Parlament Österreich

 

 

 

IV-26 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Freitag, 1. Februar 2013

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Freitag, 1. Februar 2013

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

1. 15662/12 CO EUR

Europäischer Rat (Tagung am 7./8. Februar 2013)

Entwurf der erläuterten Tagesordnung

(100538/EU XXIV.GP)

 

 

Am Beginn der Sitzung wurde die Tagesordnung einstimmig um folgenden Tagesordnungspunkt 2 erweitert:

 

2.    COM: KOM (2011) 897

Vorschlag für Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe

(67819/EU XXIV.GP).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europäischer Rat – mehrjähriger Finanzrahmen

 

 

Ein stabiler mehrjähriger Finanzrahmen sei notwendig und stelle ein wichtiges Vertrauenssignal für Investoren dar,  betonte Bundeskanzler Werner Faymann im Rahmen des EU-Hauptausschusses, der im Vorfeld des Europäischen Rats am 7. und 8. Februar 2013 tagte. Der Bundeskanzler erteilte damit so manchen Bestrebungen von Regierungschefs der Mitgliedsländer, vom siebenjährigen Finanzrahmen zu einer einjährigen provisorischen Budgetierung auf EU-Ebene überzugehen, eine klare Absage. Gerade in einer Zeit, wo 90% des Wirtschaftswachstums außerhalb Europas erzielt werden, sei es erforderlich, Planungssicherheit für mittel- und langfristige Investitionen zu geben, sagte er. Bei jährlichen Budgets steigen die Mitwirkungsmöglichkeiten der einzelnen Länder, was jedoch die Verlässlichkeit verringert.

 

Auch gegenüber einer periodischen Evaluierung des Finanzrahmens, wie dies EU-Abgeordneter Othmar Karas (V) vorgeschlagen hatte, zeigte sich der Bundeskanzler skeptisch. Diese könnten als Grundlage für angestrebte Kürzungen genommen werden, womit man Investoren abschrecken würde. Verlässlichkeit sei aber ein wesentlicher Bestandteil des Wirtschaftswachstums, bekräftigte er.

 

Was die Diskussion um den Finanzrahmen für das EU-Budget 2014 bis 2020 anbelangt, so liege noch kein neuer Entwurf von Ratspräsident Rompuy vor und damit verfüge man auch nicht über konkrete Zahlen, über die man diskutieren könne, informierten Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger die Abgeordneten. Beide bekräftigten die Prioritäten Österreichs, nämlich die ausreichende Berücksichtigung der ländlichen Entwicklung und eine Gleichbehandlung in der Rabattfrage. Wenn der Rabatt für Großbritannien bleibe, dann werde auch Österreich nicht darauf verzichten. Österreich mache sich aber auch für Übergangsregionen und Forschungsprogramme stark.

 

Faymann wiederholte in diesem Zusammenhang auf Anfrage von EU-Abgeordneter Ulrike Lunacek (G) seinen Vorschlag, alle Länder mögen auf ihre Rabatte verzichten, um das freiwerdende Geld zur Unterstützung der Jugendbeschäftigung einsetzen zu können. Dies werde aber sicherlich einen langen Diskussionsprozess erfordern, zeigte er sich realistisch. Man könne aus derzeitiger Sicht nicht davon ausgehen, dass Großbritannien auf seinen Rabatt verzichtet, war die Regierungsspitze überzeugt. EU-Abgeordneter Othmar Karas wies zudem darauf hin, dass es bei den Rabatten eine unterschiedliche Rechtsqualität gibt und Großbritanniens Rabatt im Primärrecht verankert sei. Auch Karas trat für die generelle Abschaffung der Rabatte ein, wie auch Abgeordneter Bruno Rossmann (G). Das Rabattsystem sei intransparent, sagte der grüne Abgeordnete, der eine Umstellung der EU-Finanzierung vom Beitrags- auf ein Eigenmittelsystem befürwortete. Die Finanztransaktionssteuer sei ein erster Baustein dafür, weitere wären etwa Ökoabgaben oder eine harmonisierte Körperschaftssteuer, meinte er. Auch Abgeordneten Günter Stummvoll (V) erinnert das Rabattsystem an Basarmethoden. Wie die Abgeordneten Josef Cap (S) und Christine Muttonen (S) unterstütze er die von der Bundesregierung dargelegte Linie.

 

Insgesamt sei hinsichtlich einer Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen noch keine Euphorie angesagt, hieß es zusammenfassend von der Regierungsspitze. Entgegen verschiedener Gerüchte gebe es keine Einigung zwischen den großen Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien, außerdem stünde unter anderem die britische Forderung nach einer weiteren Kürzung des Gesamtplafonds zur Diskussion. Dazu kämen viele neue und zum Teil kaum miteinander vereinbare Forderungen einzelner Mitgliedstaaten, informierte Spindelegger.

 

Ein Plädoyer gegen die geplanten Budgetkürzungen kam von EU-Abgeordnetem Othmar Karas (V). "Es geht nicht um die Durchsetzung von Eigeninteressen, sondern um das Ganze", appellierte er. Die auf dem Tisch liegenden Vorschläge bedeuteten eine Reduzierung gegenüber dem Budgetrahmen 2007 – 2013, damit könne man den übernommenen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, warnte er. Die einzige Konsequenz wäre, dass die EU Nachtragshaushalte beschließt, wobei er darauf hinwies, dass die EU keine Schulden machen darf. Für 2013 bestehe bereits ein Finanzbedarf von 13 Mrd. €. Auch Faymann machte klar, dass genau zu prüfen sein werde, ob man in Hinkunft die eingegangenen Verpflichtungen auch halten kann.

 

In eine ähnliche Kerbe schlug Abgeordneter Bruno Rossmann (G). Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen, denen sich die EU in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht gegenübersieht, wäre eine Budgetkürzung ein schwerer Fehler, stellte Rossmann fest. Zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit sowie für die Programme im Interesse von Wachstum, Beschäftigung und Nachhaltigkeit sei eine europäische koordinierte Vorgangsweise nationalen Einzelgängen vorzuziehen. Der europäische Haushalt sei ein Investitionshaushalt und als solcher erziele er Multiplikationseffekte, die ein Nationalstaat nicht erreiche. Das sehe man an der wirtschaftlichen Situation der Schweiz. Er halte es daher für einen sträflichen Leichtsinn, den Finanzrahmen nicht ausweiten zu wollen.

 

Der grüne Abgeordnete zeigte sich auch enttäuscht darüber, dass offenbar keine Umstrukturierung im Budget geplant ist. Er hielt vor allem die Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zu hoch angesetzt und plädierte dafür, bei der Förderung des ländlichen Raums nicht nur auf die Landwirtschaft zu schauen, sondern die Mittel  auszuweiten und diese für alle dort lebenden Menschen einzusetzen. Dem stimmte der Bundeskanzler zu und meinte, es liege auch im europäischen Interesse, dass es nicht nur den Zuzug lediglich in Richtung Städte stattfindet.

 

Gegen die Nettozahler-Diskussion in der Öffentlichkeit wandte sich vor allem Abgeordneter Günter Stummvoll (V). Diese laufe falsch, da Österreich, ökonomisch gesehen, haushoher Nettogewinner sei, sagte er. Aufgrund der Mitgliedschaft bei der EU wachse die Wirtschaft jährlich zusätzlich um 0,4 – 0,5%. Auch Abgeordneter Bruno Rossmann (G) schloss sich dem an. Ihm zufolge würde eine Umstellung auf ein Eigenmittelsystem im EU-Budget die leidige Nettozahler-Debatte beenden und wäre darüber hinaus ein identitätsstiftender Faktor.

 

Dem konnte sich Abgeordneter Johannes Hübner (F) in keiner Weise anschließen. Es gebe Wissenschaftler, sagte er, die meinen, ohne EU hätte man rund 1% Wachstum zu verzeichnen. Dass der Weg zu noch mehr Integration falsch sei, beweise die Tatsache, dass man sich derzeit in einer Zone mit der schlechtesten wirtschaftlichen Entwicklung gegenüber anderen Wirtschaftsräumen befinde und mit geringem Wachstum, Arbeitslosigkeit, Nichtfinanzierbarkeit der Haushalte sowie mit sozialem und wirtschaftlichem Auseinanderbrechen der Regionen konfrontiert sei. Um in Wachstum und Beschäftigung zu investieren, brauche man die EU nicht, man müsse mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten setzen. Die EU mit ihrer Überbürokratisierung bringe keine Vorteile, hielt Hübner fest und brachte einen Antrag auf Stellungnahme ein, in dem die Regierung aufgefordert wird, gegen jede Erhöhung des mehrjährigen Finanzrahmens der EU ein Veto einzulegen und eine deutliche Senkung der österreichischen EU-Beiträge herbeizuführen, um die freiwerdenden Mittel in Österreich direkt in die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Stärkung des ländlichen Raums zu investieren. Der Antrag wurde jedoch von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt.

 

Seine Position wurde auch von EU-Abgeordnetem Andreas Mölzer (F) unterstützt. Man brauche nicht mehr Europa, betonte er, sondern weniger und das wäre auch billiger. Mölzer sprach in diesem Zusammenhang von einem "paranoiden Regelungswahn der EU". Er verteidigte daher auch den britischen Premierminister David Cameron, der nicht aus der EU austreten wolle, aber für eine Umkehr zu einem föderativen Europa stehe. Hart ging Mölzer mit der europäischen Außenpolitik ins Gericht, der er eine fatale Mischung aus Ratlosigkeit und Hilflosigkeit attestierte.

 

Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag von Abgeordnetem Rainer Widmann (B), in dem sich auch das BZÖ gegen jegliche Beitragserhöhungen für Österreich ausspricht. Widmann trat weiters gegen jede Änderung des geltenden Rabattsystems ein und forderte die Regierung auf, für eine Reduzierung der EU-Verwaltungskosten einzutreten. Gegen diesen Antrag sprachen sich alle anderen Fraktionen aus. Widmann warf der Regierung vor, sich in Europa nicht klar zu positionieren, was von Bundeskanzler Faymann mit Nachdruck in Abrede gestellt wurde.

 

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) thematisierte auch den Plan der EU, mit anderen Wirtschaftsräumen bilaterale Handelsverträge abzuschließen. Das sei ein echter Durchbruch, sagte er, und diene auch dem Exportland Österreich. Wenn diese Handelsagenda umgesetzt werde, dann bringe das ein Plus von 2% an Wachstum. Damit könne auch ein "Mehr an Europa" Einsparungen bringen, bemerkte er gegenüber der FPÖ. Trotz dieses Paradigmenwechsels verfolge die EU aber auch den multilateralen Weg.

 

Der freie Handel sei wichtig, ergänzte Abgeordnete Christine Muttonen (S), machte aber darauf aufmerksam, dass man beim Abschluss derartiger Verträge auf soziale und umweltpolitische Standards im Interesse von sicheren und gesunden Arbeitsplätzen achten müsse.

 

 

Im EU- Hauptausschuss kamen auch außenpolitische Themen zur Sprache. Dazu zählt insbesondere die besorgniserregende Entwicklung im Rahmen des arabischen Frühlings, informierte Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger. Man dürfe sich trotz aller Rückschläge nicht entmutigen lassen, sagte er, die Unterstützungsmaßnahmen der EU würden aber nur fließen, wenn Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Frauenrechte sowie Medien- und Meinungsfreiheit gewährleistet seien. Auch die Religionsfreiheit stelle gerade in Gesprächen mit Ägypten ein wichtiges Thema dar. Er ging damit auf eine skeptische Bemerkung von EU-Abgeordneter Ulrike Lunacek (G) ein, die gefragt hatte, ob die EU im Rahmen des Programms "More for More" tatsächlich bereit sei, Gelder einzufrieren.

 

Weiters werde der Rat das Thema Syrien erörtern, so Spindelegger und merkte kritisch an, dass sich das Regime Assad hinter der Uneinigkeit im UNO-Sicherheitsrat verstecke. Solange dort keine Resolutionen gefasst werden, werde sich in Syrien nichts bewegen, bedauerte er.

 

Das Interesse an einer Stabilisierung in Mali begründete Spindelegger mit dem Hinweis auf die Gefahr von Wanderungsbewegungen. Man dürfe Menschenrechtsverletzungen nicht zuschauen, und er halte es für notwendig, dass sich die EU etwa am Aufbau von Sicherheitskräften in Mali beteiligt. Im Rahmen der EZA habe man dieser Region insgesamt 3,1 Mio. € zur Linderung humanitärer Katastrophen zukommen lassen.

 

Abgeordnete Christine Muttonen (S) hielt in diesem Zusammenhang fest, dass in Bezug auf Afrika ein einheitliches europäisches Konzept fehle. Neben dem militärischen und wirtschaftspolitischen Bereich müsse man auch an die gesellschaftspolitischen Aspekte denken, sagte sie.

 

 

 

 

 

 

 

 

Richtlinie zur Konzessionsvergabe - Wasserversorgung

 

 

Auf Antrag von Abgeordnetem Werner Kogler (G) wurde die Tagesordnung um das Thema Wasserversorgung einstimmig ergänzt, nachdem die geplante EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe Befürchtungen hinsichtlich eines Privatisierungsdrucks im Bereich der Wasserversorgung hervorgerufen hatte. Damit nahm der Hauptausschuss einen Punkt in Diskussion, der bereits mehrmals im Bundesrat und auch bei der Sitzung des Nationalrats am 30. Jänner 2013 heftig debattiert worden ist. Das Plenum hat dabei mehrheitlich eine Entschließung angenommen, mit der die Bundesregierung ersucht wird, dem Nationalrat möglichst rasch einen Gesetzentwurf zur verfassungsrechtlichen Absicherung der Trinkwasserversorgung vorzulegen.

 

Dies war aber den Oppositionsparteien zu wenig, weshalb sie darauf drängten, die geplante Konzessionsrichtlinie auch im EU-Hauptausschuss zu thematisieren. Die Grünen legten dazu sowohl einen Antrag auf Stellungnahme als auch einen Antrag auf Mitteilung an die EU-Institutionen vor, in denen sie dafür eintreten, nicht nur die Wasserversorgung, sondern auch andere Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, wie die sozialen Dienste, den öffentlichen Personenverkehr, den Energiesektor und die Abwasserentsorgung aus dem Geltungsbereich der Richtlinie herauszunehmen. Das BZÖ ging in seinem Antrag auf Stellungnahme noch weiter und forderte die Bundesregierung auf, den Richtlinienvorschlag auf europäischer Ebene gänzlich abzulehnen. Diese Initiativen fanden jedoch keine ausreichende Mehrheit.

 

Bundeskanzler Werner Faymann erläuterte die Position der Regierung mit dem Hinweis, dass die Richtlinie keinerlei Verpflichtung zur Privatisierung festlege. Das wäre auch gegen die europäischen Verträge, fügte er ergänzend hinzu. Grundsätzlich hielte er es für legitim, transparente Spielregeln für eine Ausschreibung zu schaffen. Der vorliegende Entwurf sei jedoch zu bürokratisch ausgefallen, so der Kanzler. Daher sei es sein Hauptanliegen, nachdem kein Privatisierungszwang besteht, innerstaatlich auf den Schutz des österreichischen Trinkwassers zu achten und dies auch mittels einer Zielbestimmung in der Verfassung zu verankern. Diese Auffassung teilte auch SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Dass mit der Richtlinie eine Automatik zur Privatisierung ausgelöst werde, sehe er nicht, betonte er, das werde sich jeder Gemeinderat gut überlegen, meinte er pointiert.

 

Ähnlich fiel die Stellungnahme von Vizekanzler Michael Spindelegger aus. Auch er zeigte sich skeptisch hinsichtlich der überbordenden Bestimmungen des Richtlinienentwurfs, er teilte aber nicht die Auffassung und Befürchtung der Opposition, dass die Gebietskörperschaften und Kommunen in Zukunft sanft gezwungen würden, zu privatisieren. Spindelegger räumte aber ein, dass Österreich mit seinen Bedenken auf europäischer Ebene ziemlich allein dastehe.

 

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) hielt die Befürchtungen der Opposition für weit hergeholt. Die Diskussion auf EU-Ebene sei noch immer in Gang, sagte Bartenstein und wies dabei auf die rund 1500 Abänderungsanträge im EU-Parlament hin. Dies rief den Widerspruch von Abgeordnetem Rainer Widmann (B) hervor, der anmerkte, dass der Binnenausschuss die Änderungen abgelehnt habe und somit Österreich die Katze im Sack kaufe.

 

Wie Widmann konnten sich auch die anderen Abgeordneten der Opposition der Argumentationslinie von SPÖ und ÖVP nicht anschließen. Abgeordneter Bruno Rossmann (G) attestierte dem Richtlinienentwurf zwar, dass dieser nicht auf die Privatisierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse abziele, sondern ein transparentes Ausschreibungsverfahren anstrebe. Infolge der Finanzkrise und des nachfolgenden Konsolidierungszwangs kämen jedoch die öffentlichen Haushalte und insbesondere jene der Kommunen in erhebliche Finanznöte, wodurch der Druck auf Privatisierungen mehr und mehr steige. Die vorgeschlagene Richtlinie schafft nach Ansicht der Grünen eine komplexe und unsichere Rechtslage und könnte dazu führen, dass viele Kommunen eine Ausschreibung ihrer Wasserkonzessionen erwägen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen. Große Konzerne könnten dabei leicht die lokalen Anbieter aus dem Rennen werfen, bemerkte er. Der betriebswirtschaftliche Maßstab dürfe gerade bei Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nicht der einzig seligmachende sein, unterstrich Rossmann, der in diesem Zusammenhang auf die äußerst negativen internationalen Erfahrungen mit der Privatisierung des Wassers hinwies.

 

Dem Vorwurf, die Befürchtungen seien zu weit hergeholt, setzte sein Klubkollege Werner Kogler entgegen, anhand der Verpflichtungen durch die Troika, in Griechenland und Portugal die Wasserversorgung privatisieren müssen, sehe man, woher der Wind wehe. Man müsse das Gesamtspektrum der Problematik betrachten, sagte Kogler, auch vor dem Hintergrund, dass die Bundesländer ihre Gemeinden finanziell zugrunde richten. Alles in allem werde daher ein Druck zur Privatisierung entstehen, zeigte er sich überzeugt.

 

Dem schlossen sich auch die Abgeordneten Rainer Widmann (B) und Johannes Hübner (F) an. Widmann erinnerte an die Bedenken, die der Bundesrat auch in Form einer Stellungnahme und einer Mitteilung geäußert hat und hielt die geplante Staatszielbestimmung in der Verfassung zum Schutz des Wassers für unzureichend. Die Richtlinie muss seiner Meinung nach auf europäischer Ebene verhindert werden. Widmann warf daher der Regierung vor, innerhalb der EU umgefallen zu sein.

 

Wenn auch kein Zwang zur Privatisierung bestehe, so schränke die Richtlinie den Handlungsspielraum der öffentlichen Hand beträchtlich ein, argumentierte Abgeordneter Johannes Hübner. Damit werde der Privatisierungsdruck größer. Außerdem vertrat Hübner die Auffassung, dass die zur Diskussion stehende Richtlinie einen Bereich regle, der zu den Kernkompetenzen der Mitgliedstaaten gehöre und nicht auf EU- Ebene zu behandeln sei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Stellungnahme zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

Antrag auf Stellungnahme

(gemäß Art. 23e B-VG)

 

 

des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Veto gegen jede Erhöhung des mehrjährigen Finanzrahmens der Europäischen Union, Senkung der österreichischen EU-Beiträge, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und Stärkung des ländlichen Raums in Österreich

 

 

 

Im Vorfeld der weiteren Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Rates am 7. und 8. Februar 2013 scheint jetzt schon klar zu sein, dass die österreichische Bundesregierung einmal mehr umfällt, wenn es darum geht, die Interessen der Österreicher zu vertreten. So hat der SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann am 31. Jänner 2013 in einer Presseaussendung bereits klar gemacht, wo hin die Reise bedauerlicherweise geht:

 

„Bundeskanzler Faymann empfing EU-Kommissionspräsident Barroso

 

Utl.: Faymann appellierte in Hinblick auf die Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen, das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen

 

Wien (OTS/SK) - Nach seinem Arbeitsgespräch mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso heute, Donnerstag, hat Bundeskanzler Werner Faymann betont, dass "die EU beim nächsten Europäischen Rat vor einer ihrer wichtigsten Entscheidungen steht: Ob sie in der Lage ist, trotz gegensätzlicher Interessen den finanziellen Rahmen für Investitionen in Europa zustande zu bringen". Der Kanzler zeigte sich überzeugt, dass "die Mehrheit einen Beitrag leisten will, dass Europa eine stabile Entwicklung hat und das Wirtschaftswachstum angekurbelt wird". Faymann unterstrich: "Die hohe Arbeitslosigkeit mahnt uns, kleinkarierte Streitereien in den Hintergrund und das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen."

 

Die Möglichkeiten, mit europäischen Fonds und Instrumenten die Wirtschaft anzukurbeln und damit Beschäftigung zu schaffen, seien sehr groß, etwa im Landwirtschaftssektor und der Infrastruktur, Bereiche, die Europa wettbewerbsfähiger machen. Bei den Finanzrahmen-Verhandlungen habe der Bundeskanzler zwei Punkte deutlich eingebracht: Die Verteidigung der zweiten Säule der Landwirtschaft, speziell des ländliches Raumes, und die Frage der Rabatte. "Die Entwicklung Europas darf nicht ausschließlich die Entwicklung von Städten sein. Wir wollen aus tiefster Überzeugung die Entwicklung des ländlichen Raums vorantreiben und die Chancen der Menschen dort erhöhen", betonte Kanzler Faymann. Zu den Rabatten sagte der Bundeskanzler: "Wenn alle bereit sind, einen großen Schritt zu gehen und auf die Rabatte zu verzichten, ist Österreich auch dazu bereit." Faymann fordere aber eine "faire Behandlung" ein. "Die Gemeinsamkeit muss im Vordergrund stehen, das Ergebnis bei den Verhandlungen nächste Woche ist wichtig für Europa", betonte Faymann und zeigte sich zuversichtlich, dass "das Konstruktive in der Diskussion überwiegen" werde.“

 

Auf gut Deutsch: Faymann ist bereits umgefallen – er will auf die Rabatte beim österreichischen EU-Beitrag offensichtlich verzichten und die seine Ansicht nach „kleinkarierten Streitereien“ um Milliarden österreichischen Steuergeldes nicht mehr weiter führen. Als Ausrede wird seitens seine sozialdemokratischen Genossen – und hier eben auch von ihm selbst – angeführt, man müsse die hohe Arbeitslosigkeit in Europa bekämpfen – das soll höhere österreichische EU-Beiträge rechtfertigen.

 

Das vermeintliche Bekenntnis des SPÖ-Kanzler zum ländlichen Raum will er offensichtlich mit weiteren österreichischen Mitteln an Brüssel bekräftigen – alles in allem bedeutet das nicht anderes, als dass die Republik Österreich, die dank ESM und Fiskalpakt ohnehin schon schwer in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist, weitere Budgetmittel von Brüssel abwickeln lassen wird müssen, anstatt zu versuchen, mehr Mitteln in unserem Land selbst zielgerecht einzusetzen.

 

In Zeiten der Sparbudget, die wir neben einer katastrophalen rot-schwarzen Schuldenpolitik der Einführung des Euro zu verdanken haben, wird also justament die Europäische Union nicht sparen. Ein katastrophaler Weg, der seitens der SPÖ-ÖVP-Regierung hier eingeschlagen wird, führt zu weiteren Belastungen für die österreichischen Bürger, ohne dass diese einen echten Mehrwert haben. Im Gegenteil: Die Gelder, die nach Brüssel fließen, kommen zu einem größeren Teil nicht zurück.

 

Es wäre daher dringend an der Zeit, nicht mehr, sondern weniger in den EU-Haushalt einzuzahlen, um in Österreich selbst genau das zu machen, was Faymann anspricht: Arbeitslosigkeit bekämpfen, den ländlichen Raum stärken, das Ausbildungsniveau verbessen und damit im Land Wohlstand zu schaffen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Artikel 23e B-VG

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, auf europäischer Ebene gegen jede Erhöhung des mehrjährigen Finanzrahmens der Europäischen Union für die Jahre 2014-2020 Veto einzulegen und eine deutliche Senkung der österreichischen EU-Beiträge herbeizuführen, um die freiwerdenden Mittel in Österreich direkt in die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Stärkung des ländlichen Raumes zu investieren.“

 

 

Wien, am 1. Februar 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag des BZÖ auf Stellungnahme zum mehrjährigen Finanzrahmen der EU wurde von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23 e Abs. 3 B-VG

 

 

des Abgeordneten Mag. Rainer Widmann

 

 

betreffend keine EU-Beitragserhöhungen für Österreich!

 

eingebracht im Zuge der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 1. Februar 2013

 

 

 

Der seitens der Europäischen Kommission vorgelegte Vorschlag betreffend den Mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2014 bis 2020 legt der Schluss nahe, dass die Kommission ihrem Handeln das Motto: "Wasser predigen und Wein trinken" zugrunde legt.

 

Während von den Mitgliedstaaten Haushaltsdisziplin, Kontrolle und Transparenz eingefordert werden, legt die Kommission ihrerseits ein intransparentes Zahlenwerk vor, mit dem einerseits die Ausgaben der Europäischen Union massiv erhöht werden, und andererseits gleichzeitig die geplante Neuordnung der Einnahmenerzielung dazu führt, dass insbesondere Österreich unter anderem durch das geplante Streichen von Pauschalvergütungen massiv benachteiligt wird, und damit Gefahr droht, dass die Österreicherinnen und Österreicher in den nächsten Jahren wesentlich mehr an EU-Beiträgen nach Brüssel überweisen müssen als schon bisher.

 

Dazu kommt, dass einmal mehr die Verwaltungskosten der Europäischen Union erhöht werden. Diese sollen in den Jahren 2014 bis 2020 im Vergleich zum Zeitraum 2007 bis 2013 um 10 % steigen und sollen aus Sicht der Kommission dann bei rund 62,6 Mrd. Euro liegen.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23 e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich beim Europäischen Rat am 7. und 8. Februar 2013 bzw. den entsprechenden Ratssitzungen mit Nachdruck gegen die seitens der Europäischen Kommission vorgelegten Dokumente betreffend einen Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 bzw. betreffend die Änderungen im Bereich des Eigenmittelsystems der Europäischen Union auszusprechen.

 

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, jede Änderung des geltenden Rabattsystems, die zu einer Belastung Österreichs führt, sowie jegliche Erhöhungen des österreichischen Beitrages zur Europäischen Union abzulehnen, bzw. sich bei Verwendung der Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer für Zwecke der Eigenmittelfinanzierung des EU-Haushalts für die gleichzeitige entsprechende Senkung des österreichischen Beitrags zur Europäischen Union einzusetzen.

 

Schließlich wird die Bundesregierung ersucht, sich gerade im Sinne der Notwendigkeit von Verwaltungseinsparungen nicht nur gegen budgetäre Erhöhungen im Bereich der Verwaltung auszusprechen, sondern sich vielmehr für ein Absenken der diesbezüglichen Kosten unter anderem durch nachstehende Maßnahmen einzusetzen:

·         Transparente Darstellung der Verwaltungskosten im EU-Haushalt in einer Gesamtübersicht

·         Reduktion des auf die Mitgliedstaaten und deren Institutionen sowie die Wirtschaftsteilnehmer überwälzten Aufwands der Beteiligung an Programmen

·         Reduktion von Personal- und Pensionskosten

·         Begrenzung der Anzahl der (Regulierungs-)Agenturen

·         Verstärkte interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen in administrativen Fragen sowie verbesserte Abstimmung der Immobilienpolitik der EU-Institutionen.

 

Letztlich wird die Bundesregierung aufgefordert im Falle des Nichterreichens oben angeführter Zielsetzungen im Sinne der Entlastungen der Österreicherinnen und Österreicher vom Vetorecht Gebrauch zu machen."

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

Wien, 1. Februar 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme zur Konzessionsvergabe wurde von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e B-VG

 

 

der Abgeordneten Bruno Rossmann und Werner Kogler

 

 

betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV. GP)

 

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 01.02.2013.

 

 

 

 

 

Durch den Vertrag von Lissabon (Art. 4 EUV, Art. 14 und 106 AEUV, Protokolle 26 und

27)  wurde  die  besondere  Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhaltes betont und weiter Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten festgelegt. Neue  Regelungen  in  diesem  Bereich wie die derzeit vorliegende EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe sind  daher  kritisch  zu  betrachten.

 

Aufgrund der angeführten Bestimmungen des Primärrechts darf den Mitgliedstaaten die Flexibilität nicht durch einen überschießenden  Sekundärrechtsakt  genommen  werden.  Dementsprechend  sieht  auch der  Vertrag  von  Lissabon  eine  Verantwortung  der  Mitgliedstaaten  vor,  im  Rahmen  ihrer Befugnisse für das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Sorge  zu  tragen  (Art.  14  AEUV).  Gleichzeitig  betont  der  Vertrag  das  Prinzip  der kommunalen  und  lokalen  Selbstverwaltung  und  anerkennt  dieses  als  Bestandteil  der  „Vielfalt, die aus unterschiedlichen geografischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten folgen können“ (Protokoll Nr. 9 zum AEUV).

 

Die Richtlinie zur Regulierung von Dienstleistungskonzessionen strebt transparente Ausschreibungsverfahren an. Sie zielt also nicht auf die Privatisierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Dazu hätte die EU auch gar keine Regelungskompetenz. Da allerdings als Folge der Finanzkrise und des nachfolgenden Konsolidierungszwangs die öffentlichen Haushalte, darunter insbesondere die Kommunen, in erhebliche Finanznöte kommen, steigt der Druck auf Privatisierungen immer mehr. Den Staaten an der Peripherie der Europäischen Union („Programmländer“) werden indes durch die Troika Privatisierungen direkt verordnet. Konkret hat die Europäische Kommission etwa für Portugal und Griechenland die Privatisierung des Wassersektors verlangt. Gelangt aufgrund des Sparzwangs in der EU die Stagnation der Wirtschaft auch nach Österreich, dann entsteht auch bei uns aufgrund der Einengung der finanziellen Spielräume ein Druck zur Privatisierung der Wasserversorgung oder anderer öffentlicher Dienstleistungen (öffentlicher Nahverkehr, soziale Dienstleistungen Energiesektor etc.).

 

Die vorgeschlagene Richtlinie schafft eine komplexe und unsichere Rechtslage für den öffentlichen Sektor und erschwert somit die Bedingungen für kommunale  Stadtwerke und Verbände. Das kann dazu führen, dass viele Kommunen eine Ausschreibung ihrer Wasserkonzessionen  erwägen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen und keine langwierigen Rechtsstreitigkeiten zu provozieren. An dieser Ausschreibung können sich dann zwar die lokalen Stadtwerke und Wasserverbände beteiligen, aber ebenso die großen europaweit tätigen Anbieter. Große  Konzerne, wie etwa der französische Wassermulti Veolia, können leicht die lokalen Anbieter durch ein günstiges Angebot aus dem Rennen werfen. Bevorzugt eine Kommune dennoch den teureren lokalen Anbieter (zu dem sie größeres Vertrauen hat und der einer politischen Kontrolle durch die WählerInnen und einer Effizienzkontrolle durch die Aufsichtsorgane ausgesetzt ist), dann läuft sie Gefahr, sich einem Rechtsstreit gegen die großen Anbieter auszusetzen.

 

Der Grund, warum gerade die Herausnahme der Wasserversorgung aus der Richtlinie so wichtig ist, liegt in den äußerst negativen internationalen Erfahrungen mit der Privatisierung des Wassers. Das betrifft nicht nur die Qualität des Wassers, sondern auch die Einsparungen für die Wartungen der Netze. In vielen Fällen kam es daher zur Re-Kommunalisierung. Auch in anderen Bereichen liegen negative Befunde von Privatisierungen vor, etwa bei den Bahnen.

 

Weiters bringt die Einführung von wettbewerbsähnlichen Strukturen einen  hohen  Regulierungsaufwand  mit  sich.  Die  Übertragung  von Aufgaben von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ist  generell problematisch, weil sie eben gerade nicht den allgemeinen betriebswirtschaftlichen Regeln untergeordnet werden sollen. Vielmehr sollen diese Aufgaben zu leistbaren Preisen für alle und in guter Qualität erbracht werden. Sie haben daher den Charakter eines öffentlichen Gutes. Im Wettbewerb  stehende Unternehmen  bieten daher mangels  Kostendeckung diese Dienstleistungen gar nicht oder in unzureichendem Ausmaß an. Damit werden häufig sozial Schwächere von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Werden diese Leistungen durch Netzwerke erbracht - hat also der Produzent ein natürliches Monopol -, dann ist der Wettbewerb der Netze volkswirtschaftlich nicht sinnvoll und kann sich auch gar nicht entfalten. 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e B-VG

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

Der Bundeskanzler bzw. das zuständige Mitglied der Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene bei den Verhandlungen zum Richtlinien-Vorschlag zur Vergabe von Konzessionen darauf hinzuwirken, dass Dienstleistungen von allgemeinem Interesse aus dem Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden. Das betrifft in erster Linie die Wasserversorgung aber auch andere Bereiche wie die sozialen Dienste, den  öffentlichen Personenverkehr, den Energiesektor und die Abwasserentsorgung.

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Mitteilung zur Konzessionsvergabe wurde von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

der Abgeordneten Bruno Rossmann und Werner Kogler

 

betreffend KOM (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV. GP)

 

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 01.02.2013.

 

 

Durch den Vertrag von Lissabon (Art. 4 EUV, Art. 14 und 106 AEUV, Protokolle 26 und

27)  wurde  die  besondere  Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhaltes betont und weiter Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten festgelegt. Neue  Regelungen  in  diesem  Bereich wie die derzeit vorliegende EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe sind  daher  kritisch  zu  betrachten.

 

Aufgrund der angeführten Bestimmungen des Primärrechts darf den Mitgliedstaaten die Flexibilität nicht durch einen überschießenden  Sekundärrechtsakt  genommen  werden.  Dementsprechend  sieht  auch der  Vertrag  von  Lissabon  eine  Verantwortung  der  Mitgliedstaaten  vor,  im  Rahmen  ihrer Befugnisse für das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Sorge  zu  tragen  (Art.  14  AEUV).  Gleichzeitig  betont  der  Vertrag  das  Prinzip  der kommunalen  und  lokalen  Selbstverwaltung  und  anerkennt  dieses  als  Bestandteil  der  "Vielfalt, die aus unterschiedlichen geografischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten folgen können" (Protokoll Nr. 9 zum AEUV).

 

Die Richtlinie zur Regulierung von Dienstleistungskonzessionen strebt transparente Ausschreibungsverfahren an. Sie zielt also nicht auf die Privatisierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Dazu hätte die EU auch gar keine Regelungskompetenz. Da allerdings als Folge der Finanzkrise und des nachfolgenden Konsolidierungszwangs die öffentlichen Haushalte, darunter insbesondere die Kommunen, in erhebliche Finanznöte kommen, steigt der Druck auf Privatisierungen immer mehr. Den Staaten an der Peripherie der Europäischen Union ("Programmländer") werden indes durch die Troika Privatisierungen direkt verordnet. Konkret hat die Europäische Kommission etwa für Portugal und Griechenland die Privatisierung des Wassersektors verlangt. Gelangt aufgrund des Sparzwangs in der EU die Stagnation der Wirtschaft auch nach Österreich, dann entsteht auch bei uns aufgrund der Einengung der finanziellen Spielräume ein Druck zur Privatisierung der Wasserversorgung oder anderer öffentlicher Dienstleistungen (öffentlicher Nahverkehr, soziale Dienstleistungen Energiesektor etc.).

 

Die vorgeschlagene Richtlinie schafft eine komplexe und unsichere Rechtslage für den öffentlichen Sektor und erschwert somit die Bedingungen für kommunale  Stadtwerke und Verbände. Das kann dazu führen, dass viele Kommunen eine Ausschreibung ihrer Wasserkonzessionen  erwägen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen und keine langwierigen Rechtsstreitigkeiten zu provozieren. An dieser Ausschreibung können sich dann zwar die lokalen Stadtwerke und Wasserverbände beteiligen, aber ebenso die großen europaweit tätigen Anbieter. Große  Konzerne, wie etwa der französische Wassermulti Veolia, können leicht die lokalen Anbieter durch ein günstiges Angebot aus dem Rennen werfen. Bevorzugt eine Kommune dennoch den teureren lokalen Anbieter (zu dem sie größeres Vertrauen hat und der einer politischen Kontrolle durch die WählerInnen und einer Effizienzkontrolle durch die Aufsichtsorgane ausgesetzt ist), dann läuft sie Gefahr, sich einem Rechtsstreit gegen die großen Anbieter auszusetzen.

 

Der Grund, warum gerade die Herausnahme der Wasserversorgung aus der Richtlinie so wichtig ist, liegt in den äußerst negativen internationalen Erfahrungen mit der Privatisierung des Wassers. Das betrifft nicht nur die Qualität des Wassers, sondern auch die Einsparungen für die Wartungen der Netze. In vielen Fällen kam es daher zur Re-Kommunalisierung. Auch in anderen Bereichen liegen negative Befunde von Privatisierungen vor, etwa bei den Bahnen.

 

Weiters bringt die Einführung von wettbewerbsähnlichen Strukturen einen  hohen  Regulierungsaufwand  mit  sich.  Die  Übertragung  von Aufgaben von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ist  generell problematisch, weil sie eben gerade nicht den allgemeinen betriebswirtschaftlichen Regeln untergeordnet werden sollen. Vielmehr sollen diese Aufgaben zu leistbaren Preisen für alle und in guter Qualität erbracht werden. Sie haben daher den Charakter eines öffentlichen Gutes. Im Wettbewerb  stehende Unternehmen  bieten daher mangels  Kostendeckung diese Dienstleistungen gar nicht oder in unzureichendem Ausmaß an. Damit werden häufig sozial Schwächere von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Werden diese Leistungen durch Netzwerke erbracht - hat also der Produzent ein natürliches Monopol -, dann ist der Wettbewerb der Netze volkswirtschaftlich nicht sinnvoll und kann sich auch gar nicht entfalten. 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den Antrag:

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

I. Antrag auf Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

"Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union hat in seiner Sitzung am 1.2.2013 die oben genannte Vorlage beraten und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sind aus dem Geltungsbereich der Richtlinie zur Konzessionsvergabe auszunehmen. Das betrifft in erster Linie die Wasserversorgung aber auch andere Bereiche wie die sozialen Dienste, den  öffentlichen Personenverkehr, den Energiesektor und die Abwasserentsorgung.

 

 

II. Kommuniqué

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Mitteilung gemäß § 39 Abs. 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union ersucht die Präsidentin des Nationalrates, diese Mitteilung an

·         die österreichische Bundesregierung,

·         die Europäische Kommission,

·         den Rat,

·         den Ausschuss der Regionen,

·         die COSAC bzw. IPEX und

·         an das Europäische Parlament

zu übermitteln.

Folgender Antrag des BZÖ auf Stellungnahme zur Konzessionsvergabe wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art. 23 e B-VG

 

 

des Abgeordneten Mag. Rainer Widmann

 

betreffend Kom (2011) 897 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (67819/EU XXIV.GP)

 

eingebracht im Zuge der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 1. Februar 2013

 

 

 

Schon seit Jahren fordert das BZÖ den Schutz des Wassers im Verfassungsrang und sprach sich immer klar für den Verbleib des heimischen Wassers in österreichischer Hand aus. Das BZÖ hat stets vor einem Zugriff ausländischer Investoren auf unsere Wasserressourcen gewarnt. Angesichts der gegenwärtigen Entwicklung auf Europäischer Ebene hat sich nunmehr leider in drastischer Weise gezeigt, wie berechtigt diese Warnungen waren.

 

Konkret wurde seitens der Europäischen Kommission bereits im Jahr 2011 eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe vorgelegt, und damit der Grundstein für den "Ausverkauf" des heimischen Wassers gelegt! Danach müssen "konzessionsfähige Leistungen" ab einem gewissen Schwellenwert verpflichtend EU-weit ausgeschrieben werden. Der Gesetzwerdungsprozess geht nun in die entscheidende Phase. Richtigerweise wiesen nicht nur Arbeiterkammer und ÖGB darauf hin, dass die Privatisierung wichtiger kommunaler Dienstleistungen, wie die Wasserversorgung, durch die Hintertür bevorstehe. Trotz gegenteiliger Stimmen dürfte feststehen, dass der Kampf um das österreichische Wasser eröffnet ist.

 

Die Bedrohungslage durch den damit verbundenen Privatisierungsdruck für das "weiße Gold" Wasser ist groß. Denn ein Großteil der Kommunen ist verschuldet und könnte dem Ruf des schnellen Geldes bzw. den Angeboten von Konzernen verfallen, um die klammen Gemeindekassen zu füllen. Große Konzerne wittern ihre Chance, um Wasser als Geldquelle anzuzapfen und zum Spekulationsobjekt zu machen.

 

Erfahrungsberichte über erfolgte Privatisierungen aus anderen Ländern lassen nichts Gutes erwarten. So titelte die "Süddeutsche Zeitung" auf ihrem Internetportal am 26.01.2013 "Schlecht für den Geldbeutel, schlecht für die Nase!" und nannte erschreckende Beispiele:

 

·         Die Stadt Grenoble privatisierte vor rund zwanzig Jahren die kommunale Wasserverwaltung. "Das Wasser war nicht sauber, dafür aber teuer." Am besten flossen die Schmiergelder.

·         In London wurde viel verdient, aber nichts in die Leitungen investiert; sie verrotteten.

·         Potsdam hat den Vertrag mit dem französischen Wasserversorger wieder gekündigt, als die Preise in den Himmel stiegen.

 

 

 

Während die Vertreter Österreichs im Zuge der Beratungen auf Europäischer Ebene zunächst strikt gegen diese Richtlinie auftraten, hat ÖVP-Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner diese Linie bei der Sitzung des Rates Wettbewerbsfähigkeit verlassen.

 

Wie dem entsprechenden Tagungsprotokoll entnommen werden kann, hat sich Bundesminister Mitterlehner zum Tagesordnungspunkt Konzessions-Richtlinie gar nicht mehr zu Wort gemeldet, da Deutschland und Frankreich durch zustimmende Wortmeldungen ohnehin schon die österreichische Neupositionierung vorgaben.

 

Im Gegensatz zu vielen seiner Parteifreunde, zum Koalitionspartner sowie zur überwiegenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung hat Bundesminister Mitterlehner den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt, wie folgende Aussage beim gestrigen Ministerrat erschreckend deutlich zeigt: 

 

" (…) also die österreichische Situation ist total entspannt und eigentlich keine Notwendigkeit, jetzt mit einer derartigen Richtlinie, die ganz was anderes zum Ziel hat, das Thema so emotional aufzukochen."

 

Weniger entspannt als Mitterlehner ist im Übrigen Wiens Bürgermeister Häupl und seine rot/grüne Stadtregierung, die sogar die Wiener Bevölkerung im März u. a. zu diesem Thema befragen wird.

 

Auch beschäftigte sich mehrfach der österreichische Bundesrat mit dieser Thematik und fasste mehrere einstimmige Beschlüsse gegen diese Richtlinie - also auch mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP!

 

 

 

Der unterfertigte Abgeordnete stellt daher nachstehenden

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23 e B-VG

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

"Der Bundeskanzler bzw. das jeweils zuständige Regierungsmitglied wird dringend aufgefordert, auf Europäischer Ebene den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe abzulehnen."

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

Wien, 1. Februar 2013