Parlament Österreich

 

 

 

IV-9 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 27. Oktober 2010

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Mittwoch, 27. Oktober 2010

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

13101/10 CO EUR

Europäischer Rat (Tagung am 28./29. Oktober 2010) – Entwurf einer erläuterten Tagesordnung

(36465/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Mitglieder des Hauptausschusses sprachen sich anlässlich der Ausschusssitzung am 27. Oktober 2010 mit großer Mehrheit mittels eines Antrags auf Mitteilung für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene aus. Sie unterstützten darüber hinaus in Form eines die Regierung bindenden Antrags auf Stellungnahme die geplante Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, wobei sie die Bundesregierung beauftragten, dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte des Nationalrats zur Entscheidung über den Bundeshaushalt und die Kontrolle des Budgetvollzugs im Zusammenhang mit den notwendigen Bemühungen um die Reform des Pakts nicht eingeschränkt werden. Die beiden Anträge der Koalitionsparteien fanden auch Unterstützung von Oppositionsparteien.

 

Anlass für die Sitzung des EU-Hauptausschusses war der  Europäische Rat am 28. und 29. Oktober in Brüssel. Im Mittelpunkt dabei steht der Bericht der Task-Force, die vom EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy eingesetzt wurde, um strengere Regeln im Kampf gegen steigende Defizite und Schulden der EU-Mitgliedsländer in Zukunft festzulegen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird es einen neuen Sanktionsmechanismus für Defizitsünder geben, aber auch einen stärkeren Überwachungsmechanismus der nationalstaatlichen Budgets durch die EU-Kommission.

 

 

Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll erläuterte dazu, die im Zuge der Krisenbewältigung gestiegenen Defizite und Schulden der Euro-Länder würden eine Gefahr bedeuten, die es einzudämmen gelte. Die Task-Force, der auch Finanzminister Pröll angehört hatte, habe einen Schlussbericht vorgelegt, der nun im Rat zu diskutieren sei. Demnach schlage die Task-Force strengere Regeln in der budgetären Überwachung vor, wobei das Maastricht-Kriterium der Schuldenquote von nicht mehr als 60 % stärker in die Bewertung einfließen soll. Auch ist geplant, die Sanktionen härter zu gestalten, wobei die Task-Force ein Drei-Stufen-Modell vorschlägt. Zunächst sollen die Einlagen verzinst werden, dann gehe es um unverzinste Einlagen bis hin zu Strafzahlungen. Für die Einleitung des Defizitverfahrens werde es einen neuen Abstimmungsmechanismus geben mit umgekehrter Mehrheitsentscheidung. Das heißt, wenn die Kommission ein Defizitverfahren anstrebt, dann werde dies mit qualifizierter Mehrheit möglich sein.

 

Dies stelle eine qualitative Verbesserung dar, stellte Pröll fest, er räumte aber gleichzeitig ein, dass dieser Mechanismus nicht so weit geht, wie es der Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, möchte. Trichet plädiere für einen automatischen Sanktionsmechanismus ohne politischen Entscheidungsspielraum.

 

Sowohl Finanzminister Josef Pröll als auch Bundeskanzler Werner Faymann hielten in dieser Frage einen politischen Spielraum für notwendig. Faymann zeigte zwar Verständnis für die Haltung Trichets, zumal die EZB bei der Krisenbewältigung eine bedeutende Rolle gespielt habe und bis an die Grenzen ihrer Möglichkeit gegangen sei. Es könne aber nicht sein, dass die Kommission eine sich verselbständigende Rolle bei der Haushaltsüberwachung erhält, sagte der Bundeskanzler.

 

Ebenfalls Skepsis äußerten Faymann und Pröll zur Frage des Stimmrechtsentzugs für Defizitsünder. Dies sei aber neben der Frage einer etwaigen Vertragsänderung noch ein wesentlicher Diskussionspunkt beim kommenden Gipfel, erläuterte der Bundeskanzler. Ein Stimmrechtsentzug würde die politische Diskussion verschärfen ohne die Probleme zu lösen, sagte er. Notwendig sei vielmehr eine verbesserte Kontrolle und Überwachung sowie ein gemeinsamer Schutz. Die von Deutschland und Frankreich vorgelegte Linie stelle einen grundsätzlichen Vorschlag dar und sei der Beginn eines Diskussionsprozesses, merkte Faymann weiters an. Detailvorschläge lägen jedoch nicht auf dem Tisch.

 

Faymann stimmte mit Abgeordnetem Alexander Van der Bellen (G) überein, dass man, sollte die Forderung nach dem Stimmrechtsentzug entfallen, keine Vertragsänderung werde brauchen, wobei dies Deutschland in Hinblick auf die Spruchpraxis des Verfassungsgerichts Karlsruhe anders sehe.

 

Im Gegensatz zu mehrheitlich geäußerten Zweifeln über die Sinnhaftigkeit eines Stimmrechtsentzugs für Defizitsünder, brachte Abgeordneter Christoph Hagen (B) einen Antrag auf Ausschussfeststellung ein, in dem sich das BZÖ mit Nachdruck für die Möglichkeit eines Stimmrechtsentzugs ausspricht.

 

Mehr Gefahrenprävention soll es im Interesse der Budgetdisziplin aller EU-Mitgliedstaaten geben. Dabei will man die makroökonomischen Ungleichgewichte und die unterschiedlichen Wettbewerbsfaktoren stärker in die Beobachtung einfließen lassen, erklärte Finanzminister Pröll. Insbesondere gehe es dabei um Auslandsverschuldung, um das Erkennen von Spekulationsblasen, um den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit sowie um die Lohnentwicklung - Faktoren, die für die Währungsentwicklung entscheidend sind.

 

Zudem beginne ab 1. Jänner das sogenannte "Europäische Semester". Das bedeutet, dass die EU-Kommission früher über die nationalen Budgetpläne der Mitgliedstaaten informiert werden muss, damit diese gegebenenfalls steuernd eingreifen kann. Sowohl Faymann als auch Pröll bekräftigten, dass dies in keiner Weise das Budgetrecht der nationalen Parlamente schmälere. Österreich selbst gelte mit seiner Haushaltsreform und dem Budgetrahmen als ein Best Practice-Modell, betonte der Finanzminister. Auf die Kritik des Abgeordneten Peter Fichtenbauer (F) an den InspektorInnen der EU reagierte der Bundeskanzler, für ihn sei es eher beruhigend, wenn ExpertInnen prüfen, ob die Unterlagen, die an die EU geschickt werden, auch tatsächlich stimmen. Wäre das in der Vergangenheit bereits der Fall gewesen, hätte das vielleicht vieles erspart. Faymann gab jedoch zu bedenken, dass es dann der politischen Verantwortung obliegt, die Empfehlungen der ExpertInnen auch zu beachten.

 

 

 

Die Position der Bundesregierung wurde seitens der Abgeordneten grundsätzlich unterstützt. So wies etwa Abgeordneter Josef Cap (S) auf die Notwendigkeit hin, die Souveränität der nationalen Parlamente zu achten. Auch Abgeordnete Christine Muttonen (S) bestand trotz aller Notwendigkeit, die Budgets in Ordnung zu bringen, darauf, dass die Letztentscheidung über die Budgets bei den nationalen Parlamenten bleibt. Die EU dürfe nicht den Fehler machen, Entscheidungen darüber einem nur teilweise demokratisch legitimierten Gremium zu überlassen. Muttonen begrüßte eine bessere Prävention und die stärkere Beachtung der Gesamtverschuldung, dabei müsse aber in schlechten Zeiten Spielraum für eine aktive Politik bleiben, forderte sie. Sparen sei kein Selbstzweck. 

 

Cap und Muttonen sprachen sich gegen den von Deutschland und Frankreich forcierten Stimmrechtsentzug für Defizitsünder und damit gegen eine Vertragsänderung aus. Deutschland und Frankreich ließen bei ihren Vorschlägen völlig außer Acht, welche Möglichkeiten den einzelnen Ländern auf den internationalen Finanzmärkten außerhalb der eigenen Budgets zur Verfügung stehen. Daher sei es notwendig, internationale Regelungen, wie etwa die Finanztransaktionssteuer, einzuführen.

 

Dieser Analyse stimmte Abgeordneter Günter Stummvoll (V) zu. Es seien Fortschritte gemacht worden, sagte er, im Hinblick auf neue Finanzmarktregeln und die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Auch auf dem Weg zu einer Finanztransaktionssteuer sei man schon sehr weit gekommen. Da Frankreich im Rahmen des G-20-Gipfels den Vorsitz übernehmen wird, habe man dabei auch in diesem Gremium einen Verbündeten im Hinblick auf die Finanztransaktionssteuer, merkte Bundeskanzler Faymann an. 

 

Kritischer äußerte sich Abgeordneter Johannes Hübner (F). Was die Task-Force vorschlage, bedeute eine massive Einengung der staatlichen Souveränität, sagte er, da man die Budgetgrundsätze mit der EU absprechen müsse. Wenn man schon Eingriffe vorhabe, dann müsse man dafür klare Rechtsvorschriften schaffen und sie nicht von politischen Entscheidungen abhängig machen. Er unterstützte daher einen automatischen Mechanismus und bewertete es als einen massiven Misserfolg, dass nun wieder Platz für politische Entscheidungen gemacht werde.

 

Mittels eines weiteren Antrags des BZÖ sprach sich dessen Abgeordneter Christoph Hagen gegen die mögliche Abschaffung der sogenannten Bail-Out-Klausel aus. Diese Klausel stellt sicher, dass ein Euro-Teilnehmerland nicht für die Verbindlichkeiten und Schulden anderer Teilnehmerländer haften oder aufkommen muss. Der Antrag fand ebenfalls nicht die erforderliche Mehrheit.

 

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) stellte in seiner Wortmeldung die Maastricht-Kriterien – maximal 3 % Neuverschuldung und 60 % Gesamtverschuldung – grundsätzlich in Frage. Für diese Obergrenzen gebe es keine Begründung, sagte er, sie bewirkten nur prozyklische Budgets. Irland und Spanien seien nicht wegen der Verletzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts in Schwierigkeiten geraten, begründete er seine Zweifel an den genannten Kriterien. Für ihn liegt der entscheidende Punkt in einer geordneten Insolvenzordnung für Staaten, und dazu brauche man keine Vertragsänderung. Dem konnte der Finanzminister einiges abgewinnen, es bleibe aber die Frage, inwieweit man den Privatsektor miteinbeziehen kann, gab Pröll zu bedenken.

 

Auch Bundeskanzler Werner Faymann bestätigte, dass es neben den Maastricht-Kriterien auch andere Faktoren gibt, die auf die Stabilität der Staaten Einfluss haben. Im Umkehrschluss sei es aber auch noch niemandem gelungen, die Maastricht-Kriterien als unrichtig zu erklären. Als wesentliche Faktoren nannte Faymann beispielsweise die Struktur der Budgets und Ausgliederungen, Spekulationen, Immobilienblasen, aber auch die Schattenwirtschaft. Daher müsse man durch zusätzliche Regelungen auch in derartige Fehlentwicklungen regulierend eingreifen. Dazu gehöre z.B. auch eine europäische Ratingagentur, bemerkte er gegenüber Abgeordnetem Peter Fichtenbauer (F), der sich danach erkundigt hatte.

 

Finanzminister Josef Pröll ergänzte auf eine Frage von Abgeordnetem Wilhelm Molterer (V), die neue Finanzmarktaufsicht, bestehend aus drei neuen Behörden, eine für Banken in London, eine für Versicherungen in Frankfurt und eine für Wertpapiere in Paris, sei abgeschlossen und könne mit ihrer Arbeit, aufbauend auf dem bestehenden Komitee, ab 1. Jänner 2011 beginnen. Anfang nächsten Jahres werde auch der sogenannte Risk-Board, ein Frühwarnsystem, das wirtschaftliche Empfehlungen abgeben kann, seine Tätigkeit aufnehmen. 

 

Abgeordneter Johannes Hübner (F) bestand im Namen seiner Fraktion auf einer Trennung zwischen Investmentbanken und Geschäftsbanken, denn die Krise sei in erster Linie durch Investmentgeschäfte entstanden. Er brachte dazu auch einen Antrag auf Stellungnahme ein, der jedoch nicht die erforderliche Mehrheit fand. Abgeordneter Wilhelm Molterer (V) meinte dazu, der entscheidende Punkt sei nicht die Trennung der Banken, sondern die Erlassung klarer Spielregeln.

 

Eine Diskussion entstand auch über die geplanten zusätzlichen Abgaben und Regelungen für Banken. Abgeordneter Günter Stummvoll (V) befürchtete, dass die kumulative Wirkung von Basel III, der Bankensteuer, der Einlagensicherung und der Anlegerentschädigung zu einer Belastung der Banken und damit zu einer restriktiven Kreditvergabe führen könnte. Seine Sorge seien negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung.

 

Es wäre durchaus vernünftig zu untersuchen, wie sich die Belastungen auf die Banken auswirken, warf Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) ein, gleichzeitig müsse man sich aber auch anschauen, was die Bewältigung der Krise den SteuerzahlerInnen gekostet hat und welche Gewinne und Gewinnausschüttung die Banken heute wieder zu verzeichnen haben. Ähnlich reagierte der Bundeskanzler, der auf die internationalen Verzweigungen und Gewinne österreichischer Banken hinwies, ohne dass sich dies auf das Steueraufkommen in Österreich positiv ausgewirkt hat.

 

 

 

Abgeordnete Christiane Brunner (G) thematisierte die Vorbereitungen für den Klimaschutzgipfel in Cancun. Die Verantwortung für den Klimawandel liege eindeutig bei den Industriestaaten, sagte sie. Auch wenn in Kopenhagen kein Ergebnis erzielt worden sei, könne jeder Staat, unabhängig von internationalen Übereinkommen etwas zur CO2-Reduktion beitragen. Sie kritisierte in diesem Zusammenhang auch scharf die innerösterreichische Umweltpolitik in Bezug auf CO2-Reduktion und Waldabholzung.

 

Er sei skeptisch, ob der Rahmen der UNO für diese Fragen der richtige sei, antwortete Bundeskanzler Faymann. Seiner Einschätzung nach wäre mehr zu erreichen, in kleineren und mittleren Einheiten Schritte zu setzen, als die Zustimmung aller Regierungschefs und –chefinnen abzuwarten. Österreich sei aber bereit, die CO2-Emissionen um 30 % zu reduzieren. Dennoch müsse man beachten, dass Österreich etwa durch den Transit spezielle Probleme hat und der Spielraum der Industrie weitgehend ausgeschöpft ist.

 

Er wies auch darauf hin, dass es trotz der geplanten Erhöhung der Mineralölsteuer noch immer günstiger ist, bei uns aufzutanken als in den Nachbarländern. Die wenig konkreten Formulierungen in den Schlussfolgerungen für den Rat erklärte der Bundeskanzler mit dem Hinweis, dass die EU derzeit Vorgespräche mit den USA führe, um zu Rechtsverbindlichkeiten zu gelangen.

 

Der Bundeskanzler bekannte sich auch zu einer nachhaltigen Waldwirtschaft, aber auch hier müssten Vorleistungen mitberücksichtigt werden, stellte er fest.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender S-V-Antrag auf Stellungnahme wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ mehrheitlich angenommen:

 

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art 23e Abs 3 B-VG

 

 

 

der Abgeordneten Muttonen, Stummvoll

 

betreffend Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses am 27.10.2010

 

 

 

 

Die vom Präsidenten des Europäischen Rates, Herman van Rompuy, eingesetzte Task Force zur wirtschaftspolitischen Steuerung hat nunmehr ihre Arbeiten abgeschlossen und ein umfangreiches Konzept vorgeschlagen, um eine Wiederholung der Schuldenkrise wie im Fall Griechenland in Zukunft zu verhindern. Vorgesehen ist, dass sowohl der präventive als auch der korrektive Teil des Stabilitäts- und Wachstumspakts verschärft wird und Sanktionen in Hinkunft rascher und mit ansteigender Intensität verhängt werden. Generell soll die gegenseitige Überwachung zwischen den Mitgliedsstaaten verstärkt und auf makroökonomische Ungleichgewichte ausgeweitet werden. Auch die Europäische Kommission hat mittlerweile sechs Legislativvorschläge zur Umsetzung des Programms der Task Force vorgelegt.

 

Erst die konkrete Ausgestaltung der Empfehlungen der Task Force im weiteren Legislativprozess wird zeigen, wie weitreichend die Verfahren im Stabilitäts- und Wachstumspakt tatsächlich umgestaltet werden. Auch wenn die vorgeschlagenen Änderungen sich im Rahmen der bestehenden Verträge bewegen sollen, so muss dennoch sichergestellt sein, dass die Rechte der nationalen Parlamente durch die Änderungen nicht eingeschränkt werden.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs 3 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Finanzen, wird ersucht, auch auf europäischer Ebene dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte des Nationalrats zur Entscheidung über den Bundeshaushalt und die Kontrolle des Budgetvollzugs im Zusammenhang mit den notwendigen Bemühungen um eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes nicht eingeschränkt werden.“

 

 

 

Das in der Einleitung näher bezeichnete  Vorhaben der Europäischen Union  ist gemäß Art 23e Abs 3 B-VG auf die Erlassung von verbindlichen Rechtsakten gerichtet, die sich auf die Erlassung von Bundesgesetzen auf den in diesen Rechtsakten geregelten Gebieten auswirken würden. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender S-V-Antrag auf Mitteilung wurde von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ mehrheitlich angenommen:

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

gemäß Art 23f Abs 4 B-VG

 

 

der Abgeordneten Krainer, Stummvoll

 

betreffend Einführung einer Finanztransaktionssteuer

 

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses am 27.10.2010

 

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

 

I. Mitteilung

an die Präsidenten des Europäischen Rates, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission gemäß Art 23f Abs 4 B-VG

 

 

Die österreichische Bundesregierung hat in ihrem Positionspapier, das sie am 30. September 2010 im Rahmen des ECOFIN-Rates vorgestellt hat, deutlich die Vorteile einer Finanztransaktionssteuer dargelegt. So ist aus dem Positionspapier klar ersichtlich, dass Finanztransaktionssteuern unabhängig von Finanzaktivitätssteuern oder Bankenabgaben eingeführt werden können, da sie eine unterschiedliche Bemessungsgrundlage, eine unterschiedliche Inzidenz und eine unterschiedliche wirtschaftliche Wirkung haben:

 

·         Eine global oder in der EU/Eurozone eingeführte Finanztransaktionssteuer mit einer breiten Bemessungsgrundlage kann signifikante Finanzmittel ohne negative realwirtschaftliche Effekte generieren. Insbesondere kann eine solche Steuer als Ergänzung zu den geplanten Regulierungsmaßnahmen auf den Finanzmärkten angesehen werden, diese aber nicht ersetzen. Steuerpflichtig ist der Erwerb von Finanzprodukten im Inland sowie im Ausland, wenn entweder der/die KäuferIn oder der/die VerkäuferIn InländerIn ist. Gewöhnliche Transaktionen auf Gehalts- und Sparkonten von Privaten werden daher nicht besteuert, ebenso nicht Geschäftskonten, welche keine Finanztransaktionen zum Gegenstand haben. 

·         Ein einheitlicher Steuersatz scheint die einfachste Art der Besteuerung.  Der Steuersatz sollte niedrig sein, da damit Verzerrungen und Ausweichreaktionen vermieden werden können. Derzeit wird auf EU Ebene ein Steuersatz von 0,01% diskutiert, denkbar wäre auch ein leicht höherer Steuersatz. Eine Lenkungswirkung würde trotzdem durch die Frequenz der Transaktionen entstehen. Transaktionen näher an der Realwirtschaft haben niedrigere Frequenzen und würden damit weniger stark betroffen.

·         Das Steueraufkommen könnte bei globaler Einführung und breiter Bemessungsgrundlage (wie weiter unten vorgeschlagen) anfangs etwa ½ Prozent des Welt-BIP betragen, das wären etwa 200 bis 250 Mrd. € bei einem Steuersatz von 0,01%. Das  Steueraufkommen würde in der Tendenz steigen, wenngleich auch  Schwankungen nicht ausgeschlossen werden können.

·         Die Inzidenz der Abgabe ist günstig, d.h., dass überwiegend die ZahlerInnen der Abgabe auch die Abgabe wirtschaftlich tragen werden und damit die gewünschte Zielgruppe getroffen wird. Die moderate Höhe des gesamten Abgabenaufkommens sichert eine faire und angemessene Besteuerung. Die Finanzinstitutionen können damit weiter ungehindert ihrer Rolle für die Wirtschaft gerecht werden.

 

Steuern auf bestimmte Finanztransaktionen werden aktuell in einigen EU-Mitgliedstaaten eingehoben. Dieses Recht soll nicht angetastet werden. Die EU-weite Einführung einer allgemeinen Steuer auf Finanztransaktionen wäre auch für diese Länder ein Vorteil, weil bisherige Ausweichreaktionen abnehmen oder sogar wegfallen würden.

 

Der europäische Finanzmarkt und insbesondere jener der Eurozone ist bereits weitgehend integriert. Es ist als Reaktion auf die Finanzkrise in den aktuellen Plänen vorgesehen, die Transparenz weiter zu erhöhen, z.B. bei den Märkten für Derivate. Das ermöglicht das rasche und kostengünstige Wechseln von Jurisdiktionen und höhlt die Steuersouveränität der Mitgliedstaaten weiter aus. Bei einer EU-weiten Regulierung der Märkte, welche steuerliche Aspekte berücksichtigt, könnte der Binnenmarkt weiter entwickelt, der europäische Finanzmarkt vertieft und auch die Steuersouveränität gestärkt werden.

 

Auf Grund von wirtschaftlichen Vorteilen großer Märkte wird ein Großteil der  Finanztransaktionen auf wenigen Marktplätzen in Europa abgewickelt. Eine Besteuerung würde aber nicht die BürgerInnen in den Ländern mit den Marktplätzen treffen, sondern die Finanzmarktteilnehmer, welche auf diesen Märkten handeln. Im Bereich des Zolls, welcher eine Eigenmittelquelle für den EU-Haushalt darstellt, ist dieses "Rotterdam-Effekt" genannte Phänomen längst umgesetzt und politisch akzeptiert. So wie beim Zoll oder der EU-Quellenbesteuerung auf Zinseinkünfte, wäre es fair, wenn die Länder mit den Marktplätzen die zusätzlichen Abgaben, welche aus neuen Finanztransaktionssteuern (z.B. von Derivate-Märkten) entstehen würden, mit den anderen Mitgliedstaaten, deren BürgerInnen zu diesem Aufkommen beitragen, teilen würden.

 

Der Nationalrat unterstützt daher die beiliegende Position der österreichischen Bundesregierung nach Einführung einer Finanztransaktionssteuer und ersucht den Europäischen Rat, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission,

·         die Arbeiten unter Einbindung von Steuer- und FinanzmarktexpertInnen zur Prüfung der praktischen Aspekte einer Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer zu intensivieren und  bis zum Europäischen Rat im März 2011 eine umfassende Analyse vorzulegen, welche Bedingungen für die Anwendung einer solchen Steuer gelten würden;

·         bei allen Legislativvorschlägen zur Finanzmarktregulierung zu berücksichtigen, dass - wo zutreffend - steuerliche Anknüpfungspunkte für nationale oder EU-weite Finanztransaktionssteuern bestehen;

·         eine vergleichende Analyse bestehender nationaler Finanzmarktsteuern zu erstellen.

 

 

 

II. Kommuniqué

 

Der Hauptausschuss beschließt, diese Mitteilung gemäß §39 Abs 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung beizufügen.

 

 

 

III. Übermittlung

 

Der Hauptausschuss ersucht die Präsidentin des Nationalrates, diese Mitteilung 

an den (Europäischen) Rat,

an das Europäische Parlament,

an die Europäische Kommission,

an den Wirtschafts- und Sozialausschuss,

an den Ausschuss der Regionen

und an die COSAC bzw. IPEX

sowie an die österreichische Bundesregierung,

an den Bundesrat

und an die Verbindungsstelle der Bundesländer

zu übermitteln

 

 

 

Beilage

 

 

Austrian Position Paper for the Introduction of a General Financial and Global Transaction Tax

 

 

A broad based financial transaction tax which is implemented globally or in the EU/Euro area can generate significant fiscal revenues without negative side effects on the real economy. In particular, such a tax can complement but not substitute the planned re-regulation of financial markets. The taxable event should be the acquisition of financial products in the home country, and also abroad, if either the buyer or the vendor are citizens of the home country. Normal transactions on retail customer bank and saving accounts or business bank accounts, which do not relate to pure financial transactions, will not be taxed. 

A single tax rate seems to be the simplest way of taxation. The tax rate should be low, as this will reduce distortions and tax evasion to a minimum. Currently a rate of 0.01 % is under discussion in EU fora, but a slightly higher rate could be considered. The tax can, nevertheless, have an impact on the frequency of trades. Transactions closer to real economic activity have low frequencies and will thus be less affected.

If implemented globally and broad based (as proposed below), tax revenues could initially amount to some ½ percent of world GDP, or some 200 to 250 bn € at a rate of 0.01 %. Tax revenues would increase over time, though fluctuations cannot be excluded.

The tax incidence is favourable, i.e. it is very likely that the tax payer will also carry most of the burden of the tax. Thus, the tax will be paid by the target groups. The moderate overall amount of tax revenues ensures a fair and adequate taxation. This will allow financial institutions to play their full role for the economy.

 

 

Motivation

 

Broad tax bases improve the allocation of resources. Labour, capital and the environment are already subject to taxes world-wide. Labour in particular labour is highly burdened by taxes. Physical capital is directly and indirectly taxed via e.g. environmental taxes or VAT. In comparison, financial capital is comparatively less, or not at all, burdened by taxes. This is why one can reasonably expect a moderate contribution of the sector for the necessary fiscal consolidation.

 

Tax burden in 2008                                       EU-27             Euro area                  

Total taxes as % of GDP                                   39.3                     39.7                   

Implicit tax on labour, %                                    36.5                     38.6                   

Implicit tax on capital, %                                     n.a.                     30.1                  

Tax on energy in € per ton oil-equivalent        196.3                    194.7                  

Source: EC: Taxation Trends 2010                                                 

 

 

Financial Transaction Tax - Outline

 

1. Taxable Event

·         Acquisition of financial products in the home country

·         Acquisition of financial products abroad, if either the buyer or the vendor is citizen of the home country.

 

2. Date of Tax Liability

·         Date of disposition agreement

 

3. Taxable Person

·         Buyer and/or vendor

 

For transactions where a stockbroker acts as intermediary, he is also considered jointly and severally liable. Stockbrokers may be banks, as well as all persons who regularly trade in financial products on behalf of third parties or arrange the buying and selling of financial products. In case of joint and several liability, a rule has to be worked out who is primarily liable.

 

4. Taxable Objects:

·         Shares

·         Bonds

·         Derivatives, distinguished between

o   Options

o   Swaps

o   Forward contracts (i.e. futures and forwards)

 

5. Tax Base

·         Purchase price for shares and bonds

·         Notional value for derivatives (i.e. the value of a derivative's underlying assets), which far exceeds the purchase price of the derivative.

 

6. Tax Rate

A flat rate tax would be the most manageable option. Tax rates from 0.01% to 0.1% have been discussed. A tax rate of 0.01% to 0.05 % is proposed, as tax evasion as well as economic impact would be kept at a low level. Nevertheless, such a low tax rate can reduce the number of high frequency transactions (e.g. on derivatives).

 

7. Tax Revenue

At a tax rate of 0.01% the estimated tax revenues (based on all financial transactions of 2007) would be ½ % of global GDP. Tax revenues in Europe and North America would be above average with about ¾ % of GDP, tax revenues in Low Income Countries would be considerably lower.

 

 

 

European Aspects of a General Financial Transaction Tax

 

Several EU Member States levy taxes on certain financial transactions. This right to tax shall not be affected. The EU-wide introduction of a general tax on financial transactions would also benefit these countries, as existing tax evasion would decline or even disappear.

 

The European financial market - and even more so that of the Euro area - is already deeply integrated. As reaction to the financial crisis, current planning envisages to improve the transparency of markets, e.g. on the markets of derivatives. Such integration allows for a quick and cheap change of jurisdictions and will further undermine the tax-sovereignty of Member States. By regulating markets at the EU-level in a way that takes account of possible taxation, the EU would contribute to the furthering of the internal market, to the deepening of financial markets and to the strengthening of tax-sovereignty at the same time. 

 

Due to the economic advantage of large markets a big part of financial transactions is executed on a few market places in Europe. Any taxes levied would not necessarily burden the citizens of the countries hosting the market places, but those who trade on these market places. As regards customs duties, which are one of the own resources of the EU-budget, the so-called "Rotterdam-effect" is well-known, politically accepted and implemented. In analogy to customs duties or the EU-withholding tax on interest income, it would be fair if Member States who host market places would share the additional tax revenues generated by new financial transactions taxes (e.g. from markets of derivatives) with other Member States whose citizens contribute to the tax revenues.

 

Taxes on financial transactions can be implemented independently of bank levies or financial activity taxes: the tax base, the tax incidence and the economic impact is different.

 

 

 

Proposals for further steps

 

1.    Setting-up of a High Level Group of Tax and Financial Market Experts by the ECOFIN- Council in order to examine the practical aspects of a general FTT with a view to report to the spring European Council in March 2011.

2.    The EC shall be invited to - where applicable - take into account elements of national or EU-wide taxation, when making proposals for regulating financial markets.

3.    The EC shall be invited to make a stock-taking comparison of existing national taxes on the financial markets.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender F-Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

(gemäß Art. 23e B-VG)

 

 

des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Trennung von Bankgeschäften

 

 

 

Die Wirtschaft muss den Menschen unterstützen. Die Interessen der Gesamtheit müssen wieder Vorrang vor jenen von Einzelpersonen haben. Das Verhalten von vielen Regierungen trägt den Interessen der Mehrheit jedoch in keiner Weise Rechnung. Internationale Hedgefonds und Bankinstitute haben gigantische Kreditblasen erzeugt und damit gewaltige Gewinne eingefahren, bis diese künstlichen Blasen geplatzt sind. Die Rechnung bekamen nicht etwa die Verursacher des Problems, nämlich diese Bankhäuser und Hedgefonds, präsentiert, sondern der gewöhnliche Steuerzahler.

 

Eine Bank ist kein gewöhnliches Unternehmen, die Passivseite besteht fast vollkommen aus Fremdkapital und das Geschäftsmodell besteht darin, viele kleine Depositionen zu bündeln und dadurch aus Ersparnissen einträgliches Kapital zu bilden.

 

Der Konkurs eines Bankhauses hätte zur Folge, dass die Kontrolle von den Eigenkapitaleignern auf die Fremdkapitaleigner übergeht, was bedeuten würde, dass Aktionäre ihre Besitzansprüche verlieren. Ein Konkursverwalter würde die Geschäftstätigkeit anstatt des Vorstandes ausüben. Unkontrollierte Konkurse würden aufgrund der engen Vernetzung wahrscheinlich weitere Banken mitreißen, was unter Umständen den Zusammenbruch der Volkswirtschaft zur Folge hätte.

 

Wenn man sich zur regulierten Marktwirtschaft bekennt, bedeutet dies auch, dass Unternehmer jedweder Art die Folgen ihrer Handlungen selbst zu tragen haben. Wenn Banken derartig groß werden, dass deren Konkurs unser gesamtes Wirtschaftssystem ins Wanken bringt oder gar zerstören könnte, gelten marktwirtschaftliche Prinzipien nicht mehr. Diese gilt es wieder herzustellen – daher ist die Trennung von Bankgeschäften unumgänglich. Denn es darf nicht sein, dass die österreichischen Steuerzahler für die Gier und Gewinnsucht von Bankmanagern zur Kasse gebeten werden – so geschehen beim Bankenrettungspakt und bei der sogenannten „Griechenlandhilfe“, wobei es sich hier um nichts anderes handelt, als um ein Bankenrettungspaket Nummer 2. Der Staat muss im Voraus das Entstehen solcher Bankhäuser, die man auch moderne Zwingherrn oder „Kapital-Feudalisten“ nennen könnte, verhindern. Hierzu stehen ihm vielerlei Mittel zur Verfügung, es muss lediglich der Wille vorhanden sein, das Primat der Politik über die Wirtschaft wiederherzustellen.

 

So fordert der ehem. Notenbankchef Paul Volcker, wieder das Trennbankensystem zumindest in einer light version einzuführen (Glass-Steagall Act 1933 als Reaktion auf den Börsenkrach 1929 und die darauffolgende Weltwirtschaftskrise). Die EZB und der Großteil der europäischen Politiker lehnen jedoch diesen Vorschlag ab, forcieren erhöhte Eigenkapitalausstattung, TÜV für Finanzprodukte usw.

 

Da Geld gewissermaßen ein öffentliches Gut darstellt, bedarf es einer besonderen Regulierung und Kontrolle. Die Interessen der Allgemeinheit müssen maßgeblich gewahrt werden, vor allem, wenn wesentliche Geldfunktionen an die Privatwirtschaft (im Privatbesitz befindliche Finanzinstitute) abgegeben werden. Die Realwirtschaft - das sind die Interessen der Allgemeinheit, die in einer gesicherten Aufbewahrung ihres Geldvermögens (Einlagengeschäft) liegen, an der Möglichkeit Kredite zu bekommen (Kreditgeschäft) und an der effizienten und sicheren Abwicklung des Geldverkehrs - hat ein Anrecht auf Beachtung eben dieser Erfordernisse. Diese stellen auch die Kerntätigkeit der Banken dar - „basic banking“, eine im Wesentlichen kundenorientierte reine Dienstleistungstätigkeit mit geringem Risiko und bescheidener Profitabilität.

 

Auf der anderen Seite stehen gegensätzlich dazu das Investmentbanking und der Eigenhandel, dominiert vom Eigeninteresse und der Gewinnmaximierung der Bankinstitute. Bankaktivitäten also, die auch oft auf Kosten der „Kunden“, oder sogar auf Kosten der Allgemeinheit gehen. Es wird fremdes Geld risikoreich (und spekulativ) veranlagt, eine Manipulation der Märkte findet statt indem sie beispielsweise mit hybriden Finanzprodukten überschwemmt werden, mit dem Ziel sofort an „echtes“ Geld, gegen vage Versprechungen von zukünftigen Erträgen, heranzukommen. Der Investmentbanker hat vollkommen gegensätzliche Zielsetzungen als der Verantwortliche einer klassischen Geschäftsbank.

 

Investmentbanking ist zweiteilig. Da gibt es einerseits den Bereich Corporate finance, der sich mit der Aufbringung und Zurverfügungstellung von Kapital (Eigen- wie Fremdkapital; etwa über Börsegänge, Anleihenplazierungen u. dgl.) befasst. Dem gegenüber steht das so genannte Assetmanagement, welches sozusagen die Nachfrageseite des Investmentbanking darstellt und den Kern des Renditejägertums repräsentiert.

 

Schon heute sollte es in Investmentbanken so genannte „Chinesische Mauern“ zwischen den beiden Bereichen geben, damit Insiderinformationen aus dem „corporate finance“ nicht etwa für Anlageentscheidungen der Asset Manager missbraucht werden. Nur die Realität sieht anderes aus.

 

Geschäftsbanken stellen den volkswirtschaftlich unverzichtbaren Teil des Bankensystems dar. Ihre Existenz muss gesichert sein, denn die versorgen auf solider Basis die heimischen Betriebe mit liquiden Mitteln in Form von Krediten und sind somit für die Wirtschaft von essentieller Bedeutung. Investmentbanken sind Unternehmen wie andere auch. Demnach müssen sie bei Misserfolg aus der Wirtschaft ausscheiden, die Funktionsfähigkeit des „basic banking“ wird dadurch aber nicht beeinträchtigt.

 

Um künftig „Banken-bail-outs“ zu vermeiden, muss daher das Bankgeschäft getrennt werden – in Geschäftsbanken und Investmentbanken.

 

Finanziert werden müssen die Aktivitäten der Investmentbanken ausschließlich mit Eigenmitteln und mit Risikokapital. Bei Fehlinvestitionen ist dadurch sichergestellt, dass nur das Eigenkapital oder die Fremdkapitalgeber (die das Risiko übernommen haben und mit dementsprechend hohen Zinsen rechnen) haften. Der Zugang zum „billigen Geld der Staatsbürger“ ist den Investmentbanken für ihre risikoreichen und hoch gehebelten Geschäfte jedenfalls zu verwehren; weder direkt über (Spar-) Einlagen noch indirekt über die EZB.

 

Dieser Vorschlag hat zur Folge, dass Banken bei riskantem Investmentbanking nicht mehr darauf vertrauen können, vom Staat gerettet zu werden – d.h., es würde keinen „moral hazard“ mehr geben. Daraus resultieren geringere Interessenskollisionen (Insiderwissen), da Banken nicht mehr zugleich Kreditgeber, Mit-Gesellschafter oder Aktionär sowie Anlageberater und Depotverwalter für ihre Kunden sind. Die Bürokratie von überbezahlten Nationalbankern und der Finanzmarktaufsicht könnte etwas zurückgefahren werden, da bei den zu überwachenden Geschäftsbanken die Risiken für die Allgemeinheit insgesamt geringer wären und hingegen bei den riskanten Eigenhandels-/Investmentbanken die privaten Aktionäre das Risiko tragen, weshalb dort weniger Überwachung notwendig wäre. Der Zusammenbruch einer Investmentbank wäre nicht systemrelevant und damit als normale Sanktion des Marktes zulässig.

 

Mit Ausnahme des Konsumentenschutzes kann unter obigen Voraussetzungen das Investmentbankengeschäft wenig reguliert ablaufen, ausgeklügelte Eingriffe würden so und so an der Kreativität der Investmentbanker scheitern.

 

Als Weiterentwicklung aus Adam Smith´s Erkenntnis bleibt zu schließen, dass Marktimperfektionen bestmöglich regulativ zu unterdrücken sind, auch insofern als dass es gar nicht zu den erwähnten Auswüchsen kommen kann („too big to fail“) – alles andere hat sonst mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Dies ist jedoch eine Erkenntnis, die noch nicht allzu verbreitet zu sein scheint.

 

In Summe kann nochmals festgehalten werden, dass diese Herangehensweise besser und effizienter ist, als jegliches Verbot gewisser Geschäfte, oder auch noch so strengen Eigenkapitalanforderungen.

 

 

 

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Artikel 23e B-VG

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich auf europäischer Ebene – insbesondere auf dem Europäischen Rat am 28. und 29. Oktober 2010 – für legistische Maßnahmen der Europäischen Union einzusetzen, die in der Europäischen Union eine Trennung des Bankgeschäftes in Geschäftsbanken und Investmentbanken vorsieht.“

 

 

Wien, am 27. Oktober 2010

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen bzw. auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender B-Antrag auf Ausschussfeststellung wurde von SPÖ, ÖVP, FPÖ  und Grünen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

 

der Abgeordneten Hagen

und Kollegen

 

eingebracht im Zuge der Verhandlungen des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union in der Sitzung am 27. Oktober 2010

 

betreffend Stimmrechtsentzug für Defizitsünder

 

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

„Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass sich der Bundeskanzler bzw. der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten beim Europäischen Rat am 28. und 29. Oktober 2010 mit Nachdruck für die Schaffung von Möglichkeiten eines Stimmrechtsentzugs als eine Sanktionsmaßnahme gegen Mitgliedstaaten, die sich als notorische Defizitsünder erweisen, einsetzen werden.

 

 

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 GOG als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung beizufügen.“

 

 

 

Wien, am 27. Oktober 2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender B-Antrag auf Ausschussfeststellung wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

 

der Abgeordneten Hagen

und Kollegen

 

 

eingebracht im Zuge der Verhandlungen des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union in der Sitzung am 27. Oktober 2010

 

betreffend keine Abschaffung der „Bail-Out“ – Klausel

 

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

„Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass sich der Bundeskanzler bzw. der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten beim Europäischen Rat am 28. und 29. Oktober 2010 vehement und mit Nachdruck gegen jegliche Bestrebungen aussprechen werden, die auf die Abschaffung der im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankerten so genannten Bail-Out-Klausel hinauslaufen.

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 GOG als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung beizufügen.“

 

 

 

 

Wien, am 27. Oktober 2010