Parlament Österreich

 

 

 

IV-15 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 19. Juli 2011

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Dienstag, 19. Juli 2011

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

EUCO 49/11 PRESSE 250 PR-PCE 24

President Herman Van Rompuy convenes a meeting of Eurozone Heads of State or Government

(56824/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die finanzielle Stabilität der Eurozone und die künftige Finanzierung des Griechenland-Hilfsprogramms sind die Themen beim Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Donnerstag, dem 21. Juli 2011 in Brüssel. Der parlamentarischen Vorbereitung diente der Hauptausschuss am 19. Juli 2011, in dem Bundeskanzler Werner Faymann, Vizekanzler Michael Spindelegger und Finanzministerin Maria Fekter den Abgeordneten die Position der Bundesregierung erläuterten. FPÖ, Grüne und BZÖ beklagten mangelnde Information über die Vorbereitung des Gipfels, warfen der Bundesregierung und den Koalitionsparteien "institutionalisierte Ratlosigkeit" vor und brachten jeweils Anträge auf Stellungnahmen ein, die bei der Abstimmung in der Minderheit der Antragsteller blieben.

 

 

Den Vorschlag der FPÖ, ehemalige Weichwährungsländer sollten die Eurozone verlassen und jenen des BZÖ, eine "Euro-Kernzone" wirtschaftlich starker EU-Länder zu schaffen, wiesen die Regierungsparteien mit dem Hinweis auf die große Bedeutung des Binnenmarkts für das Exportland Österreich zurück. Gegenüber der Initiative der Grünen für eine europäische Wirtschaftspolitik mit harmonisierten Steuersätzen stellte Bundeskanzler Werner Faymann fest, dies würde EU-Vertragsänderungen und mehrere Jahre Vorbereitung voraussetzen und käme daher für die Lösung der aktuellen Probleme Griechenlands zu spät. Was Griechenland kurzfristig brauche, seien niedrigere Zinsen, längere Laufzeiten seiner Kredite, Förderungen aus EU-Regionalfonds und Hilfe beim Aufbau seines Steuersystems, erklärten sowohl Bundeskanzler Faymann als auch Vizekanzler Spindelegger und Finanzministerin Fekter den Abgeordneten. Die Argumente Österreichs für die Einführung einer Transaktionssteuer würden intensiver diskutiert als noch vor kurzer Zeit. Ob sie sich schon am kommenden Donnerstag auf europäischer Ebene tatsächlich durchsetzen werden, konnte Bundeskanzler Faymann nicht beantworten.           

 

 

 

Finanzministerin Maria Fekter berichtete zunächst über die Auszahlung der fünften Tranche der Griechenland-Hilfe unter strengen Bedingungen und Nachjustierungen, die von EZB, Kommission und IWF kontrolliert werden. Der Gipfel sei nun notwendig, weil die Finanzmärkte bestimmten Ländern kein Geld zu akzeptablen Zinsen mehr zur Verfügung stellen. Daher sei die Solidarität der Länder der Eurozone gefordert. Griechenland brauche für seine finanzielle Gesundung länger als ursprünglich gedacht, daher sei ein zweites Hilfspaket erforderlich, das eine Verlängerung des Zeitraums auf siebeneinhalb Jahre und die Aufstockung des Betrages für Griechenland vorsieht, erläuterte Fekter.

 

Dieses zweite Hilfspaket soll nicht bilateral vereinbart werden, sondern bereits als Hilfsmaßnahme des EFSF abgewickelt werden. Der EFSF soll flexibler agieren können, wobei der Europäische Rat das ausgeweitete Mandat des EFSF abzustecken haben wird. Einig seien sich alle FinanzministerInnen, dass das Ansteckungsrisiko Griechenlands für die anderen Euroländer sowie für die Balkanländer groß sei und vermieden werden müsse. Eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands wäre mit hohen Folgekosten verbunden. Daher seien die Eurozonen-FinanzministerInnen bemüht, eine Lösung zu finden, die ein geringeres Risiko hat als eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands. Die Finanzierungslücke Griechenlands bezifferte Fekter mit 88 Mrd. €, der IWF würde sich mit 15 Mrd. € bis 20 Mrd. € beteiligen und auch der private Sektor soll einen Beitrag leisten, damit nicht nur die SteuerzahlerInnen das gesamte Risiko zu tragen haben. Wie weit der private Sektor einbezogen werden kann, werde derzeit auf Expertenebene ausgelotet. Eine Pleite oder ein Insolvenzverfahren sei zu vermeiden, weil dafür kein Procedere bestehe, sagte die Finanzministerin. Von Frankreich sei zuletzt auch ein Vorschlag zur Einführung einer Bankenabgabe gekommen, wie sie bereits in einer Reihe von EU-Ländern besteht. Österreich trete nach wie vor für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ein, bekräftigte Fekter.

 

Vizekanzler Michael Spindelegger schickte seinen Ausführungen die Einschätzung voraus, dass der EU-Gipfel am Donnerstag keine abschließenden Maßnahmen werde treffen können, sondern einen weiteren Schritt in einer Reihe von Entscheidungen setzen werde, mit denen die Europäische Union auf ständig neue Ereignisse reagieren müsse. Notwendig sei, dass der EFSF flexibler und rascher handeln könne, um die Zinsen für Griechenland zu reduzieren und die Laufzeiten der Verbindlichkeiten zu verlängern. Generell soll der EFSF künftig für alle finanziellen Hilfsmaßnahmen für Griechenland zuständig sein.

 

Österreich befürworte auch die Einbeziehung des privaten Sektors, stellte der Vizekanzler klar und teilte den Abgeordneten mit, dass noch nicht auf dem Tisch liege, was der Rat am kommenden Donnerstag beschließen soll. Wichtig sei es, Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro zu setzen und den privaten Sektor kreativ und geschickt einzubeziehen.

 

Bundeskanzler Werner Faymann sah die Eurozone vor der Aufgabe stehen, die 88 Mrd. €-Finanzierungslücke Griechenlands bis 2014 zu schließen, weil Griechenland ab 2012 nicht in der Lage wäre, aus eigener Kraft Mittel auf den Finanzmärkten aufzunehmen. Daher seien Maßnahmen notwendig, die über die bisher beschlossenen hinausgehen. Der Bundeskanzler sprach sich für die Vereinheitlichung der Maßnahmen im Rahmen des EFSF aus, der künftig flexibler reagieren können soll, und plädierte auch dafür, den privaten Sektor vorteilhaft einzubinden, eine Frage, über die derzeit ExpertInnen auf europäischer Ebene beraten.

 

Mittelfristig gelte es, die übertriebene Macht der Ratingagenturen zu reduzieren und die Einrichtung einer europäischen Ratingagentur zu fördern. Dies deshalb, weil die Ratingagenturen eine "unrühmliche" Rolle gespielt und bestehende Probleme "verstärkt" haben.

 

Vehement setzte sich der Bundeskanzler für eine Finanztransaktionssteuer ein, die er als vorteilhafter sah als eine Bankenabgabe, weil sie den gesamten Finanzsektor einbeziehe. Was noch vor wenigen Jahren generell abgelehnt wurde, sei nun in Diskussion, er könne aber nicht sagen, ob sich die österreichischen Argumente für eine Finanztransaktionssteuer kurzfristig durchsetzen lassen. Die Ratssitzung am Donnerstag sah auch der Bundeskanzler als einen Teilschritt auf einem längeren Weg, auf dem Österreich wichtige Fortschritte vorantreiben wolle.

 

 

 

Abgeordneter Josef Cap (S) stellte das Interesse Österreichs, sein Wohlstandsniveau, die Beschäftigung und das Sozialsystem zu wahren, in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Dazu gehöre, für das Friedensprojekt Europäische Union wieder wirtschaftlichen Boden zu gewinnen. Denn die österreichische Exportwirtschaft brauche für die Sicherung ihrer Arbeitsplätze den EU-Binnenmarkt. Die vielschichtigen europäischen Finanzprobleme will Cap durch eine Regulierung der Finanzmärkte lösen, weil sich immer stärker zeige, dass sonst die öffentlichen Haushalte immer mehr belastet werden. Cap verlangt einen Systemwechsel und mehr nationale Souveränität. Die EU-müsse dabei Hausaufgaben lösen und eine Finanztransaktionssteuer einführen, um für mehr Transparenz auf den Finanzmärkten zu sorgen. Klar ja sagt Cap auch zur Beteiligung des privaten Sektors und zur Reduktion der Macht der US-dominierten Ratingagenturen, die er pointiert als "Spekulationsagenturen" apostrophierte.

 

Gegenüber Vorschlägen der Grünen auf Einführung von Eurobonds sowie für mehr wirtschaftliche Steuerung in der EU machte Cap geltend, dass dies nicht im Interesse souveräner wirtschaftspolitischer Entscheidungen Österreichs liege.

 

Gegenüber FPÖ und BZÖ warnte Cap sowohl vor einem Ausstieg aus der Eurozone und der Einführung des Schillings oder einer Eurokernzone. All das würde enorme soziale Kosten für Österreich bedeuten.

 

Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) plädierte dafür, die FinanzministerInnen in die Verhandlungen beim Euro-Gipfel einzubeziehen und warnte davor, einseitige Schuldzuweisungen gegenüber Banken, Spekulanten oder Ratingagenturen vorzunehmen. Man könne den Ratingagenturen Vorwürfe machen, für die Griechenland-Krise seien sie aber nicht verantwortlich, auch seien nicht alle Agenturen US-dominiert, sagte Schüssel.

 

Ein gravierendes Problem bei der Griechenland-Hilfe sei das nicht funktionierende Steuersystem in diesem Land und die wirtschaftliche Wachstumsschwäche. Schüssel unterstützte daher die Hilfestellung beim Aufbau einer Steueradministration und den Einsatz von Regionalfonds-Mitteln für Wachstumsimpulse in Griechenland. Griechenland brauche auch eine Umschuldung und die Beteiligung des privaten Sektors. Skeptisch zeigte sich der Abgeordnete gegenüber Bankensteuern, die auf die Kunden überwälzt würden. Warnend äußerte sich Schüssel auch gegenüber übertriebenen Hoffnungen auf eine Finanztransaktionssteuer. Deren Zeit werde kommen, sie könne aber nicht alle Probleme - Finanzierung des Millenniumsprojekts, Budgetprobleme der EU und ihrer Mitgliedstaaten und die Griechenlandhilfe - lösen.

 

Abgeordneter Johannes Hübner (F) warnte davor, angesichts eines zahlungsunfähigen Griechenlands "aus Ratlosigkeit einfach weiterzuzahlen". Die Absicht, den Privatsektor "kreativ und geschickt" in die Griechenlandhilfe einzubeziehen, grenze an strafrechtlich relevante Tatbestände, sagte Hübner und wandte sich dagegen, den Menschen bei der Einschätzung der Lage in Griechenland weiterhin ein A für ein O vorzumachen. "Dieses Pyramidenspiel darf nicht fortgesetzt werden", sagte Hübner pointiert und hielt es für unrealistisch zu hoffen, dass sich die finanziell bedrängten Staaten der Eurozone dank EFSF am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen können. Hübners Argument lautete, dass finanzschwache Länder wie Griechenland, Irland, Italien und Spanien im Rahmen des EFSF mehr als 30 % der notwendigen Haftungen übernehmen sollen, wozu sie tatsächlich nicht im Stande seien. Insgesamt sprach Hübner 50 % der Eurozonen-Länder die Haftungsfähigkeit ab, die sie bräuchten, um den EFSF mittragen zu können.

 

Daher bedürfe es einer Alternative, wobei Hübner klarstellte, dass seine Partei nicht zum Schilling zurückkehren wolle. Der Vorschlag der FPÖ laute, die Weichwährungsländer zu ihrer alten Währung oder zu einem "weichen Euro" zurückkehren zu lassen.

 

Hinsichtlich Griechenlands meinte Hübner, man habe nicht zu wenig Geld in die Hand genommen, daher sei es wenig aussichtsreich, eine Pleite Griechenlands mit weiteren Finanzhilfen verhindern zu können. In seinem Antrag auf Stellungnahme forderte Abgeordneter Hübner die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung auf, in der EU alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einführung des europäischen Stabilitätsmechanismus und die Einführung einer Transferunion zu verhindern. Staaten, deren makroökonomische Kennzahlen einen Verbleib in der gemeinsamen Währungsunion nicht rechtfertigen, sollen ihre alten Währungen wieder einführen, schlägt die FPÖ vor.

 

Abgeordneter Werner Kogler (G) kritisierte zunächst, dass der Hauptausschuss über die Vorbereitung des bevorstehenden EU-Gipfels nicht ausreichend informiert worden sei. Völlig unklar sei auch, welche Position die Bundesregierung zur Frage eines Schuldenschnitts für Griechenland vertrete und wie sie zu einem Rückkauf der griechischen Staatsanleihen durch Griechenland stehe – eine aus Sicht der Grünen sinnvolle Maßnahme. Die Ausgabe von Eurobonds müsse nicht zu Lasten von Ländern mit Triple AAA-Rating gehen, sagte Kogler, Euro-Anleihen würden nicht nur Ländern helfen, die unter hohen Zinsen leiden. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Jahr 2018 sei zu spät, Kogler wünschte sich diese Steuer bereits für 2014. Im Antrag der Grünen auf Stellungnahme wird der Bundeskanzler aufgefordert, beim Euro-Gipfel auf die Einführung von Eurobonds, die Vorbereitung eines Ent- oder Umschuldungsverfahrens für Staaten unter Beteiligung privater Gläubiger und auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zu drängen. Außerdem wollen die Grünen Mehrheitsentscheidungen in Fragen der Steuerharmonisierung, eine Harmonisierung der Körperschaftsteuer und eine stärkere wirtschaftspolitische Steuerung Europas.

 

Abgeordneter Ewald Stadler (B) beklagte die Wirkungslosigkeit der bisherigen Griechenlandhilfe und unterbreitete ein in Form eines Antrags auf Stellungnahme eine Maßnahmenpaket seiner Fraktion, das darauf gerichtet ist, eine Euro-Kernzone der wirtschaftlich starken Euro-Länder und eine Euro-light-Zone für die anderen Euro-Staaten zu schaffen. Das BZÖ tritt auch für die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds und einer europäischen Ratingagentur ein und verlangt eine europaweite Finanztransaktionssteuer. Die Finanzmärkte sollen streng reguliert, der private Sektor einbezogen und eine rechtliche Basis für Staatsinsolvenzen geschaffen werden. Gegenüber Griechenland fordert das BZÖ einen Zahlungsstopp und lehnt eine Bankenabgabe ebenso ab wie einen permanenten europäischen Stabilitätsmechanismus. Falsche Bewertungen von Ratingagenturen sollen Schadenersatzforderungen nach sich ziehen, verlangte Abgeordneter Stadler und forderte die Bundesregierung auf, sich endlich schützend vor die Interessen der ÖsterreicherInnen zu stellen und weitere Belastungen durch die vermeintliche Sanierung maroder Euro-Mitgliedstaaten abzuwenden. Den Koalitionsparteien warf Abgeordneter Stadler "institutionalisierte Ratlosigkeit" in der Euro-Krise vor.  

 

In der weiteren Debatte trat Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) der Auffassung entgegen, die Ursache der Krise wären Staaten, die über ihre Verhältnisse gelebt hätten, tatsächlich habe die Finanz- und Wirtschaftskrise die Probleme der Staaten verursacht. Über ihre Verhältnisse gelebt haben allerdings Teile der Gesellschaft und viel zu teuer sei jedenfalls der Finanzsektor, den Krainer stärker regulieren möchte. Eine wichtige Frage sei auch eine gerechtere Verteilung der Steuerlast zwischen Kapital und Arbeit, denn dies sei die Voraussetzung für Konsum, Wachstum, Investitionen und Beschäftigung.

 

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) warnte davor, der Bundesregierung für die Verhandlungen in Brüssel durch eine Stellungnahme allzu enge Fesseln anzulegen. Die Lage in der Eurozone habe an Dramatik zugenommen, konstatierte Bartenstein und sah die EU vor der Frage stehen, einen Default oder Haircut einerseits oder eine Transferunion andererseits zu vermeiden. Diese Entscheidung gelte es zu treffen, wobei sich Bartenstein überzeugt zeigte, dass man um eine Entschuldung Griechenlands nicht herumkommen werde. Nicht herumkommen werde man auch um einen Beitrag sowohl der privaten als auch der öffentlichen Gläubiger Griechenlands. Wichtig sei es, einen Mix aus im einzelnen notwendigerweise unerfreulichen Maßnahmen zu finden, der die Eurozone so aufstellt, dass sie stärker als ein Ganzes wahrgenommen werden kann.

 

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) plädierte nachdrücklich dafür, Haftungsregeln für Ratingagenturen und Strafen für Personen einzuführen, die in der Europäischen Union Finanzdaten fälschen.

 

Auch Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) vermisste einen erkennbaren Kurs der Bundesregierung und zeigte sich insbesondere angesichts der finanziellen Entwicklung Italiens besorgt. "Das ist keine Routine-Krise", sagte Van der Bellen. Für vernünftig hielt der Abgeordnete es, Griechenland dabei zu helfen, seine eigenen Anleihen zurückzukaufen, weil dies die hohe Zinsenbelastung reduzieren würde. Einmal mehr äußerte Van der Bellen seine Auffassung, dass eine Europäische Währungsunion ohne eine Fiskalunion nicht möglich sei und drängte auf europäische Entscheidungen. "So wie bisher kann man Europa nicht regieren", schloss der Redner.

 

Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) schloss sich den Klagen der Grünen über ein Informationsdefizit zur europäischen Finanzpolitik in Österreich an und verlangte Aufklärung darüber, ob die Bundesregierung für einen Schuldentausch oder einen Schuldenrückkauf im Falle Griechenlands eintrete. Die Ratingagenturen seien auch seiner Meinung nach nicht hauptverantwortlich für die Griechenland-Krise, sagte Karlsböck und warnte vor übertriebenen Hoffnungen auf einen Beitrag des Privatsektors.

 

Finanzministerin Maria Fekter klärte darüber auf, dass die Beteiligung Privater im ESM-Vertrag dem diesbezüglichen Modell beim Internationalen Währungsfonds mit Nachhaltigkeitsprüfung und Anreizen für die Beteiligung Privater nachgebildet sei.

 

Sie stimme allen Maßnahmen für Griechenland zu, die im Rahmen des EFSF möglich seien, sagte Fekter weiter. Beim Gipfel in Brüssel werde es vor allem um längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen gehen. Die Übermittlung falscher Daten werde in der EU schon derzeit empfindlich bestraft, sagte Fekter. Hinsichtlich Italien erinnerte die Ministerin, dass der Beschluss des italienischen Parlaments über ein Sanierungspaket die Finanzmärkte wieder beruhigt habe. Über die Möglichkeit, Schulden zu tauschen oder rückzukaufen beraten die Experten. Bei der "Vienna Initiative" ihres Amtsvorgängers konnte die freiwillige Beteiligung von Banken erfolgreich eingesetzt werden, erinnerte die Finanzministerin. "In diesem Sinne soll auch im Falle Griechenlands vorgegangen werden".

 

Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger bekannte sich zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer, in der er eine Möglichkeit zur Einbeziehung des privaten Sektors sah.

 

Bundeskanzler Werner Faymann wies darauf hin, dass die Vorschläge der Grünen massive Änderungen des EU-Vertrags voraussetzen würden, was mindestens zwei Jahre Vorbereitung brauche, für Griechenland also zu spät käme. Die Finanztransaktionssteuer würde sofort wirken, zeigte sich der Bundeskanzler überzeugt, machte aber darauf aufmerksam, dass diese Steuer zur Stunde noch von Deutschland abgelehnt werde. Deutschland diskutiere über eine Umschuldung. Für die Finanztransaktionssteuer spreche die Einbeziehung des gesamten Finanzsektors und der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit. Faymann brach auch eine Lanze für mittel- und langfristige Maßnahmen zur Regelung der Finanzmärkte und der Finanzkontrolle, und auch er bekannte sich zur Hilfe für Griechenland beim Aufbau eines funktionierenden Steuersystems.

 

Bei der Abstimmung blieben die Anträge der Oppositionsparteien auf Stellungnahme des Hauptausschusses jeweils in der Minderheit der Antragsteller.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

(gemäß Art. 23e B-VG)

 

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner und weiterer Abgeordneter

 

betreffend die Verhinderung einer europäischen Transferunion und Entlassung von Staaten aus der Eurozone, deren makroökonomische Kennzahlen einen Verbleib in der gemeinsamen Währungsunion nicht rechtfertigen

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 19. Juli 2011

 

 

 

 

Vor dem Hintergrund der Finanzkrisen und drohenden Staatspleiten in Griechenland, Irland und Portugal, und auch in Italien und Spanien, hat die politische Führung der Europäischen Union vor etwa einem Jahr zunächst ein Griechenland-Rettungspaket und in weiterer Folge einen sogenannten Euro-Rettungsschirm beschlossen.

 

Falsche Weichenstellungen in Brüssel - Milliardengrab Euroland

 

Beide Maßnahmen, die rund 750 Milliarden Euro an Bürgschaften und tatsächlich gezahlten Steuermilliarden ausmachen, werden zu Recht von zahlreichen Experten zum einen als rechtswidrig, zum anderen auch in der Sache als grundlegend falsch erachtet. Der damals beschlossene Euro-Rettungsschirm, der nur befristet bis 2012 geplant gewesen ist, hat sich zu allem Überdruss aufgrund der nicht enden wollenden Malversationen in Ländern wie Irland oder Portugal als nicht ausreichend erwiesen.

 

Daher hat will man auf europäischer Ebene festgelegen, einen dauerhaften Euro-Rettungsschirm einzurichten, genannt "Europäischer Stabilitätsmechanismus", oder kurz "ESM". Dazu hat man einer Reihe von Maßnahmen, genannt "Pakt für den Euro", beschlossen, die den Euro angeblich stabilisieren sollen.

 

Hier die Maßnahmen im Detail:

 

1.)   Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)

 

Ab 2013 soll der neue Euro-Rettungsschirm (ESM) errichtet werden. Dieser wird mit einer Kapitalbasis von 700 Milliarden Euro ausgestattet sein. Das Grundkapital soll 80 Milliarden Euro betragen, weitere 620 Mrd. sollen an Garantien dazu kommen. Österreich wird 2,2 Milliarden Euro zum Grundkapital und 17,3 Milliarden Euro an Garantien beisteuern. Das Geld soll finanzschwache Euro-Staaten vor dem Bankrott retten. Der Rettungsschirm soll zu diesem Zweck Staatsanleihen von maroden Ländern kaufen, was problematischerweise auch die Europäische Zentralbank (EZB) schon seit einem Jahr macht. Das bedeutet aber, dass diese maroden Staatsanleihen nicht mehr richtig bewertet werden und damit das finanzielle Risiko für die EZB und für den neuen Euro-Rettungsschirm unkalkulierbar wird. Dazu kommt, dass nur der Europäische Rat darüber entscheiden darf, wer Hilfe bekommt, und wer nicht - und das ohne jegliche parlamentarische Kontrolle.

 

2.)   "Pakt für den Euro"

 

In diesem verpflichten sich die Euroländer zu einer strengen Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik. Ziel ist unter anderem, dass sich die Löhne nach der Produktivität und das Pensionsantrittsalter nach der Lebenserwartung orientieren. Der Finanzsektor soll besser überwacht werden. Das klingt auf den ersten Blick nett, jedoch gibt es zum einen keine Sanktionen, wenn Verfehlungen auftreten, zum anderen ist es ein weiterer Schritt in Richtung zentralistischer Wirtschaftregierung in Brüssel. Desweiteren besteht die Gefahr von tiefen Einschnitten in das österreichische Sozialsystem und einer deutlichen Anhebung des Pensionsantrittsalters.

 

Die Leistungsträger zahlen für die Pleiteländer - bis zur eigenen Pleite?

 

Grundlegend ist festzuhalten, dass mit der Beschlussfassung dieses Europäischen Stabilitätsmechanismus und den damit einhergehenden Maßnahmen die Europäische Union zur Transferunion wird, in der die gutwirtschaftenden Staaten wie Deutschland oder Österreich den schlecht wirtschaftenden Euro-Ländern ihre Misswirtschaft mit Milliarden-Zahlungen weiterhin ermöglichen müssen. Den dazu beschlossenen Mechanismen zur Kontrolle der nationalen Budgets bedeutet de facto die Einführung einer zentralistischen Brüsseler Wirtschaftregierung über die Hintertür. Unabhängige Experten kritisieren diese Vorgänge scharf. Einer dieser Experten ist Prof. Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung, der in der Süddeutschen Zeitung vom 2./3. März 2011 sagte:

 

"Was Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesbank verschweigen: Der Rettungsschirm rettet den Euro nicht - aber er lastet Deutschland ungeheure Risiken auf. Die Höhe der Haftung übersteigt die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit. … Das Rettungssystem ist vielmehr eine tickende Zeitbombe, deren Sprengkraft selbst die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit übersteigt. … Summa summarum liegen die Hilfszusagen für bedrängte Euroländer damit bei 1542 Milliarden Euro, und Deutschland haftet mit 391 Milliarden Euro. … Nicht die weitere Öffnung des Geldhahns, sondern allein eine Prozedur, die seine allmähliche, kontrollierte Schließung sicherstellt, kann Europa jetzt noch retten. Der Pakt für den Euro und der sogenannte Europäische Stabilitätsmechanismus aber schwächen den Euro, unterminieren den Zusammenhalt Europas und gefährden das europäische Einigungswerk. …"

 

Aber auch von staatlichen Stellen gibt es lautstarke Warnungen, wie der nachstehende Bericht der APA vom 12. April 2011 zeigt:

 

"Deutscher Rechnungshof warnt vor Risiken durch Euro-Rettung - 22 Mrd. Euro Bareinlage könnte nicht reichen und Deutschland zu weiteren Finanzspritzen gezwungen sein

Berlin (APA/dpa) - Das künftige Euro-Rettungspaket könnte für Deutschland nach Einschätzung des deutschen Rechnungshofes teurer werden als bisher bekannt. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages warnen die Rechnungsprüfer vor zusätzlichen Risiken. So könnten die fast 22 Mrd. Euro Bareinlage nicht ausreichen und Deutschland notfalls zu weiteren Finanzspritzen gezwungen sein. Im Extremfall könnte die Regierung sogar überstimmt werden. In der Aufbauphase des ESM-Fonds in den Jahren 2013 bis 2016 könne es zudem "zu einem erhöhten Bedarf an Bar-Kapital kommen", heißt es weiter."

 

Das Ende und die Auswirkungen der Milliarden-Geldspritzen für Deutschland und gleichgeltend auch für Österreich sind also nicht abzuschätzen. Schon jetzt hat Österreich "echte" Geldflüsse in der Höhenordnung von acht Milliarden Euro aus dem Steuersäckel zu bewältigen, rechnet man die Griechenlandhilfe, den ersten Euro-Rettungsschirm und den kommenden zusammen.

 

Gravierende Einschnitte in Österreichs Sozial- und Pensionssystem

 

Daraus resultierend drohen also weitere gravierende finanzielle Einschnitte in das österreichische Sozial- und Pensionssystem, in den österreichischen Bildungsapparat oder in die Infrastruktur.

 

So schreibt Peter Rabl in der Tageszeitung "Kurier" am 10. April 2011 folgendes:

 

"Wir sollten uns da von der Politik nichts vormachen lassen. Die Stabilisierung des Euro durch die viele Milliarden schweren Hilfen an Griechenland, Irland und jetzt auch Portugal wird die europäischen Steuerzahler ordentlich belasten. Auch die österreichischen, denn wir sind bei diesen Hilfspaketen mit knapp 3 Prozent dabei."

 

Das Schlimmste an den Milliardenzahlungen aber ist, dass diese den betroffenen Ländern und deren Menschen gar nicht zu gute kommen, sondern in Wahrheit weitere "Bankenrettungen" darstellen, wie Rabl im gleichen "Kurier"-Artikel völlig richtig aufzeigt:

 

"Mit mehr als 210 Milliarden sind deutsche Banken in Griechenland, Portugal und Irland engagiert, die französischen Banken mit 140. Und das durch den Euro-Rettungsschirm bisher praktisch risikolos. Obwohl die Zinsen für ihre Kredite durch Risikoaufschläge (= entsprechende Mehreinnahmen für die Banken) explodieren."

 

Rückkehr zum Schilling oder Schaffung einer Hartwährungsunion als Ausweg?

 

Dabei gäbe es aber Alternativen, wie es der deutsche Währungsexperte Prof. Wilhelm Hankel aufzeigt:

 

"Eine mögliche Lösung heißt: Die Währungssünder verlassen die Europäische Währungsunion (EWU) und sanieren sich selbst: Durch Umschuldung, Währungsabwertung und Neustart mit Entwicklungsoffensiven. EU und IWF können dabei helfen. Die andere - vernünftigere - Alternative wäre, die Euroländer kehren zu ihren nationalen Währungen zurück. Länder wie die Schweiz, Norwegen oder Schweden beweisen schlagend, dass sie mit eigener Währung besser fahren als alle EWU-Länder. Das Törichteste aller Totschlag-Argumente lautet: Die daraus folgende Aufwertung von D-Mark, Schilling, Gulden usw. würde diesen Ländern schaden. Das Gegenteil ist richtig: Sie würde den Wert der Währung steigern, die Zinsen senken und den Binnenmarkt beleben."

 

 

 

Aufgrund der genannten Umstände stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Artikel 23e B-VG

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

"Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, auf europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und die damit einhergehende Einführung einer Transferunion zu verhindern.

 

Desweiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass Staaten, deren makroökonomische Kennzahlen einen Verbleib in der gemeinsamen Währungsunion nicht rechtfertigen, aus dieser entlassen werden und ihre alten Währungen wieder einzuführen haben."

 

 

 

Wien, am 19. Juli 2011

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen bzw. auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

 

der Abgeordneten Eva Glawischnig, Alexander Van der Bellen und Werner Kogler

 

betreffend des Treffens der Staats- und RegierungschefInnen der Eurozone  (EUCO 49/11) am 21.Juli 2011

 

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 19.6.2011.

 

 

 

Der Internationale Währungsfonds hatte vergangenes Jahr mit der Europäischen Union ein Hilfspaket für das vom Bankrott bedrohte Griechenland in einem Umfang von 110 Milliarden Euro geschnürt. Angesichts der anhaltenden Krise beraten die Mitgliedstaaten der Euro-Zone derzeit über ein weiteres Hilfspaket für Griechenland. Am Donnerstag den 21.Juli 2011 findet dazu ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs in Brüssel statt. Bis dahin sollen die Finanzministerinnen und Finanzminister der Euro-Zone entsprechende Beschlussvorlagen ausarbeiten. Der Sondergipfel wurde ins Spiel gebracht, nachdem sich die Euro-FinanzministerInnen Anfang der vergangenen Woche im Streit über die Gläubigerbeteiligung nicht einigen konnten.

 

Die weitestgehende Variante einer Beteiligung privater Gläubiger wäre ein Schuldenschnitt (Haircut): Die griechische Regierung würde offiziell ihre Zahlungsunfähigkeit erklären und mit den Gläubigern einen Forderungsverzicht aushandeln. Experten zufolge müsste sich der Abschlag vom Nominalwert der Anleihen am gegenwärtigen Marktwert orientieren. Dabei sind 40 bis 50 Prozent vorstellbar. Möglicherweise wären in der Folge milliardenschwere Hilfen für das griechische Bankensystem nötig. Ein solcher Schritt sollte aber in Abstimmung mit den europäischen Institutionen in geordnete Bahnen gelenkt werden können.

 

Im Moment zeichnet sich aber die Verwirklichung eines Planes zum Rückkauf griechischer Anleihen ab. Griechenland nimmt seine Anleihen von den Banken zurück und zahlt dafür viel weniger, als die Papiere nominal wert sind, tilgt also nur einen Teil seiner Kredite. Der Rest würde dem Land erlassen. Das für den Rückkauf nötige Geld soll Medienberichten zu Folge vom Rettungsfonds EFSF kommen. Wie stark die Schulden Griechenlands dadurch sinken würden, hinge davon ab, wie viele Anleihen das Land zurückkauft und zu welchem Preis. Diese Vorgangsweise Bedarf auch einer Erweiterung des Statutes von EFSF bzw des eben erst unterzeichneten ESM-Vertrages.

 

Als Alternativen zum Rückkauf werden diverse Modelle zum Umtausch griechischer Anleihen in Papiere mit längerer Laufzeit diskutiert. Am weitesten geht der Vorschlag, dass Banken und Versicherungen auf 30 Prozent ihrer Forderungen verzichten und den Rest in neue Anleihen mit 30 Jahren Laufzeit und einem niedrigen Zins in Höhe von 3,5 Prozent investieren. Im Gegenzug soll die EU für die neuen Papiere garantieren. Wird diese Maßnahme ohne entsprechende Gläubigerbeteiligung aufgesetzt, entlässt sie Griechenland nicht aus der Schuldenfalle.

 

Ein weiteres Modell will den Zahlungsausfall Griechenlands vermeiden. Die private Gläubigerbeteiligung wäre vollkommen freiwillig. Sie würde aber mit einer Steuer auf den Finanzsektor kombiniert, um mehr Geld zur Finanzierung hereinzubekommen. Die Liquiditätslage Athens würde aber nur geringfügig verbessert.

 

Ein Anleihentausch wird immer wahrscheinlicher. Eine derartige Umschuldung würde Griechenland Luft verschaffen. Dementsprechend sollen die Staats- und RegierungschefInnen der Eurozone diesen ersten Schritt zur privaten Gläubigerbeteiligung setzen, denn jeder weitere Streit vergrößert die Unsicherheit an den Märkten. Darüber hinaus sollten aber auch weitergehende gemeinsame Maßnahmen beschlossen werden, damit die Finanzkrise im Euro-Raum eingedämmt und zurückgedrängt werden kann.

 

 

In diesem Sinne stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Bundeskanzler wird aufgefordert, folgende Vorschläge am Gipfel der Staats und RegierungschefInnen der Eurozone am kommenden Donnerstag den 21.Juli 2011 einzubringen und sich für gemeinsame europäische Wege zur raschen Umsetzung derselben einzusetzen:

 

·         Die Einführung von Euro-Bonds entsprechend dem Vorschlag des Präsidenten der Eurogruppe Jean-Claude Juncker.

·         Die rasche und ernsthafte Vorbereitung eines geordneten Ent- bzw. Umschuldungsverfahrens für Staaten (unter Beteiligung privater Gläubiger).

·         Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

·         Den Übergang von der Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit in Fragen der Steuerharmonisierung.

·         Die europaweite Harmonisierung des Satzes und der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer.

·         Die Initiative für eine breit angelegte Debatte im Rahmen einer Konferenz über zukünftige Möglichkeiten der wirtschaftspolitischen Steuerung Europas. Diese Konferenz soll nach dem Konventsmodell organisiert werden, um ein hohes Maß an Partizipation und demokratischer Legitimität zu gewährleisten.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag des BZÖ auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit:

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23 e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Spadiut

 

betreffend die Notwendigkeit eines Schutzschirms für die Österreicherinnen und Österreicher anstelle des Versenkens von Steuermilliarden in europäischen Fässern ohne Boden

 

eingebracht im Zuge der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 19. Juli 2011

 

 

 

Mit den bereits im Mai des Vorjahres erfolgten Beschlüssen zur Finanzhilfe für Griechenland hat die EU – bzw. haben die Staats- und Regierungschefs – einen folgeschweren Sündenfall begangen.

In einer Nacht- und Nebelaktion haben die Finanzminister der Eurozone am 2. Mai 2010 für ganz Europa folgenschwere Maßnahmen in Form „finanzieller Unterstützung für Griechenland zur Sicherung der finanziellen Stabilität des Euro-Währungsgebiets“, wie es sinngemäß in einer entsprechenden Presseerklärung des Ratspräsidenten van Rompuy hieß, beschlossen.

 „Finanzielle Unterstützung“ in diesem Zusammenhang bedeutete nicht mehr und nicht weniger als die Summe von 110 Mrd. Euro, die nunmehr von den Eurostaaten in Form von Krediten an Griechenland überwiesen wird.

 

Mittlerweile hat Österreich aus diesem Titel Zahlungen in der Höhe von mehr als 1,2 Mrd. Euro an Griechenland geleistet und sich in Summe zu Zahlungen in der Höhe von 2,2 Mrd. Euro verpflichtet.

 

Nunmehr ist klar, dass diese Gelder bei weitem nicht ausreichen, um Griechenland zu retten und es wird auf Europäischer Ebene über ein weiteres 120 Milliarden schweres Rettungspaket diskutiert.

 

Dazu kommt die Schaffung eines permanenten Rettungsschirms, der 2013 in Kraft treten soll und die Steuerzahler neuerlich massiv belasten wird. In diesen Rettungsschirm wird Österreich einerseits zu einer Ausweitung des Haftungsvolumens sowie andererseits zur Bareinzahlung von weiteren rund 2,2 Mrd. Euro verpflichtet.

 

Die Befürchtung vieler Experten, dass mit Griechenland ein Fass ohne Boden aufgemacht wurde, das die europäischen und damit auch die österreichischen Steuerzahler noch sehr viele Milliarden Euro kosten könnte, ohne dass damit der griechischen Bevölkerung tatsächlich geholfen werden würde geschweige denn Griechenland gerettet werden könnte, hat sich mittlerweile bestätigt. 

 

In seinem Kommentar in der Tageszeitung „Die Presse“ vom 16. Juli 2011 bringt Christian Ultsch die Problematik auf den Punkt, wenn er da unmissverständlich feststellt, dass Europas Staatenlenker schon neun Mal Gipfeltreffen abgehalten haben, um der Schuldenkrise in Griechenland Herr zu werden, diese ihnen aber immer wieder entglitten ist.

In ihren Irrläufen seit Beginn des griechischen Dramas brach die EU ein Tabu nach dem anderen, in dem sie mit ihren Finanzhilfen für Griechenland gegen die „Non-Bail-out-Klausel verstieß, so Ultsch weiter. 

Eine Umschuldung bzw. ein Schuldenerlass für Griechenland – zunächst vehement ausgeschlossen - ist mittlerweile in Folge der offensichtlich erkannten Ausweglosigkeit der bisher ergriffenen Maßnahmen Gegenstand der politischen Diskussion und zusehends „salonfähig“.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher von den bereits bar nach Griechenland gezahlten Steuergeldern für immer verabschieden müssen, ist so gut wie fix. 

Damit bestätigen sich sämtliche seitens des BZÖ seit Monaten in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Befürchtungen und Warnungen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23 e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, beim Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone am 21. Juli 2011 Anträge im Sinne nachstehender Forderungen einzubringen:

 

1.    Schaffung einer Euro-Kernzone der wirtschaftlich starken Euroländer sowie einer „Euro-Light-Zone“ für andere Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets

 

2.    Schaffung eines Europäischen Währungsfonds

 

3.    Schaffung einer Europäischen Ratingagentur

 

4.    Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer bei gleichzeitiger Reduktion des österreichischen Beitrages zur Europäischen Union

 

5.    strenge Regeln für die Finanzmärkte mit effizienten Sanktionsmechanismen bei Verstößen

 

6.    Schaffung der rechtlichen Basis für die Einbeziehung des privaten Sektors

 

7.    Schaffung der rechtlichen Basis für Staatsinsolvenzen 

 

8.    Sofortiger Zahlungsstopp an Griechenland

 

9.    Ablehnung eines weiteren Hilfspakets für Griechenland

 

10.  Ablehnung der Einführung einer Bankenabgabe

 

11.  Ablehnung des permanenten Rettungsschirms ESM

 

12.  Schadenersatzforderungen bei falschen Bewertungen von Ratingagenturen

 

 

Grundsätzlich wird der Bundeskanzler ersucht, sich beim Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone am 21. Juli 2011 endlich schützend vor die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher zu stellen, um weitere finanzielle Belastungen für Österreich zur vermeintlichen Sanierung maroder Euro-Mitgliedstaaten abzuwenden.“

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

Wien, 19. Juli 2011