Parlament Österreich

 

 

 

IV-17 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 7. Dezember 2011

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Mittwoch, 7. Dezember 2011

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

15950/11 CO EUR

Tagung des Europäischen Rates (9. Dezember 2011)

- Entwurf der erläuterten Tagesordnung

(63753/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der EU-Hauptausschuss trat am 7. Dezember 2011 noch vor Beginn des Nationalratsplenums zusammen, um über die einzelnen Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise zu diskutieren, die beim Europäischen Rat am 9. Dezember den Staats- und RegierungschefInnen zur Entscheidung vorliegen. Dabei richteten die Abgeordneten der Koalition sowie Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger an die Opposition einen letzten eindringlichen Appell, der Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung in der Nationalratssitzung doch noch zuzustimmen.

 

Der Bundeskanzler warnte insbesondere davor, die innenpolitische Budgetdebatte mit der europäischen Debatte zu verknüpfen. Wenn man in der Eurogruppe die Vereinbarung trifft, die Schuldenbremse in den Verfassungsrang zu erheben, dann sollte man sich auch daran halten, sagte er. Die Ratingagenturen seien durchaus rationalen Argumenten zugänglich, weshalb eine Verfassungsbestimmung eine bessere Voraussetzung für die Beibehaltung der höchsten Bonität auf den Finanzmärkten sei, ergänzte der Vizekanzler. Die Opposition zeigte jedoch keine Bereitschaft, die dafür nötige Zweidrittelmehrheit zu sichern und begründete dies damit, dass niemand die Regierung hindere, zu sparen und die Maastricht Kriterien einzuhalten.

 

Grundsätzlich orteten die Abgeordneten eine Vertrauens- und Demokratiekrise in der EU und bekräftigten die Budgethoheit der nationalen Parlamente.

 

 

 

Bundeskanzler Werner Faymann selbst warb in seiner Stellungnahme für einen realistischen Blick des Machbaren. Der Europäische Rat werde nicht jenes Ziel erreichen, das wir alle gerne hätten, stellte er fest, nämlich eine ausreichende Firewall und schnelle Mechanismen zur Verfügung zu haben, um Krisen entsprechend entgegentreten zu können. Dazu wären erhebliche finanzielle Mittel und unzählige Änderungen der Verträge notwendig, da die Übernahme von Risiken in dieser Größenordnung eine Fiskalunion voraussetzen würde. Derartige Änderungen gingen weit über die bisherige enge Koordination hinaus und würden die Union in ihren Grundsätzen umgestalten, was in den Nationalstaaten langwierige Ratifizierungsprozesse sowie notwendige Volksabstimmungen zur Folge hätte. Das Hauptproblem sah der Bundeskanzler in der mangelnden Kompromissfähigkeit und in der mangelnden gemeinsamen Basis, einheitliche Spielregeln zu erstellen.

 

Ohne Vertragsänderungen werde es aber dennoch nicht gehen, um die Haushaltsdisziplin in allen EU Staaten zu gewährleisten. Tiefgreifende Vertragsänderungen seien aber kurzfristig auf Grund des Widerstands einiger Länder, vor allem Großbritanniens, nicht durchführbar, erläuterte Faymann. Er könne daher nicht ausschließen, dass man nur im Eurovertrag Änderungen durchführt oder sogar auch Maßnahmen bilateral vereinbart.

 

In diesem Zusammenhang verwies Vizekanzler Michael Spindelegger auf ein Schreiben von EU-Präsident Herman Van Rompuy vom 6.Dezember, in dem dieser zwei Varianten vorlegt. Spindelegger ging davon aus, dass sich die Diskussion beim Europäischen Rat auf die erste Variante - eine Änderung des Protokolls Nummer 12 und des Sekundärrechts - zuspitzen werde. Dabei gehe es darum, die bestehenden Mechanismen zur Vermeidung von hohen Schulden und zur Erreichung ausgeglichener Budgets stärker mit Leben zu erfüllen. Das inkludiere sowohl einen Zeitplan als auch die Verpflichtung der Eurostaaten, Schuldenbremsen einzuführen, wobei die Verankerung in der Verfassung Vorrang habe. Zu diskutieren sei, ob die europäische Kommission die Möglichkeit erhalten soll, die Budgetdisziplin zu überwachen und gegebenenfalls den EuGH anzurufen, informierten Bundeskanzler und Vizekanzler.  

 

Die zweite Variante betrifft Spindelegger zufolge Vertragsänderungen insbesondere der Artikel 48 und 126 EU-Vertrag, was einen längerfristigen Prozess darstellt. Ziel dieser Änderungen sei die Etablierung eines automatischen Sanktionsmechanismus, sollten die Haushaltsregeln nicht eingehalten werden, verbunden mit einer verstärkten Rolle der EU-Institutionen. Zur Disposition stehe dabei auch das Einstimmigkeitsprinzip.    

 

Leistbar beim kommenden Gipfel sei, so die Einschätzung von Bundeskanzler Faymann, die Koordination auf freiwilliger Basis zu verstärken. In diesem Zusammenhang nannte er das Europäische Semester und die Legislativvorschläge zur Kontrolle der Haushaltsdisziplin und besseren Abstimmung der Wirtschaftspolitik innerhalb der Union ("Six Pack"). Dazu gehöre auch die Einführung einer Schuldenbremse auf nationalstaatlicher Ebene, die Haushaltsdisziplin und die Einhaltung der Maastricht Kriterien gewährleisten soll.

 

Faymann bekräftigte, er betrachte es als ein wesentliches Instrument für zukünftige Schritte, die Haushaltsdisziplin der Staaten überprüfen zu können, weshalb er dies beim Europäischen Rat auch offensiv einbringen werde. Er machte keinen Hehl daraus, dass man die Schutzschirme ausbauen müsse, entweder durch eine Ausweitung des EFSF, durch eine Vorziehung des ESM oder durch einen Mix aus beidem. Vorrang habe, die Schlagkraft innerhalb der EU zu erhöhen, um sich gegen ungerechtfertigte Äußerungen der Ratingagenturen, gegen Spekulationen und gegen die Hilflosigkeit einzelner Länder wehren zu können. Faymann warnte ausdrücklich vor einem Austritt aus der Eurozone.

 

 

 

In der Diskussion sprach Abgeordnete Christine Muttonen (S) von einer enormen Vertrauenskrise. Es fehle das Vertrauen der Finanzmärkte und der internationalen Partner in den Zusammenhalt der EU und der Eurozone, sagte sie, obwohl sich die Situation in den USA und in Großbritannien wesentlich schlechter darstelle. Es sei daher äußerst wichtig, dass von den Beschlüssen des Europäischen Rats ein starkes Signal ausgehe. Ein solches sei aber nicht genug, denn die Finanzkrise werde noch lange dauern, zeigte sie sich überzeugt. Um das Budget und die Wirtschaft zu konsolidieren, seien Einsparungen alleine zu wenig, da man bald an soziale Grenzen stoße. Daher müsse man sich auf EU-Ebene auch um Einnahmen kümmern, wie etwa durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Muttonen drängte darüber hinaus aber auch auf eine nachhaltige Wachstums- und Beschäftigungsstrategie und auf die Regulierung der Finanzmärkte.

 

Auch Klubobmann Josef Cap (S) stört der alleinige Themenschwerpunkt "Schulden und Fiskalunion" in der aktuellen Diskussion. Nicht berücksichtigt werde bei dem allen die Notwendigkeit, das Schlittern in eine Rezession zu verhindern, denn dann komme eine Krise heraus, gegen die die jetzige ein "Kriserl" ist, formulierte er. Er halte es für falsch, nur darauf zu reagieren, was uns demnächst die Märkte vorgeben, sondern die Politik müsse endlich Schritte setzen, die das Regieren der Märkte über die Staaten unmöglich machen.

 

Wichtig sei daher, dass auch ein kleines Land aktiv Alternativen einbringt, wie dies zum Beispiel Österreich mit der Finanztransaktionssteuer gemacht habe. Cap übte in diesem Zusammenhang heftige Kritik an der Politik Deutschlands, das durch die Einführung des Euro am meisten profitiert habe und davon nur unter der Bedingung etwas zurückerstatten wolle, dass die anderen seinen Vorstellungen folgen.

 

Cap hält es für dringend erforderlich, darüber nachzudenken, wie nationale Parlamente und die Regierungen eine stärkere demokratische Rolle innerhalbe der EU spielen können.

 

Er appellierte mit allem Nachdruck an die Opposition, der Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung zuzustimmen, damit wir handlungsfähig bleiben und Maßnahmen gegen die Rezession und für Wachstum und Beschäftigung setzen können.

 

Diesem Appell schloss sich Abgeordneter Martin Bartenstein (V) vollinhaltlich an. Es sollten alle mithelfen, das Risiko abzuwenden, dass Österreich für seine Schulden durch eine Abstufung 3 bis 4 Mrd. € mehr zu zahlen hat. Dieses Risiko sei erheblich größer, wenn die Schuldenbremse nicht im Verfassungsrang steht, merkte Bartenstein an und verwies auf verfassungsrechtliche Regelungen in anderen Ländern.

 

Was den kommenden Europäischen Rat betrifft, so hielt Bartenstein die erste Variante für realistisch und meinte, diese könnte als Provisorium dienen bis die zweite Variante steht. Wichtig sei eine Lösung für die nächsten Wochen, damit die Zinsenaufschläge wieder heruntergehen.

 

Klubobmann Heinz Christian Strache (F) stellte die Befürchtung in den Raum, dass die Schuldenbremse den Verlust des Triple A nicht werde aufhalten können. Laut internationalen ExpertInnen liege der Grund für die sinkende Bonität Österreichs in der Übernahme von Haftungen für Pleitestaaten sowie in der prekären Situation der Banken. Die Schuldenbremse stellt seiner Auffassung nach nicht mehr als eine Bekräftigung der Maastricht Kriterien dar, die schon in der Vergangenheit nicht eingehalten worden seien. Man habe sich innerhalb der EU nicht ernst genommen und wundere sich nun, dass das auch die Finanzmärkte nicht tun.

 

"Wir befinden uns auch in einer ernsthaften Demokratiekrise", sagte Strache. Man habe den Eindruck, es werde irgendwo etwas entschieden, die EU lege "unfassbare Vertragstexte" vor und wolle grundsätzliche Vertragsänderungen ohne Einbindung der Bevölkerung durchziehen.

 

Ähnlich argumentierte Abgeordneter Johannes Hübner (F). Mit den weiteren Rettungsschirmen wolle man offensichtlich Zeit gewinnen, sagte er, aber diese würden einen weiteren Rucksack bedeuten und zu einem Verlust des Triple A führen. Der Regierung warf er vor, über Dinge nur zu reden, aber dann nichts zu tun. Das sehe man daran, dass die Regierung kein Maastricht-konformes Budget vorgelegt hat, aber eine Schuldenbremse einführen wolle. Das sei keine seriöse Diskussion, betonte er und brachte dazu seitens seiner Fraktion einen Antrag auf Stellungnahme ein, der jedoch von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt wurde.

 

Darin spricht sich die FPÖ gegen die Einführung des ESM und einer europäischen Wirtschaftsregierung aus und schlägt Verhandlungen über die Einführung einer Hartwährungsunion ("Euro Nord") vor. Jede grundlegende Änderung der EU-Verträge muss laut FPÖ einer Volksabstimmung unterzogen werden.

 

Dem hielt Bundeskanzler Werner Faymann entgegen, dass eine Spaltung der Eurozone größte negative Auswirkungen auf Österreich habe und verwies darauf, dass etwa Italien der zweitgrößte Handelspartner ist. Die Eurozone sei durch die gemeinsame Währung eng verflochten, ein bewusstes Zerreißen könne es nicht mehr geben. Würde Österreich den Schilling einführen, wäre es sofort Opfer gezielter Spekulationen, zeigte er sich überzeugt.

 

Er befürchte, dass beim kommenden EU-Gipfel die Kernprobleme nicht gelöst werden, hielt Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) fest. Wer sich wundere, dass Standard und Poor's mit einer Herabstufung drohe, sei naiv, denn die Ratingagentur habe dies damit begründet, dass die europäische Politik die Systemkrise nicht wahrnehme und nicht in der Lage sei, europäische Maßnahmen zu ergreifen, die jedoch dringend geboten seien. Die EU gehe unkoordiniert vor, kritisierte Van der Bellen, die Rolle, die die EZB spielen soll, sei noch immer unklar, was im ESM drinnen stehen soll, sei bislang auch nicht bekannt. Der bisherige Prozess widerspiegle die strukturellen Schwächen der Union. Über all diese Fragen stehe jedoch nichts im Papier von Rompuy. Er gehe auch nicht auf das akute Problem der Eigenkapitalausstattung der Banken ein. Diesen bleibe in der gegenwärtigen Situation nichts anderes übrig, als Staatsanleihen zu verkaufen und Kreditvergaben einzuschränken. Van der Bellen zeigte auch skeptisch, wie der EuGH die Haushaltsdisziplin überprüfen will, wenn gleichzeitig keine Eingriffe in die nationale Souveränität erfolgen sollen.

 

Auch Van der Bellen ortete eine demokratische Krise, da die Entscheidungen im intergouvernementalen Bereich fallen. Kernproblem sei, dass die 17 Eurostaaten einzeln Anleihen ausgeben, dies aber im Rahmen einer gemeinsamen Währung. Die Antwort könne nur eine kurzfristige Freigabe der EZB und die Einführung von Eurobonds sein, sagte er, wobei es bei den Eurobonds mehrere Möglichkeiten gebe. Dazu meinte Bundeskanzler Faymann, er wünsche sich durchaus auch eine verstärkte Rolle der EZB in der jetzigen Situation, gleichzeitig müsse man aber bedenken, dass dann auch die Nationalbanken ein verstärktes Risiko übernehmen.

 

Der Bundeskanzler griff die Forderung Van der Bellens nach mehr europäischer Politik auf und knüpfte daran seine Kritik an der ablehnenden Haltung der Grünen zur Schuldenbremse. "Wenn man die Zustimmung zur Schuldenbremse mit der Einführung vermögensbezogener Steuern verknüpft, dann verknüpft man die innenpolitische mit der europäischen Debatte, und das ist weniger Europa", hielt Faymann fest. Das konterkariere die sonst so konsequente Haltung der Grünen nach mehr europäischer Zusammenarbeit. In der Eurogruppe habe man sich verständigt, die Schuldenbremse bis zum Ende nächsten Jahres in den nationalen Verfassungen zu verankern, erläuterte er. Das sei selbstverständlich nur ein Teil der europäischen Vereinbarung, aber kein unbedeutender, weil es den Anstieg der Schulden begrenzen und mithelfen würde, aus den Fängen der Finanzmärkte zu kommen. "Wie kann man ernsthaft für eine gemeinsame Wirtschaftsunion sein, wenn man nicht einmal einem Begrenzungsrahmen für die Staatsschulden zustimmt?", so Faymann in Richtung der Grünen. Zusätzlich zur Schuldenbremse kämen selbstverständlich weitere Schritte, wie die Finanztransaktionssteuer und die Regulierung der Märkte, aber das sei keinesfalls ein Ersatz für die Schuldenbremse, sondern etwas Zusätzliches.

 

Abgeordneter Werner Kogler (G) brachte schließlich einen Antrag der Grünen auf Stellungnahme ein, der die Forderungen der SPD-Abgeordneten im Europaparlament übernimmt. Darin enthalten ist die Forderung nach einer echten europäischen Wirtschaftsregierung, nach der Einführung der Finanztransaktionssteuer und der Eurobonds, nach einem Marschallplan für angeschlagene Volkswirtschaften und nach Investitionen in Wachstum und Entwicklung. Der Antrag wurde jedoch von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt.

 

Als eine Fehlkonstruktion bezeichnete Abgeordneter Stefan Petzner (B) den Euro und befürwortete eine radikale Neuaufstellung der Eurozone in einen Nord-Euro und einen Süd-Euro. Ein diesbezüglicher Antrag auf Stellungnahme, in dem sich das BZÖ auch gegen finanzielle Unterstützung anderer Euroländer, Rettungsschirme oder ausländischer Banken ausspricht und jegliche Eingriffe in die Souveränität Österreichs ablehnt, fand nicht die erforderliche Mehrheit. Dafür stimmten nur BZÖ und FPÖ.

 

Petzner befürchtete vor allem die Eingriffsmöglichkeiten der EU-Institutionen in die nationale Budgethoheit, was eine Aufgabe österreichischer Souveränitätsrechte bedeute, ohne vorher Volk und Parlament einzubinden. Das habe mit demokratischen Strukturen nichts zu tun, begründete er den Antrag.

 

Wie die anderen Abgeordneten der Oppositionsparteien hielt er dem Appell der Koalition, der Schuldenbremse doch noch zuzustimmen, entgegen, dass das Hauptproblem Österreichs die hohe Verschuldung staatseigener Unternehmen und die hohe Steuerbelastung darstelle. Das BZÖ wende sich gegen jegliche neue Steuern und verlange vielmehr Reformen. Gemeinsam mit der Schuldenbremse hätte man eine gedeckelte Steuerquote in der Verfassung verankern müssen, forderte Petzner. Die Schuldenkrise sei dadurch entstanden, dass man die Maastricht-Kriterien einfach ignoriert hat. Die jetzigen Vorschläge seien ein reiner Etikettenschwindel und könnten nicht als großer Befreiungsschlag dienen.

 

 

In der Diskussion des EU-Hauptausschusses wurden auch außenpolitische Themen angeschnitten. Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger ging zunächst auf die strittige Frage des Kandidatenstatus Serbiens nach dem Übergriff auf KFOR-Soldaten ein. Der Blick Serbiens selbst auf diesen bedauerlichen Zwischenfall sei nicht gerade von Realismus getragen, bemerkte Spindelegger. Er habe daher einen Kompromissvorschlag vorgelegt, wonach Serbien ein Kandidatenstatus auf Probe zugewiesen bekommen soll. Bis März solle Serbien beweisen, dass es die Vereinbarungen umsetze, wie sie in Brüssel getroffen wurden.

 

Dieser Kompromissvorschlag wurde von den Abgeordneten Martin Bartenstein (V), Heinz Christian Strache (F), Alexander Van der Bellen (G) und Stefan Petzner (B) unterstützt. Strache warf jedoch aus seiner Sicht ein, dass der Kosovo eine Sonderfrage darstelle, weil man hier sehr einseitig gehandelt habe. Die Bemühungen um eine gerechte Lösung für die serbische Bevölkerung im Kosovo seien bislang ausgeblieben, kritisierte er und wies darauf hin, dass sich Serbien in Bezug auf das Kriegsverbrechertribunal sehr kooperativ gezeigt habe. Er ersuchte daher den Außenminister, auch auf die serbischen Probleme einzugehen. Abgeordneter Josef Cap (S) meinte, es wäre wahrscheinlich besser gewesen, hätte man den Kosovo nicht so schnell anerkannt.

 

Außenminister Spindelegger bekräftigte, dass man in diesem Konflikt alle Parteien an ihre Verantwortung erinnern müsse. Serbien sollte auf seine Landsleute im Kosovo positiv einwirken und der Kosovo sei aufgerufen, die Täter auszuforschen und an Kompromissen mitzuwirken. Nach dem jüngsten Vorfall sei aber jetzt die serbische Seite gefordert. Spindelegger widersprach Cap insofern, als er meinte, auch ohne Anerkennung des Kosovo gäbe es große Auseinandersetzungen in der Region.

 

Auf Grund einer Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Gerstl (V) informierte der Außenminister, dass Österreich den Kompromiss unterstütze, wonach Bulgarien und Rumänien ab Ende März Schengen in zwei Stufen beitreten könne. Die Erleichterungen sollen ab 25. März nur für die Flughäfen gelten und erst mit Juni 2012 sollen die Landgrenzen geöffnet werden. Dieser Vorschlag werde aber noch von zwei Ländern blockiert.

 

Österreich trete auch für die Aufnahme der Verhandlungen mit Montenegro und Mazedonien ein, berichtete er, fügte aber hinzu, dass sich der Namensstreit mit Griechenland noch länger nicht werde lösen lassen.

 

Als besorgniserregend bezeichnete der Außenminister die Lage im Iran, nicht nur wegen des Nuklearprogramms, sondern insbesondere auch im Hinblick auf die Stürmung der britischen Botschaft, ohne dass iranische Behörden dagegen etwas unternommen hätten. Es stelle sich nun die Frage, ob nicht alle EU-Länder ihre Botschafter abziehen. Derzeit würden sich 400 ÖsterreicherInnen im Iran aufhalten, die die Botschaft betreue, außerdem könne man nur vor Ort die Lage realistisch beurteilen. Dennoch wollte Spindelegger nicht ausschließen, dass auch Österreich seinen Botschafter nach Hause abberuft. Die Union werde auch im Jänner verstärkt Sanktionen gegen den Iran setzen, kündigte er an.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Stellungnahme wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

Antrag auf Stellungnahme

(gemäß Art. 23e B-VG)

 

 

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner und weiterer Abgeordneter

 

 

betreffend die Verhinderung einer europäischen Transferunion & Ablehnung einer Europäischen Wirtschaftsregierung, sowie die Einführung eines Hartwährungsverbandes – genannt „Euro Nord“

 

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 7. Dezember 2011

 

 

 

Vor dem Hintergrund der Finanzkrisen und drohenden Staatspleiten in Griechenland, Irland und Portugal, und künftig vielleicht auch in Italien und Spanien, hat die politische Führung der Europäischen Union vor etwa eineinhalb Jahren zunächst ein Griechenland-Rettungspaket und in weiterer Folge den ersten Euro-Rettungsschirm, der eigentlich den sperrigen Namen „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ (EFSF) trägt, beschlossen.

 

Beide Maßnahmen, die rund 750 Milliarden Euro an Bürgschaften und tatsächlich gezahlten Steuermilliarden ausmachten, werden zu Recht von zahlreichen Experten zum einen als rechtswidrig, zum anderen auch in der Sache als grundlegend falsch erachtet. Der damals beschlossene Euro-Rettungsschirm, der nur befristet bis 2012 geplant ist, wurde mittlerweile schon einmal erhöht, und soll durch sogenannte „Hebelungen“ auf bis zu 2000 Milliarden Euro weiter erhöht werden.

 

Dennoch hat sich zu allem Überdruss aufgrund der nicht enden wollenden Malversationen in Ländern wie Irland oder Portugal, aber auch Italien und vermutlich auch Frankreich, der erste, provisorische Rettungsschirm als nicht ausreichend erwiesen.

 

Daher hat man auf europäischer Ebene festgelegt, einen dauerhaften Euro-Rettungsschirm einzurichten, genannt „Europäischer Stabilitätsmechanismus“, oder kurz „ESM“. Dazu hat man einer Reihe von Maßnahmen, genannt „Pakt für den Euro“, geplant, die den Euro angeblich stabilisieren sollen.

 

Grundlegend ist festzuhalten, dass mit der Beschlussfassung dieses Europäischen Stabilitätsmechanismus und den damit einhergehenden Maßnahmen die Europäische Union zur Transferunion wird, in der die gutwirtschaftenden Staaten wie Deutschland oder Österreich den schlecht wirtschaftenden Euro-Ländern ihre Misswirtschaft mit Milliarden-Zahlungen weiterhin ermöglichen müssen.dem  dazu beschlossenen Mechanismen zur Kontrolle der nationalen Budgets bedeuten de facto die Einführung einer zentralistischen Brüsseler Wirtschaftregierung über die Hintertür. Unabhängige Experten kritisieren diese Vorgänge scharf.

 

Das Ende und die Auswirkungen der Milliarden-Geldspritzen für Deutschland und gleichgeltend auch für Österreich sind nicht abzuschätzen. Schon jetzt hat Österreich „echte“ Geldflüsse in der Höhenordnung von acht Milliarden Euro aus dem Steuersäckel zu bewältigen, rechnet man die Griechenlandhilfe, den ersten Euro-Rettungsschirm und den kommenden zusammen.

 

Daraus resultierend drohen also weitere gravierende finanzielle Einschnitte in das österreichische Sozial- und Pensionssystem, in den österreichischen Bildungsapparat oder in die Infrastruktur.

 

Als besorgter Bürger darf man sich daher berechtigt die Frage stellen, warum SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann gemeinsam mit seinen europäischen Kollegen so stur an den hunderte Milliarden teuren Rettungschirmen festhält, anstatt von Experten vorgeschlagene Maßnahmen zu erwägen, die sicher auch schmerzhaft sein mögen, jedoch zumindest im Risiko kalkulierbarer wären.

 

Dazu kommt, dass die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus einer grundlegenden Änderung des EU-Rechts bedarf. SPÖ-Kanzler Faymann, der bekanntlich vor der letzten Wahl das Versprechen abgegeben hat, sämtliche grundlegende Änderungen des EU-Rechtes in Österreich einer Volksabstimmung zu unterziehen, hat dieses Versprechen bereits gebrochen, indem er angekündigt hat, dass der ESM nur im Nationalrat beschlossen werden soll – ohne den Volkswillen zu berücksichtigen.

 

Aufgrund der genannten Umstände stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Artikel 23e B-VG

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, auf europäischer Ebene – insbesondere auf dem Europäischen Rat am 9. Dezember 2011 – alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einführung des ESM, sowie einer Europäischen Wirtschaftsregierung zu verhindern.

 

Darüber hinaus werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung aufgefordert, auf europäische Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um mit möglichen Partnerländern in Verhandlungen über die Einführung einer Hartwährungsunion („Euro Nord“) zu treten.

 

Desweiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicher zu stellen, dass jede grundlegende Änderung der europäischen Verträge einer Volkabstimmung in Österreich unterzogen wird – das gilt besonders für die geplante Einführung des ESM.“

 

 

 

Wien, am 7. Dezember 2011

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen bzw. auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kogler, Van der Bellen

 

betreffend Europäischer Rat (Tagung des Europäischen Rates am 8. und 9. Dezember 2011) - Entwurf einer erläuterten Tagesordnung (63753/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 7.12.2011.

 

 

 

In der Ausgabe der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" vom 1. Dezember 2011 haben die SPD-Europaabgeordneten ein Inserat geschaltet, in dem sie ihre Vorschläge zur Lösung der Krise in Europa skizzieren. Wir unterstützen diese Positionen im Wesentlichen, insbesondere die folgenden fünf Vorschläge.

 

In diesem Sinne stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Bundeskanzler bzw. das zuständige Mitglied der Bundesregierung wird aufgefordert, folgende Vorschläge auf europäischer Ebene, insbesondere am Europäischen Rat am 8. und 9. Dezember 2011, einzubringen und sich für gemeinsame europäische Wege zur raschen Umsetzung derselben einzusetzen:

 

·         Eine echte Europäische Wirtschaftsregierung schaffen

Die Europäische Kommission muss Werkzeuge in die Hand bekommen, um schnell reagieren, wirtschaftliche Ungleichgewichte ausgleichen und effektiv Schuldenobergrenzen überwachen zu können. Damit das nicht als Diktat aus Brüssel empfunden wird, muss das Europäische Parlament die demokratische Kontrolle ausüben und nationale Parlamente müssen eng eingebunden werden.

 

·         Eine Finanztransaktionssteuer einführen

Damit würde der Finanzsektor endlich an den Kosten zur Bewältigung der Krise beteiligt werden. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und bringt Geld: Europaweit geschätzte 57 Milliarden Euro jährlich - selbst bei einem minimalen Steuersatz von 0,01 %. Die Regierungen sind jetzt aufgefordert, die Vorschläge des Europäischen Parlaments umzusetzen.

 

·         Eurobonds auflegen

Wenn alle Eurostaaten nur einen Teil ihrer Anleihen bündeln, entsteht ein riesiger, hocheffizienter Markt für Staatspapiere. Die Zinskosten für die meisten Länder werden automatisch sinken. Ein Ausgleichsmechanismus wird dafür sorgen, dass Länder mit günstigen Zinskonditionen, wie zum Beispiel Österreich, keinen finanziellen Nachteil erleiden.

 

·         Marshallplan für angeschlagene Volkswirtschaften aufsetzen

Um schwächelnde Volkswirtschaften nicht auf viele Jahre in den wirtschaftlichen Niedergang zu treiben, müssen ihre individuellen Wachstumspotenziale gefördert und entwickelt werden. Gezielte Anstrengungen müssen in Bereichen wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Bildung, Ausbildung und Forschung unternommen werden. Die Europäische Investitionsbank sollte solche Vorhaben durch spezielle Förderinstrumente wie Projektbonds unterstützen.

 

·         Investitionen in Wachstum und Entwicklung garantieren

Mit Haushaltsdisziplin alleine lässt sich die Schuldenkrise nicht überwinden. Eine gezielte Investitionsoffensive muss die Konjunktur der Eurozone wieder ankurbeln. Nur mit einem entschiedenen Wachstums- und Modernisierungskurs können Haushaltslücken geschlossen sowie Arbeitseinkommen und Steuereinnahmen für die Zukunft gesichert werden.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

Anhang

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag des BZÖ auf Stellungnahme wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23 e Abs. 3 B-VG

 

 

des Abgeordneten Stefan Petzner

 

betreffend Veto jetzt, Herr Bundeskanzler!

 

eingebracht im Zuge der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 7. Dezember 2011

 

 

 

Mit den bereits im Mai des Vorjahres erfolgten Beschlüssen zur Finanzhilfe für Griechenland hat die EU – bzw. haben die Staats- und Regierungschefs – einen folgeschweren Sündenfall begangen.

 

In einer Nacht- und Nebelaktion haben die Finanzminister der Eurozone am 2. Mai 2010 für ganz Europa folgenschwere Maßnahmen in Form „finanzieller Unterstützung für Griechenland zur Sicherung der finanziellen Stabilität des Euro-Währungsgebiets“, wie es sinngemäß in einer entsprechenden Presseerklärung des Ratspräsidenten van Rompuy hieß, beschlossen.

 

 „Finanzielle Unterstützung“ in diesem Zusammenhang bedeutete nicht mehr und nicht weniger als die Summe von 110 Mrd. Euro, die nunmehr von den Eurostaaten in Form von Krediten an Griechenland überwiesen wird.

 

Mittlerweile hat Österreich aus diesem Titel Zahlungen in der Höhe von mehr als fast 1,4 Mrd. Euro an Griechenland geleistet und sich in Summe zu Zahlungen in der Höhe von 2,2 Mrd. Euro verpflichtet.

 

Dazu kommt die Schaffung eines permanenten Rettungsschirms, der 2013 in Kraft treten soll und die Steuerzahler neuerlich massiv belasten wird. In diesen Rettungsschirm wird Österreich einerseits zu einer Ausweitung des Haftungsvolumens sowie andererseits zur Bareinzahlung von weiteren rund 2,2 Mrd. Euro verpflichtet.

 

Die Befürchtung vieler Experten, dass mit Griechenland ein Fass ohne Boden aufgemacht wurde, das die europäischen und damit auch die österreichischen Steuerzahler noch sehr viele Milliarden Euro kosten könnte, ohne dass damit der griechischen Bevölkerung tatsächlich geholfen werden würde geschweige denn Griechenland gerettet werden könnte, hat sich mittlerweile bestätigt. 

 

In seinem Kommentar in der Tageszeitung „Die Presse“ vom 16. Juli 2011 brachte Christian Ultsch die Problematik auf den Punkt, wenn er da unmissverständlich feststellt, dass Europas Staatenlenker schon neun Mal Gipfeltreffen abgehalten haben, um der Schuldenkrise in Griechenland Herr zu werden, diese ihnen aber immer wieder entglitten ist.  Diese Zahl hat  sich mittlerweile weiter erhöht!

 

In ihren Irrläufen seit Beginn des griechischen Dramas brach die EU ein Tabu nach dem anderen, in dem sie mit ihren Finanzhilfen für Griechenland gegen die „Non-Bail-out-Klausel verstieß, so Ultsch weiter.

Eine Umschuldung bzw. ein Schuldenerlass für Griechenland – zunächst vehement ausgeschlossen - ist mittlerweile in Folge der offensichtlich erkannten Ausweglosigkeit der bisher ergriffenen Maßnahmen Gegenstand der politischen Diskussion und zusehends „salonfähig“.

 

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher von den bereits bar nach Griechenland gezahlten Steuergeldern für immer verabschieden müssen, ist so gut wie fix.

 

Damit bestätigen sich sämtliche seitens des BZÖ seit Monaten in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Befürchtungen und Warnungen.

 

Dazu kommt, dass diese Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler nicht gewillt sind, in so entscheidenden Fragen die Bevölkerung in Form von Volksabstimmungen mit einzubeziehen. Selbst die für den permanenten Rettungsschirm erforderliche EU-Vertragsänderung soll ohne Anwendung direktdemokratischer Mittel durchgepeitscht werden. Darüber hinaus wurde seitens des Außenministers bereits – sozusagen präventiv – mitgeteilt, dass auch weitere Vertragsänderungen keiner Volksabstimmung zu unterziehen sind.

 

In diesem Zusammenhang sei an die noch im Jahr 2008 vollmundig vom jetzigen Bundeskanzler Faymann gegebenen Versprechen erinnert, künftige Änderungen von EU-Primärrecht einer Volksabstimmung zu unterziehen.

 

Wörtlich hieß es damals in einem diesbezüglichen Schreiben von Gusenbauer und Faymann vom Juni 2008: „Auch in Österreich besteht gegenwärtig eine weit verbreitete Skepsis gegenüber der EU. (…) … sind wir der Meinung, dass künftige Vertragsänderungen, die die österreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen.“

 

Zur Verstärkung dieser Position wurde im SPÖ-Präsidium am 7. Juli 2008, dann auch beschlossen, „künftige EU-Vertragsänderungen, die die grundlegenden Interessen Österreichs berühren, einer Volksabstimmung zu unterziehen".

 

Merkel und Sarkozy haben nun einmal mehr Vertragsänderungen angekündigt.

Unter anderem geht es dem Vernehmen nach um Eingriffe in die Souveränität der Mitgliedstaaten, wenn eine strenge Überwachung der nationalen Haushalte in der Euro-Zone seitens der Kommission kürzlich gefordert wurde. Sie fordert, dass die Euro-Länder künftig im Herbst ihre Budgetentwürfe für das Folgejahr in Brüssel vorlegen, bevor die nationalen Parlamente darüber entscheiden. Die EU-Kommission will Änderungen fordern dürfen, wenn die EU-Stabilitätsregeln in Gefahr sind. Eine besonders strenge Daueraufsicht droht den Plänen zufolge den Ländern mit Finanzproblemen.

 

Es bleibt nunmehr abzuwarten, wie sich angesichts dieser jüngsten Ankündigungen weiterer EU-Vertragsänderungen von Merkel und Sarkozy, die Bundesregierung aber insbesondere Bundeskanzler Faymann verhalten werden, und ob letzterer weiterhin ohne Einbindung der Bevölkerung – unter dem Motto „Es gilt das gebrochene Wort!“ abgehoben agieren wird.

 

Ganz generell ist auf den unerträglichen Zustand hinzuweisen, dass die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und der französische Ministerpräsident Sarkozy im Vorfeld der Verhandlungen in bilateralen Besprechungen – hinter dem Rücken der übrigen EU-Staaten – festlegen, was beim eigentlichen Gipfel nur mehr durchgewunken wird. Es bestimmen zwei und zahlen dürfen alle!

 

Im Interesse Österreichs wäre es allerhöchste Zeit die Notbremse zu ziehen und mit einem Veto beim kommenden EU-Gipfel für eine Nachdenkpause in der Eurozone zu sorgen. Sonst setzt die Bundesregierung die Zukunft unseres Landes und das Vermögen der Steuerzahler aufs Spiel und es droht eine gewaltige Belastungswelle für die nächsten Generationen.

 

 

Der unterfertigte Abgeordnete stellt daher nachstehenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23 e Abs. 3 B-VG

 

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

 „Der Bundeskanzler wird aufgefordert, sich beim Europäischen Rat am 8. und 9. Dezember 2011 endlich schützend vor die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher zu stellen und gegen weitere finanzielle Belastungen oder zusätzliche Haftungen Österreichs zur finanziellen Unterstützung anderer Euro-Länder, Rettungsschirme oder ausländischer Banken sein Veto einzulegen, jegliche Eingriffe in die Souveränität Österreichs sowie damit zusammenhängende Vertragsänderungen jedenfalls abzulehnen und sich stattdessen mit Nachdruck für die Schaffung einer Euro-Kernzone der wirtschaftlich starken Euroländer einzusetzen.“

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

Wien, 7. Dezember 2011