekrut kurzfristig das Bewusstsein, konnte sich aber anschließend selbstständig zum Krankenrevier begeben. Dort wurde er um 02:15 Uhr erstversorgt und anschließend mit einem zivilen Rettungsfahrzeug mit Blaulicht in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht, wo Abschürfungen im Gesicht und am Kopf, ein Nasenbeinbruch und eine Gehirnerschütterung sowie ein Blutalkoholgehalt von 1,7 Promille festgestellt wurden.

 

Den Erhebungsergebnissen nach bemerkte kein Anwesender das Hinauswerfen des Rekruten. Seine Abwesenheit fiel niemandem auf.

 

 

Rechtliche Würdigung:

 

Die Kontrolltätigkeiten des diensthabenden Systems (Nachtruhe, Zapfenstreich, Zutrittsregelung, Alkoholkonsum) werden durch derartige Vorfälle ad absurdum geführt.

Das Verhalten der vor Ort anwesenden Kadersoldaten steht im eklatanten Widerspruch zu den Bestimmungen der §§ 3 Abs. 6 (Kameradschaft), 4 Abs. 1 (Pflichten des Vorgesetzten) und 10 Abs. 4 (Verhalten bei Unfällen) der Allgemeinen Dienstvorschriften sowie zu den Regelungen des Erlasses/BMLV vom 22. November 1999, VBl. I Nr. 48/2000, Punkt III/1 und III/14 (Erhaltung der Leistungsfähigkeit, Öffnungszeiten von Aufenthaltsräumen).

Gemäß Zuständigkeit obliegt die Prüfung von strafrechtlichen Komponenten den Organen der Gerichtsbarkeit. Erhebungen durch Polizei und Gericht wurden eingeleitet.

Unverzüglich nach Bekanntwerden des Vorfalles sind die entsprechenden Meldungen an die Sicherheitsbehörden ergangen. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren mittlerweile eingestellt, wobei diese Einstellung (§ 190 Z 2 StPO) insbesondere damit begründet wurde, dass eine Erweislichkeit einer schuldhaften gerichtlich strafbaren Handlung nicht möglich war, zumal keine Zeugen dieser Tathandlung gegeben waren und auch das „Opfer“ keine Angaben zum Täter machen konnte.

 

 

2. Abwertende Aussagen gegen zivildienstinteressierten Stellungspflichtigen (GZ 10/034-2010):

 

Während des Einführungsunterrichtes im Zuge der Stellung tätigte ein Unteroffizier gegenüber zivildienstinteressierten Stellungspflichtigen Aussagen wie „… ein ungeeigneter Job für junge Menschen“, oder „… zuerst anbinden und danach dagegen treten“.

 

 

Rechtliche Würdigung:

 

Die Verhaltensweise des Unteroffiziers stand im Widerspruch zu den Vorgaben des Erlasses/BMLV vom 22. November 1999, VBl. I Nr. 48/2000, Pkt. III/8 (Verhaltensregeln für Soldaten; Umgangston), wonach alle Soldaten ihren Umgangston und die sonstige Art der dienstlichen Kommunikation auf die Achtung der Würde des Menschen sowie auf Höflichkeit und Korrektheit in den Umgangsformen und der Ausdrucksweise auszurichten haben.

Es wurde das gesamte Kaderpersonal der Stellungskommission einer eindringlichen Belehrung über die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen unterzogen.

 

 

3. „Höllenspind“ (GZ 10/113-2010):

 

Ein Rekrut litt neben diversen Beschwerden auch an Problemen mit der Lunge, welche zu mehrfachen militärärztlichen Einschränkungen führten, wie z.B. Dienst in geschlossenen Räumen und Befreiungen vom Gefechtsdienst.

 

Der Zugskommandant zeigte sich über die Abwesenheit des Rekruten bei der Basisausbildung äußerst ungehalten und stellte in den Raum, dass versäumte Ausbildungsstunden nachzuholen wären. Die Kameraden des Grundwehrdienst leistenden Soldaten reagierten auf die Befreiungen und Absenzen unwillig, herabsetzende Aussagen waren die Folge.

 

Nach Dienstschluss „revanchierten“ sich die Rekruten bei ihrem Kameraden sehr bald regelmäßig. Höhepunkt war der „Höllenspind“: Beim „Höllenspind“ wird der persönliche Spind in Abwesenheit des Betroffenen mehrfach gestürzt und danach wieder auf seinen Platz gestellt. Ein Chaos im Spind ist unabwendbar.

 

Der auf diese Weise eingeschüchterte Soldat suchte daher künftig so wenig wie möglich die Unterkunft auf und wandte sich schließlich an den Heerespsychologen.

 

Die Vorgangsweise der „Kameraden“ war Anlass einer allgemeinen Belehrung durch den Zugskommandanten und wenige Tage später durch den Kompaniekommandanten. Es wurde darauf hingewiesen, dass derartige Aktionen zu unterlassen seien und nicht geduldet würden. Eine intensive Nachforschung nach den Verursachern unterblieb aber, ebenso eine Entschuldigung.

 

 

Rechtliche Würdigung:

 

In den Bestimmungen der §§ 4 Abs. 1, 2, 5, 7 und 5 (Pflichten des Vorgesetzten und Gestaltung dienstlicher Maßnahmen) normieren die „Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer“ (ADV) eine umfassende Fürsorge- und Beistandspflicht des Vorgesetzten, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der militärische Dienst gerade bei jungen Wehrpflichtigen oft erhebliche menschliche und soziale Probleme mit sich bringt.

Der umfassenden Fürsorge- und Bereitschaftspflicht wurde im gegenständlichen Fall nicht ausreichend Rechnung getragen.

Aufgrund des beschwerderelevanten Vorfalles wurde durch den Zugskommandanten, aber auch durch den Kompaniekommandanten eine eindringliche Belehrung durchgeführt.

 


4. Konfliktreiche Zusammenarbeit unter Offizieren (GZ 10/236-2010):

 

Die Zusammenarbeit von zwei hochrangigen Offizieren, sie standen in einem Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis, eskalierte zusehends und wurde immer konfliktreicher. Unter anderem stellte der Vorgesetzte in einem Mail gegenüber dem Untergebenen, ohne konkrete Pflichtverletzungen anzuführen, fest: „… im Übrigen beobachtete ich dein Verhalten in letzter Zeit genau. Es besteht erneut der Verdacht auf Pflichtverletzungen gem. ADV …“.

 

Unmittelbar danach wandte sich der untergebene Offizier mittels Mails an den übergeordneten Vorgesetzten: „… gibt Aufträge, deren Formulierung verwirrend ist“. Daraufhin beantragte der vorgesetzte Offizier die ehest mögliche Durchführung einer Diensttauglichkeitsuntersuchung des untergebenen Offiziers mit folgender Begründung: „starke Stimmungsschwankungen, Realitätsferne, Verdacht der Eigen- und Fremd­gefährdung, verbale Angriffe“. Das vorgesetzte Kommando lehnte die Diensttauglichkeits­untersuchung ab.

 

Nach Dienstpflichtverletzungen des untergebenen Offiziers, zum Beispiel ganztägiges Tragen des Trainingsanzuges, Nichtleistung der militärischen Grußpflicht, Bezeichnung eines schriftlichen Antrages als „schwindlichen Wisch“ sowie diverser Aussagen gegenüber dem Vorgesetzten, wie „Du kannst nicht einmal einen Halbzug führen“, „völlige Führungsunfähigkeit“, „stümperhafte Kommunikation“, sprach der vorgesetzte Offizier ein halbes Jahr später eine schriftliche Ermahnung gegenüber seinem untergebenen Offizier aus.

 

 

Rechtliche Würdigung:

 

Aufgrund der konfliktanfälligen Zusammenarbeit zwischen den beiden Offizieren erschienen Zeitpunkt und Inhalt der Ermahnung über teilweise schon Monate zurückliegende Vorwürfe unverhältnismäßig. Für den betroffenen Offizier entstand zu Recht der Eindruck, dass die Beantragung der Diensttauglichkeitsuntersuchung und die Erteilung der erwähnten schriftlichen Ermahnung Retourkutschen waren.

Abwertende wechselseitige Aussagen waren einem gedeihlichen dienstlichen Miteinander abträglich und standen nicht im Einklang mit den Bestimmungen des § 3 Abs. 8 ADV (Kameradschaft), wonach alle Soldaten ihren Kameraden mit Achtung zu begegnen haben.

Durch den verantwortlichen Kommandanten wurden die als erforderlich erachteten Maßnahmen, um ein gedeihliches Zusammenwirken der Mitarbeiter zu bewirken, gesetzt.

 

 

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