Parlament Österreich

 

 

 

IV-11 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

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Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Donnerstag, 3. Februar 2011

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Donnerstag, 3. Februar 2011

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

17163/10 CO EUR

Europäischer Rat (Tagung am 4. Februar 2011) - Entwurf einer erläuterten Tagesordnung (42584/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der EU trat am 3. Februar 2011 im Vorfeld der Tagung des Europäischen Rats, der für 4. Februar 2011 anberaumt wurde, zusammen. Dabei wurde neben den Themen Energie und Innovation sowie Euro-Schutzschirm auch über die aktuelle kritische Lage in Ägypten diskutiert.

 

Am Beginn der Sitzung wurden Abgeordneter Michael Schickhofer (S) als Mitglied und Sonja Steßl-Mühlbacher (S) als Ersatzmitglied des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union einstimmig gewählt.

 

 

 

 

Große Sorge äußerten die Mitglieder des EU-Hauptausschusses hinsichtlich der aktuellen Lage in Ägypten beziehungsweise im arabischen Raum. Österreich und die EU hätten nun die Aufgabe, die Werte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie der Gewaltfreiheit unmissverständlich zu vertreten, machten sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch Außenminister Michael Spindelegger klar, es könne nicht Aufgabe sein, eine bestimmte Person zu unterstützen. Die EU müsse aber eine lückenlose Aufklärung verlangen, wer für die Aussendung der Schlägertruppen und die blutigen Zusammenstöße der vergangenen Nacht verantwortlich ist und könne nicht zur Tagesordnung übergehen, betonten beide. Vor allem habe die EU nun die Aufgabe, ihr Know-How bei der Vorbereitung, Durchführung und begleitenden Kontrolle von freien Wahlen zur Verfügung zu stellen. 

 

Die Abgeordneten zeigten sich insbesondere besorgt über eine mögliche islamistische Radikalisierung. Deshalb ist es in ihren Augen dringend geboten, konkrete Hilfe auf dem Weg in die Demokratie anzubieten. Der Außenminister warf dazu ein, dass auch die hohe Arbeitslosigkeit und Perspektivenlosigkeit vor allem bei der jungen Generation eine große Rolle spielt.

 

Angesichts der Erfahrungen, die man im Zusammenhang mit der Unterstützung und Hilfe für StaatsbürgerInnen, die sich in Ägypten aufhielten beziehungsweise aufhalten, gemacht hat, waren sich alle darüber einig, dass es hier innerhalb der Europäischen Union zu einer besseren Koordination kommen müsse. Dies beginne bei den Reisewarnungen und gehe bis zu einer engeren Kooperation bei den Rückholaktionen.

 

Die aktuelle Krise in Nordafrika wird auch das ursprüngliche Hauptthema des kommenden Europäischen Rats vom 4. Februar in den Hintergrund rücken lassen. Die Staats- und Regierungschefs planen, über die zukünftige Strategie im Bereich Energie und Innovation Leitlinien zu erstellen. Es geht darum, den Übergang zu einer effizienten CO2-armen Wirtschaft und eine bestmögliche Versorgungssicherheit zu unterstützen, wie Bundeskanzler Faymann ausführte. Seitens der Grünen wurde dazu ein Antrag auf Stellungnahme eingebracht, der jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt wurde. Die Grünen sehen die Gefahr, dass unter dem Ausdruck "CO2-arme Technologien" oder "CO2-arme Wirtschaft" die Förderung der Atomenergie forciert werden soll. Bundesminister Michael Spindelegger stellte daraufhin klar, dass auf seine Initiative, die Worte "sicher und nachhaltig" in den Text aufgenommen worden seien und jeder wisse, dass in dieser Kombination keinesfalls die Atomenergie zu verstehen ist.

 

Im Hinblick auf die Innovation beabsichtigt die EU, die Rahmenbedingungen für Innovation zu verbessern, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern und die EU-Programme zu vereinfachen, mit dem Ziel, den europäischen Forschungsraum zu vollenden. Auch dazu wurde von den Grünen ein Antrag auf Stellungnahme vorgelegt, der jedoch mehrheitlich von SPÖ und ÖVP abgelehnt wurde. Die G-MandatarInnen setzen sich für die Stärkung der Zukunftsfelder Umwelt- und Energietechnik sowie Medizintechnik ein, sie sprechen sich für den Aufbau überregionaler Wissenstransferstrukturen aus sowie für eine Spezialisierungsstrategie in den Bereichen Forschung und Innovation für die Regionen.

Diskussion zur aktuellen Lage in Ägypten

 

 

Die Diskussion im Ausschuss wurde von der aktuellen Lage in Ägypten beherrscht. Der Bundeskanzler und der Außenminister sprachen von einer "besorgniserregenden" und "dramatischen" Entwicklung. Bundeskanzler Faymann bemerkte dazu, die EU tue gut daran, die Koordinierung von Hilfsmaßnahmen zu verbessern und den Ländern der Region konkrete Unterstützung bei der Demokratisierung, vor allem bei der Durchführung der kommenden Wahlen, anzubieten. Er erwarte sich vom Europäischen Rat, dass man sich klar und deutlich für die Werte der Demokratie einsetzt. Demokratie habe gewisse Parameter, stellte Bundesminister Spindelegger klar, und unter diese Standards könne man nicht gehen. So müsse es faire und freie Wahlen geben, die freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht müssen eingehalten werden, was derzeit nicht der Fall sei, da Internet und Mobiltelefone unterbrochen worden seien. Die DemonstrantInnen forderten Reformen ein, die den Namen auch verdienen, sagte der Außenminister. Es gehe darum, alle Beteiligten zum Gewaltverzicht aufzurufen.

 

Seiner Einschätzung nach werde sich die Situation heute Abend und am Freitag wieder zuspitzen. Der Flugbetrieb sei momentan noch aufrecht und er hoffe, dass dies so bleibt, um auch weiterhin ausreisewillige ÖsterreicherInnen auszufliegen. In Kairo selbst befänden sich zur Zeit keine ÖsterreicherInnen am Flughafen, von den Touristengebieten habe man letzte Nacht fünfzig Personen nach Hause gebracht. Auch dort werde nach Auskunft der österreichischen Unterstützungsteams die Versorgungslage zunehmend schwierig, es seien auch erste Plünderungen zu verzeichnen gewesen.

 

Es sei eine Selbstverständlichkeit, unterstrich Klubobmann Josef Cap (S), dass sich die EU voll hinter den Prozess der Demokratisierung stellt und für die Wahrung der Menschenrechte eintritt. Das sei wichtig, denn sonst würde man den Weg für extremistische Strömungen bereiten. Es gehe nicht nur um die Person Mubaraks, sagte Cap, sondern um das gesamte System. Cap wies auch auf die geopolitische Bedeutung der gesamten Region, nicht nur für Europa sondern auch für die Stabilität im Nahen Osten, hin. Ähnliche Worte fand seine Klubkollegin Christine Muttonen (S), die meinte, die BürgerInnen in Ägypten müssten von ihrem Recht Gebrauch machen können, für Demokratie und Frieden auf die Straße zu gehen. Sie erwarte sich von der EU, dass diese auf einen tatsächlichen Reformprozess drängt.

 

Die ehemalige Außenministerin, Abgeordnete Ursula Plassnik (V), artikulierte ebenfalls ihre Sorge hinsichtlich der Extremisten in der Krisenregion. Sie würden profitieren, wenn der Weg der Demokratie nicht gangbar ist, warnte sie. Daher müsse die EU klare Worte finden und Rechenschaft für die Herbeiführung der bürgerkriegsähnlichen Zustände seit der letzten Nacht einfordern. Die EU trage auch Verantwortung, gemeinsam mit dem Europarat und der OSZE, konkrete Hilfestellung beim Demokratisierungsprozess, insbesondere auch bei der Sicherstellung freier und fairer Wahlen, zu gewährleisten.

 

Auch Abgeordneter Gerhard Huber (B) befürchtete die Möglichkeit einer islamischen Radikalisierung. Eine große Chance aufgrund der Vorgänge in Ägypten und Nordafrika könne er derzeit nicht erkennen, bemerkte er dazu. Seiner Meinung nach besteht eher die große Gefahr, dass radikale Moslems an die Macht kommen und eine ähnliche Entwicklung wie im Iran einsetzt.

 

Abgeordnete Ursula Plassnik (V) übte auch Kritik an der mangelnden Koordination innerhalb der EU im Hinblick auf die Hilfe für die EU-BürgerInnen. Sie sah die Zeit gekommen, der Kommission endlich klare Arbeitsaufträge zu erteilen, um die Zusammenarbeit in Europa bei derartigen Fällen sicherzustellen. Auch Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) zeigte kein Verständnis dafür, dass man in Krisenzeiten nicht in der Lage ist, in einer gemeinsamen Aktion allen EU-BürgerInnen Hilfe anzubieten. Wie will man da eine europäische Identität aufbauen, fragte er. Die beiden Regierungsmitglieder räumten die Berechtigung der Kritik ein, und der Bundeskanzler sicherte zu, beim kommenden Rat diese Frage zur Sprache zu bringen. Österreich trete vorbehaltslos für eine bessere Koordinierung ein, viele Länder fürchteten jedoch einen gewissen Souveränitätsverlust, gab er zu bedenken. Der Außenminister ergänzte, dass die Rechtslage der EU keinen Auftrag zu einer Koordination in solchen Fällen gibt, er vertrat jedoch die Auffassung, dass der Faktenzwang dazu beitrage, eine solche zu entwickeln.

 

Kritische Bemerkungen über die bisherige Politik kamen sowohl von Abgeordnetem Johannes Hübner (F) als auch von der Klubobfrau der Grünen, Eva Glawischnig-Piesczek. Europa und Österreich hätten die Systeme maßgeblich unterstützt und lange auf falsche Stabilität gesetzt, kritisierten beide. Hübner wies darüber hinaus auf die weit verbreitete Korruption in diesen Ländern hin, die die gesamte Verwaltung durchdrungen habe. Ein Austausch von Köpfen sei zu wenig, es bedürfe eines durchgreifenden Wandels, die "gesamte Hydra" müsse zu Grabe getragen werden, meinte er. Nach Auffassung Hübners gehe es weniger darum, was sich die Europäer in Ägypten vorstellen, sondern darum, was die ansässige Bevölkerung möchte. Dem hielt der Außenminister entgegen, dass Demokratie gewisse Parameter habe, die nicht unterschritten werden können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europäische Energie- und Innovationspolitik

 

 

Das zweite Thema des Ausschusses betraf Fragen der Energie und der Innovation. Die EU möchte Leitlinien zur Verbesserung der Funktionsweise des europäischen Energiemarkts erarbeiten.

 

Bundeskanzler Werner Faymann führte dazu aus, es gehe in erster Linie um den Ausbau der Infrastruktur und um eine Modernisierung. Man müsse Lücken in der Infrastruktur schließen und die Diversifizierung vorantreiben. Die eigenen Speicherreserven seien zwar gut, versicherte Faymann, aber die Kapazitäten hätten auch einmal ihr Ende. Auch wenn derzeit zwischen der Ukraine und Russland die Lage ruhig sei, könne man sich nicht völlig auf diese Versorgungsschiene verlassen, weshalb Österreich den Ausbau der Nabucco-Pipeline unterstütze. Er stellte auch klar, dass Atomenergie keine nachhaltige Energieform darstelle und Österreich bei seiner ablehnenden Haltung bleiben werde.

 

Seitens der Grünen wurde heftige Kritik an den vorbereiteten Schlussfolgerungen für den Europäischen Rat geübt. Abgeordnete Eva Glawischnig-Piesczek (G) wandte sich mit allem Nachdruck gegen den Ausdruck "CO2-arme Technologien", da damit die Atomenergie durch die Hintertür in den Text komme und forciert werde. Sie erwarte sich, dass Österreich diese neue Strategie in der EU verhindere, merkte sie mit Nachdruck an. Der Bundeskanzler und der Außenminister wiesen jedoch in diesem Zusammenhang darauf hin, dass von österreichischer Seite zum Ausdruck "low carbon technologies" die Wörter "safe and sustainable" hinzugefügt worden seien und damit sei völlig klar, dass damit nicht die Atomenergie gemeint sein könne.

 

Die anderen Fraktionen befürworteten grundsätzlich die Initiative der EU, wobei F-Mandatar Johannes Hübner und B-Abgeordneter Gerhard Huber einwarfen, im Grunde genommen stünden in den Schlussfolgerungen nur Plattitüden und Stehsätze, die man nicht ablehnen könne. Abgeordneter Hübner sah in dem Vorhaben einmal mehr die Gefahr einer weiteren europäischen Zentralisierung und Bürokratisierung. Auch Abgeordneter Huber befürchtete zu starke Eingriffe in die nationale Souveränität und sprach auch das Problem des Datenschutzes an. Innerstaatlich kritisierte er die Energiepolitik allgemein und meinte, das Ökostromgesetz verhinderte den Einsatz der Fotovoltaik und diene lediglich den Landesgesellschaften.

 

Auf die Notwendigkeit, den Energieverbrauch effizienter zu gestalten, drängten die Ausschussmitglieder von SPÖ und ÖVP. Abgeordnete Petra Bayr (S) forderte eine Verpflichtung zur Steigerung der Energieeffizienz um 20%. Energieeffizienz sei das "größte Kraftwerk, über das wir verfügen", formulierte sie pointiert, weshalb die Freiwilligkeit hier keinen Platz habe. Wenn der Energiebedarf jährlich um 2% steigt, dann werde man mit dem Ausbau erneuerbarer Energieträger nicht auskommen, rechnete sie vor. Sie wurde darin von Abgeordneter Christine Muttonen (S) unterstützt, die im Ausbau einer nachhaltigen Energieversorgung und Energieeffizienz gute Chancen sah, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Muttonen artikulierte aber auch das soziale Problem aufgrund hoher Energiekosten. Gerade in den Wintermonaten werde die Spaltung der Gesellschaft deutlich, weshalb man Maßnahmen ergreifen müsse, um die Energiepreise zu stabilisieren.

 

Die großen Fortschritte, die Österreich bei der Energieeffizienz gemacht habe, seien nun auch durch die EU-Kommission dokumentiert, berichtete Abgeordneter Martin Bartenstein (V). Österreich nehme darin einen Spitzenplatz ein. Der ehemalige Wirtschaftsminister verwies aber auch auf die enge Verknüpfung zwischen Energieversorgung und Außenpolitik. Es sei notwendig, dass dabei Europa mit einer Stimme spricht, sagte er und zeigte sich zufrieden darüber, dass es Österreich gelungen ist, beim Thema Infrastruktur das öffentliche Interesse hineinzubringen.

 

Bartenstein unterstrich auch das Wachstumspotenzial, das eine durchdachte Innovationsstrategie mit sich bringt und sah sich darin einer Meinung mit dem Bundeskanzler. Dieser berichtete, dass man bei der Bewertung der Länder davon abrücke, ausschließlich von den Maastricht-Kriterien auszugehen, sondern dass man im Zusammenhang mit Forschung, Entwicklung und Bildung auch die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit miteinbezieht, was er für den richtigen Weg halte. 

 

G-Abgeordnete Ruperta Lichtenecker stimmte dem zwar zu, betonte jedoch, dass Europa gravierend unter den Werten von Amerika und Japan bei der Innovation liege. Die besten Köpfe wanderten aus Europa ab, bedauerte sie. Deshalb wäre es aus ihrer Sicht notwendig, bei der Erstellung des nächsten EU-Finanzrahmens Schwerpunkte im Bereich Forschung, Innovation und Technologie zu setzen. Lichtenecker sprach sich auch für eine Spezialisierung der Regionen aus, sowie für den Aufbau überregionaler Innovationsstrukturen. In diesem Zusammenhang sprach Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) die Barrieren innerhalb Österreichs an, die etwa entstehen, wenn man ein Studium an einer anderen Universität fortsetzen möchte. Er forderte auch die Verankerung des Herkunftslandprinzips bei der Studienplatzbewirtschaftung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Euro-Schutzschirm

 

 

Im Ausschuss wurde auch der Euro-Schutzschirm thematisiert. Der Bundeskanzler betonte, dass aus derzeitiger Sicht die beschlossenen Maßnahmen gemeinsam mit der geplanten Ausweitung ausreichend sind. Portugal und Spanien hätten klargemacht, dass sie derzeit keine Hilfe benötigten. Es gehe in der Diskussion aber darum, sich für zukünftige Fälle vorzubereiten und dazu gehöre auch die Frage der Eurobonds. Der Bundeskanzler reagierte damit auf die im Ausschuss angesprochene Forderung der EU-Abgeordneten Hannes Swoboda (S), Othmar Karas (V) und Ulrike Lunacek (G). All diese Vorschläge müssten zunächst von ExpertInnen im Hinblick auf zusätzliche Belastungen geprüft werden, sagte er, erst dann könne man sich für bestimmte Modelle entscheiden. Abgeordneter Martin Bartenstein (V) plädierte in diesem Zusammenhang für Initiativen in Richtung einer Umschuldung.

 

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) wiederum brachte die Finanztransaktionssteuer in die Diskussion ein und zeigte große Sympathien für eine diesbezügliche Europäische Bürgerinitiative. Bundeskanzler Werner Faymann gab zu bedenken, dass Österreich mit dieser Meinung derzeit ziemlich allein dastehe, er glaubte jedoch, dass man im Zuge der Suche nach Einnahmequellen für die Schwerpunkte Innovation und Technologie zum Thema Finanztransaktionssteuer wieder zurückkehren werde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Parteien abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Lichtenecker betreffend die vorläufigen Schlussfolgerungen des Energie-Sondergipfels des Europäischen Rates am 4. Februar 2011 in Brüssel

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses am 3. Februar 2011 im Zuge der Behandlung der Vorlage  42584/EU XXIV.GP

 

 

 

 

Beim Energie-Sondergipfel des Europäischen Rates am 4. Februar 2011 sollen die Weichen für die Zukunft der europäischen Energieversorgung gestellt werden. In zentralen Bereichen drohen Fehlentscheidungen. Eine klare Position der Österreichischen Bundesregierung für erneuerbare Energien und Energieeffizienz und gegen eine weitere Förderung von Atomenergie und fossilen Energieträgern ist daher unumgänglich.

 

 

1. Keine Atomenergie unter dem Deckmantel des Klimaschutzes

 

Die Atomindustrie versucht seit einigen Jahren unter dem Deckmantel des Klimaschutzes den Ausbau der Atomkraft in Europa voranzutreiben und für die Risikotechnologie weiter Milliardensubventionen von der EU zu lukrieren. Die lebensgefährlichen Risiken der Atomenergie werden dabei bewusst verschwiegen, der angebliche Beitrag der Atomkraft zur Lösung des Klimaproblems in den Vordergrund gerückt. Beim EU-Sondergipfel will die Atomlobby jetzt in einem neuen Anlauf die Weichen in Richtung Ausbau der Atomenergie stellen.

 

Auf Bestreben einiger pro-nuklear eingestellter Mitgliedsstaaten hat der Begriff "CO2-arme Technologien" ("électricité décarbonée" oder "low  carbon  technologies") mehrfach Eingang in den vorliegenden Entwurf der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (45015/GP XXIV) gefunden.  Diese Begriffe sind als Code-Wörter für die Energiegewinnung aus Kernenergie zu verstehen und untergraben die verbindlichen Ziele der EU für Erneuerbare Energien. Diese Sprachregelung ist daher strikt abzulehnen und durch die unmissverständliche Begrifflichkeit "erneuerbare bzw. energieeffiziente Technologie" zu ersetzen. Denn setzen sich die Atomstaaten durch, ist der Weg frei für weitere Milliarden-Subventionen für die Atomlobby. Das Geld für den dringenden Ausbau der erneuerbaren Energien würde dann fehlen.

 

 

2. Europa braucht verbindliche Energieeffizienz-Ziele

 

Zweites zentrales Thema beim EU-Energiegipfel sind die Ziele der EU im Bereich Energieeffizienz. Das bisher festgeschriebene EU-Ziel, den Energieverbrauch bis 2020 um 20% zu reduzieren ist immer noch nicht verbindlich festgeschrieben. Dies ist aber notwendig, um Investitionsentscheidungen richtig zu treffen und langfristig aus den fossilen Energieträger auszusteigen. Dass dies bis 2050 schaffbar ist, zeigt eine aktuelle Studie des deutschen Öko-Instituts (Öko-Institut:The Vision Scenario for the European Union. Berlin, Januar 2011):

 

Demnach kann die EU ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80- 95% (Referenzjahr 1990) reduzieren und eine nachhaltige Energieversorgung Europas ohne fossile Energieträger gewährleisten. Voraussetzung ist, dass  Energiesparen und Energieeffizienz als absolute Priorität definiert, und erneuerbare Energien konsequent gefördert werden. Das schafft Versorgungssicherheit und macht Europa wettbewerbsfähiger. Neben verbindlichen Effizienzzielen muss auch das Emissionsreduktionsziel auf minus 30% CO2-Ausstoß bis 2020 (Referenzjahr 1990) erhöht werden.

 

Wenn die unverzichtbaren Schritte in den Bereichen Effizienz und Erneuerbare weiter verzögert werden, steigt die Gefahr, dass Europa im schnell wachsenden Sektor Grüner Technologien den Anschluss an Schwellenländer wie China verliert. Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare sichern nicht nur Europas Führungsrolle in diesem Wachstumsmarkt und tragen massiv zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Die EU kann damit auch große finanzielle Einsparungen erzielen: 130 Milliarden Euro im Jahr 2020, 260 Milliarden Euro im Jahr 2030, und sogar 455 Milliarden Euro im Jahr 2050 (Ökoinstitut 2011).

 

 

3. Keine Förderung von schmutzigem Öl- und Gasschiefer in Europa

 

Da die leicht zugänglichen Öl- und Gasreserven weltweit immer knapper werden, greift die  Industrie vermehrt auf unkonventionelles Öl und Gas zurück. Dazu zählen neben Tiefseebohrungen auch die sogenannten Schiefergas und Ölschiefer, die noch im Muttergestein, in dem sie gebildet wurden, festhängen. Dementsprechend schwierig, energieintensiv und extrem umweltschädlich ist die Förderung. Die Gewinnung von Erdöl aus Ölschiefer hat überdies große Kohlendioxidemissionen zur Folge und ist daher besonders klimaschädlich. Im Gegensatz zu Erdgas, das als eines der am wenigsten schädlichen fossilen Energieträger gilt, hat Schiefergas eine ausgesprochen schlechte Klimabilanz - nach Ansicht vieler Wissenschaftler sogar eine noch schlechtere als der "Klimakiller" Kohle.

 

Für die Versorgungssicherheit Europas ist die Einleitung des Zeitalters der Erneuerbaren und nicht die Suche nach unkonventioneller fossiler Energie zentral. Vor diesem Hintergrund ist eine Bewertung des europäischen Potenzials von unkonventionellen fossilen Energieträgern (Schiefergas und Ölschiefer), wie in dem aktuellen Entwurf der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vorgesehen, strikt abzulehnen.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art 23e Abs 3 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, werden aufgefordert, auf europäischer Ebene, im Besonderen beim Europäischen Rat in Brüssel am 4. Februar 2011 folgende Position zu vertreten:

 

1.    Keine Förderung der Atomenergie unter dem Deckmantel des Klimaschutzes: Die Sprachregelung "CO2-arme Technologien" bzw. "CO2-arme Wirtschaft" ist abzulehnen und durch die unmissverständliche Begrifflichkeit "erneuerbare und energieeffiziente Technologien" zu ersetzen;

2.    Die Europäische Kommission wird ersucht einen Gesetzesvorschlag zur verbindlichen Erreichung des EU-Energieeffizienz-Ziels 2020 bis spätestens 15. Juli 2011 vorzulegen;

3.    Das EU-Emissionsreduktionsziel bis 2020 soll von derzeit 20% auf 30% erhöht werden;

4.    Die Aktivitäten der europäischen Union im Bereich der Förderung unkonventioneller Energieträger (Schiefergas und Ölschiefer) sind energisch abzulehnen.

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist  gemäß Art 23e Abs 3 B-VG auf die Erlassung von verbindlichen Rechtsakten gerichtet, die sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf den in diesen Rechtsakten geregelten Gebieten auswirken würden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von SPÖ und ÖVP abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten  Lichtenecker, Glawischnig-Piesczek betreffend  den Entwurf einer erläuterten Tagesordnung (42584/EU XXIV.GP) des Europäischen Rates am 4. Februar 2011

 

eingebracht im Zuge des EU-Hauptausschusses am 3. Februar 2011

 

 

 

Die Lissabon-Strategie hatte zum Ziel Europa bis 2010 zum "wettbewerbsfähigsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" machen. Die Bilanz ist ernüchternd - keines der festgelegten Ziele konnte erreicht werden. Im Juni 2010 wurde - auch als Krisenbekämpfungsinstrument - die Nachfolgestrategie "Europa 2020" angenommen. Mit der Strategie "Europa 2020" wird die historische Chance auf einen echten Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik - stärker an sozialen und umweltpolitischen Zielsetzungen sowie einer innovativen Wirtschaftspolitik orientiert - nicht ausreichend genützt.

 

Daher ist es besonders wichtig, die Maßnahmen im Bereich Innovation so zu gestalten, dass für Forschung, Innovationen und zukunftsfähige Investitionen das bestmögliche Umfeld entsteht. Nur so kann die Europäische Union und damit auch Österreich auf die wesentlichen Herausforderungen in der Zukunft reagieren. Denn Forschung, Bildung und Innovation sind der Schlüssel für Wohlstand und Lebensqualität und zur Lösung der großen Herausforderungen der Zukunft wie die medizinische Anforderungen in den  Entwicklungsländern, sichere und umweltfreundliche Energieversorgung, Kampf dem Klimawandel und die demographische Entwicklung in den industrialisierten Ländern.

 

Laut "Innovationsanzeiger 2010" hat sich die Kluft bezüglich Forschung und Innovation zwischen den USA und Japan einerseits und Europa im vergangenen Jahr nicht wesentlich verringert. Im internationalen Vergleich liegt die EU dabei noch immer vor Schwellenländern wie Indien und Russland. Brasilien macht hingegen beständig Fortschritte und China holt auf.

 

So sind die Ausgaben für unternehmensnahe Forschung und Entwicklung in der EU um 66% niedriger als in den USA und um 122% geringer als in Japan - gemessen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Weiters gibt die Europäische Union 0,8% des BIP weniger für Forschung & Entwicklung pro Jahr aus als die USA aus und um 1,5% des BIP weniger als Japan. 

 

Die Rahmenbedingungen müssen für die Innovationslandschaft intelligent gestaltet werden. Einige wesentlichen Bausteine sind ausreichende Ressourcen für Forschung und Innovation, Investitionen in Bildung, Sicherung des Wissenstransfers, Mobilität von Studierenden und ForscherInnen, Spezialisierungsstrategien, Finanzierungen für innovative Unternehmen.

 

Damit kann auch die Chance auf krisensichere Arbeitsplätze in den Bereichen Umwelttechnologie, Bildung und Gesundheit wahrgenommen werden.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art 23e B-VG

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, werden aufgefordert, sich auf europäischer Ebene, im Besonderen beim Europäischen Rat in Brüssel am 4. Februar 2011 für folgende Positionen im Bereich "Innovation" einzusetzen:

 

·         Die strategische Ausrichtung von Forschung und Innovation muss zur Stärkung der  Zukunftsfelder z.B. Umwelt- und Energietechnik, Medizintechnik beitragen und auch einen Schwerpunkt auf diejenigen Innovationen legen, von denen die Allgemeinheit besonders profitiert.

 

·         In den anstehenden Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen 2014-2020 muss es zu einer klaren Neustrukturierung des  EU-Budgets mit einer deutlichen Aufwertung des Bereichs Forschung, Innovation und Technologieförderung kommen.

 

·         Bei der Konsolidierung der nationalen Haushalte ist darauf zu achten, dass die konjunkturpolitischen Impulse  insbesondere im Bereich Innovation  gesetzt werden und  krisensichere und zukunftsorientierte Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

·         Der Transfer von der Forschung zur Innovation ist gerade bei den KMU zu sichern und zu stärken.

 

·         Es sind Spezialisierungsstrategien in den Bereichen Forschung und Innovation für die Regionen zu entwickeln.

 

·         Die Förderung zum Aufbau überregionaler Wissenstransferstrukturen muss implementiert werden.

 

·         Die Studierenden und ForscherInnen sind in ihrer Mobilität optimal zu unterstützen.

 

·         Die Europäischen Programme und Initiativen zur direkten Förderung von Innovationen sollen so gestaltet sein, dass KMU und Clusterinitiativen unbürokratisch Zugang zu Forschungsgeldern bekommen. Schon bei der Gestaltung von Förderrichtlinien und Programmen soll auf einen  intensiven Dialog mit VertreterInnen der Zielgruppen gesetzt werden, um Fördersysteme möglichst gut an deren Bedürfnisse anzupassen.

 

·         Mit der Schaffung von konkreten Finanzierungsinstrumenten soll einfach zugängliches  Risikokapital für forschungsintensive KMU bereitgestellt werden. Forschungsintensive Start-Ups sollen bestmöglich unterstützt werden. Auf europäischer Ebene sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Regionen in zukunftsträchtigen Wachstumsbereichen - z.B. der Umwelttechnologie Vorreiter werden können.

 

·         "Öffentliche Nachfragepolitik soll als mögliches Instrument genutzt werden, um die Entstehung und Verbreitung bestimmter - für die Allgemeinheit wünschenswerter -  Innovationen zu fördern. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe sollten Klein(st)unternehmerInnen die gleichen Chancen haben wie etablierte Großunternehmen. Der öffentliche Sektor soll seine Vorbildfunktion wahrnehmen und sich als innovativer Auftraggeber zeigen.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist  gemäß Art 23e Abs 3 B-VG auf die Erlassung von verbindlichen Rechtsakten gerichtet, die sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf den in diesen Rechtsakten geregelten Gebieten auswirken würden.